Bundespatentgericht:
Urteil vom 21. April 2009
Aktenzeichen: 3 Ni 17/07

(BPatG: Urteil v. 21.04.2009, Az.: 3 Ni 17/07)

Tenor

1.

Das deutsche Patent 101 11 136 wird im Umfang der Patentansprüche 1 bis 19 für nichtig erklärt.

2.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.

Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 8. März 2001 beim deutschen Patentund Markenamt angemeldeten und am 5. Februar 2004 erteilten deutschen Patents 101 11 136. Das Streitpatent betrifft "Verfahren, Endlos-Rollenware für das Verfahren und Vorrichtung zum Abtrennen von Schlauchabschnitten von einer flachgelegten schlauchförmigen Endlos-Rollenware" und umfasst 33 Patentansprüche, von denen nur die Patentansprüche 1 bis 19 mit der Nichtigkeitsklage angegriffen sind. Die unabhängigen Patentansprüche 1 und 14 gemäß DE 101 11 136 B4 lauten:

1. Verfahren zum Abtrennen von Schlauchabschnitten von einer flachgelegten schlauchförmigen Endlos-Rollenware und zum Befüllen der einzelnen Schlauchabschnitte mit einem Füllgut, bei dem bei dem die Endlos-Rollenware (1) abschnittsweise quer zu ihrer Längsausdehnung verschlossen und zu einer Rolle (3) aufgewickelt wird, die Endlos-Rollenware (1) kontinuierlich abgewickelt, vorgewässert, in den Einlaufbereich einer Aufzugsstation (11) transportiert und ein einzelner Schlauchabschnitt an der hinteren Seite eines Querverschlusses abgetrennt wird, vor und während des Abtrennens des Schlauchabschnittes die Endlos-Rollenware (1) vor der Aufzugsstation festgehalten wird und der Schlauchabschnitt an seinem offenen Ende mittels eines ausgeübten Zuges zu einer schlauchförmigen Hülle aufgezogen wird, zu einer Füllvorrichtung transportiert, auf ein Füllrohr der Füllvorrichtung aufgezogen, auf diesem festgehalten und mit Füllgut befüllt wird.

14. Endlos-Rollenware für ein Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 13, bestehend aus einem beschichteten oder unbeschichteten Trägermaterial, ausgewählt aus der Gruppe enthaltend ein oder mehrere Polymer/e, Gewebe-, Faser-, Kollage-, Textil-, Wirkwaren-, Vliesmaterial, Naturdarm, dadurch gekennzeichnet, dass die Endlos-Rollenware (1) durch Querverschlüsse (2) in Schlauchabschnitte (9) unterteilt ist.

Die auf Patentanspruch 1 unmittelbar oder mittelbar rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 13 und die jeweils auf Patentanspruch 14 rückbezogenen Patentansprüche 15 bis 19 betreffen besondere Ausgestaltungen des Verfahrens und der Endlos-Rollenware. Die Patentansprüche 2, 15 und 16 lauten:

2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Endlos-Rollenware (1) durch Abnähen, Abbinden, Clippen, Siegeln, Verknoten quer zu ihrer Längsausdehnung in Schlauchabschnitte unterteilt wird.

15.

Endlos-Rollenware nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet, dass die Querverschlüsse (2) aus Quernähten bestehen.

16.

Endlos-Rollenware nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet, dass die Querverschlüsse (2) durch Abbinden, Siegeln, Verknoten oder Clippen quer zur Längsausdehnung der Endlos-Rollenware (1) gebildet sind.

Die Klägerin macht den Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit geltend. Sie ist der Ansicht, dass die Endlos-Rollenware nach dem erteilten Patentanspruch 14 nicht neu sei gegenüber der aus der D4 bekannten Schlauchhüllenabschnittskette und dem in der D5 offenbarten schlauchförmigen Foliengebilde mit querverlaufenden ersten Siegelbzw. Schweißnähten als Boden eines Beutels oder Sackes. Jedenfalls beruhe weder die Endlos-Rollenware noch das Verfahren zum Abtrennen von Schlauchabschnitten von einer flachgelegten schlauchförmigen Endlos-Rollenware auf erfinderischer Tätigkeit. Zur Begründung stützt sie sich insbesondere auf die Dokumente D2 DE3106074A1 D3 Prüfungsbescheid des DPMA vom November 2001 zum Streitpatent D4 DE2732919A1 D5 DE2746126A1 D6 DE10001699C2 D7 DE2941872A1 D8 DE2721392A1 Die Klägerin beantragt, das deutsche Patent 101 11 136 im Umfang der Patentansprüche 1 bis 19 für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, das deutsche Patent 101 11 136 aufrechtzuerhalten mit den Patentansprüchen gemäß Hauptund Hilfsantrag, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung, und die Klage im Übrigen abzuweisen.

