Oberlandesgericht Karlsruhe:
Urteil vom 30. November 2006
Aktenzeichen: 19 U 76/06
(OLG Karlsruhe: Urteil v. 30.11.2006, Az.: 19 U 76/06)
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 27.04.2006 abgeändert:
Die Beklagten Ziff. 1 - 3 und 6 werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger EUR 26.779,81 zuzüglich 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.10.2003 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen sind wie folgt zu tragen:
Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten Ziff. 4 und 5 und 1/3 seiner eigenen außergerichtlichen Kosten sowie 1/3 der Gerichtskosten.
Die Beklagten Ziff. 1-3 und 6 tragen ihre eigenen außergerichtlichen Kosten und als Gesamtschuldner 2/3 der Gerichtskosten und der außergerichtlich Kosten des Klägers.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger und die Beklagten Ziff. 1 - 3 und 6 können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt von den Beklagten die Erstattung von Geldbeträgen, die der beklagten Rechtsanwaltssozietät im Zusammenhang mit dem von ihm erteilten Mandat zur Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs gegen die Rechtsanwälte Eichelberg und Feudel zugeflossen sind.
Auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils wird Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Der Kläger verfolgt mit der Berufung sein Klagebegehren unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiter. Bei dem von den Beklagten vorgenommenen Einbehalt aus dem ihm zustehenden Vergleichsbetrag handle es sich nicht um eine Leistung des Klägers im Sinne des § 812 Abs. 1, 1. Alt. BGB, da der Kläger kein Bewusstsein von der Vermögensmehrung zugunsten der Beklagten gehabt habe. Es handle sich insbesondere nicht um eine freiwillige und vorbehaltslose Leistung im Sinne des § 3 Abs. 4 BRAGO, da ohne wirksame Vereinbarung Fremdgeld auf das eigene Anwaltskonto abgezweigt worden sei. Die insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten hätten neben dem Zahlbetrag des Haftpflichtversicherers auch den Selbstbehalt des zur Zahlung verpflichteten Rechtsanwalts Feudel vereinnahmt und nicht ausgekehrt. Die Beweiswürdigung des Landgerichts sei fehlerhaft. Soweit die Beklagten Vereinbarungen der Parteien bezüglich der Zahlung von Anwaltshonorar trotz bewilligter Prozesskostenhilfe behauptet hätten, sei ihr Vorbringen durch die Aussagen des Zeugen Pietro Lombardo widerlegt. Die vorgenommenen Verrechnungen der geleisteten Vorschüsse seien nicht nachvollziehbar. Eine freie Verrechenbarkeit sei nicht vereinbart worden.
Der Kläger beantragt:
Die Beklagten werden unter Abänderung des am 27.04.2006 verkündeten Urteils des Landgerichts Freiburg, Az. 1 O 541/03, verurteilt, an den Kläger EUR 26.779,81 zuzüglich 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit 15.10.2003 zu bezahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagten Ziff. 4 und 5 seien nicht passivlegitimiert, da sie nicht Gesellschafter der Anwaltssozietät seien. Dies ergebe sich aus der Kennzeichnung durch Sternchen nebst Erläuterung auf dem Briefkopf. Der Beklagte Ziff. 5 trägt außerdem vor, er sei erst seit 08/2001, also nach Mandatserteilung, von der Beklagten Ziff. 6 angestellt worden und habe mit dem Haftungsprozess gegen Rechtsanwalt Feudel nicht zu tun gehabt. Er erscheine auch nicht in der vom Kläger unterzeichneten Vollmacht. Eine Haftung als Scheinsozius scheide somit aus.
Die Beklagten verteidigen im Übrigen das erstinstanzliche Urteil. Soweit der Kläger seine Klagansprüche hilfsweise auf einen von den Beklagten vereinnahmten und nicht ausgekehrten Betrag von 6.645,85 EUR stützt, tragen sie vor, von diesem Betrag seien nach Abzug einer Gegenforderung der Rechtsanwälte Feudel u.a. in mehreren Teilbeträgen insgesamt 6.475,08 EUR beigetrieben worden. Sie hätten diesen Betrag mit den noch offenen Forderungen aus dem Mandat des Klägers verrechnet und den Restbetrag von 3.274,33 EUR an ihn ausgekehrt.
