Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Januar 2008
Aktenzeichen: 33 W (pat) 22/06

(BPatG: Beschluss v. 22.01.2008, Az.: 33 W (pat) 22/06)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die Eintragung der Wortmarke 398 45 319 FORMICA fürchemische Erzeugnisse für die Wasser- und Abwasserbehandlung; chemische Erzeugnisse für den Umweltschutz; technische Beratung für die vorgenannten Erzeugnisseist Widerspruch erhoben worden aus der Wortmarke 884 517 FORMICA fürgezogene, gegossene und stranggepresste Platten, Profile, Beschläge und Rohre aus unedlen Metallen, Legierungen davon, Kunststoff oder Metall-Kunststoffverbundmaterial, teilweise bearbeitete unedle Metalle und deren Legierungen zur Verwendung für sich oder in Verbindung mit Kunststoff zur Weiterverarbeitung sowie in der Bau- und Möbelindustrie und für Dekorationszwecke; Kunstharze und synthetische Harze, Kunststoffe im Rohzustand; Kunststoffe in Form von Halbfabrikaten; Isoliermittel; Waren aus Kunststoffen, soweit in Klassen 17, 19, 20 enthalten, Möbel und Teile von Möbeln, die aus oder mit Kunststoff hergestellte Teile enthalten; nichtmetallische Baumaterialien und Konstruktionsteile von transportablen Häusern, auch in Verbindung oder beschichtet mit Kunststoffund der Gemeinschaftsmarke (Wortmarke) 132 696 FORMICA für Klasse 17: dekorative Kunststofflaminate und festes Oberflächenmaterial in Form von Platten, vorwiegend aus Kunststoff, zur Verwendung bei der Herstellung von Tresenoberflächen, Frisiertischoberflächen, Tischoberflächen, Spülbecken, Badewannen, Wandpaneelen, Fußböden und Möbeln;

Klasse 19: Baumaterial, nämlich Kunststofflaminate in Folienform und festes Oberflächenmaterial, vorwiegend aus Kunststoff, in Form von Platten und konkav geformten Teilen zur Verwendung im Bauwesen;

Klasse 20: Kunststofflaminat, verkauft als Hauptkomponente von Möbeln.

Mit Beschlüssen vom 26. September 2003 und vom 27. April 2005, letzterer im Erinnerungsverfahren, hat die Markenstelle für Klasse 1 des Deutschen Patent- und Markenamts die Widersprüche zurückgewiesen. Die Widersprüche seien unbegründet. Dies gelte für die Widerspruchsmarke 884 517 schon deshalb, weil die Widersprechende auf die zulässige Nichtbenutzungseinrede der Markeninhaberin die rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke nicht glaubhaft gemacht habe. Die Glaubhaftmachung der Benutzung scheitere schon daran, dass die in der vorgelegten eidesstattlichen Erklärung versicherten Umsatzzahlen nicht nach einzelnen Produkten differenziert worden seien. Es sei nicht nachvollziehbar, ob und in welcher Höhe Umsätze für die einzelnen Waren erzielt worden seien. Die Umsätze müssten aber konkret aufgeschlüsselt werden, da eine Marke für die Waren benutzt werden müsse, für die sie eingetragen sei.

Hinsichtlich der weiteren Widerspruchsmarke, der Gemeinschaftsmarke 132 696, liege keine Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren und Dienstleistungen vor. Zwischen den Waren "chemische Erzeugnisse für die Wasser- und Abwasserbehandlung" der angegriffenen Marke und den Waren der Widerspruchsmarke seien weder nach der stofflichen Zusammensetzung, dem Anwendungszweck noch nach der betrieblichen Herkunft Übereinstimmungen festzustellen. Ebenso wiesen die für die angegriffene Marke eingetragenen Waren "chemische Erzeugnisse für den Umweltschutz" gegenüber den Waren der Widerspruchsmarke einen deutlich unterschiedlichen Zweck auf. Die Waren der angegriffenen Marke dienten dem Umweltschutz, während die Widerspruchswaren Bau- und Innenausstattungszwecken dienten. Demgegenüber könnten stoffliche Übereinstimmungen, z. B. Kunststoff, keine Ähnlichkeit begründen, da völlig unterschiedliche Waren aus diesem Material bestünden. Zudem richteten sich die beiderseitigen Waren an unterschiedliche Abnehmer, nämlich auf Seiten der jüngeren Marke an Unternehmen, die im Bereich des Recycling und Umweltschutzes tätig seien, im Bereich der Widerspruchsmarke an Bau- und Ausbaufirmen.

