Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Juli 2000
Aktenzeichen: 34 W (pat) 18/99
(BPatG: Beschluss v. 28.07.2000, Az.: 34 W (pat) 18/99)
Tenor
Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluß der Patentabteilung 42 S des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. Dezember 1998 aufgehoben.
Das Patent wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:
Patentansprüche 1 bis 11 gemäß 4. Hilfsantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 28. Juli 2000 Beschreibung Spalten 1 bis 5, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 28. Juli 2000 3 Blatt Zeichnungen Figuren 1 bis 5, gemäß Patentschrift Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Mit dem angefochtenen Beschluß hat die Patentabteilung das Patent in vollem Umfang aufrechterhalten. Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Einsprechenden.
Die Patentinhaberin verteidigt das Patent im Beschwerdeverfahren zuletzt mit acht neugefaßten Patentanspruchssätzen (Hauptantrag und sieben Hilfsanträge).
Im Verfahren sind folgende Druckschriften zum Stand der Technik genannt worden:
(E1) deutsche Offenlegungsschrift 40 19 593,
(E2) deutsche Offenlegungsschrift 40 05 281,
(E3) deutsches Gebrauchsmuster 91 04 609,
(E4) finnische Offenlegungsschrift 90 15 93,
(E5) US-Patentschrift 5 030 326 und
(E6) deutsche Patentschrift 551 386.
Die Einsprechende ist der Meinung, der Gegenstand des Patents sei weder in der Anspruchsfassung gemäß Hauptantrag, noch nach einem der Hilfsanträge patentfähig. Sie beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Die Patentinhaberin beantragt, das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:
Patentansprüche 1 bis 11 gemäß dem am 26. Juli 2000 eingegangenen dort sogenannten Hilfsantrag 2, anzupassender Beschreibung und Zeichnung gemäß Patentschrift;
erster Hilfsantrag: Patentansprüche 1 bis 12 gemäß dem am 26. Juli 2000 eingegangenen dort sogenannten Hilfsantrag 1;
zweiter Hilfsantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung: Patentansprüche 1 bis 12;
dritter Hilfsantrag: Patentansprüche 1 bis 11 gemäß dem am 26. Juli 2000 eingegangenen Hilfsantrag 3;
vierter Hilfsantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung: Patentansprüche 1 bis 11, Beschreibung Spalten 1 bis 5, Zeichnung gemäß Patentschrift;
fünfter Hilfsantrag: Patentansprüche 1 bis 11 gemäß dem am 26. Juli 2000 eingegangenen dort sogenannten Hilfsantrag 4;
sechster Hilfsantrag: Patentansprüche 1 bis 11, gemäß dem am 26. Juli 2000 eingegangenen dort sogenannten Hilfsantrag 5;
siebter Hilfsantrag: Patentansprüche 1 bis 12 gemäß dem am 26. Juli 2000 eingegangenen dort sogenannten Hilfsantrag 6;
bei allen Hilfsanträgen eine anzupassende Beschreibung, Zeichnung gemäß Patentschrift.
Ferner beantragt die Patentinhaberin, die weitergehende Beschwerde zurückzuweisen.
Sie ist der Meinung, der Gegenstand des Patents sei in jeder der verteidigten Anspruchsfassungen patentfähig.
Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:
Mischeinrichtung zum Mischen von zwei Flüssigkeiten an der Zuführung zum Stoffauflauf einer Papiermaschine, mit:
einer Zuleitung (A) für den ersten Teilvolumenstrom (a);
einer Zuleitung (B) für den zweiten Teilvolumenstrom (b);
einer Ableitung (C) für den Gemischvolumenstrom (c) mit dem Strömungswiderstand (W);
einem Mischwinkel () zwischen der Zuleitung (A) und der Zuleitung (B);
einem Hauptstromwinkel () zwischen der Zuleitung (A) und der Ableitung (C);
einem Stellglied (S), eingebaut in der Zuleitung (B) zur Regelung des Teilvolumenstromes (b);
gekennzeichnet dadurch, daß
der Mischwinkel () derart gewählt ist, daß unabhängig vom Teilvolumenstrom (b) der Gemischvolumenstrom (c) konstant bleibt, wobei der Mischwinkel () im Bereich 0¡ < < 90¡ liegt.
Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet:
Mischeinrichtung zum Mischen von zwei Flüssigkeiten an der Zuführung zum Stoffauflauf einer Papiermaschine, mit :
einer Zuleitung (A) für den ersten Teilvolumenstrom (a);
einer Zuleitung (B) für den zweiten Teilvolumenstrom (b);
einer Ableitung (C) für den Gemischvolumenstrom (c) mit dem Strömungswiderstand (W);
einem Mischwinkel () zwischen der Zuleitung (A) und der Zuleitung (B);
einem Hauptstromwinkel () zwischen der Zuleitung (A) und der Ableitung (C);
einem Stellglied (S), eingebaut in der Zuleitung (B) zur Regelung des Teilvolumenstromes (b);
gekennzeichnet dadurch, daß
der Mischwinkel () und der Hauptstromwinkel () derart gewählt sind, daß die Abnahme des Gemischvolumenstromes durch Turbulenz an der Mischstelle genau durch den Venturieffekt kompensiert wird und demzufolge unabhängig vom Teilvolumenstrom (b) der Gemischvolumenstrom (c) konstant bleibt.
Der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet:
Mischeinrichtung zum Mischen von zwei Flüssigkeiten an der Zuführung zum Stoffauflauf einer Papiermaschine, mit:
einer Zuleitung (A) für den ersten Teilvolumenstrom (a);
einer Zuleitung (B) für den zweiten Teilvolumenstrom (b);
einer Ableitung (C) für den Gemischvolumenstrom (c) mit dem Strömungswiderstand (W);
einem Mischwinkel () zwischen der Zuleitung (A) und der Zuleitung (B);
einem Hauptstromwinkel () zwischen der Zuleitung (A) und der Ableitung (C);
einem Stellglied (S), eingebaut in der Zuleitung (B) zur Regelung des Teilvolumenstromes (b);
gekennzeichnet dadurch, daß
der Mischwinkel () und der Hauptstromwinkel () derart gewählt sind, daß die Abnahme des Gemischvolumenstromes durch Turbulenz an der Mischstelle genau durch den Venturieffekt kompensiert wird und demzufolge unabhängig vom Teilvolumenstrom (b) der Gemischvolumenstrom (c) konstant bleibt, wobei der Winkel () im Bereich 0¡ < < 90¡ liegt.
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 lautet:
Mischeinrichtung zum Mischen von zwei Flüssigkeiten an der Zuführung zum Stoffauflauf einer Papiermaschine, mit:
einer Zuleitung (A) für den ersten Teilvolumenstrom (a);
einer Zuleitung (B) für den zweiten Teilvolumenstrom (b);
einer Ableitung (C) für den Gemischvolumenstrom (c) mit dem Strömungswiderstand (W);
einem Mischwinkel () zwischen der Zuleitung (A) und der Zuleitung (B);
einem Hauptstromwinkel () zwischen der Zuleitung (A) und der Ableitung (C);
einem Stellglied (S), eingebaut in der Zuleitung (B) zur Regelung des Teilvolumenstromes (b);
gekennzeichnet dadurch, daß
der Mischwinkel () derart gewählt ist, daß unabhängig vom Teilvolumenstrom (b) der Gemischvolumenstrom (c) konstant bleibt, wobei der Mischwinkel () im Bereich 80¡ < < 90¡ liegt.
Der Hauptanspruch gemäß Hilfsantrag 4 lautet:
Mischeinrichtung zum Mischen von zwei Flüssigkeiten an der Zuführung zum Stoffauflauf einer Papiermaschine, mit:
einer Zuleitung (A) für den ersten Teilvolumenstrom (a);
einer Zuleitung (B) für den zweiten Teilvolumenstrom (b);
einer Ableitung (C) für den Gemischvolumenstrom (c) mit dem Strömungswiderstand (W);
einem Mischwinkel () zwischen der Zuleitung (A) und der Zuleitung (B);
einem Hauptstromwinkel () zwischen der Zuleitung (A) und der Ableitung (C);
einem Stellglied (S), eingebaut in der Zuleitung (B) zur Regelung des Teilvolumenstromes (b);
gekennzeichnet dadurch, daß
der Mischwinkel () derart wählbar ist, daß unabhängig vom Teilvolumenstrom (b) der Gemischvolumenstrom (c) konstant bleibt, wobei der Mischwinkel () im Bereich 0¡ < < 90¡ liegt.
Neun Unteransprüche betreffen Ausgestaltungen der Mischeinrichtung nach diesem Patentanspruch 1.