Wegen der Einzelheiten wird auf die im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.II.
Die zulässige Berufung des Klägers hat überwiegend Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage gegen die Beklagten Ziff. 1 - 3 und 6 wendet; gegenüber den Beklagten Ziff. 4 und 5 ist die Berufung unbegründet.
1. Soweit sich die Klage gegen die Beklagten Ziff. 4 und 5 richtet, ist sie schon deswegen abzuweisen und die Berufung zurückzuweisen, weil die Genannten nicht Gesellschafter der Beklagten Ziff. 6, sondern nur angestellte Rechtsanwälte sind. Aus dem Anwaltsvertrag werden nur die Mitsozien, nicht aber die angestellten Rechtsanwälte verpflichtet (OLGR Karlsruhe 2003, 106). Die Beträge, die der Kläger gemäß § 812 BGB kondizieren möchte, sind weder an die Beklagten Ziff. 4 und 5 geleistet worden noch haben diese in sonstiger Weise einen unmittelbaren Vermögensvorteil erlangt. Auch eine von ihnen selbst begangene Pflichtverletzung wird ihnen nicht zur Last gelegt. Eine Haftung nach den Grundsätzen der Scheinsozietät (vgl. BGH WM 1991, 743) scheidet schon deswegen aus, weil die Beklagten Ziff. 4 und 5 zum Zeitpunkt der Mandatserteilung noch nicht bei der Beklagten Ziff. 6 beschäftigt und - wie aus dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 25.08.1998 im Verfahren des Klägers gegen die Rechtsanwälte Eichelberg und Feudel ersichtlich - auch nicht im Briefkopf der Kanzlei aufgeführt waren, während später ihre Namen im Gegensatz zu denen der Sozien nicht mit einem Sternchen mit der Erläuterung Gesellschafter gekennzeichnet waren.
2. Die Beklagten Ziff. 1 - 3 haben hingegen grundsätzlich für Ansprüche aus dem Anwaltsvertrag bzw. einer ungerechtfertigten Bereicherung des Gesellschaftsvermögens einzustehen (MünchKomm BGB, 4. Aufl., § 714, Rn. 37). Die Beklagte Ziff. 6 ist als rechtsfähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche grundsätzlich passivlegitimiert.
a) Der Kläger hat gegen die Beklagten Ziff. 1 - 3 und 6 (im Folgenden: die Beklagten) gemäß §§ 667, 675 BGB einen Anspruch auf Zahlung von 22.678,65 EUR. Insoweit sind die Beklagten als Gesamtschuldner aufgrund des Anwaltsvertrages verpflichtet, den aufgrund der erteilten Einziehungsvollmacht von ihnen für den Kläger vereinnahmten Vergleichsbetrag an diesen auszukehren.
Es handelt sich bei dem auf die gesetzlichen Anwaltsgebühren verrechneten Betrag von 22.678,65 EUR um eine Zahlung des Gegners auf die Hauptforderung, so dass eine Anrechnung auf die Regelvergütung des Anwalts gemäß § 129 BRAGO entfällt (vgl. Schneider/Wolf RVG, 3. Aufl., § 58 Rn. 22).
Die Aufrechnung mit einem entsprechenden Gebührenanspruch würde dessen Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit voraussetzen. Die hier über den vollen Klagebetrag erfolgte Bewilligung von Prozesskostenhilfe bewirkt aber nach § 122 I Nr. 3 ZPO, dass die beigeordneten Rechtsanwälte Ansprüche auf Vergütung gegen die Partei nicht geltend machen können. Danach entsteht zwar der Gebührenanspruch des Rechtsanwalts, dessen Durchsetzung steht aber ein gesetzliches Leistungsverweigerungsrecht entgegen, sobald der Rechtsanwalt beigeordnet worden ist. Er könnte diesen Anspruch nur geltend machen, wenn das Prozessgericht - wie hier nicht - die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufgehoben hätte (§ 122 I Z 3 ZPO in Verbindung mit § 124 ZPO).
Soweit die Beklagten eine Vereinbarung behaupten, nach welcher der Kläger jedenfalls im Erfolgsfall bzw. nach einer Zahlung der Gegner, die gesetzlichen Gebühren schulde und eine Verrechnung mit den eingezogenen Zahlungsbetrag der gegnerischen Haftpflichtversicherung erfolgen dürfe, kann dahingestellt bleiben, ob eine solche Absprache tatsächlich erfolgt ist.
Gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 BRAGO (jetzt § 4 Abs. 5 RVG) begründet eine Vergütungsvereinbarung zwischen dem beigeordneten Anwalt und der begünstigten Partei keine Verbindlichkeit der letzteren. Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob es sich um eine nach Abs. 1 abgeschlossene Vereinbarung oberhalb der gesetzlichen Vergütung handelt. Unwirksam ist auch eine Vereinbarung, die die gesetzlichen Gebühren als vertragliche übernimmt. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Vertragspartner die Vereinbarung vor oder nach der Beiordnung geschlossen haben. Ebenso wenig ist, solange und soweit das Gericht die Prozesskostenhilfe bewilligt hat, entscheidend, wie der Anwalt selbst die Zahlungsfähigkeit der begünstigten Partei beurteilt (Hartmann, Kostengesetze,36. Auflage, RVG § 4 Rn. 84, 89; Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl. § 3 Rn. 32 - 35; 17. Aufl. RVG §4 Rn. 43).
Eine wirksame Vergütungsvereinbarung kann zwar für Tätigkeiten vereinbart werden, die vor der Beiordnung ausgeführt werden (Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, RVG 17. Aufl. § 4 Rn. 46). Auch für weitergehende, von der PKH-Bewilligung nicht erfasste Teile des Streitgegenstandes können die Parteien wirksam eine Vergütung vereinbaren. Das Gleiche gilt für Auslagen, die von der PKH nicht erfasst werden (Schneider/Wolf aaO § 4 Rn. 154; i.Ü. siehe unten). Im vorliegenden Fall betrifft aber die Kostennote vom 24.05.2002 über 22.678,65 EUR denselben Streitgegenstand wie die nach Bewilligung der PKH eingereichte Klage, wie sich aus der mit der gerichtlichen Streitwertfestsetzung übereinstimmenden Angabe des Streitwertes in der Kostennote ergibt. Die Beklagten haben im Übrigen auch nicht dargelegt, für welche weitergehenden von der PKH nicht erfassten Tätigkeiten oder Gegenstände sie eine Gebührenforderung gegen den Kläger geltend machen. Die Vorbereitung des PKH-Antrages ist als solche, wenn es nachfolgend zum Prozess kommt, für den PKH bewilligt wird, keine von den Gebühren der Staatskasse nicht erfasste Tätigkeit, da sie mit der Erarbeitung des Streitstoffes für den Rechtsstreit zusammenfällt (vgl. KGRpfleger 1984, 246). Die Beklagten haben auch selbst vorgetragen, dass mit der Kostennote über 22.678,65 EUR die Tätigkeit des Beklagten Ziff. 1 in dem landgerichtlichen Verfahren abgerechnet wurde (I, 57; SS v. 26.4 2004 S. 8).
§ 3 Abs. 4 Satz 2 BRAGO steht einem Auszahlungsanspruch des Klägers nicht entgegen. Zwar kann danach der Auftraggeber, wenn er freiwillig und ohne Vorbehalt geleistet hat, das Geleistete nicht schon deshalb zurückfordern, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat. Im vorliegenden Fall ist eine freiwillige Leistung im Sinne dieser Bestimmung aber schon deswegen nicht gegeben, weil nicht der Kläger durch Zahlung oder Aufrechnung eine Leistung erbracht hat, sondern die Beklagten eine Verrechnung vorgenommen haben. Selbst wenn man eine Verrechnung aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung einer Leistung des Auftraggebers gleichstellen würde, müssten die Beklagten die Freiwilligkeit beweisen, die nur dann gegeben ist, wenn dem Auftraggeber bewusst ist, dass er mehr leistet als von ihm verlangt werden kann (h.M. vgl. zu § 3 Abs. 1:Gerold/Schmidt/v. Eicken/MadertaaO, § 3 Rn. 7; BGH NJW 2004, 2818 (s. Hinweis v. 19.10. II, 161); zu § 4 Abs. 1 S. 3 und Abs. 5 Satz 2 RVG: Schneider /Wolf aaO, § 4 Rn. 72 ff.). Ein dahingehender Vortrag der Beklagtenseite ist nicht erfolgt; er ergibt sich insbesondere nicht aus dem Schriftsatz vom 16.11.2006 (Stellungnahme zu dem gerichtlichen Hinweis vom 19.10.2006). Das Vorbringen, der Beklagte Ziff. 1 habe von Anfang an darauf hingewiesen, dass eine solch aufwendige Sache nicht mit den PKH-Gebühren abgegolten werden könne, steht der Annahme einer freiwilligen Leistung entgegen. Auch soweit die Beklagten vortragen, der Kläger und sein Vater hätten nach dem Vergleichsabschluss zunächst einen Scheck der Versicherung verlangt, der Beklagte Ziff. 1 habe aber darauf bestanden, dass das Geld zunächst auf sein Konto überwiesen werden solle, so dass davon sein versprochenes und verdientes Honorar in Abzug gebracht werden könne, weist darauf hin, dass der Kläger gerade nicht freiwillig leisten wollte. