Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 4. August 2009
Aktenzeichen: 7 O 276/08

(LG Düsseldorf: Urteil v. 04.08.2009, Az.: 7 O 276/08)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus eigenem und aus abgetretenem Recht auf Ersatz des Schadens in Anspruch, der ihr wegen der unterlassenen unverzüglichen Veröffentlichung von Insiderinformationen sowie der Veröffentlichung unwahrer Informationen aus dem Kauf von Aktien der Beklagten entstanden ist.

Die Beklagte ist ein Kreditinstitut in Form einer Aktiengesellschaft, deren Kunden hauptsächlich mittelständische Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistungsgewerbe sind.

Seit 2001 gründete die Beklagte eine Reihe von Zweckgesellschaften, die in einem Verbund, dem "W", kurz W1, zusammengefasst waren. Einen Großteil seiner Erträge erwirtschaftete das W1 durch Investments in verbriefte internationale Forderungsportfolien, welche auch Forderungen aus dem US-Hypothekenmarkt beinhalteten. Zur Refinanzierung des Erwerbs der Forderungsportfolien gab das Conduit seinerseits sogenannte "B" (B1) heraus, welche am Kapitalmarkt platziert und gehandelt wurden.

Die Beklagte beteiligte sich an diesen Geschäften, indem sie den Zweckgesellschaften Liquiditätslinien zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen zur Verfügung stellte.

Die Beklagte hat zum 30.06.2007 einen Geschäftsbericht veröffentlicht, der für das Geschäftsjahr ......#/......ein operatives Ergebnis von 263 Mio. € gegenüber 232,5 Mio. € im Jahr zuvor auswies.

Anfang Juli 2007 geriet der Kurs der Aktie der Beklagten im Zuge der US-Immobilienkrise unter Druck. Es kam zu einem Kursverfall, der seit dem 09.07.2007 beständig anhielt. Ab dem 25.07.2007 stürzte der Aktienkurs regelrecht ab.

Am 20.07.2007 veröffentlichte die Beklagte ihr vorläufiges Quartalsergebnis (1. April - 30. Juni) in Form einer Pressemitteilung. Darin bestätigte sie die Erwartungen eines operativen Jahresergebnisses von 280 Millionen € und erklärte, dass insoweit die Unsicherheiten im US-Hypothekenmarkt "praktisch keine Auswirkungen" haben würden. Die Veröffentlichung des vollständigen Quartalsberichts kündigte sie für den 14.08.2007 an. Wegen des genauen Inhalts der Pressemitteilung wird auf die Anlage K 20 Bezug genommen.

Ende Juli zeichnete sich ab, dass der Markt für B1 infolge der Probleme auf dem US-Hypothekenmarkt zusammenbrechen würde und das W1 seine Geschäfte mit den verbrieften Forderungsportfolien nicht würde refinanzieren können. Der Beklagten drohte aus den Liquiditätslinien, die sie zugunsten der W1 vergeben hatte, in Anspruch genommen zu werden.

Im Rahmen eines Standardgeschäfts am 27.07.2007, einem Freitag, erfuhr die Beklagte, dass einer ihrer wichtigen und langjährigen Geschäftspartner im Interbankenmarkt seine Handelslinie an die Beklagte für Neugeschäfte gesperrt hatte. Die Beklagte hatte versucht über ihren Händler in Luxemburg einen Swap-Auftrag zu platzieren. Dieser Auftrag wurde abgelehnt.

Nach einer Krisensitzung am Wochenende des 28. und 29.07.2007 veröffentlichte die Beklagte am Montag, den 30.07.2007, um 1.49 Uhr eine Adhoc-Mitteilung mit einer Gewinnwarnung. Sie teilte unter anderem mit, dass ihre Bonität in Frage gestellt sei, dass das prognostizierte Jahresergebnis deutlich niedriger als 280 Millionen € ausfallen werde und dass der Vorstandsvorsitzende aus dem Vorstand der Beklagten ausgeschieden sei.

Ursprünglicher Käufer der Aktien war der Ehemann der Kläger. Dieser erwarb für das gemeinsame Wertpapierdepot am 27.02.2007 500 Aktien der Beklagten zu einem Kurs von 31,00 €. Inklusive Maklercourtage, Provision und Auslagen wandte der Zedent 15.577,50 € für den Erwerb der Aktien auf.

Die Klägerin trägt vor: Die Beklagte habe mit ihrem Publikationsverhalten gegen die Vorschriften zur Veröffentlichung von Insiderinformationen verstoßen. Sie habe, obwohl es ihre Pflicht gewesen sei, nicht darauf hingewiesen, dass sie seit 2002 in einem neuen Kerngeschäft, nämlich demjenigen der Subprime-Finanzierung tätig gewesen sei. Außerdem habe sie es unterlassen, darauf hinzuweisen, dass sie außerhalb ihrer Bilanz Engagements am hoch defizitären US-Immobilienmarkt getätigt und den dort aktiven Zweckgesellschaften Zahlungsgarantien in einem ihr Eigenkapital um ein Vielfaches übersteigendem Ausmaß gegeben habe, die sie im Ernstfall nicht habe einhalten können.

