Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 8. Mai 1998
Aktenzeichen: 6 U 163/97
(OLG Köln: Urteil v. 08.05.1998, Az.: 6 U 163/97)
Die werbliche Aussage eines Unternehmens, das Kunden seine Dienste bei der von ihm behaupteten kostensparenden Gestaltung von Telefonbucheintragungen anbietet, das amtliche Telefonbuch als "alphabetisch aufgebautes Nachschlagewerk" sei im Hinblick auf die Brancheneintragungen - im Gegensatz zu den Gelben Seiten in seiner werblichen Nutzbarkeit erheblich eingeschränkt, man empfehle daher, "branchenbezogene bezahlte Einträge in diesen Büchern nicht mehr zu schalten", ist relevant irreführend im Sinne von § 3 UWG.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 8. Juli 1997 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 146/97 - (in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses des Landgerichts vom 6. August 1997) wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Beklagten auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beschwer der Beklagten wird auf 50.000,-- DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin verlegt in den Bezirken 49 bis 53 das Amtliche und
das Àrtliche Telefonbuch sowie die Gelben Seiten.
Die Beklagte zu 1) berät bei der Gestaltung von
Telefonbucheintragungen mit dem Ziel, die dabei entstehenden Kosten
möglichst niedrig zu halten. Die Beklagten zu 2) und 3) sind ihre
Geschäftsführer.
Anlaß und Gegenstand des Rechtsstreits, dem das einstweilige
Verfügungsverfahren 31 O 676/96 LG Köln vorausgegangen ist, sind -
die aus den nachstehend wiedergegebenen erstinstanzlichen
Klageanträgen der Klägerin ersichtlichen - Werbeaussagen der
Beklagten zu 1) in ihren Eintragungsvorschlägen für die Firma
Leder-D. in K.. Diese Firma Leder-D. hatte bis dahin sowohl im
Amtlichen Telefonbuch als auch in den Gelben Seiten für K., B. G.,
L. und B./E. (Bezirke 50, 49 und 52) Zusatzeintragungen geschaltet.
Der Eintragungsvorschlag der Beklagten zu 1) sah den Verzicht auf
die Zusatzeintragungen im Amtlichen Telefonbuch und den Gelben
Seiten für die Bezirke 49 und 52 sowie Ànderungen bei der Werbung
in den Gelben Seiten für die Stadt K. (Bezirk 50) vor. Wegen der
Einzelheiten wird auf den Eintragungsvorschlag für die Firma
Leder-D. sowie auf deren bisherige Werbung und Anzeigenauftrag
(Anlagen K 2, B 5, K 3 und K 4) Bezug genommen.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die
streitgegenständlichen Aussagen der Beklagten zu 1) seien unter
mehreren Aspekten wettbewerbswidrig gem. §§ 1,3 UWG. Insbesondere
hat sie geltend gemacht, daß der Hinweis auf eine Preisersparnis
schief und irreführend sei. Dem Kunden werde dabei verschwiegen,
daß die angebliche Ersparnis durch Reduzierungen beim Text, der
Grafik und des räumlichen Verbreitungsgebiets erzielt werde.
Gleichermaßen irreführend sei die Begründung für die Empfehlung,
auf Zusatzeintragungen im Amtlichen Telefonbuch zu verzichten. Von
einem alphabetischen Nachschlagewerk könne schon in Anbetracht der
zahlreichen Brancheneintragungen keine Rede sein.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagten zu verurteilen, es bei
Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen
Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder
Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen
Verkehr zu Wettbewerbszwecken,
1. gegenüber Inserenten der Klägerin
mit einer Preis-
ersparnis für einen
Eintragungsvorschlag in einem von der Klägerin verlegten
Telekommunikationsverzeichnis zu werben und/oder werben zu lassen,
ohne gleichzeitig darzulegen, daß der Eintragungsvorschlag
a. textlich,
b. in der grafischen Ausgestaltung
und/oder
c. in der räumlichen Verbreitung des
Telekommunika-
tionsverzeichnisses von der bisherigen
Eintragung des Inserenten in dem Telekommunikationsverzeichnis
abweicht, insbesondere wenn dies wie folgt geschieht:
2. gegenüber Inserenten der Klägerin
folgende Aussage zu verwenden und/oder verwenden zulassen:
"Das amtliche Telefonbuch ist ein
alphabetisch nach Namen aufgebautes Nachschlagewerk, das vom Kunden
in der Regel auch so genutzt wird. Hier sind im Gegensatz zu den
Gelben Seiten bis auf wenige Ausnahmen (Stichworte von öffentlichem
Interesse, wie z.B. Apotheken, Gaststätten, Hotels, Krankenhäuser)
nur bezahlte Brancheneinträge enthalten, was unserer Meinung nach
die Nutzbarkeit in bezug auf Angebotseinholung erheblich
einschränkt.