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens, nach welchem der Kläger erklärt habe, der Beklagte Ziff. 1 müsse sich um sein verdientes Honorar keine Sorgen machen, worauf sodann vereinbart worden sei, dass der Beklagte die normalen Gebühren in einer Kostennote in Rechnung stellen und den daraus sich ergebenden Betrag von dem eingehenden Vergleichsbetrag einbehalten solle. Auch wenn dies als Abtretung des der Gebührennote entsprechenden Teils des Anspruches auf den Vergleichsbetrag zu verstehen wäre, handelte es sich nicht um eine freiwillige Leistung, da der Beklagte nach seinem eigenen Vortrag sich dem vom Kläger geäußerten Wunsch, die Vergleichssumme per Scheck von der gegnerischen Versicherung zu erhalten, unter Hinweis auf die getroffene Gebührenvereinbarung widersetzt und auf einer Einziehung über das Anwaltskonto bestanden hat. Daran ändert auch der weitere von den Beklagten vorgetragene Umstand nichts, dass der Kläger zunächst dem Auszahlungsbetrag von 226.320,50 EUR nicht widersprochen habe.
b) Anspruch auf Rückzahlung geleisteter Vorschüsse in Höhe von 2.454,19 EUR:
Der Kläger hat gemäß §§ 667, 675 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Vorschüsse (vgl.Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 17 Rn. 9/10; Schneider/Wolf aaO, § 9 Rn. 79/80).Diese wurden unstreitig bei Übernahme des Mandats in Sachen des Klägers gegen die Rechtsanwälte Eichelberg und Feudel vereinbart. Aus der Zweckbestimmung des Vorschusses ergibt sich, dass er grundsätzlich nur mit Gebühren desjenigen Auftrages oder derjenigen Angelegenheit verrechnet werden darf, für die er angefordert worden ist (Schneider/Wolf aaO § 9 Rn. 80/83). Eine Verrechnung auf die Vergütung in der Angelegenheit Lombardo ./. Feudel u.a. ist nicht erfolgt. Insoweit haben die Beklagten ohne Verrechnung der geleisteten Vorschüsse den der Regelvergütung entsprechenden Betrag von der Zahlung der gegnerischen Haftpflichtversicherung auf die Hauptforderung einbehalten (s.o.). Soweit die Beklagten eine vereinbarte freie Verrechenbarkeit der Vorschüsse behaupten, sind sie beweispflichtig, ebenso allgemein für die Gründe für das Behaltendürfen des Vorschusses, also insbesondere die Berechtigung der zur Tilgung gebrachten Forderungen (vgl. Palandt-Sprau, BGB, 65. Aufl.,§ 667 Rn. 10; § 669 Rn. 3; § 812 Rn. 104) sowie deren ordnungsgemäße Abrechnung unter Angabe der geleisteten Vorschüsse nach § 18 BRAGO sowie der Mitteilung an den Auftraggeber. Entsprechende Beweisantritte sind nicht erfolgt. Insbesondere enthalten die vorgelegten Kostennoten keinen Hinweis auf eine Verrechnung der erbrachten Vorschussleistungen. Zwar kann der Anwalt gegen den Rückforderungsanspruch mit weiteren fälligen Forderungen aus anderen Aufträgen bzw. Angelegenheiten des Mandanten aufrechnen. Vorliegend haben die Beklagten mit Schreiben vom 18.12.2002 (B 13) mitgeteilt, dass sie die Vorschüsse auf dem Mandatskonto betreffend das außergerichtlich Verfahren zur Erlangung der Prozesskostenhilfe mit der Kostennote aus der Akte 97/694 (Lombardo ./. BFG Leasing 2.238,80 DM (1144,68 EUR); B 3) sowie verauslagten Versicherungsprämien in Höhe von 1.646,81 EUR verrechnet und die Differenz zu ihren Gunsten auf dem Mandatskonto 00/250 verbucht haben.