Patentanspruch 11 gemäß Hilfsantrag 4 lautet wie folgt:
Verfahren zum Mischen eines ersten und eines zweiten Volumenstromes, wobeider erste Volumenstrom unter konstantem Druck geführt wird;
der zweite Volumenstrom dem ersten Volumenstrom in einem Winkel zugeführt wird;
der Gesamtvolumenstrom aus erstem und zweitem Volumenstrom gegen einen strömungsmäßig nach dem Mischer angeordneten Widerstand arbeitet; dadurch gekennzeichnet, daß
der Winkel so gewählt wird, daß der Beschleunigungs- und Verzögerungseffekt sich beim Eindüsen jeweils aufhebt und sich dadurch ein konstanter Gesamtvolumenstrom, unabhängig von der Größe des zugeführten zweiten Volumenstroms ergibt, wobei der Winkel im Bereich 0¡ < < 90¡ liegt.
Wegen des Wortlauts der übrigen Ansprüche der vorstehenden Anträge und des Wortlauts der Ansprüche der Hilfsanträge 5 bis 7 wird auf die Akten verwiesen, ebenso wegen weiterer Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten und der Gründe des angefochtenen Beschlusses.
II.
Die zulässige Beschwerde hat insoweit Erfolg, als sie zur Beschränkung des Patents auf die mit dem Hilfsantrag 4 verteidigte Fassung führt.
A) der Einspruch war ebenfalls zulässig, was auch die Patentinhaberin nicht in Abrede gestellt hat.
B) Auch die Patentansprüche nach dem Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1 bis 4 sind zulässig.
1) Durch die Fassung der verteidigten Ansprüche ist der Schutzbereich des Patents nicht erweitert worden.
a) Zum Hauptantrag: Sein Anspruch 1 enthält sämtliche Merkmale des erteilten Anspruchs 1 und die dem Kennzeichen des erteilten Anspruchs 2 entnehmbare Maßnahme, wonach der Mischwinkel () im Bereich von größer als 0¡ und kleiner als 90¡ liegt. Die kennzeichnenden Merkmale der auf Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 10 entsprechen denen der erteilten Ansprüche 3 bis 11. Der auf ein Verfahren zum Mischen gerichtete Anspruch 11 entspricht wörtlich dem erteilten Anspruch 12, wobei auch hier wie in Anspruch 1 das dem erteilten Anspruch 2 entnehmbare Merkmal hinzugefügt wurde, wonach der Winkel () im Bereich von größer als 0¡ und kleiner als 90¡ liegen soll.
b) Zum Hilfsantrag 1: Auch hier enthält Anspruch 1 sämtliche Merkmale des erteilten Anspruchs 1 und ist um die der Beschreibung zu Figur 1, Sp 3 Z 66 bis Sp 4 Z 1, entnehmbare Maßnahme ergänzt, wonach sowohl der Mischwinkel () als auch der Hauptstromwinkel () derart gewählt sind, daß die Abnahme des Gemischvolumenstromes durch Turbulenz an der Mischstelle genau durch den Venturieffekt kompensiert wird und demzufolge unabhängig vom Teilvolumenstrom (b) der Gemischvomumenstrom (c) konstant bleibt. Die kennzeichnenden Merkmale der auf Anspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 11 entsprechen wörtlich denen der erteilten Ansprüche 2 bis 11. Anspruch 12 enthält sämtliche Merkmale des erteilten Anspruchs 12 und ist sinngemäß in der gleichen Weise ergänzt worden wie Anspruch 1 des ersten Hilfsantrags.
c) Zum Hilfsantrag 2: Sein Anspruch 1 ist eine Zusammenfassung der Merkmale der Hauptansprüche nach dem Hauptantrag und nach dem Hilfsantrag 1. Auch der auf ein Verfahren zum Mischen gerichtete Anspruch 12 ist eine Zusammenfassung der Merkmale von Anspruch 11 des Hauptantrags mit dem Anspruch 12 des Hilfsantrags 1. Die kennzeichnenden Merkmale der auf Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 11 entsprechen denen der erteilten Ansprüche 2 bis 11.
d) Zum Hilfsantrag 3: Hier entsprechen der Haupt- und der Nebenanspruch den erteilten Ansprüchen 1 und 12 mit der ergänzenden Beschränkung, daß der Mischwinkel () im Bereich von größer gleich 80¡ und kleiner 90¡ liegt. Dieser als vorteilhaft angesehene Winkelbereich ist in Figur 1 iVm Spalte 5 Zeilen 19 bis 22 beschrieben. Die Kennzeichen der auf Anspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche entsprechen denen der erteilten Ansprüche 3 bis 11.
