Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Juli 2006
Aktenzeichen: 7 W (pat) 312/03

(BPatG: Beschluss v. 05.07.2006, Az.: 7 W (pat) 312/03)

Tenor

Das Patent wird beschränkt aufrechterhalten in der erteilten Fassung, unter Ersetzung des Patentanspruchs 1 durch den am 5. Juli 2006 überreichten Patentanspruch 1.

Gründe

I.

Gegen das Patent 101 25 250 mit der Bezeichnung Axialturbine eines Abgasturboladers mit internem Berstschutz, dessen Erteilung am 12. September 2002 veröffentlicht worden ist, hat die A... in B... in C...

am 11. Dezember 2002 Einspruch erhoben.

Sie macht geltend, dass der Gegenstand des Streitpatents gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig sei.

Die Einsprechende verweist dabei auf folgende Druckschrift:

E1: RIPPL, A.: Theoretical and experimental investigations for a new turbocharger generation, in: The MotorShip - The Marine Technology Magazine: marine Propulsion 2001, Volume 2, London, UK, 22./23. März 2001, Seiten 193-202.

Nach Ablauf der Einspruchsfrist nennt die Einsprechende noch folgende Druckschrift:

E2: US 6 049 523 Die Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent aufrechtzuerhalten in der erteilten Fassung unter Ersetzung des Patentanspruchs 1 durch den am 5. Juli 2006 überreichten Patentanspruch 1.

Der geltende Patentanspruch 1 hat folgende Fassung:

Axialturbine eines Abgasturboladersmit einem aus einem Turbinenzuströmgehäuse mit einer gasaustrittseitigen Wand und einem Turbinenabströmgehäuse mit einer gaseintrittseitigen Wand ausgebildeten Turbinengehäuse, in diesem eine von einer Welle getragene Turbinenscheibe mit Laufschaufeln angeordnet ist, bei der die Turbinenscheibe nach außen von einem Abgasdiffusor unter Ausbildung eines Strömungskanals begrenzt ist und bei der im Turbinengehäuse im axialen Bereich der Turbinenscheibe ein Berstschutz vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Berstschutz aufweist:

dass die Außenwand (10) des Abgasdiffusors (9) im axialen Bereich der Turbinenscheibe (7) in radialer Richtung mit einer Außen- (11) und einer Innenkontur (12) ausgeführt ist undzwischen der Außen- (11) und Innenkontur (12) eine ringförmige Stützwandung (13) vorgesehen ist, wobei die Außenkontur (11) in Form eines ringförmigen Verlängerungsstücks ausgeführt ist, das über den axialen Bereich der Turbinenscheibe (7) gezogen ausgestaltet ist, dass ein zwischen Stützwandung (13) und Innenkontur (12) des Abgasdiffusors (9) angeordneter Abdeckring für die Turbinenscheibe (7) und Laufschaufeln (8) vorgesehen ist, unddass Turbinenzuström- (2) und Turbinenabströmgehäuse (4) derart miteinander verbunden sind, dass die gaseintrittseitige Wand (5) des Turbinenabströmgehäuses (4) in radialer Richtung über der Mittelebene (23) der Turbinenscheibe steht, unddass der Abdeckring sich an der Stützwandung (13) abstützend am Abgasdiffusor (9) fixiert ist.

Die geltenden Patentansprüche 2 bis 6 sind auf die weitere Ausgestaltung der Axialturbine nach dem geltenden Patentanspruch 1 gerichtet.

Es ist nach Abs. [0008] der Streitpatentschrift Aufgabe der Erfindung, eine Axialturbine mit einfachen und kostengünstigen Mitteln so weiterzubilden, dass das Austreten von Bruchstücken einer geborstenen Turbinenscheibe oder eines geborstenen Laufrades aus dem Turbinengehäuse auch bei extrem hohen Umfangsgeschwindigkeiten verhindert werden kann, ohne einen zusätzlichen Berstschutz außerhalb des Turbinengehäuses vorsehen zu müssen.

II.

1. Über den Einspruch ist gemäß § 147 Abs. 3 Satz 1 Ziff. 1 PatG durch den Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zu entscheiden.

2. Der frist- und formgerecht erhobene Einspruch ist zulässig. Er ist auch begründet, da er zu einer Einschränkung des Schutzbereichs des erteilten Patents führt.

3. Der Gegenstand des angefochtenen Patents stellt in der geltenden Fassung der Patentansprüche eine patentfähige Erfindung im Sinne des Patentgesetzes § 1 bis § 5 dar.

Der zuständige Fachmann ist hier ein Diplom-Ingenieur mit langjähriger Erfahrung bei der Entwicklung von Strömungsmaschinen, insbesondere Turboladern für Verbrennungskraftmaschinen.