Selbst wenn man unterstelle, dass die Waren der angegriffenen Marke zur Herstellung der Waren der Widerspruchsmarke verwendet würden, so liege keine Ähnlichkeit vor, da eine Ähnlichkeit von Endprodukten mit ihren Rohstoffen nur dann angenommen werde, wenn der Rohstoff entscheidend für die Qualität und Wertschätzung des Endprodukts sei. Die Wertschätzung der Waren der Widerspruchsmarke werde jedoch nicht wesentlich dadurch bestimmt, dass die Waren für den Umweltschutz seien. Die Zwecksetzung bei der Herstellung der Waren der Widerspruchsmarke sei auf das Produkt gerichtet, während die umweltfreundliche Herstellung nur ein Nebeneffekt sei. Dementsprechend bestehe auch keine Ähnlichkeit der Dienstleistungen der angegriffenen Marke "technische Beratung für die vorgenannten Erzeugnisse" mit den Waren der Widerspruchsmarke. Die Erwägung der Widersprechenden, dass die Waren der Widerspruchsmarke umweltfreundlich entsorgt werden müssten und deshalb mit der Beratungsdienstleistung der jüngeren Marke ähnlich seien, sei zu weit gehend, um eine markenrechtliche Ähnlichkeit zu begründen. Eine solche Erwägung würde zu einer nicht gerechtfertigten Ähnlichkeit sämtlicher zu entsorgenden Waren mit dieser Beratungsdienstleistung führen. Mangels jeglicher Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren und Dienstleistungen sei somit selbst bei einer Identität der Marken keine Verwechslungsgefahr zu befürchten.

Hiergegen wenden sich die Widersprechenden mit der Beschwerde. Nach ihrer Auffassung ist die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke 884 517 jedenfalls mit den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen für solche Schichtstoffe und Oberflächenmaterialien als Vorprodukt bzw. Zwischen- oder Halbzeug glaubhaft gemacht worden, wie sie in den von ihnen ebenfalls eingereichten Auszügen aus Römpp Chemie Lexikon und Webster«s New Universal Unabridged Dictionary unter dem Stichwort "Formica" erläutert seien. Die Produkte seien unter die eingetragenen Begriffe "Kunststoffe oder Metall-Kunststoffverbundmaterial" und "Kunststoffe in Form von Halbfabrikaten" zu subsumieren.

Die Markenstelle habe die beanspruchten Waren der beiderseitigen Marken nicht objektiv untersucht, sondern irrige Vorstellungen über die Natur und die Abnehmerkreise der Waren der angegriffenen Marke entwickelt. Nach ihrem Unternehmensprofil stelle die Inhaberin der angegriffenen Marke im Sinne einer Kreislaufwirtschaft eine wachsende Zahl von Produkten aus Sekundärrohstoffen her, insbesondere Kunststoffe, Baustoffe, Chemikalien und Komposte. Dies sei ein starkes Indiz dafür, was unter den für sie eingetragenen Waren "chemische Erzeugnisse für den Umweltschutz" zu verstehen sei. Bei diesen Waren sei jedenfalls davon auszugehen, dass sie auch Mittel zum Aufbereiten von Kunststoff, Rauchgas, Papier und Holzabfällen umfassten, die mit derartigen Sekundär-Rohstoffen und Erzeugnissen partiell stoffgleich seien.

So benutze die Markeninhaberin etwa chemische Erzeugnisse zur Herstellung von Recyclingprodukten wie Melaminharze zur Verbackung von Holzschnitzeln oder Calciumsulfat-Bindemittel, mit denen bei der Rauchgasentschwefelung Material für Gipsplatten hergestellt würden. Da aufbereitete "Abfallwertstoffe" regelmäßig als Baustoffe, Dicht- und Füllstoffe verkauft und in Schichtstoffplatten wieder eingesetzt würden, läge eine teilweise Identität der Waren vor, zumindest aber eine Ähnlichkeit von Endprodukt und Ausgangsstoff, da besonders bei Bau- und Plattenwerkstoffen der Rohstoff entscheidend für die Qualität und Wertschätzung des Endprodukts sei.