e) Zum Hilfsantrag 4: Sein Hauptanspruch unterscheidet sich von dem des Hauptantrags dadurch, daß in seinem Kennzeichen das Wort "gewählt" durch "wählbar" ersetzt ist. Dieser Ersatz ist entgegen der Ansicht der Einsprechenden zulässig. Im erteilten Anspruch 6 ist nämlich unter anderem beansprucht, daß der Mischwinkel () der Mischeinrichtung während des Betriebes veränderbar ist. Der Fachmann erkennt hier nach Ansicht des Senats ohne weiteres Nachdenken, daß eine Veränderbarkeit des Winkels () während des Betriebes auch seine Veränderbarkeit außerhalb des Betriebes voraussetzt, beispielsweise vor dem Einbau der Mischeinrichtung an ihrem Bestimmungsort oder während eines Maschinenstillstandes. Wenn aber ein Mischwinkel sowohl während als auch außerhalb des Betriebes der Mischeinrichtung veränderbar ist, und zwar auf einen entsprechenden Wert, bei dem das patentgemäß vorausgesetzte Mischergebnis eintritt, dann muß dieser Winkel in diesem Sinne auch wählbar sein. Der Ersatz des Wortes "gewählt" durch "wählbar" im Hauptanspruch des Hilfsantrags 4 ist aus diesen Erwägungen nicht zu beanstanden. Die Kennzeichen der Unteransprüche sind mit denen der erteilten Ansprüche 3 bis 11 identisch. Der auf ein Verfahren zum Mischen gerichtete Anspruch 11 des Hilfsantrags 4 entspricht wörtlich dem Anspruch 11 nach dem Hauptantrag.
2) Da die erteilten Patentansprüche 1 bis 11 inhaltlich den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1 bis 11 entsprechen, bestehen hinsichtlich der ursprünglichen Offenbarung der Gegenstände der verteidigten Vorrichtungsansprüche keine Bedenken.
Gleiches gilt für die verteidigten Verfahrensansprüche. Zwar ist ein Verfahren zum Mischen von zwei Volumenströmen nicht Gegenstand der ursprünglich eingereichten Ansprüche gewesen, gleichwohl ist das Verfahren nach dem erteilten Anspruch 12 ohne jeden vernünftigen Zweifel der ursprünglich eingereichten Beschreibung zu entnehmen.
Der erteilte Anspruch 12 und die verteidigten Verfahrensansprüche sind auch entgegen der Ansicht der Einsprechenden nicht deshalb unzulässig, weil eine Beschränkung auf den Einsatz an der Zuführung zum Stoffauflauf einer Papiermaschine fehlt, die in den Vorrichtungsansprüchen durchgehend vorhanden ist; denn in Absatz 2 der ursprünglich eingereichten Beschreibung wird ausdrücklich nur beispielsweise auf entsprechende technische Probleme bei der Papierherstellung hingewiesen. Es steht einem Patentanmelder aber frei, für seine Erfindung während des Prüfungsverfahrens auch dann den im Rahmen des ursprünglich Offenbarten weitestgehenden Schutz zu beanspruchen, wenn ein darauf gerichteter Anspruch nicht Gegenstand der ursprünglich eingereichten Ansprüche war.
C) Die Mischeinrichtungen gemäß den Hauptansprüchen des Hauptantrags sowie der Hilfsanträge 1 bis 3 sind nicht patentfähig.
Das Streitpatent beschäftigt sich mit dem technischen Problem, wie zwei über Leitungen (A) und (B) zugeführte Flüssigkeiten bzw. Volumenströme (a) und (b), deren Volumenstromverhältnis nicht konstant ist, miteinander vermischt werden können, ohne daß sich die Menge des in der Leitung (C) abfließenden Gemisches (c) ändert.
