Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. November 2004
Aktenzeichen: 30 W (pat) 111/03

(BPatG: Beschluss v. 15.11.2004, Az.: 30 W (pat) 111/03)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

In das Markenregister am 21. August 1997 unter der Nummer 397 28 851 eingetragen worden ist die folgende Darstellung (farbig; mittelblau, schwarz):

siehe Abb. 1 am Ende Sie ist nach Teilverzicht noch bestimmt für "Waren aus Metall, soweit in Klasse 6 enthalten, ausgenommen Grabenverbauvorrichtungen und Teile davon, Schlosserwaren, und Kleineisenwaren". Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 30. September 1997.

Widerspruch erhoben hat am 29. Dezember 1997 die Inhaberin der Marke 1 126 129 E S I, eingetragen seit dem 11. August 1988 für "Schließzylinder, Schlüssel, Türbeschläge, im wesentlichen aus Metall und soweit in Klasse 6 enthalten; Schließanlagen, im wesentlichen bestehend aus Schließzylindern und dazugehörigen Schlüsseln; elektronische Zutrittskontrollvorrichtungen, nämlich Steuergeräte für Türsperreinrichtungen".

Die Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamts hat Verwechslungsgefahr verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Selbst wenn sich beim Markenvergleich die Buchstabenkombinationen "EST" und "ESI" gegenüberständen, sei der Abstand ausreichend.

Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt. Sie meint insbesondere, dass die angegriffene Marke wie "ESI" zu lesen sei und sich damit identische Marken gegenüberständen.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. Oktober 1998 und vom 6. November 2002 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß, die Beschwerde zurückzuweisen.

Eine Äußerung zur Sache seitens des Inhabers der angegriffenen Marke ist nicht zu den Akten gelangt.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Es besteht auch nach Auffassung des Senats keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG. Der Widerspruch ist deshalb gemäß §§ 42 Abs 2 Nr 1, 43 Abs 2 Satz 2 MarkenG von der Markenstelle zu Recht zurückgewiesen worden.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr erfolgt durch Gewichtung von in Wechselbeziehung zueinanderstehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, so daß ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen hohen Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (ständige Rechtsprechung zB BGH GRUR 2004, 594, 596 - Ferrari-Pferd; GRUR 2004, 598 - Kleiner Feigling). Nach diesen Grundsätzen ist hier die Gefahr von Verwechslungen zu verneinen.

Der Senat geht bei seiner Entscheidung mangels anderweitiger Anhaltspunkte von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft und damit von einem normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke aus.

Ausgehend von der Registerlage können die Marken angesichts der im Warenverzeichnis der angegriffenen Marke enthaltenen, weiten Oberbegriffe zur Kennzeichnung identischer Waren verwendet werden. Aber auch bei Anlegung strenger Maßstäbe ist ein zur Vermeidung von Verwechslungen ausreichender Markenabstand eingehalten.

In ihrer Gesamtheit unterscheiden sich die Vergleichsmarken sehr deutlich: die ausgeprägte grafische Gestaltung der angegriffenen Marke findet in der in einfacher Druckschrift geschriebenen Wortmarke E S I keine Entsprechung.

Soweit die Widersprechende meint, die angegriffene Marke enthalte einen selbständig kollisionsbegründenden, identischen Wortbestandteil E S I kann dem nicht gefolgt werden: weder die grafische Gestaltung der im Rechteck enthaltenen Darstellung noch die Marke insgesamt geben einen Anhalt dafür, dass in der Grafik der Buchstabe "I" enthalten ist; der Großbuchstabe "I" wird durch einen senkrechten Strich dargestellt, der Kleinbuchstabe "i" durch einen senkrechten Strich in Verbindung mit einem Punkt; beides gibt hier die Darstellung nicht her. Auch die weiteren Wortbestandteile der Marke, nämlich "Sicherungstechnik GmbH" geben keine Stütze dafür, in die Grafik, etwa als Abkürzung eines weiteren Wortbestandteils, den Buchstaben "I" hineininterpretieren zu können.

Deutlich erkennbar ist in der Darstellung indessen der Buchstabe "S"; selbst wenn diesem in der Gesamtmarke eine selbständig kollisionsbegründende Bedeutung zukommen sollte, wogegegen allerdings die in der Marke enthaltene beschreibende Bedeutungshilfe "Sicherungstechnik" spricht, wäre angesichts der in jeder Hinsicht gravierenden Unterschiede Verwechslungsgefahr zwischen "S" und E S I zu verneinen.

Aber auch wenn hier zu Gunsten der Widersprechenden davon ausgegangen wird, dass die angegriffene Marke einen selbständig kollisionsbegründenden Bestandteil E S T enthält, der nicht von vornherein nach den Einzelbuchstaben "E-S-T", sondern als Wort "EST" ausgesprochen wird, ist Verwechslungsgefahr zu verneinen. In klanglicher Hinsicht stimmen die Marken dann zwar in den ersten beiden Buchstaben überein. Von Bedeutung ist jedoch zunächst, dass es sich bei den jeweils aus nur drei Buchstaben bestehenden Wörtern um relativ kurze Buchstabenfolgen handelt, die durch Abweichungen in einzelnen Lauten in der Regel stärker beeinflußt werden, als mehrsilbige Bezeichnungen. Der Konsonant "T" und der Vokal "I" haben einen deutlich differenzierten Klang, wobei der Buchstabenverbindung "ST" am Wortende Einzellautcharakter zukommt; diese Unterschiede ergeben eine charakteristische andere Klangfärbung dieser Wörter: während "EST" kurz, hart und einsilbig anklingt, wirkt das Wort "ESI" gedehnter, weicher und zweisilbig, was zu einem nicht verwechselbaren akustischen Gesamteindruck der Marken führt; dem angesprochenen Publikum wird dadurch ein klares Auseinanderhalten ermöglicht.

Im schriftbildlichen Markenvergleich halten die Vergleichswörter in allen üblichen Wiedergabeformen ebenfalls einen noch ausreichenden Abstand ein. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Marken im Schriftbild erfahrungsgemäß mit etwas größerer Sorgfalt wahrgenommen werden als im eher flüchtigen Klangbild, das häufig bei mündlicher Benennung entsteht. Weiter ist zu berücksichtigen, dass bei Vergleich der Marken im Schriftbild kein Erfahrungssatz ersichtlich ist, dass sich der Verkehr bei der rein visuellen Wahrnehmung einer aus mehreren gleichgewichtigen Bestandteilen bestehenden Marke nur an einem Bestandteil - hier dem als das Wort "EST" - deutbaren Bildteil orientieren wird (vgl hierzu auch BGH GRUR 2002, 1067 DKV/OKV). Abgesehen davon haben aber "T" und "I" sowohl in Druckbuchstaben wie auch in gewöhnlichen handschriftlichen Wiedergaben in Groß- wie in Kleinschreibweise deutliche figürlichen Abweichungen.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bietet der Streitfall keinen Anlaß, § 71 Abs 1 MarkenG.

Dr. Buchetmann Winter Hartlieb Hu Abb. 1






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Beschluss v. 15.11.2004
Az: 30 W (pat) 111/03


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