Landgericht Berlin:
Urteil vom 11. September 2007
Aktenzeichen: 15 O 564/06
(LG Berlin: Urteil v. 11.09.2007, Az.: 15 O 564/06)
Tenor
I. Die Beklagte wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem Geschäftsführer, untersagt
im geschäftlichen Verkehr für das Mittel "..." zu werben:
1. "Neuer Gesundheits-Durchbruch zu den Geheimnissen langen Lebens€",
2. "Wissenschaftler entdecken das erstaunliche Molekül der "Unsterblichkeit" in einem Glas Rotwein",
3. "Diese neue Entdeckung revolutioniert alles, was über Altern bekannt ist. Viele Wissenschaftler sind nun davon überzeugt, dass 120 Jahre gesund leben bald völlig normal sein könnte.",
4. "Dauerhaftes Hungern wird als wirksam für längeres Leben von vielen Top-Wissenschaftlern untersucht€ Aber stellen Sie sich vor, Sie könnten trotzdem leckeres Essen Ihr Leben lang jeden Tag genießen! Ein faszinierendes, neu entdecktes Molekül Resveratrol ahmt eine Kalorienrestriktion nach und rückt diesen Traum jetzt näher.
Ultra-Anti-Aging-Formel € Original ...",
5. "Von führenden Forschungszentren bestätigter Durchbruch. Die magische Kraft stabilisierenden Resveratrols ist der entscheidende Punkt für:
- die erwiesenen Vorteile von Rotwein
- Unterstützung der Vitalität der Zellen,
- das beste Molekül der Natur€",
6. "Der möglicherweise größte Anti-Aging-Durchbruch der Welt",
"Wissenschaftler zeigen, dass die Zellalterung€ von Rotweinmolekülen gesteuert werden kann. Diese Moleküle steuern das Sirtuin1-Gen, das DNA reparierende Enzyme produziert. Alte Zellen werden wieder jung!",
7. "Die Entdeckungen einer renommierten Universität in New England, USA, könnten uns zusätzlich 30 bis 50 Jahre gesunden Lebens schenken.",
sofern dies geschieht wie in der Zeitschrift "...", Heft Nr. 7 vom 8. Februar 2006, Seite 45 (Anlage K 2)
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 32.000,00 Euro vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger ist gem. § 1 Ziff. 4 Unterlassungsklageverordnung als branchenübergreifend und überregional tätiger Wettbewerbsverband anerkannt.
Die Beklagte ist Herstellerin und Vertreiberin von Nahrungsergänzungsmitteln. Sie warb für ihr Mittel "...", das den Wirkstoff Resveratrol enthält, in der Zeitschrift "...", Heft Nr. 7 vom 8.2.2006 u.a. wie folgt:
"Neuer Gesundheits-Durchbruch zu den Geheimnissen langen Lebens€", "Wissenschaftler entdecken das erstaunliche Molekül der "Unsterblichkeit" in einem Glas Rotwein", "Diese neue Entdeckung revolutioniert alles, was über Altern bekannt ist. Viele Wissenschaftler sind nun davon überzeugt, dass 120 Jahre gesund leben bald völlig normal sein könnte.", "Dauerhaftes Hungern wird als wirksam für längeres Leben von vielen Top-Wissenschaftlern untersucht€ Aber stellen Sie sich vor, Sie könnten trotzdem leckeres Essen Ihr Leben lang jeden Tag genießen! Ein faszinierendes, neu entdecktes Molekül Resveratrol ahmt eine Kalorienrestriktion nach und rückt diesen Traum jetzt näher. Ultra-Anti-Aging-Formel € Original ...", "Von führenden Forschungszentren bestätigter Durchbruch. Die magische Kraft stabilisierenden Resveratrols ist der entscheidende Punkt für: die erwiesenen Vorteile von Rotwein, Unterstützung der Vitalität der Zellen, das beste Molekül der Natur€", "Der möglicherweise größte Anti-Aging-Durchbruch der Welt", "Wissenschaftler zeigten, dass die Zellalterung€ von Rotweinmolekülen gesteuert werden kann. Diese Moleküle steuern das Sirtuin1-Gen, das DNA reparierende Enzyme produziert. Alte Zellen werden wieder jung!", "Die Entdeckungen einer renommierten Universität in New England, USA, könnten uns zusätzlich 30 bis 50 Jahre gesunden Lebens schenken."