Ein derartiges Problem kann beispielsweise bei der Papierherstellung auftreten. Dort muß aus dem Stoffauflauf einer Papiermaschine ständig ein aus mehreren Komponenten (Faserstoffe, Füllstoffe, Hilfsstoffe, Wasser) bestehender Suspensionsstrahl austreten, der über die Maschinenbreite von bis zu zehn Metern stets eine gleichmäßige Zusammensetzung und Geschwindigkeit aufweisen muß, damit am Ende der Papiermaschine eine Papierbahn aufgerollt werden kann, die über ihre Breite und Länge gleiche Eigenschaften aufweist. Treten quer zur Breite der Papierbahn Abweichungen auf, so können sie vielfach durch eine gezielte Beeinflussung der Zusammensetzung des aus dem Stoffauflauf tretenden Suspensionsstrahls beseitigt werden. Wird beispielsweise an einer in Längsrichtung der Bahn verlaufenden Stelle ein zu hohes Flächengewicht ermittelt, so kann es durch Zugabe von Verdünnungswasser in der entsprechenden Sektion des Stoffauflaufs wieder verringert werden. Dabei darf sich allerdings der Volumenstrom des Gemisches an dieser Stelle mengenmäßig nicht verändern, weil sonst hier Abweichungen anderer Bahneigenschaften, z.B. der Faserorientierung, der Formation oder der Festigkeit, quer zur Bahnlängsrichtung aufträten.
Eine Mischeinrichtung an der Zuführung zum Stoffauflauf einer Papiermaschine mit den Merkmalen des Oberbegriffs der verteidigten Hauptansprüche ist beispielsweise in der deutschen Offenlegungsschrift 40 05 281 (E2), Figur 3, beschrieben worden. Nach Spalte 1 Zeilen 17 bis 66 der Patentschrift haben die Erfinder bei dieser bekannten Mischeinrichtung als nachteilig empfunden, daß sich bei einer Änderung eines Teilvolumenstroms die Menge des Gemischvolumenstroms ebenfalls ändert.
Dem Patent ist daher sinngemäß die Aufgabe zugrundegelegt worden, vgl Spalte 3 Zeilen 31 bis 39 der Patentschrift, eine konstruktiv einfache, kostengünstige und betriebssichere Mischeinrichtung dieser Art vorzuschlagen, bei der der Gemischvolumenstrom (c) unabhängig von der Größe des Teilvolumenstromes (b) konstant bleibt.
1) Die Lösung dieser Aufgabe soll nach dem Kennzeichen des Patentanspruchs 1 des Hauptantrags darin bestehen, daß
- der Mischwinkel () derart gewählt ist, daß unabhängig vom Teilvolumenstrom (b) der Gemischvolumenstrom (c) konstant bleibt,
- wobei der Mischwinkel () im Bereich 0¡ < < 90¡ liegt.
Der erste Teil der beanspruchten Lösung erschöpft sich in einer Wiederholung der Aufgabe, verbunden mit dem Hinweis, daß hierzu ein geeigneter Mischwinkel () zwischen den Zuleitungen (A) und (B) für die Teilvolumenströme (a) und (b) gewählt sein muß, während der zweite Teil () als spitzen Winkel festlegt.
Zu Recht hat die Einsprechende darauf hingewiesen, daß mit der finnischen Offenlegungsschrift 90 15 93 (E4) eine Mischeinrichtung beschrieben ist, die sämtliche gegenständlichen Merkmale der mit dem Anspruch 1 des Hauptantrags beanspruchten Mischeinrichtung aufweist.