Hinzu komme, dass die Formulierung "chemische Erzeugnisse für den Umweltschutz" dahingehend subjektive Wertungen umfasse, dass die eigenen Produkte umweltfreundlich seien und dem Umweltschutz dienten, egal was letztlich das stoffliche Erzeugnis sei. Wegen der Unbestimmtheit dieser Formulierung könne nicht von einer objektiven Zweckbestimmung ausgegangen werden, so dass unter Berücksichtigung des Verkehrsverständnisses alle möglichen Bedeutungen zu berücksichtigen seien. Der Verkehr werde unter die "chemischen Erzeugnissen für den Umweltschutz" auch chemische Zwischenprodukte wie Schichtstoffmaterialien aus Sekundärrohstoffen subsumieren. Auch zu den Beratungsdienstleistungen der angegriffenen Marke, bei denen es sich um Hilfsdienstleistungen ihrer chemischen Erzeugnisse handele, bestehe Ähnlichkeit.

Selbst bei einem geringen Grad an Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren sei angesichts der Identität der Marken eine Verwechslungsgefahr gegeben. Zudem liege eine assoziative Verwechslungsgefahr vor. Nachdem gerade Schichtstoffplatten und Baustoffe heutzutage in großem Umfang aus Sekundärrohstoffen und Recyclingsmaterialien hergestellt würden, werde der Verkehr annehmen, die Widersprechende werde nunmehr auch derartige Erzeugnisse herstellen und sich auf diesem Gebiet betätigen. Angesichts der Markenidentität sei deshalb auch hinsichtlich der Dienstleistungen eine Verwechslungsgefahr zu befürchten.

Die Widersprechende beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 1 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. September 2003 und vom 27. April 2005 aufzuheben und die angegriffene Marke zu löschen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert und ist auch zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die zulässig eingelegten Beschwerden der Widersprechenden sind nicht begründet. Die Markenstelle hat die Widersprüche zu Recht zurückgewiesen, da zwischen den Marken keine Gefahr von Verwechslungen besteht.

1. Der Widerspruch aus der Marke 884 517 ist unbegründet. Eine Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG kann nicht festgestellt werden. Soweit auf Seiten der Widerspruchsmarke Waren als rechtserhaltend benutzt zugrunde gelegt werden können (§ 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG), fehlt es an jeglicher rechtlich erheblicher Ähnlichkeit mit den Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke, so dass eine Verwechslungsgefahr schon aus diesem Grunde ausscheidet.

Der Senat geht zugunsten der Widersprechenden davon aus, dass die Marke 884 517 für bestimmte Schichtstoffe und Oberflächenmaterialien rechtserhaltend benutzt worden ist, die unter die für sie eingetragenen Warenbegriffe "Kunststoff oder Metall-Kunststoffverbundmaterial" und "Kunststoffe in Form von Halbfabrikaten" subsumiert werden können.

In der dazu vorgelegten eidesstattlichen Versicherung eines leitenden Mitarbeiters aus dem Vertriebsbereich eines Konzernunternehmens der Widersprechenden wird unter Angabe von Umsatzzahlen die Benutzung der Marke für bestimmte Schichtstoffe in der Zeit von 1993 bis 2007 versichert. Ergänzend dazu sind ein Handbuch ("Formica Schichtstoff - Das Handbuch"), Prospekte und verschiedene Produktmuster eingereicht worden. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Glaubhaftmachungsmittel für sich oder in Verbindung mit den bereits im Verfahren vor der Markenstelle eingereichten Unterlagen nach Art und Inhalt den Anforderungen an die Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung genügen. Ebenso kann offen bleiben, ob sich die Nichtbenutzungseinrede neben der Alternative des § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG auch auf den Zeitraum nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG bezieht. Nach dem Inhalt der Glaubhaftmachungsunterlagen wird die Widerspruchsmarke jedenfalls nur für Schichtstoffe und Oberflächenmaterialien benutzt, und zwar für solche, die zur Verwendung im Innenausbau, für Möbel und Sanitäreinrichtungen u. Ä. bestimmt sind.

