Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 25. November 1998
Aktenzeichen: 13 U 185/97
(OLG Köln: Urteil v. 25.11.1998, Az.: 13 U 185/97)
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 01. 07.1997 verkündete Urteil des Landgerichts Bonn - 18 O 494/96 - wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 9.500,- DM abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Dem Beklagten wird gestattet, die Sicherheitsleistung auch in Form einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank, Genossenschaftsbank oder öffentlichen Sparkasse zu erbringen.
Gründe
Die Parteien streiten über das Besitz- und Nutzungsrecht an dem
Hotelgrundstück S. in B. - X..
Die Kläger sind ein in der Rechtsform der Gesellschaft
bürgerlichen Rechts organisierter sog. geschlossener
Immobilienfonds mit zur Zeit 47 Gesellschaftern gemäß der diesem
Urteil beiliegenden Gesellschafterliste. Die Gesellschaft ist durch
notariellen Vertrag vom 28.07.1989 durch Frau A. B. und Herrn O.
M. zu dem Zwecke gegründet worden, das bereits erwähnte Grundstück
S. zu erwerben, zu bebauen und sodann nachhaltig zu vermieten und
zu verwalten. Das dazu erforderliche Kapital von ca. 6.500.000,- DM
sollte im Wesentlichen durch eine begrenzte Zahl neu beitretender
Gesellschafter aufgebracht werden. Frau B. wurde im
Gesellschaftsvertrag zur organschaftlichen Geschäftsführerin der
Gesellschaft bestellt. Neben dieser und der gemeinschaftlichen
Geschäftsführung und Vertretung des Immobilienfonds durch alle
Gesellschafter wurde die Fa. P. GmbH, vertreten durch ihren
Geschäftsführer, Herrn P. N., zur nichtorganschaftlichen
Geschäftsführerin der Kläger berufen. Wegen der weiteren
Einzelheiten wird auf den mit der Klageschrift zu den Akten
gereichten Gesellschaftsvertrag Bezug genommen.
Durch Mietvertrag/Betreibervertrag vom 08.11.1990 vermieteten
die Kläger, vertreten durch Frau A. B. und die P. GmbH, das zum
31.12.1990 fertigzustellende Hotel G. nebst Kfz-Stellplätzen an die
Fa. S. GmbH Konzeption und Vermittlung (im folgenden: S.) zu einem
jährlichen Bruttomietpreis vom 483.262,20 DM. In der Fa. S. hielten
Frau B., die bis zum 16.09.1993 zugleich auch alleinige
Geschäftsführerin der Fa. S. war, sowie ein weiterer Gesellschafter
der Kläger, Herr R., je 25 % des Stammkapitals. Je weitere 25 % des
Stammkapitals hielten Herr P. N., der Geschäftsführer der P. GmbH
als nichtorganschaftlicher Geschäftsführerin der Kläger, sowie Herr
N., der nicht zum Kreis der Kläger gehörte.
Die Fa. S. übertrug den Betrieb und die Bewirtschaftung des
Hotels mit Betreibervertrag vom 19.3.1991 ihrerseits vollständig
auf die Fa. Su. X. Betriebsgesellschaft GmbH (im Folgenden: Su.),
die spätere Gemeinschuldnerin, die sämtliche Rechte und Pflichten
aus dem Miet-/Betreibervertrag der Fa. S. mit den Klägern übernahm.
Die Fa. Su. war eine eigens zu diesem Zweck von der Fa. S.
gegründete Betriebsgesellschaft, deren Anteile vollständig von der
Fa. S. gehalten wurden. Daneben bestand ein Beherrschungs- und
Ergebnisabführungsvertrag zwischen der Fa. S. und der Fa. Su..
Zum 01.07.1992 wurde der Hotelbetrieb aufgenommen. Der
monatliche Nettomietzins von 33.000,- DM konnte in der Folgezeit
von der Fa. Su. nicht erwirtschaftet werden. Zunächst glich die Fa.
S. die Rückstände aufgrund der von ihr übernommenen Mietgarantie
noch weitgehend aus. Im Oktober 1995 bestanden aber bereits
Mietrückstände der Fa. Su. bzw. der Fa. S. in Höhe von 232.498,47
DM, über die die Kläger gegenüber der Fa. S. ein Versäumnisurteil
erwirkten (LG Bonn 18 O 314/95). Die Mietrückstände erhöhten sich
danach noch weiter; im Herbst 1996 beliefen sie sich auf ca.
450.000,- DM.
Im Juni 1994 äußerte die Geschäftsführerin B. gegenüber den
Klägern die Absicht, ihre Tätigkeit für den Fonds niederlegen zu
wollen. Entsprechend ihrer Bitte wurde der Punkt "Ausscheiden der
organschaftlichen Geschäftsführerin Frau B." in die Tagesordnung
der am 10.08.1994 stattfindenden Gesellschafterversammlung
aufgenommen. In der Gesellschafterversammlung waren die anwesenden
Gesellschafter sodann grundsätzlich gewillt, dem Wunsch der Frau B.
zu entsprechen; es fand sich jedoch keiner von ihnen bereit, das
Amt des organschaftlichen Geschäftsführers zu übernehmen. Der im
Verlauf der Gesellschafterversammlung gewählte Beiratsvorsitzende,
Herr Hubert Gast, schlug dann Herrn Dipl.-Ing. So. als neuen
Geschäftsführer vor, der selbst nicht Gesellschafter des Fonds ist.
