Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 24. Juni 2008
Aktenzeichen: 9 U 112/07
(OLG Köln: Urteil v. 24.06.2008, Az.: 9 U 112/07)
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 05.04.2007 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 24 O 334/05 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des von ihr jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einem Haftpflichtversicherungsvertrag (Betriebs- und Produkthaftpflichtversicherung und Umwelthaftpflichtversicherung) in Anspruch.
Die Klägerin betreibt u.a. einen Tonabbaubetrieb. Sie schloss 1995 mit der Beklagten Verträge über eine Betriebs- und Produkthaftpflichtversicherung (BHV, Bl. 47 ff d.A.) sowie eine Umwelthaftpflichtversicherung (UHV, Bl. 153 ff d.A.).
Teil A Ziffer 2 BHV regelt das versicherte Risiko und lautet unter Ziffer 2.1 (Bl. 50, 51 d.A.):
2.1 Versichert ist die gesetzliche - und soweit ausdrücklich eingeschlossen die vertragliche - Haftpflicht des Versicherungsnehmers N Tonwerke K M GmbH & Co.KG aus nachstehend beschriebenen Eigenschaften, Rechtsverhältnissen und Tätigkeiten:
Tonabbaubetrieb einschl. Wiederauffüllung mit Stabilisat; Vertrieb von Tonen sowie Ausheben von Baugruben (max. 100.000 DM Jahresumsatz) und Abraumarbeiten/Tonförderung in fremde Tagebauen.
In Teil D, Ziffer 1 BHV "Deckungserweiterungen" heißt es unter Ziffer 1.6 (Bl.69 d.A.):
1.6 Senkungen, Erschütterungen, Erdrutschungen im Rahmen von Tiefbauarbeiten
Eingeschlossen sind - abweichend von § 4 Ziffer I 5 AHB und § 4 Ziffer I 8 AHB - Haftpflichtansprüche wegen Senkungen eines Grundstückes (auch eines darauf errichteten Werkes oder eines Teiles eines solchen), Erschütterungen infolge Rammarbeiten oder Erdrutschungen im Rahmen von Tiefbauarbeiten.
(...)
Die Abschlussbestimmungen für Bergschäden im Sinne von § 114 des BergG gemäß Teil D Ziffer 3.4 bleiben hiervon unberührt.
Teil D, Ziffer 3 BHV enthält Bestimmungen zu den Risikobegrenzungen und lautet unter Ziffer 3.4 (Bl.71 d.A.):
Nicht versichert ist die Haftpflicht wegen Bergschäden (im Sinne des § 114 BbergG), soweit es sich handelt um die Beschädigung von Grundstücken, deren Bestandteilen und Zubehör sowie wegen Schäden beim Bergbaubetrieb (im Sinne des § 114 BbergG) durch schlagende Wetter, Wasser - und Kohlensäureeinbrüche sowie Kohlenstaubexplosionen.
Vertragsbestandteile der UHV sind laut Versicherungsschein (Bl. 153 ff d.A.) die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung und die Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Versicherung der Haftpflicht wegen Schäden durch Umwelteinwirkung (Umwelthaftpflicht-Modell).
Nach Ziffer 2 der Anlage zum Versicherungsschein zur UHV (Bl.153 R d.A.) gilt:
Versichert ist die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers wegen Personen- und Sachschäden durch Umwelteinwirkungen auf Boden, Luft oder Wasser aus Risiken gemäß
(...)
- Ziffer 2.7 der Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen H 3033 (Umwelthaftpflicht-Basisversicherung).
Ziffer 2.7 der Besonderen Bedingungen der Umwelthaftpflicht-Basisversicherung H 3033 (Bl.156 d.A.) enthält zum Umfang der Versicherung die folgende Bestimmung:
2.7 Umwelteinwirkungen, die im Zusammenhang mit dem im Versicherungsschein beschriebenen Risiko stehen, soweit diese Umwelteinwirkungen nicht von Anlagen oder Tätigkeiten ausgehen oder ausgegangen sind, die unter den Anwendungsbereich der Risikobausteine 2.1 - 2.6 fallen, unabhängig davon, ob diese Risikobausteine vereinbart wurden oder nicht.
Ziffer 6 der Besonderen Bedingungen der Umwelthaftpflicht-Basisversicherung H 3033 regelt die nicht versicherten Tatbestände und lautet unter Ziffer 6.12 (Bl.156 R d.A.) :
Nicht versichert sind
6.12 Ansprüche
- wegen Bergschäden (i.S.d. § 114 BbergG), soweit es sich handelt um die Beschädigung von Grundstücken, deren Bestandteilen und Zubehör;
- wegen Schäden beim Bergbaubetrieb (i.S.d. § 114 BbergG) durch schlagende Wetter, Wasser - und Kohlensäureeinbrüche sowie Kohlenstaubexplosionen;
Die Klägerin begann Anfang Januar 2002 mit Abraumarbeiten, um das Tonlager im Bereich I-Weg aufzuschließen. Der Abraum wurde auf der Abraumhalde im Bereich des I-Weges gelagert. Mit Schreiben vom 03.01.2003 (Bl. 141 d.A.) zeigte die Klägerin der Beklagten einen Bergschaden in der Böschung bzw. Weg Nr. 63 an. Die Beklagte lehnte unter dem 26.03.2003 (Bl. 75 d.A.) Deckungsschutz ab, weil der Schaden durch einen Erdrutsch infolge Tagebauarbeiten verursacht worden und daher als Bergschaden vom Versicherungsschutz nicht umfasst sei.
Nachdem die Klägerin der Beklagten unter dem 11.01.2005 einen am 10.02.2003 eingetretenen Kabelschaden zu Lasten der E U AG gemeldet hatte, zahlte die Beklagte in der Annahme, dass dieser Schaden mit der Schadensanzeige vom 03.01.2003 nicht in Zusammenhang stehe, 2.323, 24 € an die Klägerin.