Für Brancheneinträge hat die Deutsche
Bundespost Telekom seit vielen Jahren die Gelben Seiten geschaffen,
in denen jeder Anbieter kostenfrei unter einer Grundbranche
veröffentlicht wird. Hier ist eine relative Vollständigkeit der
Anbieter in einem verhältnismäßig großen Bereich gewährleistet, was
den Gelben Seiten beim Verbraucher den Vorzug vor dem amtlichen
oder dem örtlichen Telefonbuch verschaffen dürfte. Wir empfehlen
deshalb, branchenbezogene bezahlte Einträge in diesen Büchern nicht
mehr zu schalten."
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben den angegriffenen Hinweis auf die "Ersparnis" mit dem
Argument verteidigt, daß kein Preisvergleich vorgenommen werde, dem
Kunden vielmehr verschiedene Eintragungsmöglichkeiten aufgezeigt
würden. In Anbetracht ihres detaillierten Konzeptvorschlags, der
dem Inhaber der Firma Leder-D. von ihrem Außendienstmitarbeiter
noch mündlich erläutert worden sei, könne der Kunde über den Grund
für die Ersparnis nicht im Unklaren sein.
Die Empfehlung, keine Anzeigen in den amtlichen Telefonbüchern
zu schalten, sei eine zulässige Meinungsäußerung. Die dafür
genannten Gründe seien wahr. Das betreffende Formblatt finde im
übrigen nur Verwendung, wenn sich für die Branche des Kunden keine
Brancheneintragungen im amtlichen Telefonbuch befänden.
Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrags der
Parteien wird auf die vor dem Landgericht gewechselten Schriftsätze
Bezug genommen sowie auf die Akte 31 O 676/96 LG Köln, die das
Landgericht zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht
hat.
Mit Urteil vom 8. Juli 1997 hat das Landgericht der Klage der
Klägerin antragsgemäß gem. § 3 UWG entsprochen. Dabei hat es sich
weitgehend auf seine Erwägungen in dem am 25. November 1996 im
einstweiligen Verfügungsverfahren 31 O 676/96 verkündeten Urteil
bezogen. Dort hat das Landgericht zu den mit dem Klageantrag zu 2.
beanstandeten Werbeaussagen der Beklagten zu 1) ausgeführt, daß
sich die Brancheneintragungen im amtlichen Telefonbuch entgegen der
Darstellung in den fraglichen Werbeaussagen nicht auf wenige
Ausnahmen wie etwa auf Einrichtungen von öffentlichem Interesse
beschränkten. Unstreitig gäbe es vielmehr eine Vielzahl von
Teilnehmern aus Handel und Gewerbe, die in ihren
Telefoneintragungen die jeweilige Branchenbezeichnung
voranstellten. Zudem fänden sich auch im amtlichen und örtlichen
Telefonbuch zahlreiche Werbeeinträge. Daran seien die Kunden auch
gewöhnt. Aus diesem Grund werde der Sachverhalt stark verkürzt,
wenn in den beanstandeten Werbeaussagen das amtliche Telefonbuch
als alphabetisches Nachschlagewerk abgewertet und mit diesem
Argument die Nutzbarkeit als Werbemedium in Frage gestellt werde.
Daß über den wirtschaftlichen Nutzen von kostenpflichtigen
Zusatzeintragungen im amtlichen und/oder örtlichen Telefonbuch
durchaus gestritten werden könne, habe auf diese Beurteilung keinen
Einfluß, denn bei den Werbeaussagen gehe es nur darum, daß die mit
dieser Werbung von den Beklagten ausgesprochene Empfehlung mit
einer unzutreffenden Darstellung des Sachverhalts unterlegt
sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Landgerichts
wird auf die angefochtenen Entscheidung verwiesen.
Gegen dieses ihnen am 1. August 1997 zugestellte Urteil des
Landgerichts wenden sich die Beklagten mit ihrer am 1. September
1997 eingegangenen Berufung, die sie - nach entsprechender
Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist - rechtzeitig am 3.
