Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. Juli 2003
Aktenzeichen: 27 W (pat) 173/02
(BPatG: Beschluss v. 29.07.2003, Az.: 27 W (pat) 173/02)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 vom 18. Juni 2002 aufgehoben.
Gründe
I.
Das Wort Schwarzmarktsoll als Marke für die Waren "Schuhe, Bekleidung, Gürtel, Taschen; Textilbekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" eingetragen werden. Die Beschwerdeführerin, die zunächst in der Markenanmeldung den Waren die Angabe "Verkauf von..." vorangestellt, gleichzeitig aber (nur) die Warenklassen 18 und 25 benannt hatte, hat im Beschwerdeverfahren klargestellt, dass sie die Eintragung für die Waren begehrt.
Die Markenstelle für Klasse 25 hat die Anmeldung zurückgewiesen. Die angesprochenen Verkehrskreise sähen in dem Wort "Schwarzmarkt" einen beschreibenden Hinweis über die Vertriebsart der Waren, nämlich, dass diese auf einem illegalen Markt gehandelt würden. Der Marke fehle daher jegliche Unterscheidungskraft. Darüber hinaus bestehe auch Täuschungsgefahr, weil bei Kreisen, die sich bei illegal gehandelten Waren Preisvorteile erwarteten, die irrige Vorstellung hervorgerufen werde, es handele sich um Schwarzmarktprodukte. Des weiteren sei der werbende Hinweis auf illegale Geschäftspraktiken nicht mit den anständigen und redlichen Gepflogenheiten in Handel und Gewerbe zu vereinbaren.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie meint, die angesprochenen Verkehrskreise würden die Bezeichnung "Schwarzmarkt" nicht als Hinweis auf einen plakativ angekündigten illegalen Handel verstehen, sondern erkennen, dass "Schwarzmarkt" nicht wörtlich zu verstehen und nicht ernst gemeint sei. Der der Beurteilung zu Grunde zu legende verständige Verbraucher werde nicht erwarten, unter der Bezeichnung "Schwarzmarkt" illegale Waren zu finden; er werde mithin auch nicht getäuscht. Auch verstoße diese Bezeichnung nicht gegen die guten Sitten. Die Anmelderin nimmt insoweit auf die Entscheidung "Cosa Nostra" des Bundespatentgerichts Bezug (GRUR 1996, 408) und weist im übrigen darauf hin, dass die Marke "Schwarzmarkt" für andere Waren und Dienstleistungen bereits mehrfach eingetragen wurde.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet, denn der Eintragung der Marke "Schwarzmarkt" für die beanspruchten Waren stehen Hindernisse nicht entgegen (§ 8 Abs 2 Nrn 1, 4 und 5 MarkenG).
Die Bezeichnung "Schwarzmarkt" stellt als Kennzeichnung für die beanspruchten Waren weder eine beschreibende noch eine täuschende oder sittenwidrige Angabe dar. Bei der Beurteilung, wie ein Verbraucher eine Marke versteht, ist auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren abzustellen (EuGH MarkenR 1999, 236, 239 - Lloyd). Ein solcher Verbraucher wird die markenmäßige Kennzeichnung mit der Marke "Schwarzmarkt" nicht als Hinweis darauf verstehen, dass die betreffenden Waren von einem illegalen Schwarzmarkt stammen; er wird vielmehr erkennen, dass es sich insoweit nicht um eine ernst gemeinte Sachangabe handelt. Denn es entspricht nicht den Gepflogenheiten der Anbieter illegaler Waren, auf diese illegale Herkunft ihrer Produkte ausdrücklich durch eine markenmäßige Kennzeichnung hinzuweisen. Piraterieerzeugnisse zeichnen sich vielmehr dadurch aus, dass die Vorlagen einschließlich der Marke möglichst imitiert werden; auch bei Hehlerware wird regelmäßig die Kennzeichnung nicht durch einen Hinweis auf die Illegalität des Angebots ersetzt. Dementsprechend erwartet der Verkehr nicht, unter der Bezeichnung "Schwarzmarkt" tatsächlich illegale Waren zu finden.
Nachdem also der Marke "Schwarzmarkt" kein für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und es sich bei diesem Begriff auch nicht um ein Wort handelt, das stets nur als solches verstanden wird, gibt es keinen Anhaltspunkt für die Annahme fehlender Unterscheidungskraft. Da der Verkehr die Kennzeichnung mit der Marke "Schwarzmarkt" nicht als ernsthaften Sachhinweis ansehen wird, bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass er durch die Tatsache, dass es sich um legale Waren handelt, getäuscht werden könnte (wobei dahin stehen mag, inwieweit überhaupt ein Interesse des Verkehrs schutzwürdig wäre, unter der Bezeichnung "Schwarzmarkt" nur illegale und nicht legale Waren vorzufinden). Da ersichtlich "Schwarzmarkt" nicht ernst gemeint ist, verstößt diese Marke auch nicht gegen die guten Sitten.
Nach alledem war der angefochtene Beschluss aufzuheben.
Dr. Schermer Dr. van Raden Friehe-Wich Pü
BPatG:
Beschluss v. 29.07.2003
Az: 27 W (pat) 173/02
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