Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 20. März 2006
Aktenzeichen: 13 E 181/06
(OVG Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 20.03.2006, Az.: 13 E 181/06)
Tenor
Die Beschwerde der
...
- Beschwerdeführerin -
Prozessbevollmächtigte: ...
gegen den ihre Beiladung ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 4. Januar 2006 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
Sie ist bereits nicht statthaft. Gemäß § 137 Abs. 3 Satz 1 TKG, der als Spezialregelung die insoweit entgegen stehende allgemeine Regelung des § 146 Abs. 1 VwGO ausschließt, ist im Falle des § 132 u. a. die Beschwerde gegen eine andere Entscheidung des Verwaltungsgerichts ausgeschlossen. Diese Voraussetzungen sind gegeben. Das Ausgangsverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG betrifft im Kern einen Streit wegen einer Beschlusskammerentscheidung über ein genehmigungspflichtiges vereinbartes Entgelt (§§ 132 Abs. 1, 30 ff - Teil 2 - TKG). Der Fall der Beiladungsantragsstellung nach § 65 VwGO ist schon dem Wortlaut nach kein "Fall des § 132". Mit dem angefochtenen Beiladungs-Ablehnungsbeschluss liegt eine andere Entscheidung als ein Urteil vor.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin liegt ein "Fall des § 132" nicht nur dann vor, wenn der Beschwerdeführer die Beschlusskammerentscheidung nach § 132 TKG als Beteiligter des Ausgangsverfahrens selbst angreift. Denn die Formulierung "im Falle des § 132" ist klar und eindeutig in dem Sinne, dass generell jegliches auf eine der in § 132 TKG bezeichneten Beschlusskammerentscheidungen zurück gehendes Ausgangsverfahren unabhängig von der prozessrechtlichen Position eines von der Beschlusskammerentscheidung Betroffenen gemeint ist. Auch die Nebenentscheidung über die - gerichtliche - Beiladung zum Verfahren nach § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG geht auf eine solche Beschlusskammerentscheidung zurück.
Gegen einen Rechtsmittelausschluss nur für einen Beschwerdeführer, der sich gegen die umstrittene Beschlusskammerentscheidung selbst wendet, spricht das vom Gesetzgeber mit § 137 TKG verfolgte Ziel der Beschleunigung des telekommunikationsrechtlichen Verwaltungsrechtsstreits. Angesichts dieses Ziels ist kein Grund dafür ersichtlich, weshalb der Gesetzgeber einer betroffenen Partei, die die Beschlusskammerentscheidung vor dem Verwaltungsgericht angreifen will, die Berufungs- und Beschwerdeinstanz gegen eine gerichtliche Sachentscheidung und zugehörige Nebenentscheidung nehmen, hingegen einem die Beschlusskammerentscheidung akzeptierenden Betroffenen und am Ausgangsverfahren zudem nicht beteiligten Dritten die Berufungs- und Beschwerdeinstanz eröffnen, ihn also hinsichtlich des Instanzenzugs begünstigen sollte. Vielmehr drängt sich die gesetzgeberische Vorstellung auf, den Letzteren am "prozessualen Schicksal" des Ersteren teilhaben zu lassen. Zudem führt die Zulassung einer Beschwerde eines die Beschlusskammerentscheidung nicht selbst angreifenden Dritten, wie das vorliegende Verfahren zeigt, sehr wohl dem o. a. Gesetzesziel zuwider zu einer Verzögerung der Sachentscheidung im Ausgangsverfahren.
Für die von der Beschwerdeführerin vertretene Ansicht streitet auch nicht § 137 Abs. 3 Satz 2 TKG. Die dort enumerativ aufgeführten Ausnahmen vom Beschwerdeausschluss sind eng auszulegen und bieten keine Grundlage für die Zulassung weiterer Ausnahmetatbestände. Richtig ist zwar, dass in den aufgeführten Ausnahmefällen ein Befassen des Rechtsmittelgerichts mit Fragen zur Sachentscheidung nicht zu erwarten ist. Das erlaubt aber nicht den Schluss, der Gesetzgeber habe eine Beschleunigung nur hinsichtlich der Sachentscheidungsfragen gewollt oder, anders betrachtet, einen Beschleunigungseffekt nur durch Nichtzugang des Rechtsmittelgerichts zu Sachentscheidungsfragen erwartet. Vielmehr hat er erkennbar aus anderen Erwägungen als dem Beschleunigungsbestreben die Ausnahmen des § 137 Abs. 3 Satz 2 TKG getroffen, ohne dadurch den generellen Rechtsmittelausschluss aufzugeben.
