Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. September 2005
Aktenzeichen: 24 W (pat) 135/04
(BPatG: Beschluss v. 20.09.2005, Az.: 24 W (pat) 135/04)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. Mai 2004 aufgehoben.
Gründe
I.
Die Wortmarke ACTIVLINE ist zunächst für die Waren
"Heizungs-, Lüftungsgeräte; Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus; Seile, Bindfaden; Webstoffe und Textilwaren; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Teppiche, Fußmatten, Matten"
zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Mit Beschluss vom 14. Mai 2004 hat die Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamts, besetzt mit einem Beamten des gehobenen Dienstes, die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs 1, 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen.
Die angemeldete Marke werde vom angesprochenen Durchschnittsverbraucher lediglich als ohne weiteres erkennbarer Hinweis auf die Art und Beschaffenheit der Waren der Anmeldung verstanden, nämlich darauf, dass es sich um eine "aktive Mode- oder Ausstattungslinie" bzw. um eine die "sportliche (aktive) Note" unterstreichende Kollektion (Linie) handele. Dieser werbeübliche Hinweis wirke auch hinsichtlich solcher Waren als Sachhinweis, die auf den ersten Blick nicht durch ihr sportliches Erscheinungsbild auffielen, da auch solche Produkte ein entsprechendes Design aufwiesen und Abnehmer, die einen entsprechenden Lebensstil bevorzugten, besonders ansprechen könnten. Die Frage, ob auch der Schutzversagungsgrund des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG vorliege, könne dahingestellt bleiben, wenn auch Gesichtspunkte für eine beschreibende Bedeutung sprächen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die im Beschwerdeverfahren das Warenverzeichnis auf
"Heizungs- und Lüftungsgeräte; Seile, Bindfaden, Teppiche, Fußmatten, Matten; alle vorgenannten Waren ausschließlich für den Kfz-Bereich; Webstoffe und Textilwaren, nämlich Transport-Schonbezüge für Autositze"
beschränkt hat.
Sie beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
Bei der angemeldeten Marke handele sich für die ursprünglich beanspruchten Waren nicht um eine beschreibende Angabe, sondern um eine Wortneuschöpfung, die allenfalls symbolhaft undeutliche begriffliche Vorstellungen erwecke. Ein für den unbefangenen Durchschnittsverbraucher unmittelbar und ohne weiteres Nachdenken erkennbar beschreibender oder werbemäßiger Aussagegehalt trete nicht deutlich und unmissverständlich hervor. Jedenfalls aber stelle die angemeldete Marke für die nach Einschränkung des Warenverzeichnisses verbliebenen Waren keine Sachangabe oder Werbeaussage dar.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten sowie die Rechercheergebnisse des Senats, die der Anmelderin übersandt worden sind, Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 165 Abs 4 MarkenG statthafte und auch im übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache auch Erfolg. Nach Auffassung des Senats stehen der Eintragung der angemeldeten Marke für die noch verfahrensgegenständlichen Waren die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.
1. Der angegriffenen Marke fehlt nicht die gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft.
Unterscheidungskraft im Sinn der genannten Bestimmung ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl ua EuGH GRUR 2002, 804, 806 - Nr 35 - "Philips"; GRUR 2003, 514, 517 - Nr 40 - "Linde ua"; GRUR 2004, 428, 431- Nr 48 - "Henkel"; GRUR 2004, 1027, 1029 - Nr 33, 42 - "DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT"). Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden sachbezogenen Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, 678 - Nr 86 - "Postkantoor"). Dies ist hier nach Einschränkung des Warenverzeichnisses nicht mehr der Fall.