Wegen der Einzelheiten der Werbung wird auf die Anlage K 2 Bezug genommen.
Resveratrol gehört zu den sekundären Pflanzenstoffen und findet sich in einer Anzahl von Pflanzen bzw. pflanzlichen Lebensmitteln, vor allem in Weintrauben. Am stärksten ist Resveratrol in den Schalen konzentriert. Rotwein enthält im Vergleich zu Traubensaft einen höheren Gehalt von Resveratrol, was auf dem Fermentierungsprozess, an dem die Schalen länger beteiligt sind, beruht. Bei der Herstellung von Weiß- und Roséwein werden die Traubenschalen früher entfernt, daher ist ihr Gehalt an Resveratrol deutlich geringer.
Aufgrund der in den jeweiligen Pflanzen entfalteten Wirkung ist Resveratrol Gegenstand vielfältiger wissenschaftlicher Untersuchungen zum Thema Lebensverlängerung und Gesundheitserhaltung. Gesicherte Erkenntnisse über die Wirkung von Resveratrol beim Menschen gibt es noch nicht.
Der Kläger mahnte die Beklagte u.a. wegen der streitgegenständlichen Werbeaussagen mit dem aus der Anlage K 3 ersichtlichen Schreiben vom 17.2.2006 ab. Am 24.2.2006 gab die Beklagte die aus der Anlage K 4 ersichtliche strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, die sich jedoch nicht auf die streitgegenständlichen Aussagen bezog.
Der Kläger meint, die streitgegenständlichen Werbeaussagen seien irreführend i.S.v. §§ 5, 4 Nr. 11 UWG, 11 Abs.1 Nr. 2 LFGB, da es wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert sei, dass das Mittel die beworbenen Wirkungen tatsächlich herbeiführe. Zur Begründung bezieht sich der Kläger auf die aus den Anlagen K 5 bis 7 ersichtlichen Standard-Handbücher der Medizin (Hunnius, Pharmazeutisches Wörterbuch, 9. Aufl.; Psychrembel, Klinisches Wörterbuch; Springer Lexikon Medizin) sowie auf die aus der Anlage K 8 ersichtliche Veröffentlichung zum Thema Ernährung von Hahn/Ströbele/Wolters sowie auf den aus der Anlage K 9 ersichtlichen Beitrag der Justus-Liebig-Universität Giessen.
Der Kläger beantragt,
wie erkannt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie meint, die Werbung sei nicht irreführend. Es gebe eine Fülle von Forschungsergebnissen über die lebensverlängernde Wirkung sowie die gesundheitsfördernden und krankheitsverhütenden Eigenschaften von Resveratrol, wenn auch € wie sie einräumt - noch nicht beim Menschen. Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die als Anlagen B 1 bis B 18 eingereichten wissenschaftlichen Beiträge, Studien und Presseveröffentlichungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage ist begründet.
I.
Dem gem. §§ 8 Abs.3 Nr. 2, 3 UWG, 13 Abs.5 S.1 Nr. 2 UklaG, 1 Nr. 4 UklaV klagebefugten Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gem. §§ 8 Abs.1; 3; 5; 4 Nr. 11 UWG, 11 Abs.1 Nr. 2 LFGB zu.
Nach § 11 Abs.1 LFGB ist es verboten, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung gewerbsmäßig in den Verkehr zu bringen oder für Lebensmittel allgemein oder im Einzelfall mit irreführenden Darstellungen oder sonstigen Aussagen zu werben. Eine Irreführung liegt nach Abs.1 Nr. 2 dann vor, wenn einem Lebensmittel Wirkungen beigelegt werden, die ihm nach den Erkenntnissen der Wissenschaft nicht zukommen oder die wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert sind.
Bei der Beurteilung der Irreführung stellt die Kammer auf den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher ab, der der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt.