Soweit die Beklagten eine vom Kläger bestrittene Vereinbarung behaupten, nach welcher der Vorschuss mit ihrem Vergütungsanspruch aus der Sache Lombardo ./. BfG Leasing verrechnet werden dürfe, haben sie das Zustandekommen einer dahingehenden Absprache nicht unter Beweis gestellt. Eine wirksame Aufrechnung mit diesem Anspruch würde gemäß § 18 BRAGO eine Vergütungsabrechnung gegenüber dem Kläger voraussetzen. Da der Rechtsanwalt nach dieser Bestimmung den Vergütungsanspruch nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern - und damit auch zur Aufrechnung stellen - kann (Gerold/Schmidt/v. Eicken/MadertaaO, § 18 Rn. 3), reicht eine an den Vater des Klägers adressierte Kostennote unabhängig davon, ob auch der Kläger aus dieser Angelegenheit zur Vergütung verpflichtet ist, nicht aus, da die Vergütung nicht dem Kläger in Rechnung gestellt wurde und es bezüglich des berechneten Anspruchs gegenüber dem Vater des Klägers an der Gegenseitigkeit der zur Aufrechnung gestellten Forderungen fehlt.
Auch mit den geleisteten Versicherungsprämien für die mandatsbezogene Höherversicherung in Höhe von 1.646,97 EUR können die Beklagten nicht gegen den Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Vorschüsse aufrechnen. Insoweit kann dahin gestellt bleiben, ob eine wirksame Verbindlichkeit durch Vereinbarung trotz der Beiordnung im PKH-Verfahren begründet werden kann. Jedenfalls hätte nämlich die Übernahme der Auslagen für die Höherversicherung gemäß § 3 Abs. 1 BRAGO zusätzlich zu der vereinbarten Regelvergütung schriftlich vereinbart werden müssen (Schneider/Wolf aaO § 4 Rn. 49, 89), was unstreitig nicht geschehen ist, da der Kläger das ihm zugesandte Schriftstück (s. B9) nicht unterzeichnet hat. Eine freiwillige und vorbehaltslose Leistung der Versicherungsprämien ist nicht erfolgt, da diese unstreitig von den Beklagten verrechnet wurden.
Hinsichtlich der weiteren geltend gemachten, vom Kläger bestrittenen Vergütungsansprüche haben die Beklagten nicht dargelegt, in welcher Reihenfolge sie hilfsweise zur Aufrechnung gestellt werden. Dies wäre aber erforderlich gewesen, zumal die Beklagten mit denselben Ansprüchen auch gegen den vom Kläger hilfsweise geltend gemachten Restzahlungsanspruch aus dem gerichtlichen Vergleich aufrechnen.
c) Zahlungsanspruch in Höhe von 1.646,97 EUR:
Da der Kläger unstreitig die Versicherungsprämien nicht gezahlt hat, diese vielmehr von den Beklagten verrechnet wurden und die geleisteten Vorschüsse zurückzuzahlen sind, hat der Kläger insoweit keinen Zahlungsanspruch. Dieser ist jedoch begründet, soweit er hilfsweise auf den noch nicht ausgezahlten Restbetrag aus dem gerichtlichen Vergleich gestützt wird. Insoweit haben die Beklagten erstinstanzlich nicht substantiiert dargelegt, mit welchen Gegenforderungen sie die Restforderung verrechnet haben. Das - ebenfalls unsubstantiierte - neue Vorbringen im Berufungsverfahren ist gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, da der Kläger bereits in erster Instanz seine Ansprüche hilfsweise auf den Restanspruch aus dem Vergleich gestützt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO. Ein Grund, gemäß § 543 ZPO die Revision zuzulassen, besteht nicht.
OLG Karlsruhe:
Urteil v. 30.11.2006
Az: 19 U 76/06
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