Da im Hinblick auf § 7 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages die
Bestellung eines Nicht-Gesellschafters zum Geschäftsführer eine
Ànderung des Gesellschaftsvertrages erforderte, die nicht als
Tagesordnungspunkt angekündigt gewesen war, wurde die Ànderung des
Gesellschaftsvertrages sowie die Bestellung des Herrn So. zum neuen
Geschäftsführer einem gem. § 9 Nrn. 1, 4 und 5 grundsätzlich
vorgesehenen Umlaufverfahren überlassen, das in der Folge
durchgeführt wurde. Mit der entsprechenden Beschlußvorlage
erklärten sich 82,19 % der von den Fondsgesellschaftern gehaltenen
und an der Abstimmung mitwirkenden Anteile am Gesellschaftsvermögen
einverstanden. Wegen der Einzelheiten wird auf die mit Schriftsatz
der Kläger vom 20.05.1997 überreichten Abstimmungsbögen sowie die
Liste über die von den Gesellschaftern gehaltenen Anteile am
Gesellschaftsvermögen Bezug genommen, nach denen sich das
Stimmrecht richtet. Herr So. führte in der Folgezeit die Geschäfte
der Kläger, ohne dass in diesem Zusammenhang Beanstandungen der
einzelnen Gesellschafter erhoben wurden.
Ende 1995 war die Fa. S. mit ca. 3,7 Mio. DM überschuldet und
stellte Konkursantrag, der mit Beschluss des Amtsgerichts Neu-Ulm
vom 26.01.1996 mangels Masse zurückgewiesen wurde. Aus diesem
Grunde stellten die Kläger Óberlegungen dahingehend an, das Hotel
in eigener Regie weiterzuführen. Zu diesem Zwecke wurde der
Gesellschaftsvertrag im Umlaufverfahren dahin geändert, dass die
Gesellschaft bürgerlichen Rechts den Hotelbetrieb selbst übernehmen
und in direkter Verantwortung gewerblich tätig werden sollte. Dem
Geschäftsführer wurde im entsprechenden Umlaufverfahren auch
Einzelvollmacht zur Kündigung des Miet-/Betreibervertrages mit der
Fa. S. sowie zu allen zur Óbernahme des Hotelbetriebes
erforderlichen Rechtshandlungen erteilt. Mit Schreiben vom
27.09.1996 kündigten die Kläger, vertreten durch Herrn So., den
Miet-/Betreibervertrag gegenüber der Fa. S. wegen Zahlungsverzuges
zum 01.10.1996 sowie mit weiterem Schreiben vom 01.10.1996
"vorsorglich" ein möglicherweise bestehendes faktisches
Mietverhältnis. Den Geschäftsführern der Fa. Su., Frau Dähring und
Herrn Schreiber, wurde angeboten, die zwischen diesen und der
Gemeinschuldnerin, der Fa. Su., begründeten Anstellungsverhältnisse
zu gleichen Konditionen fortzuführen, worauf diese mit Schreiben
vom 24.09.1996, deren Zugang streitig ist, ihre
Beschäftigungsverhältnisse mit der Gemeinschuldnerin zum 30.09.1996
kündigten.
Die Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin stellten am 07.10.1996
Konkursantrag; der Beklagte wurde zunächst zum Sequester bestellt.
Am 25.10.1996 wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der
Gemeinschuldnerin eröffnet und der Beklagte zum Konkursverwalter
bestellt, der das Hotel am gleichen Tage unter im einzelnen
streitigen Umständen in Besitz nahm und durch einen von ihm
beauftragten Hotelier führen ließ.
Die Kläger erwirkten daraufhin eine - mittlerweile
rechtskräftige - einstweilige Verfügung des Landgerichts Bonn vom
30.10.1996 (18 O 445/96), durch die dem Beklagten aufgegeben wurde,
das Grundstück sowie das Hotelgebäude geräumt an die Kläger
herauszugeben. Seitdem betreiben sie das Hotel selbst.
Die Kläger haben ursprünglich negative Feststellungsklage zur
Klärung der Besitz- und Nutzungsverhältnisse am Hotelgrundstück
erhoben. Auf die vom Beklagten erhobene Widerklage auf Herausgabe
des Besitzes am Grundstück sowie am Hotelgebäude haben die Parteien
den ursprünglichen Feststellungsantrag übereinstimmend für erledigt
erklärt und widerstreitende Kostenanträge gestellt.
Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, Herr Dipl.-Ing. So. sei
nicht wirksam zum Geschäftsführer des klägerischen Immobilienfonds
bestellt worden. Frau B. habe nur durch einen Geschäftsführer aus
dem Kreis der Gesellschafter ersetzt werden können. Die Ànderung
des Gesellschaftsvertrages im Umlaufverfahren sei unwirksam gewesen
und habe nicht durch Mehrheitsentscheid herbeigeführt werden
können. Daher habe Herr So. den Miet-/Betreibervertrag mit der Fa.
S. nicht wirksam für die Kläger kündigen können.
Der Beklagte hat weiter gemeint, die Kläger seien unter dem
Gesichtspunkt der eigenkapitalersetzenden Nutzungsüberlassung gemäß
§ 32 a GmbHG verpflichtet, das Hotelobjekt bei der
Gemeinschuldnerin zu belassen. Die Kläger hätten die
Gemeinschuldnerin mittelbar über die Fa. S. beherrscht, deren
Geschicke sie zunächst durch die Identität der Person der
Geschäftsführerin Frau B. bestimmt hätten. Mittelbar habe den
Klägern über die Anteile der Frau B., des Herrn N. sowie des Herrn
R. eine 3/4 - Mehrheit bei der Fa. S. zugestanden. Die Fa. S. sei
nur gegründet worden, um den Klägern als Kapitalanlegern eine
Mietzinszahlung durch diese garantieren zu können, die auch bei
guter Auslastung des Hotels nicht zu erwirtschaften gewesen wäre.
