Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 29. August 1997
Aktenzeichen: 6 U 17/97
(OLG Köln: Urteil v. 29.08.1997, Az.: 6 U 17/97)
Tenor
1.) Die Berufung des Klägers gegen das am 3.12.1996 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 31 O 497/96 - wird zurückgewiesen.2.) Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe eines Betrages von 9.200 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Voll-streckung Sicherheit in derselben Höhe leistet. 4.) Die Beschwer der Klägerin wird auf 60.207 DM festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger ist ein gerichtsbekannter eingetragener Verein zur
Förderung gewerblicher Interessen, zu dessen satzungsgemäßen
Aufgaben es gehört, Wettbewerbsverstöße - erforderlichenfalls mit
gerichtlicher Hilfe - zu bekämpfen und zu unterbinden.
Die Beklagte betreibt in Köln durch eine Zweigniederlassung, die
Fa. Modehaus G., ein Bekleidungsgeschäft, in dem sie bei Bedarf
bestimmte, sogleich näher darzustellende Tragetaschen an ihre
Kunden ausgibt. Sie lehnt es ab, gebrauchte Plastiktaschen von
Wettbewerbern zur Entsorgung anzunehmen. Hiergegen richtet sich das
vorliegende Verfahren.
Die Beklagte stellt ihren Kunden, sofern hieran ein Bedarf
besteht und der einzelne Kunde nicht selbst ein geeignetes
Behältnis bei sich hat, für die gekaufte Ware Tüten, und zwar
ausschließlich Tüten aus Papier in 3 verschiedenen Größen, zur
Verfügung, wegen deren Abmessungen auf die Angaben auf S.4 der
Klageerwiderung Bezug genommen wird (Bl.19). Sie nimmt derartige
Tüten, wenn sie nicht mehr gebraucht werden, auf Nachfrage von
Endverbrauchern zum Zwecke der Entsorgung an und tut dies auch
dann, wenn es sich um Papiertüten von Wettbewerbern handelt.
Am 29.2.1996 legten 2 Personen Mitarbeitern der Beklagten
mindestens ca. 20 gebrauchte bedruckte Einkaufstüten aus Kunststoff
mit dem Begehren vor, diese zu entsorgen. Nach der Darstellung des
Klägers handelte es sich um Tüten anderer Bekleidungshäuser und
sind daneben auch - von deren Mitarbeitern angenommene -
Papiertüten der Beklagten vorgelegt worden. Nach der Darstellung
der Beklagten waren es verschmutzte Tüten "verschiedenster
Herkunft". Die Mitarbeiter der Beklagten weigerten sich, dem
Begehren nachzukommen, worauf die beiden Personen das Geschäft mit
den Tüten wieder verließen.
Der Kläger, der behauptet hat, auch bei einer weiteren
Gelegenheit am 11.3.1996 hätten sich Mitarbeiter der Beklagten
geweigert, Einkaufstüten anderer Bekleidungshäuser anzunehmen,
vertritt die Auffassung, in dem beschriebenen Verhalten liege ein
gem. § 1 UWG sittenwidriger Verstoß gegen die Verpackungsverordnung
(VerpackV). Es handele sich bei den vorgelegten Tüten im Sinne des
§ 3 Abs.1 Nr.2 VerpackV um Verkaufsverpackungen, die die Beklagte
ungeachtet der Tatsache zurückzunehmen habe, daß sie nicht von ihr,
sondern von anderen Bekleidungshäusern ausgegeben worden seien.
Mit Blick auf eine vergebliche vorgerichtliche Abmahnung
verlangt der Kläger neben der Unterlassung des vorbeschriebenen
Verhaltens mit seinem nachstehend dargestellten Antrag zu 2) den
Ersatz seiner durch die Abmahnung entstandenen Kosten.