Auch wenn im Wege der Integration allgemein im Bauwesen verwendete Schichtstoffe und Oberflächenmaterialien zugrunde gelegt werden können, sind diese Waren dennoch nicht mit den Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke ähnlich. Dies ist offensichtlich, soweit es um die für die jüngere Marke eingetragenen chemischen Erzeugnisse für die Wasser- und Abwasserbehandlung geht. Derartige Waren, wie chemische Ionentauscher, Schlackenbildner, Ölbindemittel, Mittel zum Ausfällen gelöster Stoffe, Filterstoffe u. Ä. weisen sowohl nach ihrem Zweck, insbesondere ihrem Einsatzgebiet, wie auch nach ihrer stofflichen Beschaffenheit, den Vertriebswegen und den Abnehmerkreisen erkennbar keine Berührungspunkte zu Schichtstoffen und Oberflächenmaterialien auf, die im Bau, insbesondere im Innenausbau oder bei der Herstellung von Möbeln oder Sanitäreinrichtungen Verwendung finden. Es sind auch keine gemeinsamen Herstellungsbetriebe bekannt. Eine Berührung beider Warenarten erscheint allenfalls dahingehend denkbar, dass die von der Widersprechenden benutzten Materialien, soweit sie z. B. als Abfallstoffe ins Abwasser gelangen, bei der Abwasserbehandlung ausgefiltert werden müssen, was allerdings umso mehr gegen eine auch nur geringe Ähnlichkeit der Waren spricht.

Auch hinsichtlich der für die jüngere Marke weiter eingetragenen Waren "chemische Erzeugnisse für den Umweltschutz" kann eine auch nur geringe Warenähnlichkeit nicht festgestellt werden. Dabei vermag der Senat der von der Widersprechenden geäußerten Ansicht nicht zu folgen, dass die Formulierung "chemische Erzeugnisse für den Umweltschutz" keine objektive Zweckbestimmung aufweise und im Grunde nur eine Umschreibung für "umweltfreundlich" oder "umweltfreundlich einsetzbar" sei. Mit der Formulierung "... für den Umweltschutz" wird vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass die chemischen Erzeugnisse gezielt dem Umweltschutz zu dienen haben, ihr (Haupt-) Zweck also die Erhaltung oder Verbesserung der Umwelt ist. Dementsprechend kann hinsichtlich des Verwendungszwecks der beiderseitigen Waren (Umweltschutz gegenüber Bau, Möbelherstellung u. Ä.) keine Gemeinsamkeit festgestellt werden. Auch soweit verschiedene chemische Erzeugnisse für den Umweltschutz zugleich der Herstellung von Sekundär-Rohstoffen dienen, evt. sogar der Herstellung von Kunst- und Baustoffen, liegt immer noch keine gemeinsame Zweckrichtung vor, da die (benutzten) Waren der Widerspruchsmarke eben nicht der Kunststoff- oder Baustoffherstellung dienen, sondern allenfalls bereits verarbeitete, spezielle Kunst- und Baustoffe sind. Zwischen den beiderseitigen Waren würde selbst in diesem Falle noch mindestens ein kompletter Fertigungsschritt liegen.