November 1997 begründet haben.
Die Beklagten fechten mit der Berufung das Urteil des
Landgerichts - nur - insoweit an, als das Landgericht sie gemäß dem
Klageantrag zu 2. zur Unterlassung verurteilt hat. Sie machen
hierzu unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen
Vortrags geltend, das Landgericht habe die mit dem Klageantrag zu
2. beanstandete Werbeaussage nicht zutreffend interpretiert und
gewürdigt, denn von einer Irreführung könne bei den untersagten
Àußerungen keine Rede sein. Die in der Werbung enthaltene
Behauptung, daß das Amtliche Telefonbuch alphabetisch aufgebaut sei
und bis auf wenige einzeln benannte Ausnahmen nur bezahlte
Brancheneinträge enthalte, sei objektiv richtig. Eine Irreführung
des Verkehrs könne ebenfalls nicht in der Àußerung gesehen werden,
daß die Nutzbarkeit des Amtlichen Telefonbuchs betreffend die
Angebotseinholung unter mehreren Anbietern einer Branche
eingeschränkter als in den Gelben Seiten sei. Abgesehen davon, ob
diese Meinungsäußerung hier einen objektiven Kern enthalte, sei sie
schon deshalb nicht irreführend, weil sie ausdrücklich als
Meinungsäußerung und damit als persönliche Ansicht der Beklagten zu
1) gekennzeichnet sei. Sie beanspruche damit keinen
Wahrheitsgehalt. Durch die Formulierung "unserer Meinung nach"
werde dem Kunden ausdrücklich freigestellt, anderer Meinung zu sein
und dies durch einen Blick ins Amtliche Telefonbuch und die Gelben
Seiten unter seiner Branche nachzuprüfen. Es könne jedoch auch in
der im zweiten Absatz der "Empfehlung" angeführten Ansicht der
Beklagten zu 1) keine Irreführung des Verkehrs gesehen werden.
Schon die Verwendung des Konjunktivs schließe dies aus und stelle
klar, daß keine Aussage getroffen werde, die eine absolute
Richtigkeit für sich beanspruche, sondern daß lediglich von der
Beklagten zu 1) die persönliche Schlußfolgerung einer Beobachtung
gezogen werde. Dies gelte ebenso für den letzten Satz der
Werbeaussage mit der dort ausgesprochenen Empfehlung. Auch hier
werde die Subjektivität der Aussage nicht versteckt gehalten. So
habe dies bereits das OLG Frankfurt in dessen - rechtskräftigem -
Urteil vom 12.03.96 (Bl. 167 f) gesehen, in dem es eine
vergleichbare Aussage als lauter erachtet habe. Die Empfehlung der
Beklagten zu 1) entspreche im übrigen der bundesweit lancierten
Werbung der DeTeMedien GmbH und ihrer Verlage für die Benutzung der
Gelben Seiten, wonach der Telefonbuchbenutzer auf der Suche nach
einem Fachmann einer bestimmten Branche am besten in den Gelben
Seiten fündig werde. Den Anzeigenkunden, die ja ebenfalls
Telefonbenutzer seien, sei also ohnehin bekannt, daß die Gelben
Seiten, auch genannt das "Branchenbuch", das eigentliche
Telefonverzeichnis für Brancheneinträge seien und nicht etwa das
Amtliche oder das Àrtliche Telefonbuch.
Die Beklagten beantragen,
1. das Urteil des Landgerichts Köln vom 8. Juli 1997
teilweise abzuändern und die Klage
abzuweisen, soweit die Beklagten verurteilt wurden, es bei Meidung
eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden
Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder
Ordnungshaft bis zu 6 Monaten im geschäftlichen Verkehr zu
Wettbewerbszwecken es zu unterlassen,
gegenüber Inserenten der
Berufungsbeklagten/ Klägerin folgende Aussage zu verwenden und/oder
verwenden zu lassen:
"Das amtliche Telefonbuch ist ein
alphabetisch nach Namen aufgebautes Nachschlagewerk, das vom Kunden
in der Regel auch so genutzt wird. Hier sind im Gegensatz zu den
Gelben Seiten bis auf wenige Ausnahmen (Stichworte von öffentlichem
Interesse, wie z.B. Apotheken, Gaststätten, Hotels, Krankenhäuser)
nur bezahlte Brancheneinträge enthalten, was unserer Meinung nach
die Nutzbarkeit in bezug auf Angebotseinholung erheblich
einschränkt.