Die unabhängigen Patentansprüche 1 und 13 gemäß Hauptantrag haben folgende geänderte Fassung:

1. Verfahren zum Abtrennen von Schlauchabschnitten von einer flachgelegten schlauchförmigen Endlos-Rollenware und zum Befüllen der einzelnen Schlauchabschnitte mit einem Füllgut, bei dem die Endlos-Rollenware (1) durch Abnähen oder Siegeln abschnittsweise quer zu ihrer Längsausdehnung verschlossen und in Schlauchabschnitte unterteilt und zu einer Rolle (3) aufgewickelt wird, die Endlos-Rollenware

(1) kontinuierlich abgewickelt, vorgewässert, in den Einlaufbereich einer Aufzugsstation (11) transportiert und ein einzelner Schlauchabschnitt an der hinteren Seite eines Querverschlusses abgetrennt wird, vor und während des Abtrennens des Schlauchabschnittes die Endlos-Rollenware (1) vor der Aufzugsstation festgehalten wird und der Schlauchabschnitt an seinem offenen Ende mittels eines ausgeübten Zuges zu einer schlauchförmigen Hülle aufgezogen wird, zu einer Füllvorrichtung transportiert, auf ein Füllrohr der Füllvorrichtung aufgezogen, auf diesem festgehalten und mit Füllgut befüllt wird.

13. Endlos-Rollenware für ein Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 12, bestehend aus einem beschichteten oder unbeschichteten Trägermaterial, ausgewählt aus der Gruppe enthaltend ein oder mehrere Polymer/e, Gewebe-, Faser-, Kollagen-, Textil-, Wirkwaren-, Vliesmaterial, Naturdarm, dadurch gekennzeichnet, dass die Endlos-Rollenware (1) durch Querverschlüsse (2) in Schlauchabschnitte (9) unterteilt ist, wobei die Querverschlüsse (2) aus Quernähten bestehen oder durch Siegeln gebildet sind.

Die auf Patentanspruch 1 unmittelbar oder mittelbar rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 12 und die jeweils auf Patentanspruch 13 rückbezogenen Patentansprüche 14 bis 16 betreffen besondere Ausgestaltungen des Verfahrens und der Endlos-Rollenware.

Der Hilfsantrag unterscheidet sich von dem Hauptantrag dadurch, dass Patentanspruch 13 und die hierauf rückbezogenen Patentansprüche 14 bis 16 auf die Verwendung einer Endlos-Rollenware in einem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 12 gerichtet sind.

Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und hält das Streitpatent in der gemäß Hauptund Hilfsantrag verteidigten Fassung für patentfähig. Sie ist der Ansicht, dass keine der Entgegenhaltungen D2, D7 und D8 ein Verfahren beschreibe, bei dem Schlauchabschnitte von einer abschnittsweise quer zu ihrer Längsausdehnung verschlossenen und zu einer Rolle aufgewickelten Endlos-Rollenware vor dem Aufziehen auf das Füllrohr abgetrennt würden. Der Fachmann erhalte auch aus D4 und D5 keine Anregung, in diesen Verfahren einen Schlauch mit bereits vorhandenen Querverschlüssen, die aus Quernähten bestehen oder durch Siegeln gebildet sind, zu verwenden.

Die Klägerin hält ihren Angriff wegen fehlender Patentfähigkeit auch gegen die gemäß Hauptund Hilfsantrag verteidigten Patentansprüche aufrecht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien sowie des Wortlauts der weiteren Patentansprüche und Dokumente wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Das Streitpatent ist in dem angegriffenen Umfang der Patentansprüche 1 bis 19 für nichtig zu erklären, weil sich ihr Gegenstand in der nach Hauptund Hilfsantrag verteidigten Fassung nicht als patentfähig erweist (§ 22 Abs. 1 i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG).

I.