Die Beklagte habe 2002 ein neues Geschäftsfeld durch das Engagement am US-Immobilienmarkt, insbesondere im Subprime Bereich durch die Gründung von Conduits erschlossen. Diese Conduits zeichneten sich dadurch aus, dass sie praktisch über kein Eigenkapital verfügten, aber Verbriefungen in Milliardenhöhe gehalten hätten, deren Werthaltigkeit äußert fragwürdig gewesen sei. Die W2habe zum 31.03.2007 lediglich über einen Anteil von 9% angekaufter Kreditverbriefungen verfügt, hinter denen zahlungsfähige Forderungsschuldner gestanden hätten. Das Gesamtvolumen der Kreditverbriefungen habe sich zu diesem Zeitpunkt auf 11,5 Mrd. € belaufen. Zum 31.07.2007 habe die Beklagte der W3in Höhe von 8,1 Mrd. € eingeräumt und dies bei einer Eigenkapitalquote von nur 1,2 Mrd. €. Die zur Risikobegrenzung gedachte Großkreditregelung (§§ 13 ff KWG) besage, dass bei Vergabe an verbundene Unternehmen eine Kreditlinie lediglich 20% des Eigenkapitals ausmachen dürfe. Diese habe die Beklagte bei weitem überschritten.

Außerdem habe die W2sogenannte Credit Enhancements benötigt. Diese hätten der Abdeckung der ausfallbedingten Verluste gedient und seien zu dem Zeitpunkt fällig geworden, zu dem der Hypothekenschuldner seine Forderungen nicht habe tilgen können. Die Enhancements seien von der Beklagten zusätzlich zu der Einräumung der Liquiditätslinien gewährt worden. Bis 2005 seien die Credit Enhancements bei der Beklagten bilanziert worden. Ab 2006 seien diese auf die YBank ausgelagert worden. Allerdings deckten die von der YBank begebenen Enhancements nur in der Praxis äußerst selten vorkommende Risiken ab, so dass es sich lediglich um eine leere Hülle gehandelt habe und das tatsächliche Risiko bei der Beklagten verblieben sei. Aus alledem ergebe sich eine Konsolidierungspflicht der Beklagten, der sie nicht nachgekommen sei. In diesem Fall hätten die Geschäftsberichte ein deutlich schlechteres Ergebnis ausgewiesen. Der Verzicht auf die Einbeziehung des Engagements auf dem US-Hypothekenmarkt in die eigene Bilanz stelle zudem eine Missachtung bestehender Bilanzrichtlinien dar.

Schon ab 2005 habe es daher hausinterne Warnungen des Risikomanagements gegeben. Es seien Verlustszenarien in den Studien "T" und "T2" durchgespielt worden. Gleichwohl habe es keine Informationen der Anleger durch Ad-Hoc-Mitteilungen über die Aufnahme und die Ausweitung des B2-Engagements gegeben. Noch im Mai/Juni 2007 habe die Beklagte zwei weitere Zweckgesellschaften gegründet, über die sie gleichfalls die Öffentlichkeit nicht informiert habe. Auch die Gesellschaften J hätten nur als Absicherungsmechanismen für außenstehende Kreditgeber gedient. Die Beklagte habe dagegen mit der Zurverfügungstellung der Liquiditätslinien das gesamte Bonitätsrisiko getragen.

Dass die Beklagte Kenntnis von den hieraus resultierenden Risiken gehabt habe, sei deutlich geworden, als sie im November 2006 bei einem US-Rückversicherer vorstellig geworden sei, um das Liquiditätsrisiko auf die Versicherung zu verlagern. Durch falsche Angaben sei es dem Vorstand gelungen, die Versicherung abzuschließen. Darüber verhalte sich nunmehr ein zwischen der Beklagten und dem Versicherer in den Vereinigten Staaten geführter Rechtsstreit. Seit Ende 2006/Beginn 2007 hätten zudem die volkswirtschaftlichen Kernzahlen zunehmend auf eine ernsthafte Krise am US-Hypothekenmarkt hingedeutet. Auch in der Fachpresse hätten sich die kritischen Stimmen gemehrt, die vor einem Durchschlagen auf den Verbriefungsmarkt gewarnt hätten. Dennoch habe die Beklagte die Anleger in den Pressemitteilungen vom 16.11.2006 und 14.02.2007 über das wirtschaftliche Gesamtbild und das Engagement am Subprime-Markt getäuscht (Anlagen K 26.3 und K 26.4). Dies gelte v.a. vor dem Hintergrund, dass der Beklagten in der zweiten Februarwoche 2007 bekannt geworden sei, dass im Onbalance Portfolio Abschreibungen in Milliardenhöhe vorzunehmen gewesen wären.

Der Zedent habe sich zur Vorbereitung der Anlageentscheidung ausführlich sowohl durch die ihm zugänglichen Informationen als auch durch eigene Unternehmensinformationen über die Beklagte unterrichtet. Grundlage hierfür seien auch die Pressemitteilungen vom 16.11.2006 und vom 14.02.2007 gewesen. Seine positive Einschätzung sei von seinem Wertpapierberater bei der YBank geteilt worden. Hätte er allerdings gewusst, dass das prognostizierte Geschäftsergebnis ......#/......in keinem Fall hätte erreicht werden können, weil die Beklagte umfangreiche außerbilanzielle Investitionen im amerikanischen Subprime-Segment getätigt habe, dessen Zusammenbruch sich bereits 2006 abgezeichnet habe, so hätte er von dem Aktienkauf Abstand genommen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klagepartei EUR 15.577,50 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.03.2007 zu zahlen Y-um-Y gegen Übertragung von 500 Aktien der Beklagten (WKN 806 330, ISIN DE ......#/......),