Nachdem er zunächst eine andere Antragsfassung angekündigt
hatte, hat der Kläger sinngemäß b e a n t r a g t,
Die Beklagte zu verurteilen,
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM,
ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu
unterlassen,
vom Endverbraucher gebrauchte
Kunststofftragetaschen von Drittfirmen für solche Waren, die sie in
ihrem Sortiment führt, in oder in unmittelbarer Nähe der
Verkaufsstelle nicht zurückzunehmen, es sei denn, sie beteiligt
sich an einem System gem. § 6 Abs.3 VerpackV;
an ihn 207 DM zu zahlen.
Die Beklagte hat b e a n t r a g t,
die Klage abzuweisen.
Sie hat das Vorliegen der - von dem Kläger seinerseits nicht
dargelegten - Voraussetzungen des § 13 Abs.2 Ziff.2 UWG zunächst
zwar in Abrede gestellt, in der mündlichen Verhandlung aber
ausdrücklich erklärt, die Rüge der fehlenden Aktivlegitimation
werde nicht aufrechterhalten.
Die Beklagte hat behauptet, auch Tragetaschen anderer Vertreiber
anzunehmen, solange diese nach Art, Form und Größe der von ihr
verwendeten Verpackung auch nur ähnlich seien. Tatsächlich seien
indes die betreffenden Tüten nicht nur aus anderem Material,
sondern auch von anderer Form und Größe gewesen. Im übrigen
akzeptiere sie im Einzelfall auch Tragetaschen, die nicht nach Art,
Form und Größe ihrer Verpackung aus Papier entsprächen. Bei den
ihren Mitarbeitern vorgelegten verschmutzen Tüten habe es sich
indes um einen evidenten Mißbrauch des Anspruches auf Rücknahme
gehandelt. Óberdies seien die beiden Personen beauftragte
Provocateure und damit in der betreffenden Siuation keine
Endverbraucher gewesen.
Sie hat die Auffassung vertreten, aus den vorstehenden Gründen
liege ein Verstoß gegen die Verpackungsverordnung nicht vor.
Zumindest fehle es, wenn man gleichwohl einen Verstoß annehmen
wolle, an der für einen Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG
erforderlichen Sittenwidrigkeit. Schließlich sei der einmalige
Verstoß auch nicht als wesentlich im Sinne des § 13 Abs.2 Ziff. 2
UWG anzusehen.
Das L a n d g e r i c h t hat die Klage mit der Begründung
abgewiesen, die streitgegenständlichen Kunststofftragetaschen seien
weder Verkaufsverpackungen, noch Umverpackungen, noch
Transportverpackungen im Sinne der Verpackungsverordnung. Eine
Verkaufsverpackung liege nicht vor, weil die Tüten die Ware nicht
unmittelbar umhüllten und auch nicht zu ihrem Schutz erforderlich
seien, und die Einkaufstüten unterfielen auch nicht den
Definitionen des Gesetzes für Umverpackungen und
Transportverpackungen.
Seine gegen dieses Urteil gerichtete B e r u f u n g begründet
der Kläger wie folgt:
Entgegen der Auffassung der Kammer stellten die Tragetaschen
Verpackungen dar. Der Begriff der Verpackung sei in der
Verpackungsverordnung bewußt nicht definiert worden und daher der
maßgeblichen technischen DIN 55405 Teil 5 zu entnehmen. Nach deren
Definition und dem allgemeinen Sprachverständnis seien die
fraglichen Plastiktüten indes Verpackungen.
Der Verordnungsgeber habe ausweislich der Begründung zu § 3 der
Verpackungsverordnung die Absicht gehabt, möglichst umfassend alle
Verpackungen in deren Anwendungsbereich einzubeziehen. Angesichts
der Tatsache, daß die Tüten auch bei einer Mehrfachverwendung durch
Kunden letztlich entsorgt werden müßten, stelle es ein Unterlaufen
der auf Müllvermeidung gerichteten abfallwirtschaftlichen Ziele
dar, die Einkauftstüten nicht als von der Verpackungsverordnung
erfaßt anzusehen.
Die Taschen dienten zum Transport der Ware durch den
Endverbraucher und stellten daher nach der Definition in den
Begriffsbestimmungen des als Anlage 1 zu den Akten gereichten
Merkblattes des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit zur Verpackungsverordnung eine Verkaufverpackung
dar. Dasselbe ergebe sich aus dem als Anlage 3 überreichten Bericht
der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung. Schließlich stehe
die Auslegung auch mit dem einschlägigen EG-Recht in Einklang.