Die Klägerin hat behauptet, dass es Ende 2002/Anfang 2003 durch ausschließlich witterungsbedingte Erdrutschungen zu Schäden an einem an ihre Tongrube angrenzenden Wirtschaftsweg (I-Weg) der Gemeinde H sowie an einem Hauptkabel der E U AG gekommen sei. Obwohl sie die Abraumhalde ordnungsgemäß errichtet habe, sei durch die außergewöhnlich starken Regenfälle der Abraumlehm durchnässt und durch anschließenden hydraulischen Druck ins Rutschen gebracht worden. Der Schaden, bestehend aus den Kosten zur Wiederherstellung des Wirtschaftsweges der Gemeinde H sowie den unbeglichenen Schadensersatzforderungen der E U AG, betrage insgesamt 75.732,96 € abzüglich des von der Beklagten gezahlten Betrages in Höhe von 2.323, 24 €.
Die Klägerin hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass der Deckungsausschluss gemäß Teil D, Ziffer 3.4 BHV nicht eingreife, weil ein Bergschaden im Sinne des § 114 BBergG nicht vorliege, jedenfalls aber der Ausschlusstatbestand des § 114 Abs.2 Nr. 3 BBergG greife. In diesem Zusammenhang hat sie geltend gemacht, dass der wesentliche Teil des regulierten Schadens auf reparaturbedingte Baggerarbeiten, nicht aber auf den Bergschaden zurückzuführen sei. Ferner hat die Klägerin die Auffassung vertreten, dass sich die Leistungspflicht der Beklagten aus Teil D, Ziffer 1.6 BHV ergebe. Hierzu hat sie behauptet, dass die Parteien bei dem Einschluss von "Tiefbauarbeiten" übereinstimmend davon ausgegangen seien, dass damit Bergbauarbeiten gemeint seien. Nur ein derartiges Begriffsverständnis mache auch Sinn, da sie einen Tonabbaubetrieb und kein Tiefbauunternehmen betreibe. Schließlich hat die Klägerin die Ansicht vertreten, dass sich ein Anspruch aus der Umwelthaftpflichtversicherung ergebe, weil der Schaden ausschließlich auf die ungewöhnlichen Witterungsverhältnisse zum Jahreswechsel 2002/2003 zurückzuführen sei.
Darüber hinaus hat die Klägerin geltend gemacht, dass sie darauf hätte vertrauen dürfen, dass auch Bergschäden mitversichert seien, denn ihr sei vorvertraglich mehrfach zugesichert worden, dass alle Schäden durch die BHV gedeckt seien, die sie Dritten im Rahmen ihrer betrieblichen Tätigkeit, nämlich dem Tonabbau, zufüge. Dies habe ihr der Zeuge T später durch Fax vom 28.01.2002 nochmals ausdrücklich bestätigt (Bl. 74 d.A.). Zu keinem Zeitpunkt habe ihr die Beklagte erklärt, dass sie für Bergschäden keinen Versicherungsschutz zur Verfügung stellen könne.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 73. 459, 72 € zuzüglich 8 % Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 15.01.2003 zu zahlen,
2. hilfsweise den auf die U entfallenden Betrag in Höhe von 16.804, 77 € dieser unmittelbar auszuzahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Widerklagend hat sie beantragt,
die Klägerin zu verurteilen, an sie 2.323, 24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Schadensschilderung und die Schadensentwicklung mit Nichtwissen bestritten. Sie hat die Auffassung vertreten, dass ein Bergschaden vorliege und damit sowohl der Ausschluss gemäß Teil D, Ziffer 3.4 BHV als auch derjenige gemäß 6.12 UHV eingreife. Die Ausnahmeregelung des § 114 Abs.2 Nr.3 BBergG sei nicht einschlägig. Der Einschluss von Erdrutschungen im Rahmen von Tiefbauarbeiten gemäß Teil D, Ziffer 1.6 BHV betreffe vereinbarungsgemäß den klägerischen Tätigkeitsbereich "Aushub von Baugruben". Schließlich sei ihre Haftung auch gemäß § 4 I Ziffer 5 AHB ausgeschlossen, da hierfür unerheblich sei, ob der Schaden durch ein Naturereignis oder menschliche Tätigkeit verursacht worden sei.
Die Beklagte ist weiterhin der Ansicht gewesen, dass sie kein Beratungsverschulden treffe. Hierzu hat sie behauptet, der Geschäftsführer der Klägerin sei vorvertraglich ausdrücklich darüber aufgeklärt worden, dass für Bergschäden im Rahmen des Tonabbaubetriebs kein Versicherungsschutz gewährt werden könne.
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Q, V, M, T und J. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 01.03.2007 (Bl. 281 ff d.A.) Bezug genommen.
Sodann hat das Landgericht mit dem angefochtenen Urteil die Klage und die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat es hinsichtlich der Klage, die nur noch Gegenstand der Berufung ist, ausgeführt, der Klägerin stehe weder ein Anspruch auf eine Versicherungsleistung noch auf Schadensersatz zu. Ein Anspruch aus der Betriebs- und Produkthaftpflichtversicherung scheitere daran, dass die durch die Erdrutschungen aufgetretenen Schäden an dem Wirtschaftsweg und dem Hauptkabel der E U als Bergschäden i.S.d. § 114 Abs.1 BBergG anzusehen seien, da sie infolge des Tonabbaus bzw. des vorherigen Abraums der darüber liegenden Erdschichten entstanden seien. Insoweit bestehe nach Teil D Ziffer 3.4 BHV kein Deckungsschutz. Die Deckungserweiterung in Teil D Ziff. 1.6 BHV beziehe sich nur auf Erdrutschungen im Rahmen von Tiefbauarbeiten. Solche Tiefbauarbeiten lägen nicht vor, da die Schäden im Zuge der Tätigkeit der Klägerin als Abbaubetrieb entstanden seien. Entgegen der Ansicht der Klägerin handele es sich bei der Bezeichnung "Tiefbauarbeiten" nicht um eine irrtümliche Falschbezeichnung seitens der Parteien, denn die Beklagte habe plausibel dargelegt, dass dieser Einschluss allein vor dem Hintergrund erfolgt sei, dass die Klägerin auch in dem Bereich "Aushub von Baugruben" tätig gewesen sei. Abgesehen davon greife insoweit jedenfalls der Ausschluss nach § 4 Abs.1 Ziffer 5 AHB (Erdrutschungen), der auch ausschließlich witterungsbedingte Schäden umfasse. Aus der Umwelthaftpflichtversicherung ergebe sich ebenfalls kein Zahlungsanspruch. Ein Sachschaden, der durch Umwelteinwirkung auf den Boden entstanden sei, sei bereits nicht dargetan. Zudem greife aber auch insoweit der Ausschluss für Bergschäden in Ziffer 6.12 UHV.