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klagepartei Schadensersatz in Höhe des erlittenen Kursdifferenzsschadens, vorläufig beziffert mit EUR 13.115,- nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.03.2007 zu zahlen, dessen genaue Bestimmung gem. § 287 ZPO in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht: Sie habe weder falsche Kapitalmarktinformationen veröffentlicht noch pflichtwidrig eine notwendige Veröffentlichung von Insiderinformationen in Form einer Adhoc-Mitteilung unterlassen. Sie habe Finanzprodukte mit guten bzw. sehr guten Bonitätsbewertungen in ihrem Portfolio gehabt. Bei der im Sommer 2007 eingetretenen Krise habe vielmehr im Vordergrund gestanden, dass die Zweckgesellschaften sich nicht mehr hätten refinanzieren können, weil die ABCPs wegen einer erloschenen Nachfrage praktisch nicht mehr handelbar gewesen seien. Das Risiko, dass die Liquiditätslinien umfassend und dauerhaft gezogen werden könnten, habe sich erst Ende Juli 2007 abgezeichnet. Etliche andere Bankhäuser, vor allem die amerikanische C, seien von der Krise massiv betroffen gewesen. Zusammen mit der Beschränkung der eigenen Kreditlinie auf dem Interbankenmarkt habe dies zu der Ende Juli eingetretenen krisenhaften Situation geführt. Im Einklang mit der gesamten Branche habe die Beklagte das Risiko für sehr gering gehalten und auf hohe Ratings der zugrunde liegenden Forderungen geachtet. Nach dem berichtigten Geschäftsbericht ......#/......seien von den 11,5 Mrd. € Gesamtinvests des W1 11,3 Mrd. € in den bis dahin ungefährdet eingeschätzten Ratingklassen "Aaa" oder "A" investiert worden und nur 0,2 Mrd. € in niedrigere Rangklassen. Dies gelte auch für ihre Eigeninvests. Die Liquiditätslinien seien in den jeweiligen Geschäftsberichten veröffentlicht worden. Bei den Liquiditätslinien habe es sich um 364 Tage laufende echte Kreditfazilitäten gehandelt, die im Rahmen der Jahresabschlüsse von den Wirtschaftsprüfern der KPMG geprüft worden seien. Sie habe hierfür eine marktgerechte Vergütung erhalten. Sowohl den Wirtschaftsprüfern als auch der Bankenaufsicht seien die Geschäftsbeziehungen bekannt gewesen. Eine Unterlegung des Engagements mit haftendem Eigenkapital sei mit Blick auf die damalige Rechtslage nicht erforderlich gewesen. Auch andere Kreditinstitute hätten zugunsten der von der Beklagten beratenen Zweckgesellschaften Liquiditätslinien und zwar in Höhe von 5,4 Mrd. € zur Verfügung gestellt. Liquiditätsreserven für eine zeitweise Inanspruchnahme seien vorhanden gewesen. Dass sie im Jahr 2006 mit der Financial Guaranty Insurance Company verhandelt habe, belege nicht die Kenntnis von der drohenden existentiellen Krise, sondern sei ein normaler Vorgang im Rahmen ihres Risikomanagements gewesen.

Die streitigen Geschäfte seien seit dem Jahr 2001 unter Hinzuziehung externer Experten und in Abstimmung mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), der Deutschen Bundesbank und dem Aufsichtsrat vorbereitet und durchgeführt worden. Über die Umsetzung der festgelegten Strategie für das Segment Verbriefung sei regelmäßig, korrekt und in notwendigem und angemessenem Umfang intern und extern berichtet worden. Dies ergebe sich aus den Geschäftsberichten. Die Risikoeinschätzung der Beklagten decke sich mit derjenigen des Kapitalmarktes bis zur Krise im Sommer 2007. Führende Rating Agenturen hätten die Risiken noch im März 2007 in einem Special Report für Investoren als gering eingeschätzt.

Die herausgegebenen Presseinformationen seien korrekt gewesen. Nach umfassender interner Beratung habe sie sich zu der Pressemitteilung vom 20.07.2007, auf die es im vorliegenden Fall gar nicht ankomme, weil die Akteienkäufe weit vor diesem Termin getätigt worden seine, entschlossen, um - nach damaliger eigener Ansicht - unzutreffende Gerüchte, sie treffe mit Blick auf den US-Subprime Markt ein substanzielles Risiko, auszuräumen. Sie habe das durch Liquiditätslinien abgesicherte Engagement des W1 wegen der geringen Ziehungswahrscheinlichkeit als praktisch risikolos eingestuft. Sie habe daher die Presseerklärung auf die Risiken der Eigenbilanz konzentriert, die - wie die Analysen der Ratingagenturen Dbelegen - aus damaliger Sicht die Nervosität des Marktes in Bezug auf die IKB Bonds nicht rechtfertigten. Sie habe mit der Presseerklärung klarstellen wollen, dass die Auswirkungen der Ratingherabstufungen auf ihr eigenes Portfolio geringer seien als vom Markt offensichtlich vermutet. Aus der exante Betrachtung sei die Pressemitteilung auch deshalb korrekt gewesen, weil die Wirtschaftsprüfer KPMG dem Geschäftsabschluss ......#/......ein unbeschränktes Testat erteilt hätten. Auf deren Rechtsauffassung habe sie sich verlassen dürften.