Im Übrigen trüge die Vorstellung der Beschwerdeführerin von einer Ausnahme vom Rechtsmittelausschluss im Fall der Nichtbefassung des Rechtsmittelgerichts mit Fragen zur Sachentscheidung vorliegend nicht. Im Falle einer Beschwerde gegen die Beiladungsablehnung hätte sich der Senat dem Rechtsverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin als Leistungsnachfragerin und der Antragstellerin als reguliertem Unternehmen zuzuwenden und u. a. mit der Frage zu befassen, ob durch eine Zahlungsanordnung nach § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG überhaupt eine Beeinträchtigung der Rechte der Beschwerdeführerin aus diesem Rechtsverhältnis in Betracht kommt, ob etwa ein höheres Entgelt als das von der Antragsgegnerin zuerkannte von vornherein ausscheidet. Schon das beträfe Fragen der Sachentscheidung des Ausgangsverfahrens.
Ferner ist die von der Beschwerdeführerin vertretene Interpretation, der Rechtsmittelausschluss des § 137 Abs. 3 Satz 1 TKG gelte nicht für einen die Beschlusskammerentscheidung als Betroffener akzeptierenden, am Ausgangsverfahren nicht beteiligten Dritten, nicht aus Verfassungsgründen geboten.
Insoweit geht die Beschwerdeführerin davon aus, dass sie durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nach § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG materiell betroffen sein und ihr bei Nichtbeteiligung am Verfahren nach § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG diesbezüglich das Gehörsrecht verweigert werde sowie ohne eine Beschwerdemöglichkeit gegen die Beiladungsablehnung der Justizgewährungsanspruch abgeschnitten sei. Dieser Ausgangspunkt trifft nicht zu. Durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nach § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG wird die Beschwerdeführerin nicht materiellrechtlich berührt. Denn ob eine Rückwirkung einer Genehmigung eines höheren Entgelts einsetzt und die Beschwerdeführerin - wenn sie nicht auf eine einstweilige Anordnung des Verwaltungsgerichts und ggf. vorläufige höhere Entgeltgenehmigung der Bundesnetzagentur sogleich auf jede Leistung des regulierten Unternehmens vorläufig das höhere Entgelt zahlt - zu einer Nachzahlung verpflichtet sein wird, hängt entscheidend vom rechtskräftigen Ausgang der Verpflichtungsklage des regulierten Unternehmens gegen die Bundesnetzagentur auf Genehmigung eines höheren als des bislang genehmigten Entgelts ab (§ 35 Abs. 5 Satz 3 TKG). Erst diese Hauptsacheentscheidung könnte Rechte der Beschwerdeführerin in der Weise tangieren, dass sie als Leistungsnachfragerin eine Nachzahlung auf ein von Anfang an berechtigtes höheres Entgelt nicht verweigern könnte.
Vgl. hierzu die Begründung zu § 33 TKG-E, BT-Drucks. 15/2316, S.70, wonach für den Fall, dass das Gericht eine solche Anordnung getroffen hat und im Hauptsacheverfahren die RegTP zur Genehmigung höherer Entgelte verpflichtet wird, diese rückwirkend zu zahlen sind.
Zwar mag eine Anordnung des Verwaltungsgerichts nach § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG u. U. dazu führen, dass der Leistungsnachfrager auf jede Leistung des regulierten Unternehmens sogleich ein vorläufiges höheres Entgelt zu zahlen hat. Diesen Mehrbetrag kann er aber in seinen Preis einkalkulieren und an seine Kunden weiterreichen. Soweit er mit seinem dann höher bepreisten Produkt am Markt weniger erfolgreich sein sollte, ist das Folge des Wettbewerbs, vor dem er grundsätzlich nicht geschützt ist und der bei einem überwiegend wahrscheinlich gerechtfertigten höheren Entgelt summarisch betrachtet nicht zu seinen Lasten verzerrt ist. Hierin liegt lediglich eine tatsächliche Belastung, aber noch keine rechtliche. Hat das regulierte Unternehmen nach einer einstweiligen Anordnung des Verwaltungsgerichts auch im zugehörigen Hauptsacheverfahren Erfolg, sind die Folgen der vorläufigen Anordnung für den Leistungsnachfrager gerechtfertigt, im umgekehrten Fall erhält er den Differenzbetrag zurück.