1)
Die Aussage "Neuer Gesundheits-Durchbruch zu den Geheimnissen langen Lebens€" erweckt den Eindruck, das Präparat sei geeignet, das Leben zu verlängern. Außerdem handele es sich um eine besondere Neuerung, einen Durchbruch im Gesundheitsbereich.
Diese behauptete Wirkung müsste wissenschaftlich, d.h. insbesondere mit medizinischen oder ernährungsphysiologischen Erkenntnissen belegt werden können. Maßgebend ist stets die als herrschend anzusehende, gefestigte Auffassung der Fachwelt, wenn sie breite Anerkennung gefunden hat, andernfalls ist sie nicht "hinreichend wissenschaftlich abgesichert" (KG, Beschluss. v. 9.12.2005, 5 U 325/03).
Der Kläger hat mit der Klageschrift und den darin enthaltenen Bezugnahmen auf die medizinischen Standardwerke (Anlagen 5-7) sowie die aus der Anlage K 8 ersichtliche medizinische Veröffentlichung von Hahn/Ströbele/Wolters und dem aus der Anlage K 9 ersichtlichen Beitrag der Universität Gießen schlüssig dargetan, dass es keine wissenschaftlich gesicherte Erkenntnis gibt, dass die Einnahme von Resveratrol beim Menschen lebensverlängernd wirkt. Er hat dargetan, dass die tatsächliche Wirksamkeit von Resveratrol und damit einhergehend auch ein möglicher präventiver und therapeutischer Einsatz zwar diskutiert werde. Die Vielfalt der betroffenen Targets und teilweise widersprüchliche Ergebnisse bezüglich Konzentration und Zelltyp würden aber keine allgemeingültigen Aussagen ermöglichen.
Die Beklagte konnte demgegenüber nicht dartun, dass die beworbenen Wirkungen des Präparats beim Menschen nach wissenschaftlichem Erkenntnisstand zutreffen. In den von ihr vorgelegten Beiträgen heißt es zwar u.a., Resveratrol habe eine lebensverlängernde Wirkung auf diverse Tiere. Eine lebensverlängernde Wirkung beim Menschen ergibt sich jedoch aus keiner der Studien und Beiträge, was die Beklagte auch einräumt.
Soweit die Beklagte meint, eine Irreführung komme nicht in Betracht, da sie in ihrer Werbung nicht behauptet habe, es gebe wissenschaftliche Belege für eine lebensverlängernde Wirkung von Resveratrol beim Menschen, kann ihr nicht gefolgt werden. Sie erweckt mit ihren Formulierungen gerade den Eindruck einer solchen Wirkung, denn schließlich bietet sie eine Nahrungsergänzung für Menschen an. Dass es bislang keine wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse für den Menschen gibt, teilt sie nicht mit.
Es trifft allerdings zu, dass € wie die Beklagte meint -, es als Beurteilungsmaßstab für die streitgegenständlichen Werbeaussagen auf den Gesamteindruck der beanstandeten Werbung ankommt und einzelne Äußerungen einer in sich geschlossenen Darstellung nicht aus ihrem Zusammenhang gerissen werden dürfen (Baumbach/Hefermehl/Bornkamm, 23. Aufl., Rn. 2.88 zu § 5 UWG). Bei der vorliegend betrachteten Aussage handelt es sich jedoch um die blickfangmäßig herausgestellte Überschrift der Anzeige, die vom flüchtigen Verkehr auch ohne Zusammenhang mit dem übrigen Werbetext wahrgenommen wird. Im Übrigen ist auch der Gesamteindruck der Werbung irreführend. Zwar wird im Rahmen der Anzeige an mehreren Stellen die Formulierung "könnte" verwendet, z.B. "€, dass 120 Jahre gesund leben bald völlig normal sein könnte" oder "€könnten uns zusätzliche 30 bis 50 Jahre gesunden Lebens schenken.". Dies reicht jedoch nicht aus, um den Gesamteindruck der Werbung, das Präparat sei geeignet, Leben zu verlängern, zu revidieren. Denn es wird nicht mitgeteilt, dass der Konjunktiv hier verwendet wird, weil es überhaupt noch keine gesicherten Belege für eine lebensverlängernde Wirkung des Resveratrols beim Menschen gibt. Diese Information wäre für die sachgerechte Beurteilung der Konjunktiv-Formulierung durch die Verbraucher aber zwingend notwendig. Ansonsten kann der Verbraucher den Konjunktiv auch in dem Sinne verstehen, dass die Wirkung beispielsweise von der Dauer der Einnahme, der körperlichen Konstitution, dem Gesundheitszustand oder dem Zelltyp des Einnehmenden abhängt. Solche möglichen Auslegungen der Konjunktiv-Formulierung muss sich die Beklagte bei der Beurteilung der Frage, ob ihre Werbung irreführend ist, entgegenhalten lassen.