Für Brancheneinträge hat die Deutsche
Bundespost Telekom seit vielen Jahren die Gelben Seiten geschaffen,
in denen jeder Anbieter kostenfrei unter einer Grundbranche
veröffentlicht wird. Hier ist eine relative Vollständigkeit der
Anbieter in einem verhältnismäßig großen Bereich gewährleistet, was
den Gelben Seiten beim Verbraucher den Vorzug vor dem amtlichen
oder dem örtlichen Telefonbuch verschaffen dürfte. Wir empfehlen
deshalb, branchenbezogene bezahlte Einträge in diesen Büchern nicht
mehr zu schalten."
Die Klägerin beantragt,
1. die Berufung zurückzuweisen,
2. ihr - der Klägerin - zu gestatten, Sicherheit auch
durch Bürgschaft einer deutschen
Großbank, Genossenschaftsbank oder öffentlichen Sparkasse leisten
zu können.
Auch die Klägerin wiederholt und ergänzt ihren erstinstanzlichen
Vortrag unter Verteidigung der angefochtenen Entscheidung des
Landgerichts. Sie ist der Auffassung, das beanstandete Verhalten
der Beklagten erfülle nicht nur den Tatbestand des § 3 UWG, sondern
stelle ebenfalls eine unlautere gezielte Herabsetzung ihrer - der
Klägerin - Leistung nach § 1 UWG dar. Dem Leser solle mit der
Werbung suggeriert werden, die Amtlichen und die Àrtlichen
Telefonbücher enthielten keine oder nur in sehr eingeschränktem
Umfang branchenbezogene Eintragungen. Dies geschehe in der Weise,
daß sachwidrig auf die angeblich geringe Anzahl nicht bezahlter,
branchenbezogener Eintragungen hingewiesen werde. Von Belang sei
aber nicht die Unterscheidung zwischen bezahlten und unbezahlten
branchenbezogenen Eintragungen, sondern das Vorhandensein von
branchenbezogenen Eintragungen. Es sei auch eine Vielzahl von
Teilnehmern aus Handel und Gewerbe mit Branchenbezeichnungen in den
Amtlichen und Àrtlichen Telefonbüchern vertreten und die
Branchenbezeichnung erlange dadurch Bedeutsamkeit, daß sie der
sonstigen Eintragung vorangesetzt werde. Zudem wiesen die von der
Beklagten diskriminierten Telefonbücher zahlreiche
Werbeeintragungen auf, die den Benutzern bekannt seien und von
diesen auch genutzt würden. Daher sei die Werbung der Beklagten auf
die Irreführung des Lesers angelegt, wenn nicht auf die Häufigkeit
auch von branchenbezogenen Eintragungen in den Amtlichen und
Àrtlichen Telefonbüchern abgestellt werde, sondern auf die
angebliche geringere Anzahl unbezahlter Brancheneintragungen. Für
die Entscheidung über die Vorteilhaftigkeit und Werbewirksamkeit
einer branchenbezogenen Eintragung sei es belanglos, ob diese
entgeltlich oder unentgeltlich zustande gekommen sei. Die Frage, ob
ein Brancheneintrag im Amtlichen Telefonbuch bezahlt sei oder
unentgeltlich erfolge, schränke die Nutzbarkeit und die
Verwendbarkeit von Amtlichen Telefonbüchern bei der Suche nach
branchenbezogenen Adressen nicht ein.
Im übrigen gebe die beanstandete Werbung der Beklagten den
Zusammenhang auch deshalb unzutreffend wieder, weil ebenfalls in
den Gelben Seiten die häufig genutzte Möglichkeit bestehe, optisch
hervorgehobene oder aber textlich ausführlichere Werbeeintragungen
gegen eine entsprechende Vergütung zu schalten. Eine große Anzahl
von Brancheneintragungen in den Gelben Seiten seien auf solche
vergütungspflichtigen Eintragungen zurückzuführen. Auch vor diesem
Hintergrund bestehe zwischen den Amtlichen Telefonbüchern und den
Gelben Seiten kein Unterschied. Die Beklagte zu 1) mache daher mit
der beanstandeten Werbung eine Aussage über die Produkte der
Klägerin, die unzutreffend sei, jedenfalls aber den Zusammenhang
unsachlich verzerre.