Die geltenden Patentansprüche sind zulässig. Die im Patentanspruch 1 genannten Merkmale sind im Patentanspruch 2, in der Figur sowie in den Abs. [0011] bis [0014] sowie [0021] der Streitpatentschrift offenbart. Die Merkmale der Patentansprüche 2 bis 6 entsprechen denen der erteilten Patentansprüche 2 bis 6.

Die Axialturbine nach Patentanspruch 1 ist neu. Keine der im Einspruchsverfahren genannten Entgegenhaltungen offenbart eine Axialturbine mit sämtlichen im geltenden Patentanspruch 1 genannten Merkmalen. Soweit in diesen Druckschriften eine Axialturbine mit einem Abdeckring für eine Turbinenscheibe und Laufschaufeln überhaupt beschrieben ist (US 6 059 523 = E2), erfolgt eine abstützende Fixierung desselben nur an einem inneren Ring (Bezugszeichen 81, Fig. 1), der in radialer Richtung nachgiebig an einem Gehäuse angeordnet ist. Eine Ausbildung des Abdeckringes als Teil eines Berstschutzes mit einer abstützenden Fixierung des Abdeckringes an einer Stützwandung des Abgasdiffusors, welche Stützwandung radial zwischen einer Außen- und einer Innenkontur der Abgasdiffusor-Außenwand vorgesehen ist, wie es im Wortlaut des geltenden Patentanspruchs 1 zum Ausdruck kommt, ist jedoch nicht offenbart.

Die Axialturbine nach dem geltenden Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der E1 (S. 195, Fig. 1 i. V. m. S. 196, 4. Aufzählungspunkt) entnimmt der Fachmann eine Vorrichtung mit den im Oberbegriff des geltenden Patentanspruchs 1 genannten Merkmalen. Wie der Berstschutz ausgebildet ist, wird in der E1 nicht näher erläutert.

Die Fig. 1 zeigt zwar keine Abdeckung der Turbinenscheibe und der Laufschaufeln in radialer Richtung, jedoch erkennt der Fachmann ohne weiteres, dass in dem betreffenden Bereich der Abgaskanal geschlossen werden muss, um die Funktion des Abgasturboladers sicherzustellen. Damit liest er eine in diesem Bereich notwendige Abdeckung, die zweckgemäß ringförmig auszubilden ist, mit. Diese Abdeckung als Teil des Berstschutzes zu gestalten und sie dazu an einer Stützwand abstützend zu fixieren, welche am Abgasdiffusor zwischen einer Außen- und Innenkontur des Diffusors angeordnet ist, wie es im kennzeichnenden Teil des Patentanspruchs 1 angegeben wird, erschließt sich dem Fachmann aus der E1 jedoch nicht. Dort wird der Berstschutz ohne Bezug auf andere Teile, insbesondere nicht im Zusammenhang mit einem Abdeckring angesprochen.

Darüber hinaus ist der E1 auch kein Hinweis darauf zu entnehmen, einen dreistufigen Berstschutz bei einem Abgasturbolader vorzusehen, wie es durch den geltenden Patentanspruch 1 implizit, in der Beschreibung des Streitpatents (Sp. 2, Abs. [0010] - [0014]) jedoch wörtlich zum Ausdruck kommt. Selbst wenn der Fig. 1 der E1 noch entnommen werden kann, dass Turbinenzuström- und Turbinenabströmgehäuse derart miteinander verbunden sind, dass die gaseintrittseitige Wand des Turbinenabströmgehäuses in radialer Richtung über der Mittelebene der Turbinenscheibe steht, und zwischen der Außen- und Innenkontur eine ringförmige Stützwandung vorgesehen ist, wobei die Außenkontur in Form eines ringförmigen Verlängerungsstücks ausgeführt ist, das über den axialen Bereich der Turbinenscheibe gezogen ausgestaltet ist, so könnte dadurch erst ein zweistufiger Berstschutz in die Figur hineingelesen werden. Eine Anregung zu einer dritten Stufe geht daraus jedoch nicht hervor, schon gar nicht zu einem Berstschutz in Form eines Abdeckrings mit den oben genannten Merkmalen.

Zwar zeigt die US 6 059 523 A (= E2) einen mehrteiligen Berstschutz einer Turbine mit der bei der Erörterung der Neuheit bereits beschriebenen Ausgestaltung. Ein Hinweis in Richtung auf den Streitpatentgegenstand geht damit von der E2 jedoch nicht aus.

Die in den Kennzeichenteilen der Unteransprüche 2 bis 6 genannten Maßnahmen dienen der vorteilhaften Weiterbildung des Gegenstandes des geltenden Patentanspruchs 1.

Bei dieser Sachlage war das Patent aufrechtzuerhalten.






BPatG:
Beschluss v. 05.07.2006
Az: 7 W (pat) 312/03


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