Wie bereits die Markenstelle festgestellt hat, ist das angemeldete zusammengesetzte Substantiv aus den Wortteilen "ACTIV" und "LINE" gebildet. Der erste Wortteil entspricht weitestgehend dem deutschen Begriff "aktiv". Der weitere Bestandteil "LINE" klingt sehr stark an das deutsche Wort "Linie" im Sinne von "Produktserie, Kollektion" an und wird ebenfalls häufig in der Werbung gebraucht (vgl. dazu BPatG 24 W (pat) 262/99 "babyline", veröffentlicht auf PAVIS PROMA CD-ROM; BGH GRUR 1996, 68 "COTTON LINE"). So hat der Bundesgerichtshof in bezug auf das ua für "Leder, Lederimitationen, Textil- und Textilersatzstoffe oder Kombinationen dieser Stoffe; Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" angemeldete Wortzeichen "Active Line" ausgeführt, obwohl es sich um eine Angabe in englischer Sprache handele, sei die Wortfolge doch für deutsche Verkehrskreise ohne weiteres im Sinne einer aktiven Mode- oder Ausstattungslinie verständlich und drücke aus, dass die so bezeichneten Waren sportlich gestaltet und für sportlich aktive Personen konzipiert seien (BGH GRUR 1998, 394, 396 "Active Line"). Auch im vorliegenden Fall ist daher davon auszugehen, dass der angesprochenen Durchschnittsverbraucher die angemeldete Wortzusammensetzung ohne weiteres im Sinne von "aktive Produktlinie", dh "Produktlinie für ein aktives Leben oder für Aktivitäten", auffassen wird.
Es mag zwar sein, dass die eigentlich nach englischen Sprachregeln korrekte Wortbildung "ACTIVELINE" wäre. Wegen der umfangreichen Verwendung der Wortelemente in der deutschen Werbesprache, sprachlichen Unsicherheiten, der üblichen Vermischung von Sprachen (insbesondere wenn die betreffenden Ausdrücke dem Verkehr geläufig sind) bei der Anpreisung von Waren und geringfügigen Ungenauigkeiten, die der Werbesprache immanent sind, fällt diese Abweichung jedoch nicht auf oder wird jedenfalls nicht als für die betriebliche Herkunft der Waren bedeutsam angesehen werden (vgl dazu etwa BGH GRUR 2002, 540, 541 "OMEPRAZOK"; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl, § 8 Rn 122; vgl auch BGH GRUR 2003, 882, 883 "Lichtenstein").
Für die noch verfahrensgegenständlichen Waren ist jedoch nicht erkennbar, dass die angemeldete Marke als Sach- oder Werbeangabe verstanden werden könnte. Der Senat konnte nicht ermitteln, dass es spezielle Schonbezüge für Autositze, die nur beim Transport aufgezogen werden, Seile, Bindfaden, Teppiche, Fußmatten und Matten gibt, die für ein aktives Leben geeignet und bestimmt sind und sich in der Beschaffenheit und/oder Design von solchen Waren zu anderen Zwecken unterscheiden. Auch eine entsprechende Werbung ist nicht ersichtlich. Vielmehr steht bei diesen Produkten die Funktion im Vordergrund. Gleiches gilt für Heizungs- und Lüftungsgeräte. Zwar fallen hierunter auch Heizungen für Autositze. Hinweise auf eine sportlich aktive Linie sind aber allenfalls bezüglich der äußeren Gestaltung der Autositze, nicht hinsichtlich der in diesen Sitzen enthaltenen Heizsysteme vorstellbar.
2. Auch der Eintragungsversagungsgrund des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG liegt nicht vor. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die nur aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können (vgl BGH GRUR 2000, 882, 883 "Bücher für eine bessere Welt"; EuGH Mitt 2004, 28, 29 - Nr 29 ff - "Doublemint"). Solche Zeichen oder Angaben müssen im Allgemeininteresse allen Unternehmen zur freien Verfügung belassen werden (vgl EuGH GRUR 2004, 674, 676 - Nr 54, 55 - "Postkantoor"; EuGH GRUR 2004, 680, 681 - Nr 34 ff - "BIOMILD"). Es ist daher zu prüfen, ob die angemeldete Marke gegenwärtig eine Beschreibung der Merkmale der betreffenden Waren und Dienstleistungen darstellt oder ob dies vernünftigerweise für die Zukunft zu erwarten ist (EuGH GRUR 2004, 674, 676 - Nr 53, 56 - "Postkantoor"). Weil der Senat aber - wie oben näher ausgeführt - nicht feststellen konnte, dass das Wort "ACTIVLINE" für die Waren, die noch Gegenstand der Entscheidung sind, als Sachangabe in Betracht kommt, ist nicht erkennbar, dass die angemeldete Marke zur Beschreibung irgendwelcher Merkmale dieser Produkte geeignet sein könnte.
Dr. Ströbele Kirschneck Guth Bb
BPatG:
Beschluss v. 20.09.2005
Az: 24 W (pat) 135/04
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/60ca44ba6dc3/BPatG_Beschluss_vom_20-September-2005_Az_24-W-pat-135-04