Die Schrift (E4) beschäftigt sich mit der Beeinflussung des Flächengewichtsquerprofils einer herzustellenden Papierbahn durch die örtlich begrenzte Zumischung von Verdünnungswasser zur Faserstoffsuspension in den Sektionen des Stoffauflaufs einer Papiermaschine. Entsprechend der Reihenfolge der im verteidigten Anspruch 1 aufgeführten Merkmale zeigt die Schrift (E4) in den Figuren 5 und 6 mit zugehöriger Beschreibung eine Mischeinrichtung mit folgenden Merkmalen (Anm.: Die Textzitate beziehen sich auf die mit dem Einspruchsschriftsatz überreichte Übersetzung von (E4) ins Englische):
Die Mischeinrichtung ist zum Mischen von zwei Flüssigkeiten bestimmt, nämlich der Faserstoffsuspension (principal stock flow) mit Verdünnungswasser (diluting water). Sie ist auch an der Zuführung zum Stoffauflauf einer Papiermaschine (headbox of a paper machine) angeordnet, genauer: an der Zuführung zur Ausgleichskammer (equalizing chamber 8) eines Stoffauflaufs. Sie enthält eine Zuleitung (distributor pipes 7, linker Teil) für den ersten Teilvolumenstrom (principal stock flow), eine Zuleitung (duct 11) für den zweiten Teilvolumenstrom (diluting water), eine Ableitung (distributor pipe 7, rechter Teil) für den Gemischvolumenstrom mit einem Strömungswiderstand (steplike widening 7a), einen Mischwinkel zwischen den Zuleitungen (vgl Figur 6), einen Hauptstromwinkel zwischen der Zuleitung für den ersten Teilvolumenstrom und der Ableitung (180¡, vgl Figur 6) und ein Stellglied (valve), eingebaut in der Zuleitung für den zweiten Teilvolumenstrom zu dessen Regelung (vgl Seite 7 Zeilen 28 bis 31). Damit sind sämtliche Merkmale des Oberbegriffs der verteidigten Hauptansprüche bei der aus der Schrift (E4) bekannten Mischeinrichtung verwirklicht, was auch die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung nicht mehr in Abrede gestellt hat. In weiterer Übereinstimmung mit dem Kennzeichen des Hauptanspruchs nach dem Hauptantrag liegt bei der vorbekannten Mischeinrichtung der Mischwinkel () zwischen den beiden Zuleitungen auch in dem Bereich 0¡ < < 90¡, was sowohl Figur 6 als auch der Beschreibung entnehmbar ist. In dieser wird er als "spitzer Winkel" (acute angle, Seite 6 Zeile 27) bezeichnet, so daß der gesamte beanspruchte Bereich durch die Schrift (E4) vorweggenommen ist. Schließlich wird in der Schrift (E4) auf Seite 7 Absatz 3 auch noch erwähnt, daß die dort beschriebene Mischeinrichtung in der gleichen Weise wie der Patentgegenstand betrieben werden kann, daß also der Gemischvolumenstrom unabhängig von der Menge des zweiten Teilvolumenstroms konstant gehalten werden kann. Im Ergebnis ist deshalb in der Schrift (E4) nicht nur eine Mischeinrichtung beschrieben, die sämtliche gegenständlichen Merkmale wie die Mischeinrichtung nach dem verteidigten Patentanspruch 1 des Hauptantrags aufweist, sondern es wird darüber hinaus auch ausdrücklich darauf hingewiesen, daß sie in gleicher Weise wie der Patentgegenstand Betreiber ist.
Die Auffassung der Patentinhaberin, ihrer Erfindung lägen Erkenntnisse zugrunde, die neu seien, nicht nahegelegen hätten und im wesentlichen darin bestünden, daß beim Zusammenführen zweier Teilvolumenströme zu einem Gemischvolumenstrom der Mischwinkel () einen überragenden Einfluß auf den Gemischvolumenstrom habe, mag zutreffend sein. Die Patentinhaberin verkennt aber, daß nicht für ihre Erkenntnisse (die im Hinblick auf PatG § 1 Abs 2 Ziffer 1 ohnehin nicht patentfähig wären), sondern für eine möglicherweise aufgrund dieser Erkenntnisse entwickelte Mischeinrichtung Patentschutz beansprucht wird und dabei zunächst zu prüfen ist, ob diese neu ist. Ergibt ein Vergleich mit dem Stand der Technik, daß der beanspruchte Gegenstand mit all seinen Merkmalen vorbeschrieben ist - und das ist vorliegend der Fall -, so ist seine Patentfähigkeit zu verneinen. Dabei ist völlig unerheblich, aufgrund welcher Erkenntnisse der beanspruchte Gegenstand entwickelt und gebaut worden ist. Es kann auch offenbleiben, aufgrund welcher Überlegungen der zum Stand der Technik zu zählende Gegenstand gebaut worden ist. Entscheidend ist bei Neuheitsprüfung eines Sachanspruchs allein, ob der beanspruchte Gegenstand mit der Summe seiner gegenständlichen Merkmale am Anmeldetag bekannt war.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag hat aus den vorstehenden Gründen mangels Neuheit seines Gegenstandes keinen Bestand. Mit ihm fallen die übrigen Ansprüche des Hauptantrages, da über einen Antrag nur als ganzes entschieden werden kann.
2) Die Lösung der streitpatentgemäßen Aufgabe soll nach dem Kennzeichen des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 1 darin bestehen, daß
- der Mischwinkel () und der Hauptstromwinkel () derart gewählt sind, daß
- die Abnahme des Gemischvolumenstromes durch Turbulenz an der Mischstelle genau durch den Venturieffekt kompensiert wird und demzufolge - unabhängig vom teilvolumenstrom (b) der Gemischvolumenstrom (c) konstant bleibt.