Der Auffassung der Beklagten, dass es sich bei der streitgegenständlichen Äußerung lediglich um eine Meinungsäußerung handele, folgt die Kammer nicht. Der Verbraucher erkennt in der Formulierung den Tatsachenkern, dass das Präparat geeignet ist, das Leben zu verlängern und insofern im Bereich des Anti-Aging einen Durchbruch darstellt.
2)
Die Aussage "Wissenschaftler entdecken das erstaunliche Molekül der Unsterblichkeit in einem Glas Rotwein", ist aus den genannten Gründen ebenfalls irreführend. Es gibt derzeit keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse über die lebensverlängernde Wirkung des Resveratrols beim Menschen. Die Aussage kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer übertriebenen Werbeaussage, die vom Verbraucher ohne weiteres als bloße Werbeaussage ohne tatsächlichen Kerngehalt erkannt wird, bewertet werden. Zwar weiß der Verbraucher, dass Unsterblichkeit zu erlangen unmöglich ist. Dadurch, dass der Begriff in Anführungszeichen verwenden wird, entsteht jedoch der Eindruck, dass mit der Formulierung jedenfalls eine erhebliche Lebenszeitverlängerung gemeint ist; auch dieser Aussage wohnt also ein nicht als Übertreibung angesehener Tatsachenkern inne.
3)
Die Aussage "Diese neue Entdeckung revolutioniert alles, was über Altern bekannt ist. Viele Wissenschaftler sind nun davon überzeugt, dass 120 Jahre gesund leben bald völlig normal sein könnte." ist aus den genannten Gründen ebenfalls irreführend. Wie bereits ausgeführt, gibt es keine hinreichend gesicherte neue Entdeckung, die es ermöglichen könnte, 120 Jahre gesund zu leben. Die Verwendung des Konjunktivs reicht wie bereits ausgeführt nicht aus, um die Irreführungsgefahr zu beseitigen.
4)
Auch die Aussage "Dauerhaftes Hungern wird als wirksam für längeres Leben von vielen Top-Wissenschaftlern untersucht€ Aber stellen Sie sich vor, Sie könnten trotzdem leckeres Essen Ihr Leben lang jeden Tag genießen! Ein faszinierendes, neu entdecktes Molekül Resveratrol ahmt eine Kalorienrestriktion nach und rückt diesen Traum jetzt näher. Ultra-Anti-Aging-Formel € Original ..." ist irreführend.
Zwar entspricht der werbliche Hinweis darauf, dass dauerhaftes Hungern von vielen Top-Wissenschaftlern als wirksam für längeres Leben untersucht wird, unstreitig den Tatsachen.
Die Aussage "Aber stellen Sie sich vor, Sie könnten trotzdem leckeres Essen Ihr Leben lang jeden Tag genießen!" enthält keinen weiteren sachlichen Aussagegehalt.
Diese einführenden Sätze sind aber zum Verständnis des nachfolgenden Satzes nötig und stehen mit ihm in inhaltlichem und damit werblichen Zusammenhang.