Ein Anspruch wegen Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen bestehe gleichfalls nicht. Umfänglicher Versicherungsschutz für Bergschäden sei durch das Schreiben des Zeugen T vom 28.01.2002 (Bl.74 d.A.) nicht bindend zugesagt worden. Auch sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht feststellbar, dass die Beklagte im Rahmen der Verhandlungen nicht darauf hingewiesen habe, dass im Rahmen der Betriebshaftpflichtversicherung keine Deckung für Bergschäden und Erdrutschschäden bei Abbauarbeiten gewährt werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach - und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil und die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung, mit der sie eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch das Landgericht rügt. Das Landgericht habe den Begriff des Bergschadens fehlerhaft ausgelegt. Zwar sei es zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die vorliegend eingetretenen Schäden in Folge der Ausübung einer der in § 2 Abs.1 Nr.1 und 2 BBergG genannten Tätigkeiten eingetreten seien. Dies sei für die Annahme eines Bergschadens i.S.d. § 114 BBergG - und damit für das Eingreifen der vertraglichen Risikobegrenzung in Teil D, Ziffer 3.4 BHV - aber nicht ausreichend. Ein Bergschaden liege gemäß § 114 Abs.2 Nr.3 BBergG nur vor, wenn schadensauslösend Einwirkungen gewesen seien, die nach § 906 BGB an sich verbietbar, aber nach den berggesetzlichen Vorschriften zu dulden seien. Vorliegend sei der Schaden nicht durch Einwirkungen i.S.d. § 906 BGB ausgelöst worden. Denn die schadensverursachenden Erdrutschungen seien zwar Einwirkungen, aber keine positiven Einwirkungen i.S.v. § 906 BGB, weil kein "Hinüberleiten sinnlich wahrnehmbarer Stoffe" vorliege. Erdrutschungen unterfielen damit von vornherein nicht dem Anwendungsbereich des § 906 BGB, so dass sie auch nicht nach dieser Vorschrift verboten werden könnten. Vielmehr seien sie stets nach § 909 BGB unzulässig und lösten (lediglich) eine Haftung nach allgemeinen Vorschriften, nicht jedoch eine solche nach § 114 Abs.1 BBergG aus. Liege damit kein Bergschaden vor, greife Teil D, Ziffer 3.4 BHV nicht ein. Abgesehen davon sei die Risikobegrenzung aber auch deshalb nicht einschlägig, weil nur Schäden "beim Bergbaubetrieb durch schlagende Wetter, Wasser- und Kohlensäureeinbrüche (pp)" erfasst würden. Dies sei hier nicht gegeben.
Ebenfalls nicht einschlägig sei der Ausschluss gemäß § 4 I Nr.5 AHB, da Erdrutschungen im Rahmen von Tiefbauarbeiten durch Teil D, Ziffer 1.6 BHV ausdrücklich in die Haftung einbezogen seien. Die Erdrutschungen vor Ort seien im Rahmen von Tiefbauarbeiten entstanden. Sie habe im Zuge ihrer Arbeiten eine bis zu 12 m tiefe Grube hergestellt und zum Abtransport gewonnener Tonschichten eine aus der Grube führende Auffahrtrampe im Böschungskörper gebaut. Bei den Arbeiten zur Herstellung dieses Böschungskörpers mit Auffahrtrampe handele es sich um Tiefbauarbeiten im Sinne der Versicherungsbedingungen. Bergbau und Tiefbau schlössen sich nicht aus; vielmehr handele es sich bei Bergbau um einen Unterfall des Tiefbaus bzw. um "Spezialtiefbau". Die Richtigkeit dieser Auslegung ergebe sich auch aus dem expliziten Ausschluss für Bergschäden im letzten Absatz von Teil D, Ziffer 1.6 BHV. Es sei sinnlos, den Ausschluss für Bergschäden nochmals hervorzuheben, wenn von der Haftungserweiterung von vorneherein nur außerhalb des Bergbaubetriebs ausgeführte Tiefbauarbeiten erfasst wären, da Tiefbauarbeiten außerhalb des Bergbaubetriebes nie ein Bergschaden i.S.d. § 114 BBergG sein könnten.
Der Anspruch ergebe sich zudem aus den Ziffern 1.2, 2.7. der UHV. Da die Erdrutschungen durch die nicht hinreichend standfeste Böschung im Zusammenwirken mit den starken Niederschlägen entstanden seien, seien die Schäden (auch) durch Umwelteinwirkungen auf den Boden entstanden. Der Ausschluss für Bergschäden greife nicht. Der vom Landgericht vermisste Haftpflichtanspruch der Geschädigten ergebe sich zwar nicht aus §§ 823, 1004 BGB, weil die Neigung der Rampe den behördlichen Vorgaben entsprochen habe. Der Haftpflichtanspruch gründe sich aber auf den nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs.2 Satz 2 BGB, weil der Gemeinde und der E U AG ein Abwehrrecht gemäß § 909 BGB wegen unzulässiger Vertiefung des Grundstücks zugestanden habe, zu dessen rechtzeitiger Geltendmachung sie aus tatsächlichen Gründen nicht in der Lage gewesen seien. Der Anspruch gehe auf volle Schadloshaltung gemäß §§ 249 ff BGB. Die geltend gemachten Kosten seien sämtlich angemessen und erforderlich gewesen und bis auf die Forderungen der E U AG bezahlt. Hinsichtlich der Forderungen der E U AG sei der Antrag daher auf Feststellung statt auf Zahlung zu richten. Es handele sich dabei um eine jedenfalls sachdienliche Klageänderung.