Auch diese Lösung - genauer: der Gegenstand nach Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 - ist durch die in der Schrift (E4) beschriebene Mischeinrichtung neuheitsschädlich vorweggenommen.
Wie bereits zum Hauptantrag ausführlich dargelegt, ist der Mischwinkel () bei der in (E4) beschriebenen Mischeinrichtung in der Größe gewählt worden, daß die Einrichtung unabhängig von der Menge des Teilvolumenstroms mit konstantem Gemischvolumenstrom betreibbar ist. Wenn das aber der Fall ist, dann sind zwangsläufig auch alle anderen den Gemischvolumenstrom möglicherweise beeinflussenden baulichen Maßnahmen - einschließlich des Hauptstromwinkels - so gestaltet, daß der Gemischvolumenstrom konstant bleibt. Mithin sind der erste und der dritte (ohnehin nur eine Aufgabenwiederholung darstellende) Teil der beanspruchten Lösung bei der Mischeinrichtung nach (E4) verwirklicht. Der zweite Teil beschreibt kein gegenständliches Merkmal, sondern einen Vorgang, der sich bei einem durch Mischung erzeugten konstanten Volumenstrom zwangsläufig einstellt. Wäre der von der Patentinhaberin als "Venturieffekt" bezeichnete Strahlpumpeneffekt an der Mischstelle höher als zur Kompensation der Abnahme des Gemischvolumenstromes durch Turbulenz erforderlich, dann würde bei steigendem Teilvolumenstrom auch der Gemischvolumenstrom steigen.
Der Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1 hat deshalb mangels Neuheit seines Gegenstandes ebenfalls keinen Bestand. Mit ihm fallen auch die übrigen Ansprüche dieses Antrages.
3) Die im Kennzeichen des Patentanspruchs 1 des Hilfsantrags 2 beanspruchte Lösung besteht aus einer Addition der kennzeichnenden Merkmale der Hauptansprüche der beiden bereits abgehandelten Anträge. Nachdem, wie vorstehend nachgewiesen worden ist, bei der aus (E4) bekannten Mischeinrichtung sämtliche Merkmale der Gegenstände der Hauptansprüche nach dem Hauptantrag und dem Hilfsantrag 1 verwirklicht sind, gilt gleiches für eine Mischeinrichtung, die sämtliche Merkmale beider Hauptansprüche aufweist.
Der Hilfsantrag 2 hat deshalb ebenfalls keinen Erfolg.
4) Mit der Lösung gemäß dem Kennzeichen des Patentanspruchs 1 des Hilfsantrags 3 wird die im Hauptanspruch des Hauptantrags gekennzeichnete Lösung mit einem kleineren Bereich für den Mischwinkel von 80¡ < < 90¡ beansprucht. Da - wie bei den Ausführungen zum Hauptantrag dargelegt - bei der Mischeinrichtung nach (E4) für die Größe des Mischwinkels () zwischen den Leitungen für die beiden Teilvolumenströmen ein spitzer Winkel vorgeschlagen wurde, also ein Bereich von 0¡ < < 90¡, ist auch der im Hauptanspruch des Hilfsantrags 3 genannte Winkelbereich nicht geeignet, die Neuheit der beanspruchten Mischeinrichtung zu begründen.
Die mit dem Hilfsantrag 3 verteidigten Patentansprüche haben deshalb ebenfalls mangels Neuheit des Gegenstandes ihres Hauptanspruches keinen Bestand.
D) Die Verteidigung des Patents mit den Patentansprüchen gemäß dem Hilfsantrag 4 hat hingegen Erfolg.
1) Die Mischeinrichtung nach dem Hauptanspruch dieses Antrags erweist sich als patentfähig.
a) Sie ist gegenüber dem nachgewiesenen Stand der Technik neu. Von den Gegenständen nach den entgegengehaltenen Schriften unterscheidet sie sich zumindest dadurch, daß ihr Mischwinkel () wählbar ist, während die Mischeinrichtungen nach den Entgegenhaltungen sämtlich einen festen, unveränderbaren Mischwinkel zwischen den Zuleitungen für die Teilvolumenströme aufweisen.