Der Kläger hat im Berufungsverfahren zunächst den Antrag
gestellt, die Beklagte entsprechend seinen erstinstanzlichen
Anträgen zu verurteilen. Nachdem der Senat darauf hingewiesen
hatte, daß damit der Sache nach eine Verpflichtung begehrt werde,
auf die ein Anspruch aus § 1 UWG oder sonstigen Anspruchsgrundlagen
nicht bestehen dürfte, hat der Kläger seinen Antrag in der
nachstehend darzustellenden Weise umgestellt. Er vertritt die
Auffassung, aus den vorstehenden Gründen habe er einen Anspruch
darauf, daß die Beklagte schon die Vergabe von Tragetaschen
unterlasse, solange sie nicht entweder Kunststofftragetaschen auch
von Drittfirmen zur Entsorgung entgegennehme, oder sich einem
System nach § 6 Abs.3 VerpackV anschließe.
Der Kläger b e a n t r a g t,
unter Abänderung des Urteils des
Landgerichts Köln vom 3.12.1996 - 31 O 497/96 - die Beklagte zu
verurteilen,
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM,
ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu
unterlassen,
Papier-Tragetaschen zu vertreiben,
solange sie nicht vom Endverbraucher gebrauchte
Kunststoff-Tragetaschen von Drittfirmen für solche Waren, die sie
in ihrem Sortiment führt, in oder in unmittelbarerer Nähe der
Verkaufsstelle zurücknimmt, es sei denn, sie beteilige sich an
einem System gem. § 6 Abs. 3 VerpackV;
an ihn 207 DM zu zahlen.
Die Beklagte b e a n t r a g t,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie meint, die Auffassung des Klägers über die Auslegung der
Begriffsbestimmungen der Verpackungsverordnung stehe nicht im
Einklang mit der einschlägigen EG-Richtlinie 94/62, weil darin
dieselben drei Begriffe wie in der deutschen Verpackungsverordnung
aufgeführt und festgeschrieben sei, daß unter Verpackungen
ausschließlich diese drei Begriffe fielen. Ausgehend hiervon
unterfielen die streitgegenständlichen Tragetaschen aus den von dem
Landgericht angeführten Gründen der Verpackungsverordnung nicht.
Darüberhinaus sei sie aber auch dann nicht zur Annahme der
Plastiktaschen verpflichtet, wenn diese doch als
"Verkaufsverpackungen" angesehen werden müßten. Denn es handele
sich bei ihnen nicht im Sinne des § 6 Abs.1 S.2 VerpackV um
Verpackungen der Art, wie sie, die Beklagte, sie im Sortiment
führe. Angesichts des unterschiedlichen Materials könne eine
Tragetasche aus Kunststoff nicht als gleicher Art wie eine solche
aus Papier angesehen werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die
gewechselten Schriftsätze, die sämtlich Gegenstand der mündlichen
Verhandlung waren, und auf die zum Gegenstand des vorliegenden
Verfahrens gemachten Akten des gegen die N.
Lebensmittelfilialbetrieb GmbH & Co KG gerichteten
Parallelverfahrens 6 U 27/97 OLG Köln (= 31 O 496/96 LG Köln) Bezug
genommen.
Gründe
Die Berufung ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen
Erfolg. Denn die Klage ist - einschließlich des im
Berufungsverfahren neugefaßten Antrages - zwar zulässig, aber
unbegründet.
