Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Februar 2001
Aktenzeichen: 9 W (pat) 75/00

(BPatG: Beschluss v. 12.02.2001, Az.: 9 W (pat) 75/00)

Tenor

Die Beschwerde des Anmelders gegen den Beschluß der Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 2. Juli 2000 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Anmelder hat für die am 2. Juli 1999 eingegangene Patentanmeldung mit der Bezeichnung

"Verfahren und Vorrichtung zur Erzeugung einer rotierenden Bewegungsenergie"

einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und Beiordnung eines Patentanwaltes gestellt.

Mit Beschluß vom 2. Juli 2000 hat die Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamtes dem Antrag des Anmelders nicht stattgegeben, da eine für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe notwendige Voraussetzung, die hinreichende Aussicht auf Erteilung eines Patents, nicht erfüllt sei. Zur Begründung führt sie unter Bezugnahme auf ihren Zwischenbescheid vom 10. April 2000 aus, daß nach den Gesetzen der Wellenmechanik davon auszugehen sei, daß sich nach Erzeugung eines Druckstoßes im Wasserspeicher ein Druck aufbaue, der allseitig gleichmäßig auf die im Wasserspeicher angeordneten Schneckenschaufeln des beanspruchten elektrohydraulischen Motors einwirke, so daß die entnehmbare Energie gleich null sei. Außerdem wird auf den Energieerhaltungssatz hingewiesen, wonach eine Vorrichtung, die ohne Energiezufuhr von außen, also ohne daß an ihr Arbeit verrichtet wird und ohne eine andere als höchstens eine periodische Zustandsänderung zu erfahren, dauernd Arbeit verrichtet, also Energie aus nichts erzeugt, nach dem Energieerhaltungssatz nicht möglich sei. Die offenbarte Lösung sei somit technisch nicht brauchbar und deshalb nicht schutzfähig. Ein patentfähiger Überschuß sei auch der Beschreibung nicht zu entnehmen.

Gegen den Zurückweisungsbeschluß hat der Anmelder und Antragsteller Beschwerde eingelegt. Seiner Meinung nach kann der beanspruchte Gegenstand in Kenntnis der Strömungslehre so gestaltet werden, daß die erzeugten Stoßwellen auf die Schneckenschaufel wirken und die Welle in Drehbewegung versetzen. Des weiteren habe die Patentabteilung verkannt, daß allein schon die technische Lehre zur Erzeugung einer Stoßwelle für sich Patentschutz begründen könne.

Der Anmelder beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen.

Der Anspruch 1 der Anmeldung lautet:

Verfahren zur Erzeugung einer rotierenden Bewegungsenergie unter Verwendung einer Gleichspannungsquelle, gekennzeichnet dadurch, daß eine durch den elektrohydraulischen Effekt erzeugte Stoßwelle in einem Wasserspeicher auf Schneckenschaufeln geleitet wird.

Der nebengeordnete Anspruch 4 hat folgenden Wortlaut:

Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens, gekennzeichnet dadurch, daß der Ausgang einer elektrischen Anordnung (1) mit einer Elektrode (15) verbunden ist, die sich in einem elektrohydraulischen Motor (16) befindet.

Zu den Unteransprüchen 2, 3 und 5 bis 9 wird auf die Anmeldungsunterlagen verwiesen.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die statthafte Beschwerde ist frist- und formgerecht eingelegt worden und auch im übrigen zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Voraussetzung für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ist neben der Bedürftigkeit des Antragstellers eine hinreichende Aussicht auf Erteilung des nachgesuchten Patents (§ 130 Abs 1 S 1 PatG). Diese hinreichende Erteilungsaussicht ist hier nicht gegeben.

1. In der Beschreibungseinleitung der Anmeldung führt der Anmelder aus, daß bei den bekannten Antrieben für Transportmittel, die Verbrennungsmotoren verwendeten, die Grenzen des physikalisch Machbaren erreicht seien und der Wirkungsgrad nicht mehr wesentlich gesteigert werden könne. Bei der Verwendung von elektrischen Motoren als Antriebe bestehe der Nachteil, daß der Bewegungsradius der batteriegetriebenen Fahrzeuge gering bzw die Kosten für Brennstoffzellen hoch seien.

Ausgehend von diesem Stand der Technik hat sich der Anmelder die Aufgabe gestellt, einen wirtschaftlichen Motor zu entwickeln, der batteriegetrieben eine größere Bewegungsstrecke ermöglicht.

Dies soll mit einem elektrohydraulischen Motor erreicht werden, der einen flüssigkeitsgefüllten zylindrischen Behälter aufweist. In dem Behälter ist eine Welle 20 gelagert, auf der eine Schneckenschaufel 19 angeordnet ist. An einer Behälterwand ist eine Elektrode 15 befestigt, die mit einer elektrischen Anordnung verbunden ist. Zur Kühlung der Flüssigkeit 17 ist an den Behälter ein Kühlkreislauf 21, 22 angeschlossen.