Die Klägerin beantragt,
unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 56.854,86 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.01.2003 zu zahlen,
2. festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin Versicherungsschutz zu gewähren hat bzgl. der von der Fa. E U AG gegen sie im Prozess vor dem Landgericht Koblenz - 10 O 411/05 - in Höhe von 16.604,86 € nebst Zinsen geltend gemachten Haftpflichtansprüche wegen Beschädigung ihrer im Weg Nr. 63 (I-Weg) der Gemeinde H (Rheinland-Pfalz) erdverlegten Telekommunikationsleitungen infolge der Erdrutschungen im Böschungskörper (Auffahrtrampe) der Tongrube "K M" im Januar und Februar 2003,
hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von den vorbezeichneten Haftpflichtforderungen der Fa. E U AG freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Sie ist der Ansicht, dass das Landgericht die entstandenen Schäden zutreffend unter den Begriff des Bergschadens i.S.d. § 114 BBergG subsumiert habe. Die Ausführungen der Klägerin zu § 114 Abs.2 Nr.3 BBergG seien unzutreffend. Die Regelung schließe als Legalausnahme zu der Gefährdungshaftung des § 114 Abs.1 BBergG gerade die Einwirkungen aus, die nach § 906 BGB zu dulden seien. In diesen Fällen liege ein Bergschaden nicht vor. Unberührt blieben aber auf § 906 Satz 2 BGB gestützte Ausgleichsansprüche. Da Wirtschaftsweg und Telefonkabel in ihrer Substanz beeinträchtigt seien, handele es sich um nicht hinzunehmende Einwirkungen auf ein fremdes Grundstück, so dass die Legalausnahme nicht eingreife und eine Haftung der Klägerin nach § 114 Abs.1 BBergG bestehe. Auch liege kein Schaden infolge "Tiefbauarbeiten" vor. Die entsprechende Deckungserweiterung in Teil D, Ziffer 1.6 BHV beziehe sich allein auf den - weiteren - Tätigkeitsbereich der Klägerin neben dem Tonabbau, nämlich den Aushub von Gruben. Die Abraumarbeiten seien unzweifelhaft Bergbauarbeiten. Soweit die Klägerin nunmehr behaupte, die schadensursächlichen Erdrutschungen seien durch den Bau einer Auffahrtsrampe im Böschungskörper und damit durch dem Tiefbau zuzuordnende Arbeiten verursacht worden - was sie bestreite -, handele es sich immer noch um Bergbauarbeiten. Unhaltbar sei das Verständnis der Klägerin von Bergbauarbeiten als einem Unterfall von Tiefbauarbeiten.
Ein Anspruch der Klägerin ergebe sich auch nicht aus der UHV. Es fehle bereits an einer Umwelteinwirkung. Zudem habe die Klägerin einen gesetzlichen Haftpflichtanspruch nicht dargetan. Überdies greife insoweit ebenfalls der Ausschluss für Bergschäden gemäß Ziffer 6.12.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Die in zweiter Instanz erfolgte (teilweise) Umstellung des Leistungsantrages auf den Feststellungsantrag ist zulässig. Bei dem Übergang von dem bezifferten Zahlungsverlangen zum Feststellungsantrag handelt es sich nicht um eine Klageänderung, sondern um eine Klagebeschränkung, § 264 Nr.2 ZPO (BGH, NJW 1992, 2296; Greger in Zöller, ZPO, 26. Auflage, 2007, § 264, Rdnr.3b, § 256, Rdnr.15c). Die Feststellungsklage ist zulässig, solange die Haftpflicht nach Grund und Höhe nicht feststeht. Das ist vorliegend der Fall, weil nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin der gegen sie von der Fa. E U AG geführte Haftpflichtprozess vor dem Landgericht Koblenz - 10 O 411/05 - noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist.
Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte wegen des geltend gemachten Schadensereignisses aus keinem Rechtsgrund ein Entschädigungsanspruch zu.
1.) Ein solcher ergibt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht aus der Betriebs- und Produkt - Haftpflichtversicherung.
Zwar besteht für die schadensverursachende Tätigkeit grundsätzlich Versicherungsschutz, die eingetretenen Schäden sind aber von der Haftung der Beklagten ausgenommen.
a) Versicherte Risiken sind gemäß Teil A Ziff. 2.1 "die gesetzliche - und soweit ausdrücklich eingeschlossen die vertragliche - Haftpflicht aus Tonabbaubetrieb einschl. Wiederauffüllung mit Stabilisat; Vertrieb von Tonen sowie Ausheben von Baugruben (max. 100.000 DM Jahresumsatz) und Abraumarbeiten/Tonförderung in fremde Tagebauen" (Bl.50, 51 d.A.).
Der eigentliche Schadensfall ereignete sich nach dem Vorbringen der Klägerin im Zuge ihrer Tonabbautätigkeit. Soweit die Klägerin zwischenzeitlich behauptet hat, die der Fa. E U AG entstandenen Schäden seien teilweise nicht auf den Bergbaubetrieb zurückzuführen, sondern auf Baggerarbeiten, welche ihre Mitarbeiter im Auftrag der U durchgeführt hätten (s. Bl. 175 ff d.A.), hat sie mit der Berufungsbegründung unstreitig gestellt, dass - in Übereinstimmung mit der Auffassung des Landgerichts - die Schäden infolge Tonabbaus bzw. infolge des vorherigen Abraums der darüber liegenden Erdschichten entstanden seien (Bl. 354 d.A.).
b) Die eingetretenen Schäden am Gemeindeweg sind jedoch nach Teil D, Ziffer 3.4 vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.
aa) Nach dieser Regelung ist nicht versichert: "die Haftpflicht wegen Bergschäden (im Sinne des § 114 BBergG), soweit es sich handelt um die Beschädigung von Grundstücken, deren Bestandteilen und Zubehör sowie wegen Schäden beim Bergbaubetrieb (im Sinne des § 114 BBergG) durch schlagende Wetter, Wasser - und Kohlensäureeinbrüche sowie Kohlenstaubexplosionen". Zuzugeben ist der Klägerin, dass es sich vorliegend offensichtlich nicht um Schäden handelt, die durch schlagende Wetter, Wasser - und Kohlensäureeinbrüche sowie Kohlenstaubexplosionen verursacht wurden, denn "schlagende Wetter" meint nicht Niederschläge. Mit diesem Begriff wird im Kohlebergbau, jedoch auch im Salz- und Erzbergbau, unter Tage austretendes Grubengas (Methangas), welches, mit Luft gemischt, explosiv reagiert (Schlagwetterexplosion) bezeichnet.