Die Werbeaussage in dem nachfolgenden Satz "Ein faszinierendes, neu entdecktes Molekül Resveratrol ahmt eine Kalorienrestriktion nach und rückt diesen Traum jetzt näher" bewirkt die Irreführung, weil es unstreitig keine hinreichend gesicherten Erkenntnisse zur Kalorienrestriktion beim Menschen durch Resveratrol gibt. Auch die Wahl der Formulierung "rückt diesen Traum jetzt näher" reicht trotz ihrer relativierenden Tendenz nicht aus, um die Irreführungsgefahr zu beseitigen. Auch hier ist der Gesamtzusammenhang zu berücksichtigen. Wahr und bekannt ist, dass Hungern von vielen Wissenschaftlern als lebensverlängernd angesehen wird. Wird diese allgemein bekannte Einschätzung der Wissenschaftler nun gekoppelt mit den Vermutungen über Resveratrol, so wird der Eindruck erzeugt, dies sei Beleg und wissenschaftliche Ableitung für die Wirksamkeit des beworbenen Produkts.
Die weitere Angabe "Ultra-Anti-Aging-Formel € Original ..." ist wiederum irreführend, weil es gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse zur Lebensverlängerung beim Menschen durch Resveratrol nicht gibt.
5)
Die Aussage "Von führenden Forschungszentren bestätigter Durchbruch. Die magische Kraft stabilisierenden Resveratrols ist der entscheidende Punkt für: die erwiesenen Vorteile von Rotwein, Unterstützung der Vitalität der Zellen, das beste Molekül der Natur€", ist abermals irreführend, weil die lebensverlängernde Wirkung von Resveratrol beim Menschen wissenschaftlich derzeit nicht hinreichend gesichert ist, so dass von einem bestätigten Durchbruch für die Menschen € und nur diese werden mit der Werbung angesprochen - nicht die Rede sein kann.
Die Satzteile "Die magische Kraft stabilisierenden Resveratrols ist der entscheidende Punkt für: die erwiesenen Vorteile von Rotwein, Unterstützung der Vitalität der Zellen, das beste Molekül der Natur" wären zwar isoliert betrachtet unbedenklich. Angegriffen ist jedoch hier zu Recht die Gesamtaussage bestehend aus Ergebnis und Begründung.
6)
Die Aussage "Der möglicherweise größte Anti-Aging-Durchbruch der Welt" dürfte zwar durch die Formulierung "möglicherweise" unmittelbar in dem beanstandeten Satz so stark relativiert sein, dass eine Irreführung ausgeschlossen sein könnte.
Der Kläger hat jedoch klargestellt, dass die aus dem Tenor zu 6. ersichtlichen Werbeaussagen als eine einheitliche Aussage verfolgt werden.
Im Zusammenhang mit der unmittelbar nachfolgenden Werbeaussage "Wissenschaftler zeigten, dass die Zellalterung€ von Rotweinmolekülen gesteuert werden kann. Diese Moleküle steuern das Sirtuin1-Gen, das DNA reparierende Enzyme produziert. Alte Zellen werden wieder jung!" ist jedoch eine Irreführung gegeben. Die gewählte Formulierung umschreibt wiederum die Werbebotschaft, dass das angebotene Mittel zur Lebensverlängerung geeignet ist, wofür es keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse den Menschen betreffend gibt.
7)
Die Formulierung "Die Entdeckungen einer renommierten Universität in New England, USA, könnten uns zusätzlich 30 bis 50 Jahre gesunden Lebens schenken" sind aus den genannten Gründen, nämlich weil es nicht hinreichend wissenschaftlich gesichert, dass die Einnahme von Resveratrol beim Menschen lebensverlängernde Wirkung hat, irreführend. Wie bereits ausgeführt, reicht auch die Verwendung des Konjunktivs nicht aus, um die Irreführungsgefahr zu beseitigen.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Zusammenfassung der ursprünglich zu 6. und 7. angekündigten Anträge ist lediglich klarstellend erfolgt.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO.
Nachdem es für die Entscheidung auf den klägerischen Schriftsatz vom 4.9.2007 nicht ankam, war der Beklagten hierauf auch keine Erklärungsfrist zu gewähren.
LG Berlin:
Urteil v. 11.09.2007
Az: 15 O 564/06
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/60696395c356/LG-Berlin_Urteil_vom_11-September-2007_Az_15-O-564-06