Die Klägerin habe außerdem die Kausalität zwischen den Aktienkäufen im Februar 2007 und der Pressemitteilungen vom 16.11.2006 und 14.02.2007, die die Kaufentscheidung ihres Ehemannes maßgeblich beeinflusst hätten, nicht dargelegt. Zwar bezeichne sie die beiden genannten Pressemitteilungen als kaufursächlich, nehme jedoch im Rahmen ihrer Rechtsauführungen lediglich Bezug auf die zeitlich nachfolgenden Presseerklärungen, insbesondere diejenige vom 20.07.2007. Diese könnten sich jedoch schon allein wegen des Zeitablaufs nicht kausal auf die Kaufentscheidung ausgewirkt haben.

Die Beklagte beruft sich hilfsweise auf die Einrede der Verjährung nach § 37 b Abs. 4 WpHG.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte, unabhängig von der Frage, ob die Ansprüche ihres Ehemannes wirksam an sie abgetreten wurden (Anlage K 26.1. fehlt) aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Ersatz des ihr entstandenen Schadens.

1.

Ein solcher Anspruch der Klägerin folgt nicht aus § 37 b WpHG wegen unterlassener unverzüglicher Veröffentlichungen von Insiderinformationen.

§ 37 b WpHG begründet die Haftung eines Emittenten von Finanzinstrumenten, der ihn unmittelbar betreffende Insiderinformationen nicht unverzüglich veröffentlicht. § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG definiert Insiderinformationen als konkrete Informationen über nicht öffentlich bekannte Umstände, die sich auf einen oder mehrere Emittenten oder auf die Finanzinstrumente selbst beziehen und die geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktwert der Papiere erheblich zu beeinflussen. Als Umstände gelten nach § 13 Abs. 1 S. 3 WpHG auch solche, bei denen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass sie in Zukunft eintreten werden. Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet dabei, dass aufgrund konkreter Anhaltspunkte zumindest eine überwiegende Eintrittswahrscheinlichkeit, das heißt eine Wahrscheinlichkeit von über 50 %, vorliegen muss (BGH, Beschluss vom 25.02.2008, Az. II ZB 9/07, Rz. 25 zitiert nach juris).

Die Klägerin meint, bei folgenden Umständen handele es sich um publikationspflichtige Insidertatsachen, die die Beklagte unverzüglich nach ihrer jeweiligen Entstehung hätte veröffentlichen müssen:

Engagement am US-Hypothekenmarkt als "neues Kerngeschäftsfeld" Erheblicher Ausbau dieses Geschäftsfeldes 2005 - 2007 Risiken dieses neuen Kerngeschäftsfeldes, insbesondere "Zahlungsgarantien" gegenüber Zweckgesellschaften Führen des Engagements außerhalb der Bilanz Drohende W der Beklagten aufgrund des (bevorstehenden) Zusammenbruchs des US-Subprime-Marktes

Die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Klägerin hat nicht dargetan, dass es sich um publikationspflichtige Insiderinformationen handelt, deren Veröffentlichung die Beklagte im Sinne des § 37 b Abs. 1 Nr. 1 WpHG pflichtwidrig unterlassen hat.

Die Klägerin hat nicht schlüssig dargelegt, dass es sich bei dem Engagement auf dem US-Hypothekenmarkt um ein neues Kerngeschäftsfeld gehandelt habe, das die Beklagte in ihren Geschäftsberichten nach außen nicht habe erkennbar gemacht. Diese These ist nicht belegt. Aus den Geschäftsberichten ergibt sich der Umfang und die sukzessive Ausweitung des Engagements.

Bei dem Umfang des Engagements der Beklagten auf dem US-Hypothekenmarkt handelt es sich nicht um eine Insiderinformation im Sinne des § 13 Abs. 1 S.1 WpHG. Dieses Engagement der Beklagten im US-Hypothekenmarkt ergibt sich aus den Geschäftsberichten. Der Geschäftsbericht ......#/......weist auf den Seiten 51 ff die Struktur der verbrieften internationalen Kreditportfolien zum 31.03.2007 aus. Die Bonitätsstruktur des W4ist auf S. 52 erläutert. Ausgewiesen sind 11,5 Mrd €. Der Anteil der Investments mit AAA bzw. AA Rating betrug 85%. Vor dem Hintergrund einer Bilanzsumme von 63 Mrd. € zum 31.03.2007 ist auch nicht erkennbar, dass es sich um ein schwerpunktmäßiges Engagement am US-Immobilienmarkt mit schlechten Ratings handelt. Die Geschäftsberichte können im Internet unter http://www.ikb.de/content/de/ir/finanzberichte eingesehen werden.