Der Kläger ist zunächst gem. § 13 Abs.2 Ziff.2 UWG
prozeßführungsbefugt. Dies bedarf keiner näheren Erläuterungen,
nachdem die Beklagte bereits im Termin zur mündlichen Verhandlung
vor dem Landgericht ausdrücklich erklärt hat, daß sie ihre
ursprüngliche Rüge bezüglich der tatsächlichen Voraussetzungen
dieser Vorschrift nicht mehr aufrechterhalte. Der Kläger nimmt mit
dem vorliegenden Verfahren auch entsprechend seiner Satzung nicht
allein Individualinteressen - etwa des D. - sondern auch generell
Interessen seiner Mitglieder war. Denn es liegt im Interesse aller
übrigen Gewerbetreibenden der Bekleidungsbranche, die Mitglieder
des Klägers sind, daß sich der einzelne Wettbewerber nicht einen
Vorteil verschafft, indem er weder entsprechend der
Verpackungsverordnung Verpackungen zurücknimmt, noch sich einem
System nach § 6 Abs.3 VerpackV anschließt.
Der nunmehr gestellte Antrag ist auch zulässig. Er enthält zwar
eine Klageänderung, diese ist aber gem. §§ 263, 267, 523 ZPO
zulässig, weil die Beklagte sich, ohne ihr zu widersprechen, in der
mündlichen Verhandlung auf die angeänderte Klage eingelassen und so
in die Klageänderung eingewilligt hat.
Die mithin zulässige Klage ist aber nicht begründet. Bei den in
Rede stehenden Kunststofftaschen handelt es sich zwar um
Verkaufsverpackungen im Sinne der Verpackungsverordnung, gleichwohl
ist die Beklagte aber nicht verpflichtet, sie zum Zwecke der
Entsorgung anzunehmen. Óberdies könnte dem Kläger der
geltendgemachte Unterlassungsanspruch ohnehin aus Rechtsgünden
nicht zustehen. Vor diesem Hintergrund ist die Beklagte auch nicht
verpflichtet, dem Kläger die Abmahnkosten in Höhe von 207 DM zu
ersetzen.
Der Senat hat in der Parallelsache 6 U 27/97, dessen Akten im
vorliegenden Verfahren zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung
gemacht worden sind, durch Urteil vom heutigen Tage ausgeführt, daß
und warum Kunststofftragetaschen der streitgegenständlichen Art
Verkaufsverpackungen im Sinne des § 3 Abs.1 Ziff.2 VerpackV
darstellen. Hierauf wird Bezug genommen. Aus denselben Gründen
bilden auch die von der Beklagten ausgegebenen, oben näher
beschriebenen Papiertragetaschen Verkaufsverpackungen. Trotzdem ist
die Beklagte nicht zur Annahme der streitgegenständlichen
Tragetaschen verpflichtet, weil diese nicht aus Papier, sondern aus
Kunststoff und damit nicht von derselben Art wie diejenigen sind,
die die Beklagte im Sinne der Verpackungsverordnung vertreibt.
Die im § 6 Abs.1 Satz 1 VerpackV festgeschriebene
Rücknahmeverpflichtung wird durch Satz 2 der Vorschrift dahin
beschränkt, daß nur Verpackungen zurückgenommen werden müssen, die
sowohl nach Art, Form und Größe der Verpackung entsprechen, die der
betreffende Vertreiber verwendet, als auch für solche Waren
verwendet worden sind, die der Vertreiber selbst in seinem
Sortiment führt. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, weil es
sich bei den streitgegenständlichen Taschen nicht um Verpackungen
gleicher Art wie die von der Beklagten vertriebenen handelt.
Entgegen der Auffassung des Klägers reicht es nicht aus, wenn
die Verpackung entweder nach Art, Form und Größe derjenigen
entspricht, die der betreffende Verwender verwendet, oder es sich
um eine Verpackung für solche Waren handelt, die der Vertreiber in
seinem Sortiment führt. Schon sprachlich kann die Bestimmung so
nicht aufgefaßt werden, weil die erste Alternative hinter dem Wort
"Größe" unvollständig enden würde. Außerdem würde diese Auffassung
- über das Begehren des Klägers hinaus - dazu führen, daß die
Beklagte alle gebrauchten Verpackungen, gleich welcher Branche die
darin früher verpackte Ware zugehörte, annehmen müßte, solange
diese Verpackungen nur nach Art, Form und Größe mit den von ihr
verwendeten übereinstimmen. Dies wäre indes völlig
unverhältnismäßig und auch mit dem erkennbaren Ziel des
Verordnungsgebers, dem Verwender im Grundsatz (nur) die Pflicht
aufzuerlegen, gerade die Verpackungen zurückzunehmen, die er selbst
verwendet hat, nicht vereinbar. Es kommt hinzu, daß für die zweite
Alternative nahezu kein eigener Anwendungsbereich verbliebe.