Schließlich sei ebenfalls nicht richtig, daß sich die
unentgeltlichen Brancheneintragungen in den Amtlichen und Àrtlichen
Telefonbüchern nur auf wenige Eintragungen im öffentlichen
Interesse erstreckten. Diese Brancheneintragungen erfaßten vielmehr
die gesamte Breite und Vielzahl der Teilnehmer an Handel und
Gewerbe sowie der freien Berufe und würden auch intensiv genutzt,
wie die bereits in der ersten Instanz als Anlage K 10 vorgelegte
Umfrage der Advanced Market Research GmbH belege. Die hohe Anzahl
von branchenbezogenen Eintragungen in diesen Telefonbüchern sei
zudem ebenfalls ein Beleg dafür, daß die entsprechende
Werbewirksamkeit gegeben sei und der Inserent deshalb auch von
dieser Möglichkeit Gebrauch mache.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der
Parteien wird auf deren zweitinstanzlichen Schriftsätze und die
damit zu den Akten gereichten Unterlagen verwiesen.
Gründe
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, bleibt aber in der
Sache ohne Erfolg.
Das Landgericht hat zu Recht gem. § 3 UWG dem
Unterlassungsverlangen der Klägerin stattgegeben, das Gegenstand
des Klageantrags zu Ziff. 2. (entsprechend der Bezifferung der
Klageanträge im Tatbestand dieses Urteils) ist. Die Darstellung des
Amtlichen Telefonbuchs in bezug auf Brancheneintragungen, die in
der mit diesem Klageantrag beanstandeten Werbung der Beklagten zu
1) enthalten ist, ist unrichtig und damit irreführend im Sinne von
§ 3 UWG.
Im ersten Absatz der in Rede stehenden Werbung wird der Kunde
darüber informiert, daß es sich bei dem Amtlichen Telefonbuch um
ein Nachschlagewerk handelt, das alphabetisch nach Namen aufgebaut
ist und vom Kunden in der Regel auch so genutzt wird, daß weiterhin
in diesem Amtlichen Telefonbuch - anders als in den Gelben Seiten -
bis auf wenige Ausnahmen nur bezahlte Brancheneinträge enthalten
seien. Mit dieser Angabe wird dem Kunden zumal im Kontext mit dem
Hinweis im zweiten Absatz der Werbung auf die Möglichkeit der
kostenfreien Eintragung eines jeden Anbieters unter einer
Grundbranche in den Gelben Seiten und der dadurch bei den Gelben
Seiten gewährleisteten "relativen Vollständigkeit der Anbieter in
einem verhältnismäßig großen Bereich" der Eindruck vermittelt, das
Amtliche Telefonbuch enthalte nur wenige Brancheneinträge. Dabei
wird er wegen des Hinweises im zweiten Absatzes diese Aussage
sowohl auf bezahlte wie auf unbezahlte Brancheneinträge im
Amtlichen Telefonbuch beziehen, also auf Brancheneintragungen
allgemein. Zugleich wird der Kunde durch die vorstehend
beschriebenen Angaben in der Werbung der Beklagten zu 1) zu der
Vorstellung veranlaßt, daß der Verbraucher das Amtliche Telefonbuch
in der Regel nicht als Informationsquelle zum Auffinden von
Brancheneinträgen benutze, sondern eben - nur - als ein nach Namen
aufgebautes alphabetisches Nachschlagewerk.
Diese in der beanstandeten Werbung enthaltenen Aussagen der
Beklagten zu 1) stellen aus der maßgeblichen Sicht der umworbenen
Kunden Tatsachenbehauptungen dar, die auch nicht zumindest deshalb
als bloße Meinungsäußerungen der Beklagten zu 1) verstanden werden,
weil die Beklagte zu 1) die am Ende des ersten Absatzes angeführte
erheblich eingeschränkte Nutzbarkeit des Amtlichen Telefonbuchs in
bezug auf die Angebotseinholung mit dem Hinweis "unserer Meinung
nach" als ihre subjektive Schlußfolgerung kenntlich gemacht hat und
am Ende des zweiten Absatzes eine als solche bezeichnete
"Empfehlung" ausspricht, was den Verzicht auf eine
Brancheneintragung in den Gelben Seiten angeht. Diese in dieser
Weise als solche ausgewiesenen subjektiven Àußerungen der Beklagten
zu 1) knüpfen lediglich an die zuvor als objektive Tatsachen
dargestellten Umstände an und bauen darauf auf, ohne sie aber in
ihrer Qualität zu verändern.
