Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. Oktober 2001
Aktenzeichen: 30 W (pat) 226/00
(BPatG: Beschluss v. 01.10.2001, Az.: 30 W (pat) 226/00)
Tenor
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
In das Markenregister eingetragen ist unter der Rollennummer 395 47 231 die Marke Oxicurals Kennzeichnung für die Warenkosmetische Erzeugnisse für die Körper- und Schönheitspflege, Parfümerien, ätherische Öle, Seifen;
pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate (einschließlich Vitaminen und Mineralstoffen) für die Gesundheitspflege;
diätetische Lebens- und Nahrungsergänzungsmittel, nicht für medizinische Zwecke, soweit in Klasse 30 enthalten.
Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der älteren Marke 345 809 Omnicurdie seit 1925 ua für die Waren Arzneimittel, chemische Produkte für medizinische und hygienische Zwecke, pharmazeutische Drogen und Präparate, kosmetische Mitteleingetragen ist.
Die Markeninhaberin hat im Verfahren vor der Markenstelle die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Die Widersprechende hat hierauf eine eidesstattliche Versicherung sowie Benutzungsunterlagen vorgelegt, nach der die Marke für eine "medizinische Pflegekur für die weibliche Brust mit Pflanzen-Hormonen (zur Anregung des Brustwachstums und Regeneration des Gewebes)" benutzt worden ist. Die Markeninhaberin hat hierauf den Benutzungshinweis für die Waren "Arzneimittel" als erbracht angesehen; die Widersprechende hat keine darüber hinausgehende Benutzung geltend gemacht.
Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluß eine Verwechslungsgefahr verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Sie ist von einer Benutzung der Ware "Hautpflegemittel mit Hormonen" ausgegangen und hat eine Warenähnlichkeit zu den kosmetischen Erzeugnissen für die Körper- und Schönheitspflege, pharmazeutischen Erzeugnisse sowie Präparaten für die Gesundheitspflege bejaht. Unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke reiche der Abstand der jüngeren Marke jedoch aus, denn der gemeinsame Bestandteil "cur" (lat. cura = Sorgfalt Pflege) sei jeweils beschreibend, so daß der Verbraucher seine Aufmerksamkeit auf die Wortanfänge richte. Hier aber seien genügend klangliche und schriftbildliche Unterschiede vorhanden.
Die Widersprechende hat Beschwerde erhoben und auf die übereinstimmende Wortstruktur, Vokalfolge und den gleichen Betonungsrhythmus hingewiesen.
Die Widersprechende beantragt (sinngemäß), den Beschluß der Markenstelle aufzuheben und die Löschung der jüngeren Marke anzuordnen.
Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Nach ihrer Ansicht wird der gemeinsame Bestandteil cur - wortgleich mit Kur - von den beteiligten Verkehrskreisen ausnahmslos erkannt, denn Begriffe wie Trinkkur oder Badekur seien geläufig. Im übrigen weise die Widersprechende selbst auf eine medizinische Pflege"kur" hin, was dem Verkehr das Einordnen dieses Markenteils erleichtere. Die Bedeutungsanklänge in beiden Marken, nämlich Oxicur als Hinweis auf Sauerstoff-Kur und Omnicur als Hinweis auf Gesamt-Kur oder allumfassende Kur seien deutlich unterschiedlich, so daß bei den Waren, die sich einerseits im kosmetischen und andererseits im medizinischen Bereich bewegten, eine Verwechslungsgefahr zu verneinen sei.
Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf den patentamtlichen Beschluß und den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig (§ 66 Abs 1 Satz 1, Abs 2 MarkenG), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Zwischen den Marken besteht auch bei stark ähnlichen und identischen Waren keine Verwechslungsgefahr (§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG).