Entgegen der im Schriftsatz vom 23.5.1997 geäußerten Auffassung des
Klägers kann auch nichts anderes aus der Bestimmung des § 6 Abs.1
S.3 VerpackV hergeleitet werden. Diese schränkt lediglich durch das
Abstellen auf die Verpackungen bestimmter Marken die
Rücknahmepflichten für bestimmte Kleinbetriebe ein, ohne daß
hieraus etwas für die oben angeführte Meinung des Klägers
abgeleitet werden könnte.
Es handelt sich auch um Verpackungen unterschiedlicher Art.
Papier und Kunststoff belasten die Umwelt in unterschiedlicher
Weise und sind in unterschiedlichen Kreisläufen zu reciclen, was
beides offenkundig ist und daher keiner nähren Begründung bedarf.
Es reicht auch aus, daß die betreffenden Verpackungen aus
unterschiedlichen Materialien bestehen. Hierfür ist nämlich
entgegen der in dem vorbezeichneten Schriftsatz von dem Kläger
vertretenen Meinung nicht etwa erforderlich, daß unterschiedliche
"Gattungen" von Verpackungen im Sinne der Aufzählung im § 3 Abs.1
Nr.2 VerpackV betroffen sind. Das ergibt sich ohne weiteres aus der
umweltpolitischen Zielsetzung der Verpackungsverordnung, die auch
die Wiederverwertung von Verpackungsmaterilaien zum Gegenstand hat.
Es besteht auch kein Anlaß, der Beklagten auch die Entsorgung von
Plastikverpackungen zuzumuten, nachdem sie selbst für ihre Ware die
Verpackungsart der Papiertüte gewählt hat. Die sich aus § 6 Abs.1
VerpackV ergebende Verpflichtung, auch solche Verpackungen
anzunehmen, die nicht aus dem eigenen Hause stammen, dient
ersichtlich dem Ziel, dem Verwender bei gleichartigen Verpackungen
das regelmäßig schwer zu widerlegende Argument abzuschneiden, die
ihm vorgelegte konkrete Verpackung stamme gerade nicht von ihm. Die
unberechtigte Verweigerung von in Wahrheit doch aus dem Hause des
in Anspruch genommenen Verwenders scheidet indes aus, wenn es sich
- wie im vorliegenden Fall - um Plastiktüten handelt und der in
Anspruch genommene Verwender lediglich Papiertüten verwendet.
Aus den vorstehenden Gründen ist die Beklagte nicht
verpflichtet, die streitgegenständlichen Tüten zu Zwecken der
Entsorgung entgegenzunehmen. Bereits aus diesem Grunde ist der
Berufung des Klägers der Erfolg zu versagen. Es kommt hinzu, daß
der von dem Kläger geltendgemachte Unterlassungsanspruch auch dann
nicht bestünde, wenn in dem Verhalten der Beklagten ein Verstoß
gegen die Verpackungsverordnung begründet wäre.
Der Kläger begehrt mit seinem nunmehr gestellten Antrag, der
Beklagten bereits die Ausgabe der hier in Rede stehenden
Papiertüten zu untersagen, sofern sie nicht entweder
Kunststofftüten in dem begehrten Umfange zurücknimmt, oder sich
einem System nach § 6 Abs.3 VerpackV anschließt. Hierauf kann indes
kein Anspruch bestehen, weil die Verpackungsverordnung die Ausgabe
von Verkaufsverpackungen nicht an diese Voraussetzungen knüpft.