Dementsprechend kann eine Ähnlichkeit der Waren auch nicht allein aufgrund des Umstandes festgestellt werden, dass sowohl die Schichtstoffe und Oberflächenmaterialien der Widersprechenden als auch bestimmte chemische Erzeugnisse für den Umweltschutz (etwa Melaminharze zur Verbackung von Holzschnitzeln) auf Harzen basieren. Für Schichtstoffe bzw. Oberflächenmaterialien sind Harze nur ein Ausgangsstoff. Laut Römpp Chemie Lexikon handelt es sich bei den "Formica"-Produkten der Widersprechenden um dekorative Schichtstoffplatten und Verbundelemente aus Phenolharzimprägnierten Füllbogen und Deckblättern auf Melamin-Grundlage (ähnlich Webster«s New Universal Unabridged Dictionary: "a laminated, heatresistant thermosetting plastic used for table and sink tops"; vgl. a. Benutzungsunterlage "Formica Schichtstoff - Das Handbuch", S. 93, 126: "Formica Schichtstoffe bestehen aus Schichten speziell ausgewählten Papiers (S. 126: "... Kraftpapiers und bedrucktem Dekorpapier ..."), die mit wärmehärtenden synthetischen Harzen imprägniert und unter Hitze und sehr hohem Druck verpresst werden."). Um die Produkte der Widersprechenden herzustellen und dabei insbesondere die für Oberflächenprodukte benötigte Form und die Materialeigenschaften (z. B. Festigkeit, Beständigkeit, Pflegeleichtigkeit, Optik, Haptik) zu erzielen, sind also weitere Herstellungs- bzw. Produktionsschritte erforderlich. Daher kann gerade nicht davon ausgegangen werden, dass die Schichtstoffe bzw. Oberflächenmaterialien der Widersprechenden ohne erheblichen Aufwand und ohne Zuhilfenahme weiterer fremder Substanzen aus Harz gewonnen werden können, was ungeachtet der Beschaffenheit der für den Umweltschutz geeigneten Harze ein Anhaltspunkt dafür gewesen wäre, ausnahmsweise eine Ähnlichkeit zwischen Melaminharz als Rohstoff und den Waren der Widersprechenden als Halbfabrikat anzunehmen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 9, Rdn. 80).

Noch weniger erscheint eine Ähnlichkeit mit anderweitigen, nicht auf Harz basierenden chemischen Erzeugnissen für den Umweltschutz denkbar. Dies gilt auch, soweit etwa mit Hilfe von Calciumsulfat als Bindemittel Sekundär-Rohstoffe gewonnen werden, die als Baumaterial Verwendung finden können. Solche Sekundär-Rohstoffe sind erst das (Abfall-)Produkt der chemischen Erzeugnisse für den Umweltschutz und bedürfen zumeist auch noch selbst der weiteren Verarbeitung, um überhaupt als Baumaterial einsetzbar zu sein (z. B. Verpressung zu Gipsplatten). Weitere Anhaltspunkte für eine auch nur geringe Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren sind nicht erkennbar.

Erst recht kann nach alledem keine Ähnlichkeit der benutzten Waren der Widersprechenden mit der weiter für die angegriffene Marke eingetragenen Dienstleistung "technische Beratung für die vorgenannten Erzeugnisse" festgestellt werden. Neben der unterschiedlichen Zweckrichtung von Oberflächenprodukten und chemischen Erzeugnissen für die Wasser- und Abwasserbehandlung sowie für den Umweltschutz kommt hier auch noch die grundlegende Abweichung zwischen der Erbringung einer unkörperlichen Dienstleistung und der Herstellung einer körperlichen Ware hinzu. Daher kann hier noch weniger als bei den Waren der angegriffenen Marke davon ausgegangen werden, dass die beiderseitigen Waren und Dienstleistungen aus demselben Unternehmen stammen oder zumindest der Kontrolle desselben Unternehmens unterliegen.

Mangels rechtserheblicher Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen konnte keine Verwechslungsgefahr festgestellt werden, so dass der Widerspruch aus der Marke 884 517 und damit auch die Beschwerde aus dieser Marke unbegründet waren.

2. Dies gilt ebenso für den Widerspruch und die Beschwerde aus der Gemeinschaftsmarke 132 696. Diese Widerspruchsmarke ist für Kunststofflaminate und festes Oberflächenmaterial eingetragen, wobei die Materialien im Warenverzeichnis ausdrücklich als zur Verwendung im Bauwesen oder im Möbelbau definiert sind. Es handelt sich damit letztlich um eben solche Waren, wie sie für die Widerspruchsmarke 884 517 als rechtserhaltend benutzt zugrunde gelegt worden sind. Daher kann insoweit vollumfänglich auf die Ausführungen zu Ziff. 1 verwiesen werden.

Knoll Bender Kätker Cl






BPatG:
Beschluss v. 22.01.2008
Az: 33 W (pat) 22/06


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