b) Die offensichtlich gewerblich anwendbare Mischeinrichtung nach dem Hauptanspruch beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Den nächstkommenden Stand der Technik bildet die Mischeinrichtung nach der Entgegenhaltung (E4), bei der sämtliche Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 verwirklicht sind und die auch so betrieben werden kann, daß unabhängig von der Menge eines Teilvolumenstromes der Gemischvolumenstrom konstant bleibt. Diese Betriebsweise setzt aber voraus, daß die übrigen Parameter, insbesondere die Drücke in den Zuleitungen für die Teilvolumenströme, entsprechend eingestellt werden. Beim Stoffauflauf einer Papiermaschine, die immer das gleiche Papier mit demselben Flächengewicht bei derselben Geschwindigkeit herstellt, ist das kein Problem. Hier kann der optimale Mischwinkel vor dem Bau des Stoffauflaufs ermittelt und fest eingebaut werden, wie das bei der Mischeinrichtung nach der Entgegenhaltung (E4) der Fall ist. Etwas anderes gilt, wenn mit einem Stoffauflauf Papiere mit unterschiedlichen Maschinengeschwindigkeiten hergestellt werden müssen. In diesem Fall ändern sich geschwindigkeitsbedingt die Druckverhältnisse in den Leitungen der Mischeinrichtungen, die bei der einen Geschwindigkeit noch eine Konstanz des Gemischvolumenstroms gewährleisten können, bei er anderen Geschwindigkeit aber nicht oder nur mit weiterem maschinellen Aufwand in der Lage sind, diese Bedingung zu erfüllen.
Die Erfinder haben nun erkannt, daß die aus der (E4) bekannte Mischeinrichtung bei wechselnden Betriebsparametern auch dann einen konstanten Gemischvolumenstrom gewährleisten kann, wenn der Mischwinkel () zwischen den Zuleitungen der Teilvolumenströme im Bereich 0¡ < < 90¡ wählbar ist. Steigt der Gemischvomumenstrom (c) bei steigendem Teilvolumenstrom (b), so wird ein größerer Mischwinkel () gewählt, fällt der Gemischvolumenstrom hingegen bei steigendem Teilvolumenstrom, so ist für einen konstanten Gemischvolumenstrom ein kleinerer Winkel zu wählen.
Die Wählbarkeit eines Mischwinkels setzt seine Veränderbarkeit an der fertig gebauten Mischeinrichtung voraus. Eine Mischeinrichtung mit veränderbarem Mischwinkel ist aber im aufgedeckten Stand der Technik ohne Vorbild. Gegenteiliges hat auch die Einsprechende nicht vorgetragen. Die Erfinder konnten deshalb bei ihrer Suche nach Lösungen aus den Entgegenhaltungen keine Anregung für den mit dem Hilfsantrag 4 beanspruchten Lösungsweg erhalten, sondern mußten eigenschöpferisch tätig werden in einem Maße, das fachübliches Handeln übersteigt.
Der Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 4 hat deshalb Bestand.
2) Die Ansprüche 2 bis 10 des Hilfsantrags 4 betreffen Ausgestaltungen der Mischeinrichtung nach Anspruch 1, die nicht platt selbstverständlich sind. Mit Anspruch 1 haben auch sie Bestand.
3) Auch bei dem Verfahren zum Mischen von zwei Volumenströmen nach dem Patentanspruch 11 des Hilfsantrags 4 muß der Winkel zwischen diesen Volumenströmen so gewählt werden (also veränderbar sein, denn andernfalls wäre er bei der Durchführung des Verfahrens nicht wählbar), daß sich ein konstanter Gesamtvolumenstrom ergibt. Da die Veränderbarkeit eines Mischwinkels beim Mischen, wie zur Mischeinrichtung ausgeführt, im aufgedeckten Stand der Technik ohne Vorbild ist, wird die Patentfähigkeit des Mischverfahrens von denselben Erwägungen getragen wie die der Mischeinrichtung nach dem Hilfsantrag 4.
Der Patentanspruch 11 des Hilfsantrags 4 hat daher ebenfalls Bestand.
E) Nachdem die Patentansprüche des Hilfsantrags 4 Bestand haben, ist über die Hilfsanträge 5 bis 7 nicht zu entscheiden.
Ch. Ulrich Hövelmann Richter Dr. Frowein ist beurlaubt und deshalb verhindert zu unterschreiben Ch. Ulrich Ihsenprö
BPatG:
Beschluss v. 28.07.2000
Az: 34 W (pat) 18/99
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