Die Verpackungsverordnung verlangt in ihrem die Rücknahmepflicht
für Verkaufverpackungen regelnden § 6 lediglich, daß der
"Vertreiber", also derjenige, der Verkaufsverpackungen in den
Verkehr bringt, entweder diese zurücknimmt, oder sich einem System
nach § 6 Abs.3 VerpackV anschließt. Diese Regelung besagt gerade
nicht, daß Verkaufsverpackungen überhaupt nur in den Verkehr
gebracht werden dürfen, wenn der Vertreiber auf die eine oder
andere Weise für eine Rückführung sorgt. Vielmehr ist der einzelne
Unternehmer frei, Verkaufsverpackungen in den Verkehr zu bringen.
Tut er dies, so ergeben sich für ihn zwar die in § 6 VerpackV
enthaltenen alternativen Pflichten, das besagt aber nicht, daß der
Normgeber schon die Ausgabe der Verkaufsverpackungen an die
Erfüllung dieser Pflichten geknüpft hätte. Der Unterschied mag für
die Praxis von geringer Bedeutung sein, weil der Vertreiber nach
beiden rechtlichen Ansätzen letztlich verpflichtet ist, sich durch
eine der beiden Alternativen des § 6 VerpackV an der Rückführung
der Verkaufsverpackungen zu beteiligen. Gleichwohl hindert der
eindeutige Wortlaut der Verpackungsverordnung, ein etwa als
wettbewerbswidrig anzusehendes Verhalten bereits bei der Ausgabe
der Tüten anzunehmen. Daß der Normgeber die Verhaltenspflichten
nicht schon an die Ausgabe der Verkaufsverpackungen, sondern erst
an die Situation knüpfen wollte und geknüpft hat, in der dem
Vertreiber Verkaufsverpackungen zur Rücknahme vorgelegt werden,
zeigt im übrigen über den Wortlaut des § 6 VerpackV hinaus auch die
im § 12 VerpackV enthaltene Sanktionsdrohung. In dessen Ziffer 6
wird nämlich für den Fall der Weigerung, Verkaufsverpackungen
zurückzunehmen, nicht etwa schon die Ausgabe von
Verkaufsverpackungen, sondern lediglich eben diese Weigerung für
ordnungwidrig erklärt.
Es kommt schließlich folgendes hinzu: Schwerpunkt der
Beanstandung durch den Kläger ist nicht die Ausgabe der Tüten,
sondern die Weigerung der Beklagten, diese zurückzunehmen. Bis zu
dem oben erwähnten Hinweis des Senats auf bestehende
Zulässigkeitsbedenken hat der Kläger sogar ausschließlich dieses
Begehren verfolgt und dementsprechend beantragt, die Beklagte zu
verurteilen, "es zu unterlassen, ... Kunstofftragetaschen ... nicht
zurückzunehmen...". Ein derartiger Anspruch kann indes nicht
bestehen, weil er - ungeachtet seiner Formulierung - der Sache nach
auf ein positives Tun, nämlich die Rücknahme der Tüten, gerichtet
ist, und die allein in Betracht kommende Norm des § 1 UWG - von dem
hier nicht in Betracht kommenden Schadensersatzanspruch abgesehen -
lediglich einen Unterlassungsanspruch, aber keinen Anspruch auf ein
positives Tun gewährt. Vor diesem Hintergrund wäre es eine Umgehung
der gesetzgeberischen Wertung, wonach lediglich bei
wettbewerbswidrigem Handeln ein Anspruch auf Unterlassung, und
nicht bei einem möglicherweise als wettbewerbswidrig anzusehenden
Unterlassen ein Anspruch auf ein positives Tun besteht, das
wettbewerbswidrige Verhalten statt in dem eigentlich beanstandeten
Verhalten, hier also in der Weigerung der Rücknahme, nunmehr schon
in dem letzten davor liegenden positiven Tun, hier also in der
Ausgabe der Einkaufstüten, zu sehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§
708 Nr.10, 711 ZPO.
Die gemäß § 546 Abs.2 ZPO festzusetzende Beschwer der Klägerin
entspricht dem Wert ihres Unterliegens im Rechtsstreit.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 60.207 DM
OLG Köln:
Urteil v. 29.08.1997
Az: 6 U 17/97
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