Bereits Ende 1994 habe Óberlassungsunwürdigkeit bestanden, da schon
zu diesem Zeitpunkt festgestanden habe, daß weder die Fa. S. noch
die Gemeinschuldnerin in der Lage gewesen seien, die von Anfang an
überhöhten Mietforderungen auszugleichen. Trotz Kenntnis von der
Krise hätten die Kläger der Gemeinschuldnerin das Hotelgrundstück
weiter belassen.
Der Beklagte hat widerklagend beantragt,
die Kläger zu verurteilen, an ihn den
Besitz an dem Grundstück und Hotelgebäude S., 53177 Bonn - X.,
Gemarkung M., Flur 15, Flurstück 651, verzeichnet im Grundbuch des
Amtsgerichts Bonn von M., Blatt x., herauszugeben.
Die Kläger haben beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Sie sind insbesondere den Rechtsauffassungen des Beklagten im
einzelnen entgegengetreten.
Mit dem am 01.07.1997 verkündeten Urteil des Landgerichts Bonn,
auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, ist
die Widerklage abgewiesen worden; die Kosten des Rechtsstreits
einschließlich derjenigen der übereinstimmend für erledigt
erklärten Feststellungsklage sind dem Beklagten auferlegt
worden.
Gegen dieses ihm am 07.07.1997 zugestellte Urteil hat der
Beklagte mit einem am 07.08.1997 eingegangenen Schriftsatz Berufung
eingelegt, die er nach antragsgemäßer Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist rechtzeitig mit einem am 08.10.1997
eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Der Beklagte erstrebt mit seinem Rechtsmittel weiterhin die
Herausgabe des Besitzes am Hotelgrundstück. Dazu wiederholt und
vertieft er sein Vorbringen erster Instanz.
Er hält an seiner Auffassung fest, dass das Hotelgrundstück der
Gemeinschuldnerin über die Fa. S. in eigenkapitalersetzender Weise
zur Nutzung überlassen worden sei. Die Kläger stünden
Gesellschaftern der Gemeinschuldnerin gleich, weil sie die Fa. S.
als alleinige Gesellschafterin der Gemeinschuldnerin beherrscht
hätten, was sich insbesondere aus den
Geschäftsführungsverhältnissen des klägerischen Immobilienfonds
sowie der Fa. S. ergebe. Die Gründungsgesellschafterin und
Geschäftsführerin der Kläger, Frau B., sei bis zum 16.09.1993 auch
alleinige Geschäftsführerin der Fa. S. gewesen, was unstreitig ist.
In dieser Eigenschaft habe sie als Geschäftsführerin der Kläger und
zugleich als Geschäftsführerin der Fa. S. den
Miet-/Betreibervertrag vom 08.11.1990 abgeschlossen, wie es -
ebenfalls unstreitig - bereits bei Gründung des klägerischen
Immobilienfonds im einzelnen vorgesehen gewesen sei. Weiter hätten
die Kläger die Fa. S. über deren Gesellschafter Herrn R. und Herrn
N. beherrscht. Der Beklagte meint, es sei unerheblich, ob die
Kläger in ihrer Gesamtheit die Beteiligungsverhältnisse bei der Fa.
S. im einzelnen gekannt hätten, da sie sich die entsprechende
Kenntnis ihrer Organe gemäß § 166 BGB zurechnen lassen müssten.
Damit hätten sie sich bewußt in die Finanzierungsverantwortung für
die Fa. S. und zugleich auch für die von dieser beherrschten
Gemeinschuldnerin begeben. Für die Bewertung des Finanzgebarens der
Publikumsgesellschaft komme es nicht auf die Motive der einzelnen
Anleger, sondern auf das rechtsgeschäftliche Verhalten der
Geschäftsführung an, das gemäß § 166 BGB allen Gesellschaftern
zuzurechnen sei. Der hohe Mietertrag habe im übrigen - als Teil des
Anlagekonzepts - in Folge der Beherrschung nur erzielt werden
können, weil die Geschäftsführerin der Kläger mit sich selbst als
Geschäftsführerin der Fa. S. den Mietvertrag zu den bekannten
Bedingungen abgeschlossen habe, der zwischen freien Unternehmen
niemals ausgehandelt worden wäre.
Der Beklagte behauptet weiter, die Fa. S. sei von Anfang an
überlassungsunwürdig im Sinne der Rechtsprechung zur
eigenkapitalersetzenden Nutzungsüberlassung gewesen, weil der
vereinbarte Mietzins so hoch festgesetzt worden sei, dass er auch
bei bester Auslastung des Hotels nicht zu erwirtschaften gewesen
sei, was dann auch bereits zum 31.12.1991 zur Óberschuldung der Fa.
S. geführt habe. Gleichwohl hätten die Kläger der Fa. S. die
Nutzung des Hotelgrundstücks belassen, obwohl wegen der bereits
aufgelaufenen Mietrückstände die Möglichkeit zur fristlosen
Kündigung bestanden habe.
Der Beklagte vertritt auch berufungsinstanzlich die Ansicht, die
Kündigung des Mietvertrags gemäß Schreiben vom 27.9.1996 sei
unwirksam, weil der Unterzeichner, Herr Dipl.-Ing. So., nicht
wirksam zum Geschäftsführer der Kläger bestellt worden sei. Die
Bestellung dieses - fremdorganschaftlichen - Geschäftsführers habe
nur einstimmig erfolgen können.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Bonn vom
01.07.1997 abzuändern und seiner Widerklage nach seinem Antrag aus
dem ersten Rechtszug stattzugeben,
hilfsweise, ihm Vollstreckungsschutz
gemäß §§ 711, 712 ZPO zu gewähren und das Urteil im
Berufungsverfahren nicht für vorläufig vollstreckbar gegen ihn zu
erklären, jedenfalls aber ihm zu gestatten, die Zwangsvollstreckung
durch Sicherheitsleistung abzuwenden und eine Sicherheitsleistung
auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen
Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank zu
dürfen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie treten den Rechtsausführungen des Beklagten im einzelnen
entgegen. Es sei weder von einer Beteiligungs- noch von einer
Beherrschungsidentität auszugehen; insbesondere habe die
Geschäftsführerin Frau B. den Klägern nicht ihren Willen aufzwingen
können und sei an die Gesellschafterbeschlüsse gebunden
gewesen.