Im Übrigen ist eine Anordnung des Verwaltungsgerichts nach § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG nicht als Rechtseinschränkung des Leistungsnachfragers zu werten. Dieser hat sich auf das vereinbarte Entgelt eingelassen, wäre nach zivilrechtlichen Grundsätzen an die vertragliche Entgeltvereinbarung gebunden und kann den Betrag in seine eigene Preiskalkulation einstellen. Das Verfahren nach § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG dient ersichtlich der Lösung des Konflikts, dass bei auf Grund rechtskräftiger Gerichtsentscheidung feststehendem höherem Entgelt als zunächst genehmigt einerseits dem auf die Endgültigkeit des zunächst genehmigten Betrags vertrauenden Leistungsnachfrager eine Entgeltnachzahlung ohne deren Weitergabe an seine Abnehmer regelmäßig unzumutbar oder gar unmöglich ist, andererseits für das regulierte Unternehmen die berechtigte Nachforderung für bereits erbrachte Leistungen gegen den Leistungsnachfrager möglicherweise nicht mehr realisierbar ist. Ein Recht des Leistungsnachfragers, diese Konfliktlösung auf dem prozessualen Weg einer Beiladung zum Verfahren nach § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG abzuwenden, besteht nicht. Nach nur teilweiser Entgeltgenehmigung ist regelmäßig ein Antrag des regulierten Unternehmens auf eine Anordnung nach § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG zu erwarten. Für den Leistungsnachfrager besteht dabei lediglich die nicht zu einer Rechtsposition verdichtete Hoffnung, dass nach einer Anordnung des Gerichts ein endgültig höheres Entgelt und ggf. eine Nachzahlungsverpflichtung im Hauptsacheverfahren nicht bestätigt wird.
Es kann offen bleiben, ob die Anordnung des Verwaltungsgerichts nach § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG eine unmittelbare Zahlungsverpflichtung des Leistungsnachfragers oder eine Verpflichtung der Regulierungsbehörde zur Genehmigung eines höheren Entgelts beinhalten muss und ob das Gehörsrecht auch einem am Verfahren nicht beteiligten Dritten zusteht. Jedenfalls könnte ein Recht eines Dritten als Leistungsnachfrager, eine verwaltungsgerichtliche Anordnung nach § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG durch eigenen Vortrag aus der Position eines Beigeladenen in diesem Verfahren zu vereiteln, nur dann zuerkannt werden, wenn ein materielles Recht gerichtet auf endgültige Zahlung eines genehmigten niedrigeren als vereinbarten Entgelts und Verschonung von späterer Nachzahlung, bereits durch die Anordnung des Verwaltungsgerichts gestaltet würde. Das ist nach den obigen Ausführungen jedoch nicht der Fall.
Im Übrigen bedarf die Beschwerdeführerin als Leistungsnachfragerin und Externe des Verfahrens nach § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG zur Abwehr einer evtl. Nachzahlungspflicht nicht des rechtlichen Gehörs bereits in diesem Verfahren. Es reicht insoweit aus, wenn sie im Verfahren zur Hauptsache als Beigeladene vortragen kann, um dort der für eine evtl. Nachzahlungspflicht allein entscheidenden Verpflichtung der Regulierungsbehörde zu einer höheren Entgeltgenehmigung entgegenzuwirken. Ein Recht besteht für den Leistungsnachfrager insoweit nur dahin, von einem ungerechtfertigten Entgelt verschont zu bleiben und allenfalls nicht unvorbereitet mit einer gerechtfertigten Nachforderung überzogen zu werden. Dazu bedarf es seiner Beiladung im Verfahren nach § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG nicht, so dass es zur Durchsetzung eines auf eine eventuelle Nachforderung bezogenen Gehörsrechts auch nicht der Zulassung der Beschwerde gegen den die Beiladung ablehnenden Beschluss bedarf. Folglich ist diesbezüglich auch ein Justizgewährungsanspruch nicht zuzuerkennen.
Die Beschwerde ist auch nicht als sog. außerordentliche Beschwerde zulässig.
Eine solche ist gesetzlich nicht vorgesehen und - sollte für sie nach Einführung des § 152a VwGO überhaupt noch Raum sein - auch vorliegend nicht erforderlich. Denn eine greifbare Gesetzwidrigkeit oder Gehörsverletzung durch Ablehnung der beantragten Beiladung der Beschwerdeführerin zum Verfahren nach § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG durch den angefochtenen Beschluss ist nicht feststellbar. Ausgehend von den obigen Ausführungen stellt sich die Ablehnung einer notwendigen Beiladung durch das Verwaltungsgericht als jedenfalls nicht greifbar fehlerhaft dar. Die Ermessensentscheidung des Verwaltungsgerichts gegen eine einfache Beiladung der Beschwerdeführerin ist jedenfalls akzeptabel, auch wenn die Beschwerdeführerin über besondere Sachkenntnisse zur Rechtfertigung des umstrittenen Entgelts verfügen sollte. Dafür, dass das Verwaltungsgericht diesen Gesichtspunkt nicht in seine Erwägungen einbezogen haben und insoweit im Beiladungsverfahren eine Gehörsverletzung zu Lasten der Beschwerdeführerin erfolgt sein könnte, liegen keine Anhaltspunkte vor.
Auf die übrigen in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen kommt es für die Frage der Statthaftigkeit der Beschwerde nicht an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Beschwerde ist nach Nr. 5502 Anlage 1 zum GKG festgebührenpflichtig.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
OVG Nordrhein-Westfalen:
Beschluss v. 20.03.2006
Az: 13 E 181/06
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