Entgegen der klägerischen Ansicht ist der Haftungsausschluss für Bergschäden gemäß Teil D, Ziffer 3.4 jedoch unabhängig davon, dass diese durch schlagende Wetter, Wasser - und Kohlensäureeinbrüche sowie Kohlenstaubexplosionen entstanden sind. Die Tatbestandsmerkmale müssen nicht kumulativ erfüllt sein, damit der Haftungsausschluss eingreift. Bereits aus dem Wortlaut " die Haftpflicht wegen Bergschäden ... sowie wegen Schäden beim Bergbaubetrieb..." ergibt sich, dass die Regelung in Teil D, Ziffer 3.4 alternativ für zwei Schadensarten speziell formulierte Ausschlüsse beinhaltet.
bb) Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, liegt ein Bergschaden im Sinne des § 114 BBergG vor.
Gemäß § 114 Abs.1 BBergG haftet der Bergbaubetreiber für die Tötung, Körper- oder Gesundheitsverletzung eines Menschen oder eine Sachbeschädigung, die durch eine der in § 2 Abs.1 Nrn. 1-3 BBergG aufgeführten Tätigkeiten bzw. Anlagen verursacht wurde.
Gemäß § 2 Abs.1 Nr. 1 BBergG gilt das Gesetz für
1. das Aufsuchen, Gewinnen und Aufbereiten von bergfreien und grundeigenen Bodenschätzen einschließlich des Verladens, Beförderns, Abladens, Lagerns und Ablagerns von Bodenschätzen, Nebengestein und sonstigen Massen, soweit es im unmittelbaren betrieblichen Zusammenhang mit dem Aufsuchen, Gewinnen oder Aufbereiten steht und sich nicht aus Absatz 4 etwas anderes ergibt,
2. ...
3. Betriebsanlagen und Betriebseinrichtungen (Einrichtungen), die überwiegend einer der in den Nummern 1 oder 2 bezeichneten Tätigkeiten dienen oder zu dienen bestimmt sind. Gemäß § 4 Abs.2 BBergG ist Gewinnen (Gewinnung) das Lösen oder Freisetzen von Bodenschätzen einschließlich der damit zusammenhängenden vorbereitenden, begleitenden und nachfolgenden Tätigkeiten. Gemäß § 3 Abs.1 und 4 BBergG gehört Ton zu den grundeigenen Bodenschätzen.
Die Abbautätigkeiten der Klägerin stellen sich damit als Gewinnung des Bodenschatzes Ton, die Abraumarbeiten als mit der Gewinnung zusammenhängende Tätigkeiten dar. Soweit die Klägerin mit der Berufungsbegründung darauf hinweist, dass die schadensursächlichen Erdrutschungen durch den Bau einer Auffahrtsrampe im Böschungskörper verursacht worden seien, hilft ihr dies nicht weiter, denn die Erstellung der Rampe zum Abtransport der Tonschichten ist jedenfalls als Verladen und Befördern von Bodenschätzen von § 2 Abs.1 Nr.1 BBergG bzw. als dazu dienende Betriebseinrichtung von § 2 Abs.1 Nr.3 BBergG erfasst.
cc) Die Ausnahmeregelung des § 114 Abs.2 Nr.3 BBergG steht der Annahme eines Bergschadens nicht entgegen.
Nach dieser Vorschrift ist kein Bergschaden im Sinne des Absatzes 1 ein Schaden, der durch Einwirkungen entsteht, die nach § 906 BGB nicht verboten werden können. Zu Recht hat das Landgericht diese Vorschrift nicht für einschlägig gehalten und zutreffend ausgeführt, dass diese Ausnahme vom Bergschadensbegriff nur solche Schäden auf fremden Grundstücken betreffe, die durch die Zuführung von unwägbaren Stoffen (Immissionen) entstünden, was vorliegend nicht der Fall sei. Soweit die Klägerin hiergegen mit der Berufung einwendet, dass das Landgericht den Sinn der Vorschrift verkannt habe, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Ihre Ansicht, dass die Ausnahmeregelung des § 114 Abs.2 Nr.3 BBergG für alle Schäden eingreife, die nicht durch feinstoffliche Immissionen verursacht worden seien, weil andere als feinstoffliche Einwirkungen nicht dem Anwendungsbereich des § 906 BGB unterfielen und damit nach dieser Vorschrift nicht verboten werden könnten, ist weder mit dem Wortlaut noch mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift vereinbar. Die Vorschrift knüpft offensichtlich an eine von § 906 BGB erfasste Einwirkung an und schließt solche Schäden von der Haftung nach Bergschadensrecht aus, die durch eine nach § 906 Abs.1 BGB zu duldende Immissionseinwirkung entstehen. Nach der Ausnahmeregelung des § 114 Abs. 2 Nr. 3 BBergG greift die Bergschadenshaftung damit erst dann ein, wenn der Geschädigte die in § 906 BGB bezeichneten Einwirkungen nach Nachbarrecht verbieten könnte, der unmittelbare Anwendungsbereich des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB also verlassen ist (vgl. hierzu BGH, VersR 2002, 581). Damit sind die Voraussetzungen der Gefährdungshaftung, die das BBergG für den Bergwerksbetreiber normiert, klargestellt. Daraus ergibt sich im weiteren, dass eine analoge Anwendung des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs infolge der abschließenden Regelung des § 114 Abs.2 Nr.3 BBergG ausgeschlossen ist (vgl. BGH, aaO). Nichts anderes ergibt sich aus den von der Klägerin zu § 114 BBergG vorgelegten Erläuterungen (Bl.373 d.A.). Vielmehr spricht der Autor ebenfalls von Einwirkungen, "die nach § 906 BGB an sich verbietbar wären". Das sind zwangsläufig nur solche, die überhaupt von § 906 BGB erfasst werden und damit alle dort explizit aufgezählten sowie diesen ähnliche, d.h. unwägbare, im allgemeinen sinnlich wahrnehmbare Immissionen, welche auf natürlichem Weg zugeleitet werden (Bassenge in Palandt, BGB, 66. Auflage, 2007,
§ 906, Rdnr.10; BGH, NJW 1984, 2207). Bei Erdrutschungen handelt es sich - so auch die Auffassung der Klägerin - nicht um solche Immissionen, sondern um Grenzüberschreitungen von größeren festkörperlichen Gegenständen, die nicht unter § 906 BGB fallen (vgl. Bassenge, aaO, Rdnr.4). Die Ausnahmeregelung des § 114 Abs.2 Nr.3 BBergG greift folglich nicht ein.