Im Óbrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und
Streitstandes ergänzend auf den Inhalt der wechselseitigen
Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
E N T S C H E I D U N G S G R Ó N D E :
Die zulässige Berufung führt in der Sache nicht zum Erfolg.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht
einen Anspruch des Beklagten auf Einräumung des Besitzes am
Hotelgrundstück verneint.
1.
Dem Beklagten steht kein Anspruch auf Weiterbenutzung des
klägerischen Hotelgrundstücks unter dem Gesichtspunkt der
eigenkapitalersetzenden Gebrauchsüberlassung zu.
Die Voraussetzungen für eine Zurechnung der Nutzungsüberlassung
als eigenkapitalersetzende Leistung gem. § 32 a GmbHG sind im
angefochtenen Urteil zutreffend wie folgt dargestellt worden:
Die Óberlassung des Hotels an die Fa. S. muß als einer
Darlehensgewährung an die Gemeinschuldnerin gleichstehende
Rechtshandlung im Sinne des § 32 a Abs. 3 GmbHG angesehen werden
können.
Die Kläger, die in ihrer Gesamtheit nicht Gesellschafter der
Fa. S. sind, müssen als Dritte einem Gesellschafter gleichzustellen
sein.
Es muß sog. Óberlassungsunwürdigkeit vorliegen, d. h. die
Kläger hätten das Grundstück der Fa. S. von vornherein nicht
überlassen dürfen oder es ihr im Zeitpunkt der Krise nicht
weiterbelassen dürfen, obwohl die Möglichkeit der Herausnahme aus
dem Vermögen bestanden hätte.
Zur erstgenannten Voraussetzung geht der Bundesgerichtshof in
mittlerweile gefestigter Rechtsprechung davon aus, daß bei
Óberlassung bzw. Belassung von Sachen an die Gesellschaft das
Nutzungsrecht als eigenkapitalersetzende Leistung anzusehen ist und
die Gestaltung dementsprechend so zu bewerten ist, als ob der
Gesellschafter dieses Nutzungsrecht in Form einer Sacheinlage
eingebracht hätte (vgl. BGHZ 127/1, 15; 127/17, 27 ff.) Dieser
Rechtsprechung ist entgegen der Auffassung der Kläger und der von
ihnen in der Berufungserwiderung angeführten Literaturmeinung
zuzustimmen: Der Umstand, daß das Óberlassen bzw. Belassen der
Sache dazu führt, dass die Gesellschaft länger lebensfähig gehalten
werden kann als ohne diese Unterstützung, reicht im Hinblick auf
den Normzweck des § 32 a GmbHG zur Anwendung der
Eigenkapitalersatzregeln aus.
Die zweite Voraussetzung für die Anwendung der
Eigenkapitalersatzregeln, die Gleichstellung der Kläger mit einem
Gesellschafter der Fa. S., ist hier jedoch bereits zu
verneinen.
Óber den Kreis der Gesellschafter hinaus finden die Bestimmungen
über eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen auch Anwendung
auf Darlehen bzw. gleichgestellte Leistungen Dritter, wenn diese
Gesellschaftern gleichgestellt werden können; § 32 a Abs. 2, 3
GmbHG.
Die Gleichstellung Dritter wird u. a. bei Treuhand- und
Strohmannverhältnissen, atypischer stiller Gesellschaft,
Betriebsaufspaltung und bei verbundenen Unternehmen bejaht (vgl. i.
e. Baumbach/Hueck, GmbHG, 16. Aufl. 96, § 32 a, Rn. 20 ff.).
a)
Ein Fall der echten Betriebsaufspaltung lag zwar im Verhältnis
der Fa. S. zur Gemeinschuldnerin, nicht aber im Verhältnis zwischen
den Klägern und der Fa. S. vor.
Der Gemeinschuldnerin, die von der Fa. S. als einziger
Gesellschafterin gehalten wurde, war das bebaute Hotelgrundstück
als wesentliche Betriebsgrundlage mietweise überlassen worden.
Zudem bestand auch ein Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag
zwischen der Fa. S. und der Gemeinschuldnerin, was diese zweifellos
zu einem von der Fa. S. abhängigen Unternehmen machte. An der im
Beschluß des Senats vom 08.04.1998 zugrundegelegten Auffassung,
dass auch im Verhältnis zwischen den Klägern und der Fa. S. von
einer Beherrschungsidentität ausgegangen werden kann, hält der
Senat indes nicht fest. Die dort aufgeworfenen Fragen der
tatsächlichen Beherrschung stellen sich begrifflich erst unter dem
Blickwinkel der verbundenen Unternehmen, wobei die Fallgruppen
allerdings ineinander übergreifen und die zugrundeliegenden
Wertungen ähnlich sind.
Die Bestimmungen des § 32 a GmbH sind nicht unmittelbar
einschlägig, wenn die beiden Gesellschaften nicht
personenidentisch, sondern nur über gemeinsame Gesellschafter
verbunden sind, was insbesondere bei der eine sachliche und
personelle Verflechtung erfordernden Betriebsaufspaltung im
steuerrechtlichen Sinne der Fall ist.