Die Antriebsenergie soll auf folgende Weise erzeugt werden:

An einen Kondensator der elektrischen Schaltungsanordnung, die von Batterien gespeist ist, wird eine hohe Spannung angelegt. Bei Betätigung eines Entladungsschalters wird der Kondensator mittels der Elektrode 15 in die Flüssigkeit entladen. Diese Hochspannungsentladung führt nach Ansicht des Anmelders zu einem elektrohydraulischen Stoß mit einem Druck von etwa 500 bis 1000 bar. Dieser Druck wirke dann auf die Schneckenschaufel 19 und setze die Welle 20 in Drehbewegung. Ein Teil der an der Welle abnehmbaren Rotationsenergie werde für das Wiederaufladen der Batterien genutzt. Eine Energiezufuhr von außen ist nicht vorgesehen.

2. Mit dem angemeldeten Gegenstand kann die angestrebte Wirkung nicht erreicht werden, einen wirtschaftlichen Motor bereitzustellen, der batteriegetrieben eine größere Bewegungsstrecke ermöglicht als bekannte batteriegetriebene Motoren. Er ist folglich technisch nicht brauchbar und damit einem Patentschutz nicht zugänglich (vgl BGH BIPMZ 1985, S 117,118). Es fehlt daher für die Anmeldung eine hinreichende Aussicht auf Erteilung eines Patents, so daß dem Antrag auf Verfahrenskostenhilfe nicht stattgegeben werden kann.

Beim anmeldungsgemäßen Gegenstand ist die vom Anmelder angestrebte Energieerzeugung durch Stoßwellen ohne entsprechende Energiezufuhr von außen nicht möglich. Der Anmelder hat bei seinen Überlegungen nämlich übersehen, daß sich aus den allgemein gültigen physikalischen Gesetzen ergibt, daß ein hoher Druck allein zur Energieerzeugung nicht ausreicht. Denn Arbeit berechnet sich als Produkt von Kraft und Weg. Daher muß zur Energieerzeugung die infolge des Druckes auf die Schneckenschaufel wirkende Kraft auch zu einer Verschiebung des Kraftangriffspunktes führen. Diese Verschiebung ist hier nicht gegeben. Druckstöße breiten sich - wie allgemein bekannt ist - in der Flüssigkeit nach allen Seiten mit Schallgeschwindigkeit gleichmäßig aus. Da die Schallgeschwindigkeit in dem hier bevorzugt verwendeten Wasser etwa 1500 m/s beträgt, wirkt auf der einen Seite der Schneckenschaufel nur für eine äußerst kurze Zeit ein erhöhter Druck, bevor sich dieser erhöhte Druck auch auf der Rückseite der Schaufel ausgebreitet hat. Aufgrund der Trägheit der Schneckenschaufel reicht eine derart kurzzeitige Druckbeaufschlagung nicht aus, die Schaufel in Drehung zu versetzen und in einem nennenswerten Umfang Arbeit zu leisten. Hinzu kommt, daß die Reflexion des Druckstosses an dem hier vorliegenden geschlossenen Behälterende zu einem Druckstoß gleicher Amplitude und entgegengesetzter Richtung führt, so daß nach der ersten Druckbeaufschlagung der Schneckenschaufel der am Behälterende reflektierte, ebenfalls äußerst kurzzeitige Druckstoß zu einer entgegengesetzt wirkenden Beaufschlagung der Rückseite der Schaufel führt.

An dieser Beurteilung kann auch der Hinweis des Anmelders auf die in der Anmeldung beschriebene elektrische Schaltungsanordnung nichts ändern. Denn diese Schaltungsanordnung hat eine einzige technische Funktion, nämlich im Behälter des elektrohydraulischen Motors Stoßwellen zu erzeugen. Da jedoch der elektrohydraulische Motor technisch nicht brauchbar ist, kann folglich auch der elektrischen Schaltungsanordnung keine selbständige - in den Unterlagen auch nicht offenbarte - Bedeutung zukommen. Im übrigen werden in dieser Schaltungsanordnung lediglich allgemein bekannte Schaltungselemente wie Batterien, Generatoren und Transformatoren in einer dem Fachmann geläufigen Weise so miteinander verbunden, daß an einem Kondensator eine hohe Spannung angelegt wird.

Da die Beiordnung eines Patentanwaltes die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe voraussetzt, kann diesem Antrag ebenfalls nicht entsprochen werden.

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Beschluss v. 12.02.2001
Az: 9 W (pat) 75/00


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