Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. November 2000
Aktenzeichen: 14 W (pat) 3/00
(BPatG: Beschluss v. 14.11.2000, Az.: 14 W (pat) 3/00)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Mit dem angefochtenen Beschluß vom 23. September 1999 hat die Prüfungsstelle für Klasse C02F des Deutschen Patent- und Markenamtes die Patentanmeldung 197 55 319.2-41 mit der Bezeichnung
"Wäßriges Mittel zur Konditionierung des Wassers in einem Wasserbett"
gemäß § 48 PatG zurückgewiesen.
Dem Beschluß liegen die mit Schriftsatz vom 18. August 1999 eingereichten Patentansprüche 1 und 2 zugrunde, von denen der Hauptanspruch wie folgt lautet:
"Verwendung von polymeren quartären Ammoniumverbindungender Summenformel
(CX HY OZ N +)n Cl-
wobeix = 4 - 8 y = 10 - 18 z = 0 - 2 und n eine ganze, rationale Zahl, die gleich oder größer als 2 ist, mit einem Molekulargewicht von 500 bis 10.000, vorzugsweise 5.000 bis 10.000, in Wasserbettfüllungen."
Die Zurückweisung nimmt u.a. auf die Entgegenhaltungen
(1) DE 38 40 103 C1
(2) DE 34 23 703 A1
(4) CA 12 69 584 A Bezug und ist im wesentlichen damit begründet, die Verwendung der im Anspruch 1 angegebenen polymeren, quartären Verbindungen zur bioziden Behandlung des Wassers von Wasserbetten sei gegenüber dem durch die Entgegenhaltungen (1) und (4) belegten Stand der Technik nahegelegt. In (4) würden zur Kontrolle von Bakterien in nicht trinkbarem Wasser, wie z.B. in Wasserbettfüllungen, Zusammensetzungen mit einem Gehalt an wasserlöslichen, antibakteriellen Substanzen vorgeschlagen. In (1) seien polymere, quartäre Ammoniumverbindungen beschrieben, die unter die beanspruchte Summenformel des Anspruches 1 fielen und zur Entkeimung von Schwimmbädern geeignet seien sowie auch in anderen Wassersystemen, wo es auf Algenfreiheit ankäme, eingesetzt werden könnten. Der Fachmann hätte damit deutliche Hinweise gehabt, eine polymere, quartäre Ammoniumverbindung auch in Wasserbettfüllungen einzusetzen.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hat keine Beschwerdebegründung eingereicht und außer der Bitte, die Beschwerde unverzüglich dem Bundespatentgericht vorzulegen, keine Anträge gestellt.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig; sie ist aber nicht begründet.
Die Verwendung der polymeren, quartären (=quaternären) Ammoniumverbindungen nach Anspruch 1 ist durch die Druckschriften (1) und (2) nahegelegt.
Aufgabe der vorliegenden Anmeldung ist es, ein Mittel zur Konditionierung des Wassers für ein Wasserbett zur Verfügung zu stellen, welches bei verbesserter bakterizider Wirkung und verminderter Toxizität die PVC-Folie eines Wasserbettes nicht angreift (vgl S 2 Abs 3 der Beschreibung).
Gelöst wird diese Aufgabe durch die im Anspruch 1 angegebene Verwendung polymerer quartärer Ammoniumverbindungen.
Polymere, quartäre Ammoniumverbindungen gemäß der allgemeinen Formel nach Anspruch 1 sind aus den Druckschriften (1) und (2) bekannt und werden zur Entkeimung u.a. von Wasser in Schwimmbädern sowie anderen Wassersystemen verwendet. Sie weisen eine ausgezeichnete und breite algizide Wirkung bei niedriger Dosierung sowie eine beachtliche bakteriostatische und/oder bakterizide Wirkung auf (vgl (1), Anspruch 1 iVm S 3 Z 57 bis 59 und Z 67/68 S 4 Z 11 bis 15, S 5 Z 65 bis 67 und S 6 Tabelle 2 sowie (2), Ansprüche 1 und 19 iVm Beschreibung, S 6 Z 3 bis 10). Dargelegt wird dies in (1) und (2) u.a. auch durch Vergleichsversuche mit herkömmlichen zur Behandlung von Wasser verwendeten Bioziden. Diese weisen gegenüber den polymeren, quartären Ammoniumverbindungen nach (1) und (2) die Nachteile auf, gegenüber Algen und bestimmten Bakterienstämmen eine schlechtere Wirksamkeit zu besitzen und nicht schaumfrei zu sein (vgl (1), S 5 Z 47 bis S 6 Z 9 iVm den Tabellen 1 bis 7 sowie (2), Beschreibung, S 6 Z 6 bis 10 iVm Beispielen 64 bis 66). Nachdem die Druckschriften (1) und (2) somit bereits Vorgaben erfüllen, die der vorliegenden Anmeldung zu Grunde liegen, muß der Fachmann, dessen Tätigkeitsbereich sich auf die Verwendung von keimfrei zu haltendem Wasser erstreckt und der mit dem Ersatz der herkömmlichen wasserlöslichen bioziden Mittel durch vorteilhaftere Alternativen befaßt ist, diese Entgegenhaltungen zur Lösung seiner Aufgabe in Erwägung ziehen. Sie geben ihm den Hinweis, daß es neben den herkömmlichen wasserlöslichen bioziden Mitteln polymere, quartäre Ammoniumverbindungen gibt, die sowohl eine algizide als