Die hiernach erforderliche sachliche Verflechtung liegt vor,
wenn das überlassene Wirtschaftsgut eine wesentliche
Betriebsgrundlage (notwendiges Betriebsvermögen) des
Betriebsunternehmens darstellt; personelle Verflechtung setzt bei
den an dem Besitz- und an dem Betriebsunternehmen beteiligten
Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen
voraus. Die in diesem Falle gegebene wirtschaftliche Verbindung
beider Gesellschaften rechtfertigt eine Einbeziehung des
Besitzunternehmens als den Gesellschaftern der GmbH nahestehende
Person in den Anwendungsbereich der Kapitalerhaltungsregeln (vgl.
BGHZ 127/1, 5; Rowedder/Rowedder, GmbHG, 3. Aufl. 1996, § 32 a, Rn.
55).
Eine wirtschaftliche Einheit im Sinne eines einheitlichen
geschäftlichen Betätigungswillens bei den Klägern und der Fa. S.
kann hier indes nicht angenommen werden. Die Fa. S. wurde bereits
am 09.11.1988 gegründet und am 04.04.1989 eingetragen. Ihr
Unternehmenszweck war die Konzeption und Vermittlung von
Kapitalanlagen aller Art, die Tätigkeit als Initiatorin von
Bauvorhaben, die Beratung bei und Vermittlung von
Grundstücksgeschäften sowie die Durchführung von Bauvorhaben als
Generalübernehmer. Die damalige Geschäftsführerin der Fa. S., Frau
B., hat sodann erst im Juli 1989 mit einem weiteren Gesellschafter
den klägerischen Fonds gegründet, dessen Geschäftszweck sich auf
den Erwerb der Immobilie S. und deren Verwaltung beschränkte, also
auf bloße Anlagezwecke.
Die Fa. S. hat sich demgegenüber viel weitergehender
unternehmerisch betätigt, z. B. mit der Errichtung weiterer
Geschäftshaus- und Hotelobjekte, wie sich aus dem mit der
Klageerwiderung überreichten Gutachten im Konkursverfahren
betreffend die Fa. S. ergibt (dort Seite 4 = Bl. 49 d. A.). Aus
ihrer Sicht ging es bei Gründung des Immobilienfonds darum, Kapital
für weitere unternehmerische Betätigungsfelder zu sammeln.
Von daher kann bereits nicht angenommen werden, dass das mietweise
überlassene Hotelgrundstück eine wesentliche Betriebsgrundlage für
die Fa. S. darstellte. Im Hinblick auf deren weitergehende
wirtschaftliche Aktivitäten kann auch kein einheitlicher
geschäftlicher Betätigungswille bei den Klägern und der Fa. S.
bejaht werden, wie er für die notwendige personelle Verflechtung
verlangt wird. Eine Verantwortung für die viel weitergehenden und
risikoreichen Aktivitäten der Fa. S. wollten die Kläger ersichtlich
nicht übernehmen. Der Bundesgerichtshof hat die Fälle der
Betriebsaufpaltung nur bei "wirtschaftlicher Einheit" dem § 32 a
GmbHG unterstellt (vgl. BGHZ 121/ 31, 34 f.; 127/1, 5). Davon kann
indes im Hinblick auf die "Gründungsgeschichte" der Kläger, die
unterschiedlichen Geschäftszwecke sowie unternehmerischen
Interessen der Gesellschaften nicht ausgegangen werden, unabhängig
von der Frage, ob die Fa. S. tatsächlich von den Klägern
"beherrscht" worden ist, worauf im Folgenden unter dem Aspekt der
verbundenen Unternehmen eingegangen wird.
b)
Die Kapitalersatzregeln finden im vorliegenden Fall indes auch
nicht unter konzernrechtlichen Gesichtspunkten Anwendung, da die
Kläger und die Fa. S. nicht als verbundene Unternehmen im Sinne der
§§ 15 ff. AktG anzusehen sind.
Für verbundene Unternehmen vertritt der Bundesgerichtshof in
ständiger Rechtsprechung mit nur geringfügigen Differenzierungen
die Auffassung, Darlehen solcher Unternehmen seien wegen der hier
gegebenen wirtschaftlichen Einheit den Leistungen eines
Gesellschafters gleichzustellen (vgl. BGHZ 81/311, 315; 105/168,176
f.; weitere Nachw. bei Rowedder, a.a.O., § 32 a, Rn. 37). Etwas
vorsichtiger hat der Bundesgerichtshof in der Entscheidung NJW
88/3143 formuliert, wonach verbundene Unternehmen zum
Adressatenkreis der §§ 32 a ff. GmbHG gehören können (vgl. dort S.
3145). Demgegenüber tritt ein erheblicher Teil der Literatur für
eine einzelfallbezogene und differenzierte Zurechnung ein,
allerdings mit unterschiedlichen Abgrenzungskriterien. Teilweise
wird zusätzlich gefordert, daß eine wirtschaftliche Einheit gegeben
sein und der Dritte mit der Kreditgewährung
Finanzierungsverantwortung für die Gesellschaft übernommen haben
müsse (vgl. Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 14. Aufl. 95, § 32 a/b, Rn.
64) bzw. dass ein typisches gesellschaftsrechtlich vermitteltes
Eigeninteresse vorliegen müsse, das über die bloßen Interessen
eines Kreditgebers hinausgehen müsse (vgl. Rowedder a.a.O., Rn.
37).
Ob die Kläger und die Fa. S. als verbundene Unternehmen
angesehen werden können, beurteilt sich gem. § 15 ff. AktG, die
insoweit rechtsformneutrale Definitionsnormen zur Verfügung stellen
(vgl. Rowedder/Koppensteiner, Anh. zu § 52 GmbHG, Rn. 6; Krieger,
Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 4, § 68, Rn.