1. Das Streitpatent betrifft, soweit angegriffen, ein Verfahren zum Abtrennen von Schlauchabschnitten von einer flachgelegten schlauchförmigen Endlos-Rollenware und eine Endlos-Rollenware für das Verfahren.

In der Beschreibung wird einleitend ausgeführt, dass im Stand der Technik Verfahren und Vorrichtungen zum Füllen von Einzelabschnitten eines schlauchförmigen Materials bekannt seien, bei dem es sich um Nahrungsmittelhüllen, insbesondere Wursthüllen, handele. Die schlauchförmigen Abschnitte seien einseitig durch eine Siegelnaht, Abbindung, Clip, Abnähung oder dergleichen verschlossen. Das schlauchförmige Material werde dabei zunächst aus Rollenware produziert, zu einer Rolle aufgewickelt, in Abschnitte geschnitten und anschließend einseitig verschlossen. Zum Befüllen der schlauchförmigen Abschnitte müssten diese zunächst vorgewässert werden, dann von einer Bedienungsperson geöffnet, auf ein Füllrohr einer Füllvorrichtung aufgezogen und während des Füllvorgangs festgehalten werden. Nach Beendigung des Befüllens werde das offene Ende des Abschnitts verschlossen und die gefüllte Hülle auf einen Spieß gehängt und der beladene Spieß zum Räuchern verbracht. Durch die mehrfachen manuellen Handhabungen beim Befüllen solcher Hüllen mit einem Füllgut sei die Arbeitsweise sehr personalintensiv und daher kostenaufwändig, sowie monoton und zeitaufwändig (vgl. Streitpatent D1 Sp. 1 Abs. [0002]).

2.

Davon ausgehend bezeichnet es das Streitpatent als Aufgabe der Erfindung, bekannte Verfahren so zu verbessern, dass das Vorwässern einer Endlos-Rollenware, das Abtrennen einzelner Schlauchabschnitte von der Endlos-Rollenware, der Transport der Schlauchabschnitte zu einer Füllvorrichtung und das Aufziehen des einzelnen Schlauchabschnitts auf ein Füllrohr der Füllvorrichtung sowie das Befüllen des Abschnitts vollautomatisch im kontinuierlichen Betrieb erfolgen kann (D1 Sp. 3 Abs. [0009]).

3.

Zur Lösung dieser Aufgabe offenbaren die Patentansprüche 1 und 13 in der gemäß Hauptantrag verteidigten Fassung ein Verfahren und eine Endlos-Rollenware mit folgenden Merkmalen:

1. Verfahren zum Abtrennen von Schlauchabschnitten und zum Befüllen der einzelnen Schlauchabschnitte mit einem Füllgut 1.1 das Abtrennen erfolgt von einer flachgelegten schlauchförmigen Endlos-Rollenware, 1.2 die durch Abnähen oder Siegeln abschnittsweise quer zu ihrer Längsausdehnung verschlossen, in Schlauchabschnitte unterteilt und zu einer Rolle aufgewickelt wird, 1.3 wobei die Endlos-Rollenware kontinuierlich abgewickelt, vorgewässert und in den Einlaufbereich einer Aufzugsstation transportiert, 1.4 ein einzelner Schlauchabschnitt an der hinteren Seite eines Querverschlusses abgetrennt, 1.5 die Endlos-Rollenware vor und während des Abtrennens des einzelnen Schlauchabschnitts vor der Aufzugsstation festgehalten und 1.6 der Schlauchabschnitt an seinem offenen Ende durch Zug zu einer schlauchförmigen Hülle aufgezogen wird, und 1.7 die Hülle zu einer Füllvorrichtung transportiert, auf ein Füllrohr einer Füllvorrichtung aufgezogen, auf diesem festgehalten und 1.8 mit Füllgut befüllt wird.

13. Endlos-Rollenware 13.1 für ein Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 12, 13.2 bestehend aus einem beschichteten oder unbeschichteten Trägermaterial, 13.3 ausgewählt aus der Gruppe enthaltend ein oder mehrere Polymer/e, Gewebe-, Faser-, Kollagen-, Textil-, Wirkware-, Vliesmaterial, Naturdarm, 13.4 die durch Querverschlüsse in Schlauchabschnitte unterteilt ist, 13.5 wobei die Querverschlüsse (2) aus Quernähten bestehen oder 13.6 durch Siegeln gebildet sind.

