Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. November 2000
Aktenzeichen: 26 W (pat) 167/99
(BPatG: Beschluss v. 08.11.2000, Az.: 26 W (pat) 167/99)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Juni 1999 aufgehoben.
Gründe
I.
Die Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die für die Waren und Dienstleistungen
"Baumaterial aus Metall; Gußteile aus Metall; Waren aus Metall, nämlich gußeiserne Heizflächen für Warmwasser-Heizungssysteme; Heizungsanlagen; Haus- oder Raumheizungssysteme; Decken-, Wand- oder Fußbodenheizungsanordnungen; Bau und Reparatur von Heizungsanlagen"
angemeldete Wortmarke
"Guss Klima - System"
zurückgewiesen, weil ihr die erforderliche Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, die aus den allgemein verständlichen und gebräuchlichen Begriffen "Guss" und "Klima - System" zusammengesetzte Bezeichnung stelle sich für den angesprochenen Verkehr als waren- und dienstleistungsbeschreibende Angabe i.S.v. "Klimasystem aus Guss bzw. bestehend aus gegossenen Teilen" dar, ohne dass es für dieses Verständnis einer analysierenden Betrachtungsweise bedürfe. Es handele sich bei der als Marke angemeldeten Bezeichnung damit nur um eine Beschaffenheitsangabe bzw. - was die beanspruchten Teile oder Dienstleistungen betreffe - um eine Bestimmungsangabe. Da sich die angemeldete Bezeichnung in bloßen Sachangaben erschöpfe und keinen darüber hinausgehenden phantasievollen Gesamteindruck aufweise, sei sie als Angabe über die betriebliche Herkunft der Waren und Dienstleistungen ungeeignet.
Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, bei der angemeldeten Marke handele es sich um die Abwandlung einer beschreibenden Angabe, deren Benutzung durch Mitbewerber nicht feststellbar sei. An von beschreibenden Angaben abgewandelten Bezeichnungen bestehe kein Freihaltungsbedürfnis. Nach den deutschen Sprach- und Rechtschreibregeln sei auch die von der Markenstelle vorgenommene Unterteilung der angemeldeten Gesamtmarke in die Bestandteile "Guss" und "Klima - System" nicht zulässig. Die Markenstelle habe es versäumt nachzuweisen, weshalb der näherliegenden Bezeichnung "Guss Klima" keine Unterscheidungskraft zukomme. Versäumt habe es die Markenstelle auch zu begründen, inwieweit die angemeldete Marke zur Bezeichnung der beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 37 dienen könne. Diese Begründungsmängel rechtfertigten die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.
Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben sowie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin erweist sich als begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke in das Markenregister stehen die Schutzhindernisse des § 8 MarkenG nicht entgegen.
Die angemeldete Marke besteht nicht ausschließlich aus Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung u.a. der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).
Nach der genannten Bestimmung sind nur solche Bezeichnungen vom Schutz ausgeschlossen, die eine konkret warenbezogene beschreibende Sachaussage enthalten, die auf eine bestimmte für den Verkehr bedeutsame Eigenschaft der Ware selbst Bezug nimmt (BGH GRUR 1998, 465, 467 - BONUS). Maßgeblich für die Prüfung ist dabei die Marke in ihrer Gesamtheit, weil selbst die Verbindung von Markenbestandteilen eintragungsfähig sein kann, die für sich gesehen alle schutzunfähig sind. Eine zergliedernde analytische Betrachtungsweise ist unzulässig (BGH GRUR 1996, 771, 772 - THE HOME DEPOT). Ist die Wortfolge nicht eindeutig und regt sie erst zum Nachdenken an, besteht kein Freihaltungsbedürfnis (BPatG GRUR 1997, 532 - Du darfst).
Übertragen auf die angemeldete Marke bedeutet dies, dass es entgegen der Auffassung der Markenstelle nicht entscheidend darauf ankommt, dass die einzelnen Wörter, aus denen die Wortfolge "Guss Klima - System" gebildet ist, für sich gesehen im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibende Inhalte aufweisen. Vielmehr ist lediglich maßgeblich, ob diese Wortfolge insgesamt zur konkreten und eindeutigen Beschreibung geeignet erscheint. Dies ist nach Ansicht des Senats nicht der Fall. Es bedarf nämlich einiger gedanklicher Schritte, um der angemeldeten Marke den von der Markenstelle angenommenen beschreibenden Begriffsinhalt entnehmen zu können.