2).
Verbunden sind danach alle Unternehmen, zwischen denen eine
Mehrheitsbeteiligung, ein Abhängigkeitsverhältnis, ein
Konzernverhältnis oder ein Unternehmensvertrag besteht.
Was unter einem "Unternehmen" in diesem Sinne zu verstehen ist,
läßt das Gesetz allerdings bewußt offen; eine allgemeingültige
Definition, die sowohl herrschende als auch abhängige Unternehmen
erfaßt, ist wegen der Unterschiedlichkeit der Zwecke nicht möglich.
Für übergeordnete Unternehmen will das Gesetz der Gefahr Rechnung
tragen, daß ein beteiligtes Unternehmen sich bei der Ausübung
seiner Rechte von seinen anderweitigen unternehmerischen Interessen
leiten läßt. Ausreichend, aber auch erforderlich ist danach allein,
daß der beteiligte Unternehmensgesellschafter noch andere
unternehmerische Interessen außerhalb seiner Beteiligung verfolgt,
die von Anteil und Intensität her die ernsthafte Gefahr begründen,
er könne wegen dieser Bindungen seinen aus der Mitgliedschaft
folgenden Einfluß auf die Gesellschaft nachteilig ausüben (vgl.
BGHZ 69/334, 337; 122/123, 126; BGH NJW 94/446).
Danach können vorliegend die Kläger bereits nicht als
Unternehmen in diesem Sinne qualifiziert werden. Die Kläger in
ihrer Gesamtheit hielten überhaupt keine Beteiligung an der Fa. S.;
nur 2 ihrer 47 Gesellschafter hatten je einen 25%igen Anteil am
Stammkapital inne. Ein weiterer Anteil von 25 % wurde vom
Geschäftsführer N. der P. GmbH gehalten, die ihrerseits
nichtorganschaftliche Geschäftsführerin der Kläger war. Die
genannten Gesellschafter mögen bei der Fa. S. weitergehende
unternehmerische Interessen verfolgt haben und ggfs. als
"Unternehmen" i. S. d. §§ 15 ff. AktG anzusehen sein; diese
Interessen sind aber nicht mit denen der ganz überwiegenden
Mehrzahl der Kläger gleichzusetzen, wie bereits im Beschluß des
Senats vom 08.04.1998 ausgeführt worden ist.
Auch die weiteren Voraussetzungen einer Unternehmensverbindung
im Sinne der §§ 15 ff. AktG lassen sich im vorliegenden Falle nicht
feststellen.
Ein Unternehmensvertrag gem. §§ 291 f. AktG bestand zwischen den
Klägern und der Fa. S. nicht; auch hielten die Kläger - nicht
einmal in ihrer überwiegenden Mehrzahl - eine Mehrheitsbeteiligung
an der Fa. S..
Nach Auffassung des Senats kann die Fa. S. auch nicht als von
den Klägern abhängiges Unternehmen i. S. v. § 17 AktG angesehen
werden, auf das die Kläger unmittelbar oder mittelbar
beherrschenden Einfluß ausüben konnten. Die Möglichkeit
beherrschenden Einflusses hat sich an der Vermutung des § 17 Abs. 2
AktG zu orientieren, die an das Vorhandensein einer
Mehrheitsbeteiligung anknüpft (vgl. Hüffer, AktG, 3.Aufl. München
1997, § 17, Rn. 5). Die Einflußmöglichkeit muß danach ihrer Art
nach einer Mehrheitsbeteiligung entsprechen und sich auf
wesentliche unternehmerische Bereiche erstrecken.
Als Beherrschungsmittel kann - mangels einer
Mehrheitsbeteiligung der Kläger - nur die Personenverbindung in der
Leitung der Gesellschaften in Betracht kommen, die für die Kläger
rein tatsächlich Einflußmöglichkeiten auf die Fa. S. begründete.
Diese rein faktische Einflußmöglichkeit ist zur Begründung einer
Abhängigkeit der Fa. S. aber nicht geeignet, da sie nicht
gesellschaftsrechtlich verankert, sondern externer Natur ist. Es
müssen gesellschaftsrechtlich fundierte, d. h. in die Innenstruktur
und Personalhoheit der Gesellschaft eingreifende
Einflußmöglichkeiten vorliegen; eine externe Abhängigkeit z. B.
aufgrund bloßer schuldrechtlicher Kredit- oder Lieferbeziehungen
reicht nicht aus (vgl. BGHZ 90/381, 395). Den Klägern stand kein
maßgeblicher Einfluß auf die personelle Besetzung der
Verwaltungsorgane der Fa. S. zu, die ein einflußkonformes Verhalten
der Fa. S. wahrscheinlich werden ließ. Dies liegt schon von der
"Gründungsgeschichte" der Fa. S. her fern; die Kläger wurden erst
von einem Organ der Fa. S. ins Leben gerufen. Die bis zum
16.09.1993 bestehende Teilidentität in der Geschäftsführung beider
Gesellschaften (bzgl. Frau B.) gab den Klägern keine dauerhaften
und nachhaltigen Einflußmöglichkeiten auf die Personalhoheit der
Fa. S.. Durch Stimmrechtsmehrheit oder gesellschaftsrechtlich
abgesicherte Weisungsrechte konnten die Kläger keinen Einfluß auf
die Fa. S. nehmen. Auch unter Berücksichtigung der kapitalistischen
Struktur des klägerischen Immobilienfonds konnten die
Geschäftsführerin B. bzw. die P. GmbH als nichtorganschaftliche
Geschäftsführerin im übrigen die Geschicke der Kläger nicht völlig
frei bestimmen; sie blieben der Gesellschafterversammlung für ihre
Handlungen verantwortlich.