Das allgemeine Risiko einer Inanspruchnahme ist nicht publikationspflichtig. Aus der Tatsache, dass die Beklagte der W3zur Verfügung gestellt hat, folgt das allgemeine Risiko, aus diesen Garantien in Anspruch genommen zu werden. Über dieses Risiko geben die Geschäftsberichte Auskunft. Eine darüber hinausgehende besondere Warnpflicht der Beklagten im Wege einer Adhoc-Mitteilung bestand nicht, weil die Beklagte nicht von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit einer Gefährdung ihrer Bonität vor dem Aktienerwerb der Klägerin am 14.02.2007 ausgehen musste. Die finanziellen Probleme der Beklagten und damit der Wertverfall ihrer Aktien beruhten auf dem Zusammentreffen des vollständigen und dauerhaften Zusammenbruchs des B2-Marktes und der Kappung der Handelslinie am 27.07.2007 durch einen ihrer wichtigen Geschäftspartner. Beide Umstände waren für die Beklagte nach ihrem damaligen Kenntnisstand nicht voraussehbar. Erst die Geschehnisse am 27.07.2007, d.h. rund ein halbes Jahr nach dem Aktienerwerb des Ehemannes, führten zu einer Gefährdung der Zahlungsfähigkeit der Beklagten und damit zu einer Pflicht zur unverzüglichen Adhoc-Mitteilung. Mit der Veröffentlichung am frühen Morgen des 30.07.2007 ist die Beklagte dieser Verpflichtung nachgekommen.

Der Vortrag der Klägerin hinsichtlich der Notwendigkeit einer Ad-Hoc-Mitteilung bezüglich der Erschließung neuer Kerngeschäftsfelder am US-Hypothekenmarkt ab 2002 ist auch deshalb nicht schlüssig, da zu diesem Zeitpunkt des Engagement keine Risiken, sondern im Gegenteil noch erhebliche Gewinnchancen barg, die eine Gewinnwarnung nicht rechtfertigten.

Nicht ersichtlich ist auch, welchen Einfluss eine Adhoc Mitteilung im Jahre 2002 oder 2005 über die Ausweitung der Geschäftsaktivitäten der Beklagten in diesem Bereich auf die Anlageentscheidung der Klägerin im Jahre 2007 gehabt hätte. § 37 b WpHG begründet eine Haftung nur dann, wenn die unterlassenen Insiderinformation kausal für den Erwerb der Aktien war: "durch die Unterlassung". Dies ist aber allein schon auf Grund des großen zeitlichen Abstands zwischen den nach Ansicht der Klägerin erforderlichen Ad-Hoc-Mitteilungen und dem Zeitpunkt des Aktienerwerbs nicht ersichtlich.

Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, aus welchem Grund die von ihr dargestellte Kumulation von Haftungsrisiken aus der Gewährung von Liquiditätlinien und Credit Enhancements sowie der Auslagerung von Credit Enhancements auf die YY einer Publikationspflicht hätte führen müssen. Die Richtigkeit der von der Klägerin dargestellten Konstruktion unterstellt, so hat die Beklagte unbestritten vorgetragen, dass es zu einer tatsächlichen Ziehung des Credit Enhancements bis zu der Ad-Hoc-Mitteilung am 30.07.2007 nicht gekommen ist. Dies verdeutlicht, dass die Risikobewertung der Beklagten im Hinblick auf die Inanspruchnahme aus den Credit Enhancements zutreffend war und sie nicht zu einer Ad-Hoc-Meldung verpflichtete.

Soweit die Klägerin darüber hinaus bemängelt, für die Beklagte habe auf Grund der Risikokumulation eine Kosnsolidierungspflicht bestanden, führt auch dies nicht zu der Verpflichtung der Herausgabe einer Ad-Hoc-Mitteilung. Bei der Frage der Bilanzierung der Zweckgesellschaften handelt es sich nicht um eine Insiderinformation, deren unterlassene Veröffentlichung auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruht.

Die Abschlussprüfer von KPMG haben in ihrem Testat vom 04.06.2007 zu dem Geschäftsbericht ......#/......ausgeführt, dass der Jahresabschluss gesetzlichen Vorschriften entspreche und unter Beachtung der Grundsätze einer ordnungsgemäßen Buchführung ein an den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft vermittele. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang auch zu recht darauf verwiesen, dass der Bericht des Bundesrechnungshofes (Anlage B 22) auf Seite 19 hervorhebt, dass auch unter Berücksichtigung der außerbilanziellen Postionen bei der Berechnung der Kernkapital - und Eigenmittelquote die bankenaufsichtsrechtlichen Mindestanforderungen von der Beklagten unverändert erfüllt worden wären. Die Eigenmittelquote habe stets über der erforderlichen Eigenmittelquote gelegen. Zu der Sonderprüfung durch U im August 2007 führt der Bericht auf S. 47 ff aus, dass diese eine Konsolidierung der RFCC im Konzernabschluss der Beklagten nach internationalen Regelungsstandards der IFRS für geboten gehalten, die Auslagerung des Verbriefungsgeschäfts der Tochtergesellschaften kritisch gesehen und in den Liquiditätslinien - abweichend von der Einschätzung der Bankenaufsicht - ein Kreditgeschäft gesehen habe, das die Beklagte mit Eigenmitteln habe unterlegen müssen. Zu der Frage der Eigenmittelhinterlegung vertrete die Bundesbank aber unverändert eine andere Position und halte die Feststellungen für unzutreffend. Die Bafin hingegen halte die Auslegung lediglich nicht für zwingend.

Dies erhellt, dass die Bilanzierungspraxis der Beklagten der Rechtslage und auch der Ansicht der Bankenaufsicht entsprach. Die Ansicht der Sonderprüfer kann daher nicht als einhellige Ansicht bewertet werden, der die Beklagte unbedingt hätte folgen müssen. Die Auszüge aus dem Bericht des Bundesrechnungshofes widerlegen zugleich die Behauptung der Klägerin, dass diesem lediglich öffentlich zugängliche Unterlagen für seinen Bericht zur Verfügung standen. Der Sonderprüfungsbericht von U ist ausweislich der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vom 09.06.2009 (Bl. 520 GA) vertraulich.