Bereits der Bezeichnung "Klima - System" ist nicht eindeutig zu entnehmen, welche Maßnahmen bzw. Bestandteile ein solches System ausmachen sollen. Aber selbst dann, wenn die Bezeichnung "Klima - System" als solche vom Verkehr noch relativ schnell als warenbeschreibend erkannt werden sollte, stellt sich für die angesprochenen Verkehrskreise die weitere Frage, welche Bedeutung in diesem Zusammenhang dem Wort "Guss" zukommen soll, da dieses - sowohl in seiner Ursprungsbedeutung als auch in seinem übertragenen Sinne - zusammen mit der weiteren Bezeichnung "Klima - System" mehrere Verständnismöglichkeiten aufweist. Unklar ist nämlich, ob es sich bei "Guss" um eine Angabe über das Material der Ware handeln soll, ob es sich um ein System handelt, das mittels Wassergüssen für Klimatisierung sorgt, oder ob sich hinter der angemeldeten Bezeichnung - im übertragenen Sinne - ein Klimasystem "aus einem Guss" verbirgt. Eine eindeutige Bezeichnung einer aus einer Vielzahl zueinander passender und miteinander sinnvoll kombinierbarer Einzelteile bestehenden Heiz- und Klimaanlage, die aus Metallguss hergestellt ist, ist in der angemeldeten Bezeichnung daher nicht zu sehen. Angaben, die erst durch gedankliche Operationen einer eindeutigen Bedeutung zugeführt werden können, sind als beschreibende Angaben nicht geeignet und werden erfahrungsgemäß von den Mitbewerbern auch nicht zur Beschreibung von Waren- und Dienstleistungsmerkmalen benötigt.
Der angemeldeten Marke fehlt auch nicht jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Bei der Prüfung der Unterscheidungskraft ist von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um des Schutzhindernis zu überwinden (vgl. Begründung zum Entwurf des Markenrechtsreformgesetzes, BlPMZ 1994 Sonderheft S 64). Kann einer Wortmarke kein für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer beschreibenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass einem als Marke verwendeten Wortzeichen jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH MarkenR 1999, 195, 197 - PREMIERE II).
Die Bezeichnung "Guss Klima - System" weist, wie zu § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dargelegt wurde, in Bezug auf die von der Anmelderin beanspruchten Waren und Dienstleistungen keinen konkreten, eindeutig beschreibenden Begriffsinhalt auf. Darüber hinaus fehlen auch sonstige tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die angemeldete Bezeichnung bei einer Verwendung nach Art einer Marke nicht als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden werden könnte. Eine beschreibende Verwendung durch Mitbewerber oder allgemein in der Werbung konnte weder von der Markenstelle noch vom Senat festgestellt werden. In Ermangelung solcher konkreter Umstände, die für die angesprochenen Verkehrskreise in rechtserheblichem Umfang dazu Anlass geben könnten, hierin keinen betrieblichen Herkunftshinweis mehr zu sehen, scheidet eine Zurückweisung wegen fehlender Unterscheidungskraft aus.
Auch für das Vorliegen eines der weiteren, in § 8 MarkenG aufgeführten Schutzhindernisse fehlt es an tatsächlichen Anhaltspunkten.
Für die von der Anmelderin beantragte Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 71 Abs. 3 MarkenG hat der Senat keinen Anlass gesehen. Die Rückzahlung einer zu einer rechtswirksam erhobenen Beschwerde entrichteten und somit verfallenen Beschwerdegebühr kommt nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn es auf Grund der besonderen Umstände unbillig wäre, die Beschwerdegebühr einzubehalten (vgl zB BPatGE 26, 17, 22). Solche besonderen Umstände liegen im vorliegenden Verfahren nicht vor. Insbesondere ist der Beschluss der Markenstelle mit Gründen versehen gewesen, die sich - wenn dies auch nicht so klar zum Ausdruck gekommen sein mag - auf alle von der Anmelderin beanspruchten Waren und Dienstleistungen beziehen sollten. Wenn auch der angegriffene Beschluss im Beschwerdeverfahren keinen Bestand hat, so sind die für die Zurückweisung der Anmeldung von der Markenstelle aufgeführten Gründe doch nicht als völlig unvertretbar oder gar abwegig zu bezeichnen, da die angemeldete Marke doch warenbeschreibende Anklänge aufweist.
Schülke Kraft Rekerprö
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Beschluss v. 08.11.2000
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