4.

Als zuständiger Fachmann auf dem technischen Gebiet des Streitpatents ist ein Ingenieur der Lebensmitteltechnik anzusehen, der über langjährige Erfahrung in der Fleischverarbeitung verfügt.

II.

1.

Die von der Beklagten gemäß Hauptantrag beschränkt verteidigten Patentansprüche 1 und 13, die auf die erteilten Patentansprüche 1, 2 sowie 14, 15 und 16 zurückgehen, sind unbestritten zulässig.

2.

Die Neuheit der Gegenstände der Patentansprüche 1 und 13 gemäß Hauptantrag ist gegeben.

Ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 wird, wie auch die Klägerin nicht in Zweifel zieht, in keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften offenbart, da daraus keine Verfahren zum Abtrennen von Schlauchabschnitten und zum Befüllen der einzelnen Schlauchabschnitte mit einem Füllgut mit einer Endlos-Rollenware hervorgehen, die durch Abnähen oder Siegeln quer zu ihrer Längsausdehnung verschlossen und in Schlauchabschnitte unterteilt ist.

Auch der Gegenstand des Patentanspruchs 13 gemäß Hauptantrag, der auf eine in Schlauchabschnitte unterteilte Endlos-Rollenware beschränkt ist, bei der die Querverschlüsse der Schlauchabschnitte aus Quernähten bestehen oder durch Siegeln gebildet sind, ist durch die Druckschriften DE 27 32 919 A1 (D4) und DE 27 46 126 A1 (D5) nicht vorweggenommen. Aus D4 ist zwar eine vorkonfektionierte leere vorwiegend flachliegende Schlauchhüllenabschnittskette bekannt, die auf eine Rolle abgewickelt werden kann, also eine Endlos-Rollenware darstellt (vgl. Anspruch 1 i. V. m. S. 6 Abs. 3 bis S. 7 Abs. 1 und Seite 9 Abs. 2). Diese Rollenware kann aus den verschiedensten geeigneten makromolekularen Substanzen, wie Celluloseregeneraten, Cellulosederivaten mit oder ohne Faserverstärkung, Collagen, Stärke, Polyamid, PVC, Polyvinylidenchlorid und anderen makromolekularen Verbindungen einzeln oder in Kombination miteinander bestehen, wobei sich die Eignung auf Füllungen mit Nahrungsund Genussmitteln, wie Wurstbrät, bezieht, die auch beim Streitpatent im Vordergrund steht (S. 12 Abs. 1 i. V. m. S. 10/11 übergreifendem Satz der D4). Damit werden von der D4 auch die Merkmale 13.2 und 13.3 des Anspruchs 14 vorweggenommen. Die Schlauchhüllenabschnittskette weist ferner axial hintereinander angeordnete Hüllenabschnitte auf (Anspruch 1), die entsprechend Merkmal 13.4 durch Querverschlüsse unterteilt sind. Nicht offenbart sind in der D4 aber Querverschlüsse, die aus Quernähten bestehen oder durch Siegeln gebildet sind (Merkmale 13.5 und 13.6). Die Querverschlüsse der D4 sind nämlich hülleneinschnürende Verschlüsse, die als Clipverschluss mit eingelegter Fadenschlaufe, Solo-Clipverschluss oder als Fadenverschluss zum Beispiel nach Art eines Fadenverschlussknotens ggfs mit Aufhängeschlaufe gebildet sind (Anspruch 1 i. V. m. S. 8 Abs. 2). Auch dieser hülleneinschnürende Fadenverschlussknoten der D4 kann nach Überzeugung des Senats nicht als eine durch einen Faden gebildete Quernaht verstanden werden. Die D5 beschreibt eine Endlosrollenware, die zwar axial durch querverlaufende Siegeloder Schweißnähte in Schlauchabschnitte unterteilt ist. Diese Siegeloder Schweißnähte bilden aber keine Querverschlüsse gemäß Merkmal 13.4 aus, denn sie weisen mindestens einen Einschnitt zum Füllen der Beutel oder Säcke in der Nähe der Siegel oder Schweißnähte auf (vgl. Anspruch 1 i. V. m. Fig. 2, S. 8 ab Fig. 1 bis S. 11 Abs. 1).

3. Die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 13 gemäß Hauptantrag beruhen aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG).

