Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Juni 2010
Aktenzeichen: 28 W (pat) 533/10

(BPatG: Beschluss v. 23.06.2010, Az.: 28 W (pat) 533/10)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

BPatG 154

Gründe

I.

Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wort-Bildmarkeals Kennzeichnung für die nachfolgend aufgeführten Waren und Dienstleistungen der Klassen 7,9 und 37 Klasse 7: Elektromotoren; Getriebemotoren; Getriebe; Industriegetriebe; Antriebe für Elektrohängebahnen; Regler [Maschinenteile]; Gehäuse für Motoren und Getriebe; Adapter [Maschinenteile]; Lager [Maschinenteile]; Dichtungen [Maschinenteile]; Kupplungen; Bremsen; Magnetbremsen; Bremsmagnete; Antriebswellen; Teile aller vorgenannten Waren, soweit in Klasse 7 enthalten [alle vorgenannten Waren nicht für Landfahrzeuge];

Klasse 9: Elektrische und Elektronische Steuerungsgeräte; Umrichter; Frequenzwandler; Rückspeisegeräte; elektronische Steuerungen; Elektrokabel; Elektrostecker; Verteiler für elektrische Energie und/oder Information; Bedienterminals zur Steuerung von Maschinen; elektronische und elektrotechnische Messgeräte; Drehzahlmesser; Geber; Inkrementalgeber; elektrische und elektronische Kontrollapparate; Ölsensoren; Temperatursensoren; Körperschallsensoren; Positioniersteuerungen; Software zur Steuerung von Maschinen; Feldbus-Kabel; Feldbus-Stecker; elektronische Typenschilder für Antriebe; Geräte und Vorrichtungen zur induktiven Übertragung von elektrischer Energie und/oder Information, nämlich Transformatoren, Linienleiter; Teile aller vorgenannten Waren, soweit in Klasse 9 enthalten.

Klasse 37: Montage, Wartung, Reparatur und Instandhaltung von elektronischen, elektrischen und/oder mechanischen Antrieben und Antriebskomponenten; Wartung und Austausch von Bremsen; Inbetriebnahmeservice; Installationsservice; Schmierstoffkontrolle; Schmierstoffwechsel; Entsendung von Technikern; Holund Bringservice für Antriebe und Antriebskomponenten;

Die Markenstelle für Klasse 7 des Deutschen Patentund Markenamts hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das angemeldete Zeichen bestehe aus der sprachregelgemäßen Verbindung der einschlägigen Produktund Dienstleistungsbezeichnung "DRIVE TECHNOLOGY", die der deutschen Bezeichnung "Antriebstechnik" entspreche, mit dem allgemein bekannten Sachbegriff "Center" für eine Angebotsund Herstellungsstätte. Insgesamt werde das Zeichen daher im Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen rein beschreibend und nicht als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen verstanden. Die grafische Ausgestaltung der angemeldeten Marke liege völlig im Rahmen der üblichen, werbegraphischen Ausgestaltungsvarianten, die den Schutz der Marke nicht begründen könnten.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung trägt sie vor, im Gegensatz zum eindeutigen Sinngehalt von "Center" sei das Wort "drive" interpretationsbedürftig und seine Bedeutung nicht mit der Übersetzung "Antrieb" ausgeschöpft. Die Eintragung der Wortkombination werde nicht in jedweder Form beantragt, sondern nur in der gegebenen grafischen Gestaltung. Sie bestimme und beschränke den Schutzbereich der beanspruchten Bezeichnung, da sie durch das rot geschriebene und auf der rechten Seite verlängerte "V" auf den Verkehr eigenartig und prägnant wirke. Zudem handele es sich nicht nur um den Buchstaben "V", sondern um einen Haken, der im übertragenen Sinne für die Qualität der durch die Anmelderin angebotenen Produkte und Dienstleistungen stehe, wodurch dieses Symbol einen mehrdeutigen Gehalt bekomme. Als Gestaltungsmerkmal sei der Haken zudem originell und prägnant, so dass es als Herkunftshinweis geeignet sei und der Marke insgesamt auch kein Freihaltungsbedürfnis entgegenstehe.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist nach § 64 Abs. 6 MarkenG zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Der beantragten Eintragung der angemeldeten Marke steht das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).

Die absoluten Schutzhindernisse sind darauf ausgerichtet, die schutzwürdigen Interessen der Allgemeinheit, und dabei vor allem auch die Interessen der Mitbewerber, am Erhalt eines ausreichenden Gestaltungsfreiraums und die berechtigten Individualinteressen der Anmelder an der Erlangung von Markenschutz miteinander in Einklang zu bringen. Um dieser Zielsetzung zu entsprechen, müssen die absoluten Schutzhindernisse in der markenrechtlichen Prüfung unter Berücksichtigung des ihnen jeweils konkret zugrunde liegenden Allgemeininteresses ausgelegt werden. Im Zusammenhang mit dem Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 soll sichergestellt werden, dass nur solche Zeichen der ungehinderten Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft entzogen werden, die tatsächlich die markenrechtliche Herkunftsfunktion erfüllen können (EuGH GRUR 2008, 608, 610, Rdn. 59 -EUROHYPO; EuGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 60 -Libertel). Die Herkunftsfunktion einer Marke besteht darin, die mit ihr gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennbar und dadurch von denen anderer Anbieter für den Verkehr unterscheidbar zu machen, und stellt nach ständiger Rechtsprechung neben weiteren Funktionen die Hauptfunktion der Marke dar (vgl. zuletzt EuGH GRUR 2009, 756, 761, Rdn. 58 - L'Oreal)