dd) Auch die weitere Voraussetzung der Ausschlussregelung Teil D, Ziffer 3.4 BHV, nämlich die Beschädigung von Grundstücken, deren Bestandteilen und Zubehör liegt vor, soweit es sich um den Schaden am Gemeindeweg handelt.
Der Weg ist realer Flächenteil eines Grundstücks und damit von der Ausschlussregelung erfasst. Demgegenüber ist das Kabel der E U AG weder Grundstück noch Bestandteil eines solchen. Das Kabel verläuft zwar durch das Grundstück der Gemeinde, ist aber nicht wesentlicher Bestandteil dieses Grundstücks. Vielmehr handelt es sich um einen sogenannten "Scheinbestandteil" im Sinne von § 95 Abs.1 Satz 2 BGB, weil es in Ausübung eines Rechts (TKG) von dem Berechtigten mit dem fremden Grundstück verbunden worden ist (BGH, NJW 1994, 999; Heinrichs in Palandt, aaO, § 95, Rdnr.6).
Das Kabel ist auch kein Zubehör des Grundstücks, da es weder dem wirtschaftlichen Zweck des Grundstücks zu dienen bestimmt ist, noch wird es vom Verkehr als Zubehör angesehen.
Der in Teil D, Ziffer 3.4 normierte Haftungsausschluss erfasst daher nur die Schäden an dem Weg der Gemeinde H, nicht aber die Schäden an dem Kabel der E U AG.
c) Die Schäden am Gemeindeweg sind auch nicht durch die Regelung in Teil D, Ziffer 1.6 wieder in den Versicherungsschutz einbezogen worden.
Nach dieser Regelung sind - abweichend von § 4 Ziffer I 5 und § 4 Ziffer I 8 AHB - eingeschlossen: "Haftpflichtansprüche wegen Senkungen eines Grundstückes (auch eines darauf errichteten Werkes oder eines Teiles eines solchen), Erschütterungen infolge Rammarbeiten oder Erdrutschungen im Rahmen von Tiefbauarbeiten".
Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass hiernach Erdrutschungen im Rahmen von Bergbauarbeiten - um die es vorliegend gehe - nicht erfasst seien.
Die mit der Berufung geltend gemachten Einwendungen der Klägerin, diese Auslegung sei nicht haltbar, da es sich bei der Errichtung einer Fahrrampe in eine Grube stets um Tiefbauarbeiten handele und im Übrigen der Begriff Tiefbau den Bergbau als Spezialtiefbau umfasse, greifen nicht durch. Der Begriff der Tiefbauarbeiten bestimmt sich anhand einer Gesamtschau der vertraglichen Regelungen und nach den Interessen der Parteien. Unter Berücksichtigung der in Teil A, Ziffer 2.1 im einzelnen aufgezählten versicherten Tätigkeitsfelder der Klägerin bezieht sich der Begriff Tiefbauarbeiten offensichtlich nicht auf den Tonabbaubetrieb, sondern auf den Aushub von Baugruben, einen Unternehmensbereich, den die Klägerin zwar mittlerweile aufgegeben hat in dem sie aber zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses tätig war (vgl. Bl.147 d.A.). Erfasst der Begriff der Tiefbauarbeiten damit einen unabhängig neben dem Tonabbau bestehenden weiteren Tätigkeitsbereich der Klägerin, macht die in Teil D, Ziffer 1.6 normierte Deckungserweiterung trotz des Ausschlusses von Bergschäden auch Sinn. Dass der Einschluss von Schäden bei Tiefbauarbeiten auch nach dem Willen der Parteien nur im Zusammenhang mit dem Aushub von Baugruben erfolgen sollte, ergibt sich aus der Aussage des Zeugen Q. Dieser hat nach den Feststellungen des Landgerichts - an die der Senat nach § 529 Abs.1 ZPO gebunden ist, weil nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an deren Richtigkeit oder Vollständigkeit begründet haben - glaubhaft bekundet, dass in dem vor Vertragsabschluss geführten Gespräch am 22.03.1995 ausdrücklich besprochen worden sei, dass eine Deckung nur für das Verfüllen von Gruben, nicht jedoch im Rahmen von Bergbauarbeiten gewährt werden könne. Darüber sei Einigung erzielt und der Vertragstext ausdrücklich um den Zusatz "wegen Tiefbauarbeiten" ergänzt worden. Auf sein Drängen sei klar gestellt worden, dass der Ausschluss von Bergschäden davon unberührt bleibe. Dieser von dem Zeugen geäußerte Wunsch nach Klarstellung hat seinen Niederschlag im letzten Absatz der Ziffer 1.6 in Teil D ("Die Abschlussbestimmungen für Bergschäden im Sinne von § 114 des BBergG gemäß Teil D Ziffer 3.4 bleiben hiervon unberührt") gefunden, so dass diese Regelung - entgegen der Ansicht der Klägerin - durchaus sinnvoll ist.