Aus ähnlichen Erwägungen ist auch ein Konzernverhältnis zwischen
den Klägern und der Fa. S. abzulehnen.
Bei einem Konzern werden gem. § 18 AktG mehrere selbständige
Unternehmen unter einer einheitlichen Leitung zusammengefaßt. Eine
solche ist anzunehmen, wenn das herrschende Unternehmen wesentliche
unternehmerische Leitungsfunktionen (wie Planung, Organisation,
Koordination und Kontrolle) hinsichtlich einiger wichtiger Bereiche
(Finanz-, Produktions-, Absatz- und Personalpolitik) übernimmt,
wobei die einheitliche Leitung in ihren Auswirkungen das
Unternehmen insgesamt ergreifen muß (vgl. Rowedder/Koppensteiner,
GmbHG, Anh. zu § 52, Rn. 15). Da kein Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrag im Verhältnis der Kläger zur Fa. S.
bestand, kommt ohnehin nur ein faktisches Konzernverhältnis in
Betracht. Eine faktisch abhängige GmbH setzt aber wiederum voraus,
daß die GmbH - ohne Beherrschungsvertrag - von einem anderen
Unternehmen abhängig ist (vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3.
Aufl., S. 1216), was bereits oben verneint worden ist.
Die Grundsätze zur Haftung wegen mißbräuchlicher Ausübung der
Konzernleitungsmacht (sog. qualifizierter faktischer Konzern), die
neben der Verlustausgleichshaftung analog §§ 302 f. AktG auch zur
Anwendung der Kapitalerhaltungsregeln führen sollen (vgl.
Lutter/Hommelhoff, §§ 32 a/b GmbHG, Rn. 65), sind hier - wenn
überhaupt - nur auf die Geschäftsführer-Gesellschafterin der
S.-GmbH anzuwenden, führen jedoch nicht zur Haftung der Kläger
insgesamt. Nach neuerer Rechtsprechung haftet der eine GmbH
beherrschende Gesellschafter, der sich auch außerhalb der GmbH
unternehmerisch betätigt, entsprechend §§ 303 f. AktG, wenn er die
Konzernleitungsmacht in einer Weise ausübt, die keine angemessene
Rücksicht auf die Belange der abhängigen Gesellschaft nimmt, ohne
daß sich der ihr insgesamt zugefügte Nachteil durch
Einzelausgleichsmaßnahmen kompensieren ließe (vgl. BGH NJW 93/1200
- TBB; NJW 94/446). In den vom BGH entschiedenen Fällen ging es
jeweils darum, eine natürliche Person, die mehrere Gesellschaften
mit beschränkter Haftung beherrschte, persönlich für ihr
gesellschafts- und gläubigerschädigendes Leitungsverhalten haftbar
zu machen. Als herrschendes Unternehmen in diesem Sinne können
allenfalls die Geschäftsführer der S. GmbH (und der Kläger)
angesehen werden, nicht jedoch die Kläger in ihrer Gesamtheit,
denen das Verhalten ihrer Organe insoweit auch nicht über § 166 BGB
zuzurechnen ist. Das konzernrechtliche Schädigungsverhalten und die
Verlusthaftung knüpfen im Ausgangspunkt an die umfassende und
ständige Beeinflussung durch das herrschende Unternehmen an, indem
es die abhängige Tochter gewissermaßen wie eine eigene
Betriebsabteilung führt (vgl. BGHZ 107/17, 19 f.). In diesem Sinne
konnten die Kläger die S. GmbH nicht beherrschen. Um ein bloßes
Problem der Wissenszurechnung gem. § 166 BGB kann es sich daher
entgegen der Auffassung der Berufung nicht handeln, da die Haftung
an die mißbräuchliche Ausübung der Leitungsmacht angeknüpft
wird.
Letztlich gelten bei allen hier zu erörternden Rechtsfragen der
verbundenen Unternehmen ähnliche Wertungsgesichtspunkte: Für die
Abwägung zwischen dem Anlegerschutz für die Kläger und dem Schutz
der Gläubiger der Gemeinschuldnerin ist maßgeblich, daß die Kläger
sich nicht selbst mit Risikokapital an der Fa. S. unternehmerisch
beteiligt haben, worauf der Senat auch in der Begründung des
Beschlusses vom 08.04.1998 bereits abgestellt hat: Den Anlegern
ging es nicht um Einkünfte aus Gewerbebetrieb (der Fa. S.), sondern
um Gewinn aus der bloßen Vermietung der Immobilie.
Ein Anspruch des Beklagten auf Óberlassung der Nutzung am
Hotelgrundstück unter dem Gesichtspunkt der eigenkapitalersetzenden
Gesellschafterleistungen besteht danach nicht.
2.
Mit Recht ist das Landgericht auch von einer wirksamen Kündigung
des Mietverhältnisses zwischen den Klägern und der Fa. S. sowie
eines möglicherweise bestehenden faktischen Mietverhältnisses
ausgegangen; auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen
Urteil kann vorab Bezug genommen werden.
Wegen der erheblichen Zahlungsrückstände der Fa. S. waren die
Kläger gem. § 554 Abs. 1 BGB zur fristlosen Kündigung
berechtigt.