Keine Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG besitzen Zeichen oder Angaben mit einem unmittelbar beschreibenden Begriffsgehalt, der vom Verkehr im Zusammenhang mit den konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres erfasst werden kann. Durch die angemeldete Marke angesprochen werden ausschließlich technisch vorgebildete Fachleute, die der englischen Wortfolge lediglich die Sachinformation entnehmen, die so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen entstammten aus einem Zentrum für Antriebstechnologie. Soweit die Anmelderin zwar "Center" als übliche Bezeichnung anerkennt, den Begriff "DRIVE" aber für mehrdeutig hält, kann dies die Unterscheidungskraft der Bezeichnung insgesamt nicht begründen, da der Verkehr das angemeldete Zeichen nicht isoliert sondern stets im Zusammenhang mit den Waren und Dienstleistungen der Anmelderin wahrnimmt und damit zwangsläufig "drive" mit "Antrieb" gleichsetzt, zumal den weiteren von der Anmelderin angeführten Bedeutungen "Dynamik, Bewegung, Drang" eher keine konkrete Aussage zu entnehmen ist, worin denn nun die spezielle Fachkompetenz des Zentrums liegt. Für das Fehlen von Unterscheidungskraft reicht es im Übrigen aus, dass die angesprochenen Verkehrskreise der Marke von mehreren in Betracht kommenden Bedeutungen eine Aussage mit eindeutig beschreibenden Charakter entnehmen können (BGH GRUR 2005, 257, 258 Bürogebäude), wie das vorliegend der Fall ist.

Entgegen der Ansicht der Anmelderin führt auch die grafische Gestaltung der Marke zu keinem schutzfähigen Gesamteindruck. Insoweit ist zunächst der markenrechtliche Grundsatz zu berücksichtigen, dass sich der Wortbestandteil eines Zeichens gegenüber seiner grafischen Gestaltung für die angesprochenen Verbraucher umso nachdrücklicher in den Vordergrund drängt, je unmittelbarer die durch ihn vermittelte Sachaussage hervortritt (vgl. BGH GRUR 2001, 1153 - anti KALK; BPatG). Angesichts der nicht kennzeichnenden Wortfolge reichen einfache graphische Elemente und Verzierungen nicht aus, das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft zu überwinden (BGH GRUR 2010, 640 -hey!). So enthalten weder die zweizeilige Schreibweise noch die größenmäßige Herausstellung von "Drive" charakteristische Merkmale. Das gilt ebenso für den von der Anmelderin als individualisierend herausgestellten auf der rechten Seite verlängerten Buchstaben "V" im Bestandteil "DRIVE", unbeschadet der Möglichkeit, dass er vom Verkehr auch als "Richtig-Haken" wahrgenommen werden könnte. In ihrem Gesamteindruck entsprechen diese Elemente vielmehr dem allgemein bekannten Werbestandard, der bestrebt ist, Werbebotschaften und Sachaussagen dem Verbraucher in möglichst ansprechender Form nahezubringen. Da sie die visuelle Kommunikation erleichtern, sind drucktechnisch gegliederte Wortteile als werbegrafisches Instrument ebenso gängig wie optisch hervorgehobene und/oder farblich gestaltete Einzelbuchstaben (BGH GRUR 2009, 954, Rdnr. 16 -Kinder III). Der von der Anmelderin behauptete farbliche Kontrast (rotes "V") ist nicht Gegenstand der Anmeldung (Eintragung schwarzweiß ist beantragt worden), sondern allein der Benutzungspraxis. Ohnehin würde auch ein rotes "V" im Gesamtzeichen nicht auffallen, da der Verkehr nichts weiter als die sachbezogene Angabe "Drive" wahrnimmt. Für den Fall, dass er das Zeichen nicht nur flüchtig betrachtet, wofür auf dem vorliegenden Warengebiet Einiges spricht, sondern etwa das "V" zusätzlich auch als "Richtig-Haken" interpretiert, könnte das die Unterscheidungsfunktion aber nicht begründen. Beim Verkehr entsteht dadurch allenfalls ein Gefühl der Zustimmung mit den Produkten bzw. Dienstleistungen. Da sie die visuelle Kommunikation erleichtern, sind drucktechnisch gegliederte Wortteile als werbegrafisches Instrument ebenso gängig wie optisch hervorgehobene und/oder farblich gestaltete Einzelbuchstaben (BGH GRUR 2009, 954, Rdnr. 16 -Kinder III).

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Stoppel Schell Martens Me






BPatG:
Beschluss v. 23.06.2010
Az: 28 W (pat) 533/10


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