3.1. Der Gegenstand des Patentanspruchs 13 ist auf eine Endlos-Rollenware gerichtet. Ausgehend von dem vorstehend erläuterten Endlosrollenwaren betreffenden Stand der Technik liegt dem Streitpatent die objektive Teilaufgabe zugrunde, eine weitere Endlosrollenware mit Querverschlüssen bereitzustellen, die im vollautomatischen Betrieb befüllt werden kann. Zur Lösung der Aufgabe konnte der Fachmann von der aus D4 bekannten, aus einem Endlosschlauch gebildeten vorkonfektionierten leeren vorwiegend flachliegenden Schlauchhüllenkette ausgehen, die, wie vorstehend dargelegt, die Merkmale 13, 13.2, 13.3 und 13.4 erfüllt, und sich zum automatisierten Betrieb eignet (D4 S. 7 Abs. 1 und S. 11 Abs. 1). Die Querverschlüsse der Endlosrollenware der D4 sind dabei hülleneinschnürende Verschlüsse, die als Clipverschluss mit eingelegter Fadenschlaufe, Solo-Clipverschluss oder als Fadenverschluss zum Beispiel nach Art eines Fadenverschlussknotens ggfs. mit Aufhängeschlaufe ausgebildet sind (Anspruch 1 i. V. m. S. 8 Abs. 2). Solche Clipverschlüsse werden im erteilten Streitpatent auch als mögliche Ausführungsformen von Querverschlüssen von schlauchförmigen Hüllen genannt (vgl. DE 101 11 136 B4, Ansprüche 2 und 16 i. V. m. S. 4/13 Abs. [0027]). Querverschlüsse, auf die sich die Patentinhaberin gemäß Patentanspruch 13 des Hauptantrags nunmehr beschränkt hat, die entsprechend Merkmal 13.5 aus Quernähten bestehen oder gemäß Merkmal 13.6 durch Siegeln gebildet sind, gehören aber zum Fachwissen des Fachmanns. Beispielhaft wird hierzu auf die Druckschriften D5 und D6 verwiesen. Quernähte als Verschlüsse von Kunstdarmabschnitten werden nämlich in D6 beschrieben (Anspruch 10 i. V. m. mit Fig. 1), und durch Siegeln gebildete Querverschlüsse sind aus der D5 ableitbar (Anspruch 1, Fig. 2, S. 9 Abs. 1). Der Fachmann wird daher bereits durch sein allgemeines Fachwissen dazu angeregt, Quernähte oder eine Versiegelung in Betracht zu ziehen, um weitere Endlosrollenbänder mit Querverschlüssen bereitzustellen, die im vollautomatischen Betrieb befüllt werden können. Der Gegenstand des Patentanspruchs 13 ist also vom Stand der Technik nahegelegt.

3.2 Auch das Verfahren zum Abtrennen von Schlauchabschnitten und zum Befüllen der einzelnen Schlauchabschnitte mit einem Füllgut ist vom Stand der Technik nahegelegt.