Die hier schadensursächlichen Erdrutschungen erfolgten im Zusammenhang mit dem Tonabbaubetrieb der Klägerin und nicht im Zusammenhang mit dem Aushub von Baugruben. Die Behauptung der Klägerin, die Erdrutschungen seien durch die Errichtung einer Fahrrampe in die Grube verursacht worden, führt - unterstellt, sie sei wahr - zu keinem anderen Ergebnis. Denn die Errichtung der Fahrrampe diente allein der Gewinnung von Bodenschätzen und damit dem Tonabbaubetrieb.
Da die Erdrutschungen somit nicht im Rahmen von Tiefbauarbeiten erfolgt sind, unterfallen die Schäden am Gemeindeweg nicht der in Teil D, Ziffer 1.6 geregelten Deckungserweiterung, so dass es bei dem Haftungsausschluss gemäß Teil D, Ziffer 3.4 verbleibt.
d) Darüber hinaus ist eine Haftung der Beklagten für sämtliche geltend gemachten Schäden, also auch für die am Kabel der E U AG entstandenen Schäden, nach § 4 I Ziffer 5 AHB ausgeschlossen.
Nach § 4 I Ziffer 5 AHB bezieht sich der Versicherungsschutz nicht auf "Haftpflichtansprüche aus Sachschaden, welcher entsteht durch allmähliche Einwirkung der Temperatur, von Gasen, Dämpfen oder Feuchtigkeit, von Niederschlägen (Rauch, Ruß, Staub und dgl.), ferner durch Abwässer, Schwammbildung, Senkungen von Grundstücken (auch eines darauf errichteten Werkes oder eines Teiles eines solchen), durch Erdrutschungen, Erschütterungen infolge Rammarbeiten, durch Überschwemmungen stehender oder fließender Gewässer sowie aus Flurschaden durch Weidevieh und aus Wildschaden".
Die von der Klägerin geltend gemachten Schäden sind durch Erdrutschungen entstanden.
Erdrutschung ist eine Sammelbezeichnung für Erdbewegungen jeder Art, die auf einer Lösung des Zusammenhalts von kleinen und größeren Erdmassen beruhen. Ein Teil der Oberfläche muss sich aus seinem natürlichen Zusammenhang mit seiner Umgebung lösen und in Bewegung übergehen (vgl. BGH, NJW 1957,140; Littbarski, AHB, 1. Auflage, 2001, § 4, Rdnr.154, 156 für das Lösen von Sandmassen beim Abbau einer Sandgrube und für das Abrutschen von Erdmassen wegen eines zu steilen Böschungswinkels in einer Kiesgrube). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Nach dem Vortrag der Klägerin ist ein Teil der Böschung durch Aufweichung des zur Abdichtung aufgetragenen Lehms abgebrochen. Entsprechend spricht sie selbst von schadensverursachenden Erdrutschungen.
Unerheblich ist, ob die in § 4 Abs.1 Ziffer 5 AHB aufgezählten Schadensarten aufgrund von menschlichen Handlungen, insbesondere durch die Verantwortlichkeit des Versicherungsnehmers, oder aufgrund von Naturereignissen eingetreten sind (BGH, NJW-RR 1988, 732; Voit/Knappmann in Prölss/Martin, VVG, 27. Auflage, 2004, § 4 AHB, Rdnr.32; Littbarski, aaO, § 4, Rdnr.158). Damit besteht auch dann kein Versicherungsschutz, wenn der Klägerin - wie sie behauptet hat - kein schuldhaftes Verhalten, insbesondere hinsichtlich der Neigung des Böschungswinkels, vorgeworfen werden kann. Ebenso ist demnach unerheblich, dass die Schäden nach der Darstellung der Klägerin (auch) durch die heftigen Niederschläge verursacht wurden.
Da es sich - wie bereits dargelegt - nicht um Erdrutschungen im Rahmen von Tiefbauarbeiten handelt, greift die Deckungserweiterung in Teil D, Ziffer 1.6 BHV nicht ein.
2.) Ein Entschädigungsanspruch ergibt sich - wie das Landgericht zu Recht festgestellt hat - ebenfalls nicht aus dem Umwelthaftpflichtversicherungsvertrag.
a) Nach den allgemeinen Bestimmungen der Betriebs- und Produkthaftpflichtversicherung sind nach Ziffer 1.2.3 Grundlagen für das Umwelthaftpflichtrisiko die Bestimmungen des separaten Vertrages. Dieser separate Vertrag (Bl.153 ff d.A.) basiert auf den AHB und dem Umwelthaftpflicht-Modell. Dieses befasst sich, angelehnt an das Umwelthaftungsgesetz, mit der Versicherung der Risiken von Anlagen und damit zusammenhängender Risiken, und zwar nach dem Bausteinmodell. Jede einzelne Anlage muss einzeln versichert werden. Das sog. Restrisiko (Nichtanlagenrisiko) wird durch die Umwelthaftpflicht-Basisversicherung im Rahmen der Betriebs- und Berufshaftpflichtversicherung abgedeckt. Nach dem Versicherungsschein ist (u.a). versichert "die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers wegen Personen- und Sachschäden durch Umwelteinwirkungen auf Boden, Luft oder Wasser aus Risiken gemäß Ziffer 2.7 der Besonderen Bedingungen der Umwelthaftpflicht-Basisversicherung H 3033".
Ziffer 2.7 besagt zum Umfang der Versicherung: "Umwelteinwirkungen, die im Zusammenhang mit dem im Versicherungsschein beschriebenen Risiko stehen, soweit diese Umwelteinwirkungen nicht von Anlagen oder Tätigkeiten ausgehen oder ausgegangen sind, die unter den Anwendungsbereich der Risikobausteine 2.1 - 2.6 fallen, unabhängig davon, ob diese Risikobausteine vereinbart wurden oder nicht".