Diese Tatsachenbehauptungen der Beklagten zu 1) zu dem Amtlichen
Telefonbuch geben aber die Sachlage nicht zutreffend wieder, denn
das Amtliche Telefonbuch enthält zahlreiche Werbeeinträge von
Unternehmen der unterschiedlichsten Branchen. Dies gilt
insbesondere für bezahlte, aber auch für unbezahlte Eintragungen
(letzteres bei den Teilnehmern, die in ihren
Telefonbucheintragungen die jeweilige Branchenbezeichung
voranstellen). Die Klägerin hat dies z.B. im Schriftsatz vom 28.
Mai 1997 und der damit als Anlage K 17 (Bl. 101 ff) überreichten
Zusammenstellung z.B. für das Amtliche Telefonbuch 1997 des
Bereichs 50 (Stadt Köln) dargelegt. Das nicht näher konkretisierte
Bestreiten dieses Vortrags der Klägerin zu den 270 in diesem
Amtlichen Telefonbuch vertretenen Branchen durch die Beklagten im
Schriftsatz vom 27.Februar 1998 (Bl. 195) ist unbeachtlich, denn
die Beklagten haben ohne weiteres die Möglichkeit, diese Angaben
der Klägerin durch den Blick in das fragliche Telefonbuch zu
überprüfen und ihr Bestreiten näher zu substantiieren. Im übrigen
kommt es hierauf auch nicht an, ebenfalls nicht auf den Einwand der
Beklagten, daß einzelne der von der Klägerin angeführten Branchen
im Amtlichen Telefonbuch gegenüber den Gelben Seiten nur wenige
Eintragungen enthielten. Die Beklagten haben in ihren Schriftsätzen
vom 16. Juni 1997 (Bl. 112 ff GA) und 27. Februar 1998 (Bl. 196 ff
GA) selbst vorgetragen und damit unstreitig gestellt, daß es
bestimmte Branchen gibt, bei denen es zum einen nennenswerte (nicht
nur vereinzelte) Eintragungen im Amtlichen Telefonbuch gibt (vgl.
dazu die Ausführungen der Beklagten auf Bl. 196 z.B. zu den
Stichworten "Beerdigung", Café", "Schlüsseldienst", "Bürobedarf/
Büroeinrichtungen", "Autohäuser", "Elektoartikel",
"Getränkelieferanten", "Optik" usw.). Dabei haben die Beklagten
auch eingeräumt, daß es (außer den in ihrer beanstandeten Werbung
zum Stichwort vom öffentlichen Interesse angeführten Bereichen)
sogar Branchen gibt, die überdurchschnittlich im Amtlichen
Telefonbuch vertreten sind, wobei dazu nach dem eigenen Vortrag der
Beklagten z.B. die Schlüsseldienste und die Elektobranche gehören.
Die Beklagten sprechen insoweit davon, daß sich "insbesondere in
der Elektrobranche der Brauch etabliert" habe, Anzeigen und
Frimeneinträge verstärkt im Amtlichen oder Àrtlichen Telefonbuch zu
schalten.
Die nach alledem feststehende Verfahrensweise der Unternehmen
und der übrigen Teilnehmer aus Handel und Gewerbe sowie der freien
Berufe, auch im Amtlichen Telefonbuch Brancheneinträge nicht nur
vereinzelt zu schalten, macht aber zugleich ebenfalls deutlich, daß
das Amtliche Telefonbuch ersichtlich auch vom Verbraucher nicht nur
als alphabetisches Namensverzeichnis, sondern ebenfalls zum
Auffinden von Brancheneintragungen verwendet wird, und dies der
Grund für die Brancheneintragungen in dem Amtlichen Telefonbuch
durch die Unternehmer usw. ist.