Zur Lösung der Aufgabe, die entsprechend den Angaben im Streitpatent darin liegt, das Abtrennen von Schlauchabschnitten und das Befüllen des einzelnen Schlauchabschnitts vollautomatisch im kontinuierlichen Betrieb zu ermöglichen, konnte der Fachmann von D8 ausgehen. Wie im Streitpatent (S. 2/13 Abs. [0008]) ausgeführt, beschreibt D8 ein Verfahren zum Öffnen, Fördern und Abteilen von flachgelegten feuchten, leeren und ungerafften Schlauchhüllen. Die Schlauchhüllen werden durch verschieden starken, auf die Hüllenaußenseite beaufschlagten Gasunterdruck pneumatisch geöffnet und in geöffnetem Zustand durch beidseitig der Schlauchhülle abwechselnd an der Schlauchhüllenaußenwand angreifende Förderung pneumatisch zum Hüllenfüllund Hüllenverschließort transportiert. Der Zug auf den flachgelegten Schlauchabschnitt wird auch beim Streitpatent bevorzugt durch Saugluft eines Vakuumsaugers, also durch Gasunterunterdruck, ausgeübt (geltender Patentanspruch 4; DE 101 11 136 B4 Anspruch 5, S. 5/13 Abs. [0032]). Die Schlauchhüllen können kurz vor ihrer Verwendung im Rahmen der Vorrichtung zur Ausübung des Verfahrens gewässert und befeuchtet werden. Die flachgelegten Schlauchhüllen werden dabei taktkontinuierlich von einer stationär angeordneten Abwickeleinrichtung zu der Schlauchhüllenabschnittsfüllund Verschließstation bewegt, sodass auch bei D8 ein vollautomatischer Betrieb erfolgt. Vor dem Füllen und während des Abteilens werden die Hüllen dann einseitig verschlossen, wobei die Abtrennung neben der Verschlussstelle an der zur Abwickelstation zugewandten Seite, also an der hinteren Seite eines Querverschlusses erfolgt (vgl. Ansprüche 1 und 7 i. V. m. S. 19 le. Abs. bis S. 20 Abs. 1, S. 20 Abs. 3, S. 21 Abs. 3 bis S. 22 Abs. 1, S. 30, 2. Abs. v. u. bis S. 31 Abs. 4 und Fig. 1). Damit sind die Merkmale 1, 1.1 und 1.3 bis 1.8 des Verfahrens gemäß Patentanspruch 1 des Hauptantrags aus D8 bekannt. Das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 unterscheidet sich von dem aus D8 bekannten Verfahren lediglich durch die Maßnahme, dass anstelle des einseitigen Verschließens in der Verschließstation entsprechend Merkmal 1.2 die Endlosrollenware durch Abnähen oder Siegeln bereits abschnittsweise quer zu ihrer Längsausdehnung verschlossen und damit in Schlauchabschnitte unterteilt zu einer Rolle aufgewickelt ist. Die Anregung, bei einem Verfahren nach D8 das Verschließen in der Station vorzuverlegen und eine solche in Schlauchabschnitte unterteilte Endlosrolle einzusetzen und damit zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag zu gelangen, erhält der Fachmann durch Hinzuziehen der Druckschrift D4, woraus, wie vorstehend dargelegt, durch Querverschlüsse in Schlauchabschnitte unterteilte Endlosrollenwaren bekannt sind, die sich zum Füllen mit u. a. Wurstbrät eignen. Durch Abnähen oder Siegeln unterteilte Endlosrollenwaren einzusetzen, wird dem Fachmann dabei bereits von der Druckschrift D8 nahegelegt, woraus bekannt ist, im Fall der Verwendung von Kunststoffschlauchhüllen die Hüllenenden durch Verschweißen, also Versiegeln, dieser Enden miteinander zu verschließen (S. 19 Abs. 2). Es bestand auch kein Hinderungsgrund bei dem Verfahren gemäß D8 eine bereits vorher abschnittsweise in Schlauchabschnitte unterteilte Endlosrollenware zu verwenden, da beim Verfahren gemäß D8 durch den beaufschlagten Gasunterdruck das Festhalten der Endlos-Rollenware, Öffnen, d. h. Aufziehen zu einer schlauchartigen Hülle, und Transportieren zu einer Füllvorrichtung nur über die Außenseite der Hülle erfolgt, was auch bei einer abschnittsweise quer zu ihrer Längsausdehnung in Schlauchabschnitte unterteilten Endlosrollenware, wie der geltende Patentanspruch 4 zeigt, ohne weiteres möglich ist. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag wird damit durch die Kombination der Druckschriften D8 und D4 nahegelegt.

4.

Hinsichtlich der gemäß Hauptantrag verteidigten Unteransprüche 2 bis 12 und 14 bis 16 kann der Senat einen eigenständigen erfinderischen Gehalt nicht erkennen. Ein solcher wurde von der Beklagten auch nicht geltend gemacht.

5.

Aus den unter II 3.1. und 3.2 dargelegten Gründen beruhen sowohl die den Patentansprüchen 1 bis 12 des Hauptantrags im Wortlaut entsprechenden Patentansprüche 1 bis 12 gemäß Hilfsantrag als auch die mit Patentanspruch 13 und der hierauf rückbezogenen Patentansprüche 14 bis 16 gemäß Hilfsantrag beanspruchte Verwendung einer Endlos-Rollenware in einem Verfahren nach einem der Patentansprüche 1 bis 12 nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

Dr. Schermer Martens Dr. Gerster Dr. Schuster Dr. Münzberg Be






BPatG:
Urteil v. 21.04.2009
Az: 3 Ni 17/07


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