Dieser Baustein dient der Basis-Deckung des allgemeinen Umwelthaftpflichtrisikos, das weder von einer Anlage im Sinne von 2.1 - 2.5 ausgeht noch ein Umweltproduktionsrisiko nach 2.6 darstellt (Voit/Knappmann in Prölss/Martin,aaO, Umwelthaftpflicht Nr.2, Rdnr.21). Als im Versicherungsschein beschriebenes Risiko steht unter Ziffer 4 zu 2.7: "z.B. Verfüll-Vorgänge mit Stabilisat".
Der beispielhaften Aufführung ist zu entnehmen, dass unter das versicherte Risiko die gesamte betriebliche Tätigkeit und damit auch der Tonabbaubetrieb fällt.
b) Die Erdrutschungen stellen keine Umwelteinwirkung dar.
Für den Begriff Schaden durch Umwelteinwirkung enthält § 3 Abs.1 UmweltHG eine Legaldefinition: "Ein Schaden entsteht durch Umwelteinwirkung, wenn er durch Stoffe, Erschütterungen, Geräusche, Druck, Strahlen, Dämpfe, Wärme oder sonstige Erscheinungen verursacht wird, die sich in Boden, Luft oder Wasser ausgebreitet haben". Erdrutschungen lassen sich zwar der weit gefassten (vgl. Rehbinder in Landmann/Rohmer, Umweltrecht Band III, UmweltHG § 3, Rdnr.5) Auffangklausel "sonstige Erscheinungen" zuordnen. Es fehlt aber am Tatbestandsmerkmal des Ausbreitens. Eine Ausbreitung in Boden, Luft oder Wasser liegt vor, wenn sich die Stoffe oder die ähnlichen Erscheinungen nach dem Austritt aus der Anlage in der Umwelt verteilen, d.h. in eines der Umweltmedien Boden, Luft oder Wasser eintreten und sich in diesem verteilen, wobei sie mit Hilfe des Mediums weitertransportiert werden (Köhler in Staudinger, UmweltHG, 2005, § 3, Rdnr.10). Es ist bereits fraglich, ob bei Erdrutschungen ein Eintritt des Bodens in ein anderes Umweltmedium - hier Luft - vorliegt. Dies kann aber dahinstehen, da es jedenfalls an einer Verteilung mit Hilfe des Mediums fehlt. Bei einer Erdrutschung wird die Schadensursache nicht umweltmedienspezifisch vermittelt, sondern es handelt sich um eine bloße Einwirkung von Sachen durch Schwerkraft. Der bloße Transport in der Umwelt stellt keine Ausbreitung dar (Rehbinder in Landmann/Rohmer, aaO, § 3, Rdnr.8,9).
c) Im Übrigen sind die Schäden am Gemeindeweg bereits nach Ziffer 6.12 UHG von der Haftung der Beklagten ausgenommen. Denn 6.12 UHG normiert wie Teil D, Ziffer 3.4 BHV einen Ausschluss des Versicherungsschutzes für Ansprüche "wegen Bergschäden (i.S.d. § 114 BBergG), soweit es sich handelt um die Beschädigung von Grundstücken, deren Bestandteilen und Zubehör;".
3) Soweit die Klägerin ihre Klageforderung erstinstanzlich auch auf einen Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen bzw. wegen der Verletzung vertraglicher Pflichten aus dem Schuldverhältnis gestützt hat, hat sie mit der Berufung die Ausführungen der Zivilkammer in dem angefochtenen Urteil nicht angegriffen. Sie wendet sich mit ihrer Berufung allein gegen die Ausführungen der Kammer betreffend den versicherungsvertraglichen Haftungsanspruch der Beklagten, so dass die erstinstanzlich hilfsweise verfolgten Schadensersatzansprüche nicht Streitstoff der Berufung geworden sind (vgl. dazu BGH NJW-RR 2007, 414).
Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass die Klageabweisung mangels Begründetheit eines Schadensersatzanspruchs keinen Bedenken begegnet. Zu Recht hat das Landgericht festgestellt, dass ein der Beklagten zurechenbares Beratungsverschulden (c.i.c.) von der beweisbelasteten Klägerin nicht nachgewiesen worden ist. Das Landgericht hat das gesamte Ergebnis der Beweisaufnahme mit bindender Wirkung gemäß § 529 Abs.1 ZPO umfassend gewürdigt und mit nicht zu beanstandender Begründung die Aussage des Zeugen Q für glaubhaft gehalten, der bekundet hat, dass im Rahmen der Vertragsverhandlungen am 22.03.1995 ausdrücklich von ihm klargestellt worden sei, dass Bergschäden nicht in die Deckung genommen werden könnten. Bei der Würdigung der Zeugenaussagen hat sich das Landgericht zu Recht auch davon leiten lassen, dass sich der Geschäftsführer der Klägerin mit seinen Äußerungen im Rahmen der persönlichen Anhörung gemäß § 141 ZPO in Widerspruch zu dem bisherigen klägerischen Vorbringen gesetzt hat. Schließlich hat das Landgericht auch zutreffend einen Anspruch aus sog. positiver Vertragsverletzung im Hinblick auf das Schreiben des Zeugen T vom 28.01.2002 (Bl.74 d.A.) verneint. Weder aus dem Schreiben selbst noch aus seinem Zusammenhang - hier fehlt es an klägerischem Vortrag zum Bezugsschreiben vom 25.01.2002 - lässt sich eine konkrete Zusage betreffend die Deckung von Bergschäden entnehmen.
4) Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
5) Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Das Urteil des Senats hat über die Entscheidung des konkreten Einzelfalls mit seinen Besonderheiten hinaus keine Bedeutung.
Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Revisionsgerichts.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 70.138, 75 €
Zahlungsantrag: 56.854, 86 €
Feststellungsantrag: 13.283, 89 € (80 % von 16.604, 86 €)
OLG Köln:
Urteil v. 24.06.2008
Az: 9 U 112/07
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/625d6f8c7fdc/OLG-Koeln_Urteil_vom_24-Juni-2008_Az_9-U-112-07