Es fehlt zudem an den Voraussetzungen in subjektiver Hinsicht. Dass nach den hausinternen Studien, volkswirtschaftlichen Kennzahlen und/oder der allgemeinen Presseberichterstattung Anhaltspunkte dafür gegeben waren, dass die Deutsche Y der Beklagten am 27.07.2007 ihre Kreditlinien sperren würde und die Beklagte sich daher nicht mehr würde refinanzieren können, ist nicht ersichtlich.

Soweit die Klägerin vorbringt, die Beklagte habe aufgrund zweier hausinterner Studien, volkswirtschaftlicher Kennzahlen und der allgemeinen Presseberichterstattung Kenntnis von den ihre Existenzkrise auslösenden Ereignissen gehabt, so hat die Beklagte hierzu vorgetragen, dass

die Studien nicht vor Risiken gewarnt hätten, die tatsächlich zur Existenzkrise der Beklagten geführt hätten, nämlich Sperrung der Handelslinien und Zusammenbruch des B2-Marktes;

volkswirtschaftliche Kennzahlen bzw. die angeblich gestiegene Ausfallrate nicht auf die im Sommer 2007 eintretende Finanzmarktkrise hingedeutet hätten, insbesondere die Sperrung der Handelslinien und Zusammenbruch des B2-Marktes nicht absehbar gewesen sei,

sich aus der allgemeinen Presseberichterstattung keine Rückschlüsse auf die konkrete Risikosituation der Beklagten ziehen ließen; die Pressemitteilung zum Ergebnis der U-Sonderuntersuchung zwar Schwachstellen in der Risikoanalyse belegten, nicht aber eine Kenntnis der Beklagten von den Ende Juli 2007 eintretenden Ereignissen.

Ihrer Verpflichtung, die Sperrung ihrer eigenen Kreditlinien und die dadurch hervorgerufene existenzbedrohende Krise bekannt zu machen, ist die Beklagte mit der Veröffentlichung am 30.07.2007 nachgekommen. Dem Vorbringen der Beklagten, dass die Sperrung ihrer eigenen Kreditlinien für Neugeschäfte durch die Deutsche Y am 27.07.2007 erfolgte, woraufhin sie nicht mehr in der M war, sich selbst uneingeschränkt zu refinanzieren, ist die Klägerin nicht entgegengetreten, so dass das Vorbringen als unstreitig anzusehen ist (§ 138 Abs. 3 ZPO). Im Hinblick auf das dazwischen liegende Wochenende ist die Veröffentlichung am frühen Morgen des 30.07.2007 auch unverzüglich erfolgt.

Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus den § 37 b Abs. 1 Nr. 1 WpHG scheidet auch deshalb aus, weil es jedenfalls an hinreichendem Vortrag zu der erforderlichen Kausalität zwischen der behaupteten Pflichtverletzung und den Kaufentscheidung der Klägerin fehlt. Dass die Beklagte am Tag des Kaufes, dem 14.02.2007 eine weitergehende Kenntnis als der Ehemann bzw. dessen Anlageberater bei der YBank, insbesondere im Hinblick auf die Sperrung ihrer Handelslinie durch die Deutsche Y und den Zusammenbruch des B2-Marktes hatte, hat die Klägerin - wie ausgeführt - ebenfalls nicht hinreichend dargelegt.

2.

Dem geltend gemachten Anspruch aus § 37 c Abs. 1 WpHG steht entgegen, dass es sich bei den in Bezug genommenen Pressemitteilungen vom 16.11.2006 und 14.02.2007 schon nicht um Adhoc-Mitteilungen i.S.d. § 15 WpHG handelt.

Die Vorschrift begründet die Haftung eines Emittenten von Finanzinstrumenten, der eine ihn unmittelbar betreffende unwahre Insiderinformation in einer Mitteilung nach § 15 WpHG veröffentlicht. Die Pressemitteilungen vom 16.11.2006 und 14.02.2007 - alle übrigen Pressemitteilungen liegen zeitlich nach dem Aktienkauf - sind jedoch keine Adhoc-Mitteilung im Sinne des § 15 WpHG. Dagegen spricht schon der eindeutige Gesetzeswortlaut. Der Gesetzgeber wollte damit die kapitalmarktrechtliche Informationshaftung bewusst auf diejenigen Informationsformen begrenzen, die bei dem Empfänger ein begründetes Vertrauen erwecken und mit einer erhöhten Wahrnehmungswahrscheinlichkeit verbunden sind.