auch eine fungizide und eine bakterizide Wirksamkeit besitzen, in Wassersystemen einsetzbar sind und gegenüber anderen Bioziden vorteilhafte Eigenschaften aufweisen. Es kann daher nicht mehr als erfinderischer Schritt angesehen werden, diese Verbindungen nunmehr auch zur Konditionierung von Wasser für Wasserbetten in Betracht zu ziehen, zumal die von seiten der Anmelderin als Beleg für die besondere Eignung der Verbindungen nach Anspruch 1 gemachten Angaben auch bereits in den Druckschriften (1) und (2) zu finden sind. So stimmen die vorgelegten Versuchsergebnisse im Vergleich mit den aus (1) und (2) bekannten Daten sowohl bezüglich der Wirksamkeit der polymeren, quartären Ammoniumverbindungen gegenüber Bakterien als auch hinsichtlich des Bereiches der für die algizide oder fungizide Wirksamkeit erforderlichen minimalen Hemmkonzentrationen überein (vgl Anmeldung, S 4 Z 18 bis 29 sowie (1), Tabelle 2 und (2), Beispiele 64 bis 66). Ferner ist die gegenüber den biozid wirkenden monomeren, quartären Ammoniumverbindungen geltend gemachte niedrigere Netzwirkung, d.h. damit auch geringere Neigung zur Schaumbildung, dieser Verbindungen ebenfalls aus der Druckschrift (1) bekannt ( vgl (1), S 5 Z 66/67). Nachdem somit wesentliche Eigenschaften der anmeldungsgemäß verwendeten Mittel bereits in (1) und (2) angegeben sind, bedarf es zur Feststellung, ob diese als biozide Mittel in Wasserfüllungen verwendet eine PVC-Folie weniger angreifen als herkömmliche Mittel, lediglich einiger orientierender Versuche, die der Fachmann so anlegen kann, daß sie ihm in einem überschaubaren Zeitraum einen Überblick über die zu erwartenden Ergebnisse liefern, zu deren Durchführung er aber nicht erfinderisch tätig werden muß. Im übrigen sind die fehlenden hydrophoben Eigenschaften der polymeren, quartären Ammoniumverbindungen (vgl Beschreibung S 4 Z 5 bis 14) angesichts ihrer Salzstruktur vorhersehbar. Daß sich mit dem Einsatz der polymeren Ammoniumverbindungen darüber hinaus weitere Vorteile wie die geringere Toxizität ergeben, kann die erfinderische Tätigkeit ebenfalls nicht begründen, denn diese sind nur eine Folge der mit (1) und (2) nahegelegten Verwendung. Nun werden die polymeren Ammoniumverbindungen in den Druckschriften (1) und (2) als Biozide zwar nur im Zusammenhang u.a. mit Schwimmbädern und allgemein mit Wassersystemen beschrieben; sie nun aber auch für den speziellen Fall der Entkeimung von Wasserfüllungen für Wasserbetten einzusetzen, liegt ebenfalls nahe, nachdem auch Wasserfüllungen für Wasserbetten ein Wassersystem darstellen. Ferner ist davon auszugehen, daß Biozide, die im Wasser von Schwimmbädern mit Erfolg angewendet werden, im angegebenen Konzentrationsbereich keine toxischen bzw. gesundheitsschädigenden Eigenschaften aufweisen dürfen, womit ihre Anwendung zur Keimfreihaltung von nicht trinkbarem Wasser auch in weiteren Lebensbereichen nahegelegt wird.
Das von der Anmelderin in der Eingabe vom 18. August 1999 im Rahmen des Prüfungsverfahrens vorgetragene Argument, das Auffinden der polymeren, quartären Ammoniumverbindungen als Biozide in Wasserfüllungen für Wasserbetten sei als "glücklicher Zufall" zu werten, trifft insofern nicht zu, als in (1) und (2) die Eigenschaften der polymeren Ammoniumverbindungen im direkten Vergleich mit den herkömmlichen allgemein in Wassersystemen verwendbaren Bioziden dargestellt sind (vgl dazu auch (1), S 2 Z 15 bis 54). Der Fachmann muß daher bei seiner Suche nach einer Alternative zu den bereits in Anwendung befindlichen Substanzen nicht eine Auswahl aus einer nicht übersehbaren Anzahl von Substanzklassen und Verbindungen treffen, sondern erhält vielmehr bereits mit (1) und (2) die Information, polymere, quartäre Ammoniumverbindungen bei der bioziden Behandlung von Wasser neben den bisher verwendeten herkömmlichen Verbindungen in Betracht zu ziehen.
Der Anspruch 1 ist daher mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar.
Der Anspruch 2 muß das Schicksal des Anspruches 1 teilen, weil über die Anmeldung nur insgesamt entschieden werden kann Eine mündliche Verhandlung ist von der Anmelderin nicht beantragt und bei der gegebenen Sachlage vom Senat nicht für sachdienlich erachtet worden. Die Zurückweisung der Beschwerde war daher im schriftlichen Verfahren zu beschließen.
Moser Wagner Harrer Proksch-Ledigprö
BPatG:
Beschluss v. 14.11.2000
Az: 14 W (pat) 3/00
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