Daß diese Verfahrensweise der Unternehmen und ebenfalls das
Verhalten der Verbraucher, sich des Amtlichen Telefonbuchs - ggfls.
ergänzend zu den Gelben Seiten - zur Information über
Brancheneintragungen zu bedienen, evt. nicht für alle Branchen
gilt, ist dabei im vorliegenden Verfahren unerheblich und vermag
nichts daran zu ändern, daß die Darstellung der Beklagten zu 1) in
der beanstandeten Werbung unrichtig ist. Dort kommen nämlich diese
von den Beklagten angeführten Besonderheiten nicht zum Ausdruck,
denn dort wird - abgesehen von den angeführten "wenigen Ausnahmen"
zum Stichwort "Àffentliches Interesse" - gerade nicht nach
konkreten Branchen differenziert. Vielmehr werden die oben
angeführten Aussagen der Beklagten zu 1) ganz allgemein für das
Amtliche Telefonbuch getroffen. Damit geben aber diese
Werbeaussagen die Sachlage nach dem eigenen Vortrag der Beklagten
nicht zutreffend wieder und sind folglich im Sinne von § 3 UWG
irreführend. Diese Irreführung (nicht nur eines nicht
unbeachtlichen Teils) des Verkehrs kann der Senat aus eigener
Sachkunde feststellen, auch wenn die Mitglieder des Senats nicht zu
den von der Beklagten angesprochenen Verkehrskreisen gehören. Zum
einen ergibt sich die Irreführung - wie dargestellt - aus dem
eigenen Vortrag der Beklagten. Es ist zudem nicht ersichtlich und
wird von den Beklagten auch nicht geltend gemacht, daß es zur
Beurteilung der beanstandeten Werbeaussagen besonderer Kenntnisse
und Erfahrungen bedürfte, über die die Mitglieder des Senats nicht
verfügten.
Das von den Beklagten angeführte Urteil des OLG Frankfurt vom
12. 03.1996 (A.Z.:11 U (Kart) 33/95, Anlage K 7 zur Klage, Anlage B
1 zur Berufungsbegründung der Beklagten) steht dieser Feststellung
des Senats zur Irreführung der beanstandeten Werbung nicht
entgegen. Dies gilt einmal deshalb, weil die vom OLG Frankfurt
gewürdigten Àußerungen mit den im vorliegenden Rechtsstreit zu
beurteilenden Aussagen nicht identisch sind. Zudem ist kein
Anhaltspunkt dafür ersichtlich, daß die Parteien, und hier
insbesondere die Beklagten, im dortigen Verfahren in gleicher Weise
zu den Brancheneintragungen im Amtlichen oder im Àrtlichen
Telefonbuch vorgetragen haben, wie dies im vorliegenden Verfahren
geschehen ist.
Ohne Erfolg wenden die Beklagten auch ein, von einer Irreführung
könne jedenfalls deshalb keine Rede sein, weil das Angebot der
Beklagten zu 1) dem Kunden mündlich erläutert werde. Was den Kunden
dabei jeweils zu welchen Punkten gesagt wird, läßt sich dem
schriftsätzlichen Vortrag der Beklagten nicht entnehmen und wurde
auch im Berufungstermin von seiten der Beklagten nicht näher
dargelegt. Zudem hat bereits das Landgericht im angefochtenen
Urteil zu Recht darauf hingewiesen, daß einem schriftlichen Hinweis
gegenüber mündlichen Erläuterungen ein erhöhter Stellenwert
zukommt. Der schriftliche Hinweis soll gerade dem Kunden als
Orientierung dienen, wenn seine Erinnerung an den Inhalt seines
Gesprächs mit dem Außendienstmitarbeiter verblaßt ist, und soll
sicherstellen, daß die aus der Sicht des Verfassers der Hinweise
maßgeblichen Gesichtspunkte dem Kunden auch bei einer späteren
Befassung mit der Sache schriftlich präsent sind. Insbesondere
dann, wenn sich der Kunde nicht im unmittelbaren zeitlichen
Zusammenhang mit der Óbergabe der schriftlichen Hinweise und der
mündlichen Erläuterungen durch den Mitarbeiter der Beklagten
entschließt, von den Vorschlägen der Beklagten zu 1) Gebrauch zu
machen, liegt es daher auf der Hand, daß die angegriffenen
Werbeaussagen zu der geschilderten Irreführung des Verkehrs in
bezug auf das Amtliche Telefonbuch ungeachtet früherer mündlicher
Erläuterungen der Beklagten führen können.