Wenn die Klägerin meint, § 37 c Abs. 1 Nr. 1 WpHG sei nach seinem Schutzzweck zu eng formuliert und analog auch auf Pressemitteilungen anzuwenden, da, um eine Umgehung der Vorschrift zu vermeiden, nicht die äußere Form der Nachricht maßgeblich sein dürfe, so kann dem nicht gefolgt werden. Die Voraussetzungen für eine Analogie sind nicht gegeben. Es fehlt insoweit bereits an einer planwidrigen Regelungslücke sowie an einer vergleichbaren Interessenlage. Schutzzweck der §§ 37 b, 37 c WpHG ist F, eine zutreffende Marktpreisbildung sicherzustellen. Aus diesem Grund sind Verstöße gegen die Publikationspflichten haftungsbewährt (Assmann - Sethe, WpHG, § 37 b Rn. 4). Besondere Verlässlichkeit genießen im Hinblick auf ihre gesonderte Definition in § 15 WpHG nur Ad-Hoc-Mitteilungen. Eine Ausweitung dieser Haftung würde das Unternehmensrisiko unangemessen ausweiten, zumal die Grenze zwischen Pressemitteilungen und einer wirtschaftlichen Bewertung durch Medien zuweilen fließend sind. Anders als die Ad-Hoc-Mitteilung ist nicht immer eine eindeutige Zuordnung der Publikation zu dem herausgebenden Unternehmen möglich. Das Haftungsrisiko wäre unüberschaubar.

Eine analoge Anwendung der Vorschrift scheidet auch deshalb aus, weil das äußere Erscheinungsbild der Pressemitteilung nicht auf eine Adhoc-Mitteilung schließen lässt und die Presseerklärung auch inhaltlich nicht Kapitalmarktinformationen enthält, deren Form in § 15 WpHG gesetzlich niedergelegt ist. Aus diesem Grund ist auch kein Formmissbrauch ersichtlich, d.h. die Beklagte hat sich nicht bewusst eines anderen Informationsmediums bedient, um sich der Haftung zu entziehen.

3.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch aus § 826 BGB.

Eine sittenwidrige Schädigung erfordert ein Handeln, das gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (st. Rspr. seit RGZ 48, 114, 124). Dafür genügt im Allgemeinen die bloße Tatsache, dass der Täter eine gesetzliche Vorschrift verletzt, ebenso wenig wie der Umstand, dass sein Handeln bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss es sich um ein besonders verwerfliches Vorgehen handeln, wobei sich die Verwerflichkeit aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zu Tage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (BGH, Urteile vom 19.07.2004, Az. II ZR 271/03, NJW 2004, 2668, 2670 und Az. II ZR 402/02, NJW 2004, 2971, 2973 - "Infomatec"). Das Verhalten der Organe der Beklagten erfüllt die beschriebenen Anforderungen nicht. Dies ergibt der Vergleich mit den Fällen, in denen eine Haftung von Vorstandsmitgliedern für fehlerhafte Adhoc-Mitteilungen nach § 826 BGB angenommen wurde. So hatte der Vorstand in den oben zitierten "Infomatec"-Fällen wiederholt bewusst unzutreffende Adhoc-Mitteilungen veröffentlicht, beispielsweise über den Erhalt eines Großauftrags, der in Wirklichkeit ein wesentlich geringeres Auftragsvolumen aufwies. Darüber hinaus verfolgten die Vorstandsmitglieder in diesen Fällen mit der Herausgabe der falschen Meldungen auch in jedenfalls objektiv unlauterer Weise "eigene Zwecke". Denn sie besaßen im Millionenumfang Aktien ihres Unternehmens und profitierten auf diesem Wege zumindest mittelbar von eventuellen Kurssteigerungen. Auch wenn der Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung nicht voraussetzt, dass die "eigenen Zwecke" das vorrangige Ziel oder gar das Endziel dieser ungesetzlichen Handlungsweise sein müssen, so stellt sich doch die sittenwidrige Schädigung als Zusammenspiel von wiederholt grob unrichtiger Ad-Hoc-Mitteilung über Geschäftsabschlüsse und eine objektiv unlautere Handlungsweise zu eigenen Zwecken dar. Beides zusammen bildet die Grundlage für ein Handeln, das derart gegen die Mindestanforderungen des Rechtsverkehrs auf dem Kapitalmarkt verstößt, dass ein Ausgleich für die eingetretenen Vermögensschäden zu gewähren ist (BGH, a.a.O., zitiert nach juris Rn. 49/50).

In eine solche Betrachtung kann allenfalls die Presseerklärung der Beklagten vom 20.07.2007 einbezogen werden. Hinsichtlich der für die Kaufentscheidung angeblich maßgeblichen Pressemitteilungen vom 16.11.2006 und 14.02.2007 hat die Klägerin nichts dazu vorgetragen, inwieweit die dort enthaltenen Zahlen und Prognosen nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprachen und in sittenwidriger Art und Weise allein dem Zweck dienten, die Anleger über die tatsächliche wirtschaftliche Situation der Beklagten zu täuschen, um die Aktienkurs zu stützen. Sie nimmt vielmehr für ihre Behauptungen lediglich die Pressemitteilungen vom 16.05.2007, 28.06.2007 und 20.07.2007 in den Blick, die sich aber schon allein vom zeitlichen Ablauf nicht kausal auf die Kaufentscheidung ausgewirkt haben können. Außerdem hat die Klägerin nicht hinreichend konkret das Bedürfnis nach einer Stützung des Aktienkurses der IKB-Aktie durch unrichtige Pressemitteilungen und damit den Vorwurf der sittenwidrigen Kursmanipulation durch Organe der Beklagten dargelegt. Für kursstützende Maßnahmen im Zeitraum Dezember 2006 bis März 2007 bestand kein Bedürfnis, weil sich die Aktie zu diesem Zeitunkt ausweislich der Anlage B 5 auf einem hohen Kursniveau befand.