Für die Entscheidung kann dahinstehen, ob es sich bei der von der Widersprechenden unstreitig benutzten "medizinischen Pflegekur für die weibliche Brust mit Pflanzen-Hormonen" um ein Arzneimittel handelt (in der Produktinformation bezeichnet die Widersprechende die Emulsion als "traditionell angewendet ... mildwirkendes Arzneimittel") oder ob ein derartiges Mittel eher der Kosmetik zuzurechnen ist (nach der Vorstellung der Verbraucher wird ein derartiges Mittel kaum geeignet sein, Krankheiten und Beschwerden zu heilen oder zu lindern; vgl BGH GRUR 2000, 528 -L-Carnitin), denn in beiden Fällen könnte das von der Widersprechenden benutzte Produkt unter die beanspruchten weiten Oberbegriffe der angegriffenen Marke (kosmetische Erzeugnisse für die Körper- und Schönheitspflege; pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege) subsumierbar sein. Es ist damit nicht ausgeschlossen, daß sich die Kennzeichnungen auf identischen Produkten begegnen.
Da allgemeine Verkehrskreise angesprochen sind und es sich bei den Waren auch um niedrigpreisige, im Wege der Selbstbedienung erworbene Alltagsartikel handeln kann, kann von einer besonderen Aufmerksamkeit der Verbraucher nicht ausgegangen werden. Unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen Schutzumfangs der Widerspruchsmarke (Omnicur deutet eine Aussage im Sinne von "Gesamtpflege, Ganzheitspflege" an, ist aber in der Kombination hinreichend kennzeichnend) müssen die Marken einen deutlichen Abstand in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht einhalten.
Dieser Abstand ist hier trotz identischer Silbengliederung und Vokalfolge, sowie der Übereinstimmung in der ersten und den letzten vier Buchstaben eingehalten. Die Gleichheit in dieser Endsilbe cur hat nur untergeordnete Bedeutung, denn diese weist auch für den Durchschnittsverbraucher erkennbar auf Kur, also Pflege und Heilbehandlung hin (vgl BPatG PAVIS PROMA Kliems, Corticur # Colocur) und sie wird von der Widersprechenden in eben diesem Sinn beschreibend verwendet. Der Verkehr wird seine Aufmerksamkeit deshalb verstärkt den beiden anderen Silben zuwenden. Oxi und Omni aber unterscheiden sich nicht nur in den Konsonanten, sondern sie haben ganz unterschiedliche Bedeutungen, die von einem maßgeblichen Teil der Verbraucher auch erkannt werden. Oxi (auch Oxy) ist aus den Worten Oxidation (Vereinigung eines Stoffs mit Sauerstoff) und Oxide (Sauerstoffverbindungen zB Kohlenmonoxid) bekannt. Omni findet sich zB in den Worten omnipotent (allmächtig), Omnipotenz (Allmacht), Omnipräsenz (Allgegenwart). Die Verbraucher und Erwerber der Ware werden in dem Bestandteil Oxi deshalb einen Hinweis auf "Sauerstoff" und in Omni eine Verbindung zu "alles" sehen. Zumindest aber (wenn sie die eigentliche Bedeutung nicht oder nicht genau kennen) wird ihnen in Erinnerung an die oben genannten Begriffe, die immer wieder anzutreffen sind, ein Auseinanderhalten der Marken erleichtert werden. Zuletzt kann noch das Wort Omnibus ("Wagen für alle" von lat. omnibus, Dativ Plural von omnis), mit der für ein Wort der Alltagssprache ungewöhnlichen Lautfolge mn beim Merken und Wiedererkennen der Widerspruchsmarke als Gedächtnisstütze herangezogen werden.
Bei einer Gesamtbetrachtung und Gewichtung der für die Verwechslungsgefahr maßgebenden Faktoren ist eine solche in rechtserheblichem Ausmaß zu verneinen. Die Beschwerde ist deshalb ohne Erfolg.
Eine Kostenentscheidung war nicht veranlaßt (§ 71 Abs 1 Nr 2 MarkenG).
Dr. Buchetmann Winter Schwarz-Angele Na
BPatG:
Beschluss v. 01.10.2001
Az: 30 W (pat) 226/00
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