Erfolglos bleibt aber ebenfalls der insbesondere im Schriftsatz
vom 27. Februar 1998 geltend gemachte Einwand der Beklagten, die
beanstandete Werbung sei im Rahmen eines individuell auf das
angesprochene Unternehmen (Firma Leder D.) zugeschnittenen
Eintragungskonzeptes verwandt worden und insoweit die beanstandeten
Werbeaussagen richtig seien, weil die fraglichen Branchen
(Reinigung und Lederreinigung) nicht im Amtlichen Telefonbuch
vertreten seien; eine Begehungsgefahr dahingehend, daß sie - die
Beklagten - die Werbung auch Firmen vorlegten, deren Branche
überwiegend im Amtlichen Telefonbuch vertreten seien, sei von der
Klägerin nicht dargelegt worden. Dieser schriftsätzliche Vortrag
der Beklagten war Gegenstand der ausführlichen Erörterung der Sache
im Berufungstermin. Dabei hat der im Termin persönlich anwesenden
Beklagte zu 3) auf Fragen des Senats erklärt, daß Zielgruppe der
Beklagten zu 1) alle diejenigen seien, bei denen die Beklagten
durch Blick in das Telefonbuch feststellten, daß dort (gemeint ist
die Eintragung) etwas "abzuspecken" sei. Andere Unterscheidungen
würden nicht gemacht. Dem ausdrücklichen Hinweis seitens des
Senats, daß nach diesem Vortrag jedes im Telefonbuch eingetragene
Unternehmen potentiell Adressat der beanstandeten Werbung sei,
ungeachtet der Branche des Unternehmens, hat der Beklagte zu 3)
oder der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten nicht widersprochen.
Danach besteht jedoch zumindest die Erstbegehungsgefahr, daß sich
die Beklagte zu 1) mit ihrer angegriffenen Werbung unterschiedslos
an jedes in den von der Klägerin verlegten Telefonbüchern
eingetragene Unternehmen wendet, also auch an solche Inserenten der
Klägerin, deren Branche - wie z.B. die Elektrobranche - im
Amtlichen oder im Àrtlichen Telefonbuch nicht nur vereinzelte
Eintragungen aufweist. Gegenüber diesen Anzeigenkunden der Klägerin
ist aber die streitgegenständliche Werbung der Beklagten zu 1) in
der beschriebenen Weise unrichtig und irreführend.
Diese Irreführung des Verkehrs durch die streitgegenständliche
Werbung ist jedoch ebenfalls relevant im Sinne von § 3 UWG, denn
sie ist geeignet, die von der Beklagten zu 1) angesprochenen Kunden
zu veranlassen, sich für den Vorschlag der Beklagten zu 1) zu
entscheiden und z.B. von einer Brancheneintragung im Amtlichen
Telefonbuch Abstand zu nehmen. Auch dies können die Mitglieder des
Senats aus den angeführten Erwägungen selbst feststellen.
Schließlich sind auch keine schützenswerten Interessen der
Beklagten am Festhalten an diesen Werbeaussagen ersichtlich, denen
Vorrang vor dem Schutz des Verkehrs vor Irreführung zukäme, so daß
der Tatbestand des § 3 UWG ebenfalls insoweit erfüllt ist. Die
Beklagte zu 1) kann durch einfache Ànderung ihrer Werbeaussage
diese Irreführung verhindern, ohne in irgendeiner Weise in ihren
geschäftlichen Aktivitäten beeinträchtigt zu werden.
Die Aktivlegitimation der Klägerin zur Geltendmachung des sich
danach gegen die Beklagte zu 1) sowie gegen deren für sie als
Geschäftsführer handelnden Beklagten zu 2) und 3) ergebenden
Unterlassungsanspruchs aus § 3 UWG folgt aus Stellung der Klägerin
als unmittelbar durch die beanstandete Wettbewerbshandlung
Verletzte, so daß es nicht der Heranziehung von § 13 Abs. 2 Nr. 1
UWG bedarf (vgl. dazu Köhler/Piper, UWG, § 13 Rd. 10 mit
weit.Nachw.). Die in den beanstandeten Werbeaussagen der Beklagten
zu 1) enthaltene Irreführung führt dazu, daß die angesprochenen
Kunden auf bezahlte Einträge in den Amtlichen oder den Àrtlichen
Telefonbüchern verzichten mit der sich daraus ergebenden
Gewinneinbuße der Klägerin.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht
gem. §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Beschwer der Beklagten war gem. § 546 Abs. 2 ZPO
festzusetzen und entspricht dem Wert des Unterliegens der Beklagten
im Rechtsstreit.
OLG Köln:
Urteil v. 08.05.1998
Az: 6 U 163/97
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/63517aa6f09d/OLG-Koeln_Urteil_vom_8-Mai-1998_Az_6-U-163-97