In subjektiver Hinsicht erfordert § 826 BGB bedingten Vorsatz, das heißt, der Schädiger muss so leichtfertig gehandelt haben, dass er eine Schädigung des anderen Teils in Kauf genommen haben muss (Palandt/Sprau, BGB, 67. Auflage 2008, § 826 Rn. 9). Ein derartig leichtfertiges Vorgehen kann den Organen der Beklagten nicht zur Last gelegt werden. Hierzu hat die Klägerin gleichfalls nichts vorgetragen.

Die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale des § 826 BGB liegen schon nicht vor. Aus diesem Grund bedarf die Frage der Kausalität keiner abschließenden Entscheidung.

4.

Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 331 Abs. 1 Nr. 1 HGB ist nicht hinreichend dargetan. Es ist schon nicht ersichtlich, inwieweit ein vertretungsberechtigtes Organ der Beklagten Verhältnisse im Jahresabschluss unrichtig wiedergegeben oder verschleiert hat. Der Hinweis darauf, dass nach dem Gutachten der Sonderprüfer im Herbst 2007 die Abschlüsse geändert worden sind, lässt nicht den zwingenden Schluss auf Verstöße gegen Bilanzierungsrichtlinien zu. Genannt hat die Klägerin lediglich die Pflicht zur Konsolidierung nach SEC- 12.8 bzw. SEC 12.9. Dies allein führt allerdings noch nicht zu einer Haftung aus § 331 Abs. 1 Nr. 1 HGB. Die Bilanzierung muss schlechthin unvertretbar gewesen sein. Dem steht entgegen, dass die Wirtschaftsprüfer KPMG den Jahresabschlüssen in Kenntnis der Gegebenheiten ein unbeschränktes Testat erteilt haben und die Bundesbank wie ausgeführt die ursprüngliche Bilanzierung durch die Beklagte nach wie vor für rechtens hält. Dies steht zumindest der Vorsätzlichkeit entgegen.

5.

Eine Haftung der Beklagten ergibt sich auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG. Die Voraussetzungen für einen solchen Anspruch bezogen auf den 27.02.2007 liegen nicht vor.

Voraussetzung für den Anspruch aus § 400 Abs. 1 S.1 AktG ist, dass ein Mitglied des Vorstandes oder des Aufsichtsrates oder ein Abwickler die Verhältnisse der Gesellschaft einschließlich ihrer Beziehungen zu verbundenen Unternehmen in Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand, in Vorträgen oder Auskünften in der Hauptversammlung unrichtig wiedergibt oder verschleiert. Ein Schadensersatzanspruch erfordert, dass die Pressemitteilung der Beklagten vom 16.11.2006 und 14.02.2007 als Darstellung oder Übersicht über den Vermögensstand anzusehen ist. Dies verlangt einen Bericht, der den Vermögensstand umfassend wiedergibt, d.h. eine Zusammenstellung von Zahlenmaterial, insbesondere aller Arten von Bilanzen, die einen Gesamtbild über die wirtschaftliche M ermöglicht und den Eindruck der Vollständigkeit erweckt (BGH, Urteil vom 09.05.2005, Az. II ZR 287/02, NJW 2005, 2450, 2451; BGHZ 160, 134, zitiert nach juris Rn. 26; Kropf, in: Münchener Kommentar zum AktG, 2. Auflage 2006, § 400 Rn. 21). Ein solcher Bericht kann auch ein Quartalsbericht sein. Denn der Quartalsbericht ist gekennzeichnet durch den Anspruch auf vollständige Information der Adressaten über die Unternehmenssituation im Berichtszeitraum (BGH, Urteil vom 16.12.2004, Az. 1 StR 420/03, NZG 2005, 132, 135). Diese Anforderungen sind bei den Erklärungen der Beklagten nicht erfüllt. Denn Bestandteil eines Quartalsberichts sind zwingend Zahlenangaben über Umsatzerlöse und das Ergebnis vor und nach Steuern bzw. eine Gewinn- und Verlustrechnung (BGH, Urteil vom 16.12.2004, Az. 1 StR 420/03, NZG 2005, 132, 135). Die Äußerungen bzw. Mitteilungen der Beklagten enthalten diese Angaben jedoch nicht. Die Presseerklärung vom 16.11.2006 enthält lediglich Auszüge aus dem Halbjahresbericht, auf den vollständigen Bericht wird lediglich hingewiesen. Gleiches gilt für die Presserklärung vom 14.02.2007, die sich über die 9-Monats-Zahlen, ebenfalls lediglich auszugsweise, verhält.

Darüber hinaus fehlt es, aus den bereits oben erörterten Gründen, zumindest auch an dem erforderlichen Verschulden der Beklagten. Aufgrund der Strafnormqualität des § 400 AktG setzt letzteres Tatbestandsmerkmal - wie § 826 BGB - ebenfalls vorsätzliches Handeln voraus.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 S. 1, 709 ZPO.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Beklagten vom 28.07.2009 und 31.07.2009 geben keine Veranlassung die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Gleiches gilt auch für den nicht nachgelassenen Schriftsatz der Klägerin vom 06.07.2009.

Streitwert: 15.577,50 €






LG Düsseldorf:
Urteil v. 04.08.2009
Az: 7 O 276/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/62f34cba74e0/LG-Duesseldorf_Urteil_vom_4-August-2009_Az_7-O-276-08




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