Die fristlosen Kündigungen sind vom Geschäftsführer der Kläger,
Dipl. - Ing. So., auch wirksam für die Gesellschaft ausgesprochen
worden, nachdem dieser rechtsgültig zum Geschäftsführer der Kläger
bestellt worden war; die Wirksamkeit seiner Bestellung ist aus
Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Die Wahl eines neuen Geschäftsführers konnte in der
Gesellschafterversammlung am 10.08.1994 noch nicht erfolgen, weil
es zuvor einer Ànderung des Gesellschaftsvertrages bedurfte, die
nicht Tagesordnungspunkt der Gesellschafterversammlung war. Daher
wurde beschlossen, § 7 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages im
Umlaufverfahren abzuändern und Herrn So. auf diesem Wege zum
Geschäftsführer der Kläger zu bestellen (Anl. 30 zum Schriftsatz
der Kläger v. 20.05.1997, Bl. 100 ff.). Der schriftlichen
Beschlußvorlage stimmten die Fondsgesellschafter sodann mit 82,19 %
der an der Abstimmung beteiligten Anteile zu (Anl. 22 zur
Klageschrift). Dies ist vom Beklagten nicht mehr bestritten worden,
nachdem die Kläger mit Schriftsatz vom 20.05.1997 die
Teilnehmerliste für die Abstimmung bis zum 15.09.1994 und alle
Rückläufe dazu vorgelegt haben (Anl. 31 zum gen. Schriftsatz).
Die Bestellung des Herrn So. verstößt insbesondere nicht gegen
das bei der BGB-Gesellschaft grundsätzlich geltende Prinzip der
Selbstorganschaft, wonach nur die Gesellschafter Geschäftsführer
sein dürfen und die Gesellschaft nach außen vertreten können (vgl.
v. Ditfurth, Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 1, §
7, Rn. 8 m. w. N.).
Mit Rücksicht auf die besondere Struktur der
Publikumsgesellschaften - um eine solche handelt es sich bei den
Klägern - ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bei
diesen indessen eine Einschränkung des Grundsatzes der
Selbstorganschaft möglich. Das Verbot der Fremdorganschaft steht
zwar einem Ausschluß aller Gesellschafter von Geschäftsführung und
Vertretung und deren Óbertragung auf Dritte entgegen. Damit
vereinbar ist aber, daß die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag
einen Dritten, wenn sie - wie hier - selbst die organschaftliche
Geschäftsführung und Vertretung behalten, in weitem Umfange mit
Geschäftsführungsaufgaben betrauen und ihm eine umfassende
Vollmacht erteilen (vgl. BGH NJW 82/2495).
Die Bestellung des Herrn So. als Geschäftsführer verstößt auch
weder gegen den gesellschaftsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz
noch gegen das Einstimmigkeitsprinzip.
Nach dem Gesellschaftsvertrag der Kläger (§ 9, Ziff. 8 Buchst.
c) sind Ànderungen mit 2/3 der vorhandenen Stimmen zulässig.
Mit Recht hat es das Landgericht offengelassen, ob die
entsprechende Klausel einer näheren Konkretisierung unter dem
Gesichtspunkt des Bestimmtheitsgrundsatzes bedurft hätte. Für die
Publikumsgesellschaft hat der Bundesgerichtshof den
Bestimmtheitsgrundsatz nämlich bereits weitgehend aufgegeben, weil
dort das Einstimmigkeitsprinzip nicht überzeugt und eine
Fortführung der Gesellschaft gerade in Krisensituationen unmöglich
machen würde (vgl. BGH NJW 85/972 f.). Vertragsändernde
Mehrheitsbeschlüsse sind nur dann unzulässig, wenn sie in den
unverfügbaren Kernbereich der rechtlichen und vermögensmäßigen
Position des Gesellschafters eingreifen; dann gilt das
Einstimmigkeitsprinzip (vgl. BGH a. a. O.; BGH NJW 95/194 f.).
Dieser Kernbereich läßt sich nicht abstrakt und ohne
Berücksichtigung der konkreten Struktur der jeweiligen Gesellschaft
und der besonderen Stellung der betroffenen Gesellschafter
bestimmen. Im Schrifttum werden als Beispiele im wesentlichen nur
das Stimm-, das Gewinn-, das Geschäftsführungs- sowie das Recht auf
Beteiligung am Liquidationserlös genannt. Weiter wird das
Informationsrecht der Gesellschafter zum Kernbereich gezählt (vgl.
BGH NJW 95/194 f. m. N.).
Hier wird mit der Bestellung eines fremdorganschaftlichen
Geschäftsführers letztlich weder das Geschäftsführungsrecht der
Kläger noch deren Informationsrecht beschnitten. Wie bereits
ausgeführt, wurde nur eine abgeleitete Geschäftsführungsbefugnis
begründet; die entsprechenden Befugnisse der Gesellschafter blieben
daneben bestehen.
Der Geschäftsführer So. hat danach das Mietverhältnis mit der
Fa. S. wirksam durch Kündigung wegen Zahlungsverzuges beendet.
3.
Da das Besitz- und Nutzungsrecht der Gemeinschuldnerin
dementsprechend vor Konkurseröffnung wegfiel, stand das
Nutzungsrecht am Hotelgrundstück wieder den Klägern zu. Mit Recht
hat das Landgericht dem Beklagten daher gemäß § 91 a ZPO auch die
Kosten des erledigten Teils des Rechtsstreits auferlegt, denn dies
entspricht dem billigen Ermessen unter Berücksichtigung des Sach-
und Streitstandes im Zeitpunkt der Erledigung.
4.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 108, 708 Nr.
10, 711 ZPO. Für eine Anwendung von § 712 ZPO ist vorliegend kein
Raum, weil die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht dargetan
sind.
Streitwert des Berufungsverfahrens und Beschwer des
Beklagten:
262.000,-- DM
OLG Köln:
Urteil v. 25.11.1998
Az: 13 U 185/97
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/61afbd46c44f/OLG-Koeln_Urteil_vom_25-November-1998_Az_13-U-185-97