Amtsgericht Meldorf:
Urteil vom 15. September 2009
Aktenzeichen: 87 C 554/09

(AG Meldorf: Urteil v. 15.09.2009, Az.: 87 C 554/09)

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 133,59 Euro nebst Zinsen auf 87,18 Euro seit dem 27.07.2007 zu zahlen. Die weitere Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 80%, der Beklagte zu 20%.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung gegen sich abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des gegen sie vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Die Klägerin macht mit ihrer Klage Entgelte für Telekommunikationsdienste geltend. Die Klägerin ist Telekommunikationsdienstleisterin und bietet unter anderem einen Internetzugangsdienst an. Diesen können die Nutzer eines Anschlusses der Deutschen Telekom AG durch Anwahl der Rufnummer 19352... ohne Anmeldung in Anspruch nehmen (€Internet by Call€).

Der Beklagte ist Inhaber eines ISDN-Telekommunikationsanschlusses der Deutschen Telekom AG.

Ursprünglich stellte der Beklagte über den Anbieter G... Internetverbindungen her, und zwar bis zum 25.11.2006. Seit dem 24.11.2006 verfügte der Beklagte über einen pauschal abgerechneten Internetzugang der Deutschen Telekom AG. Der Beklagte ist technisch nicht bewandert und übertrug die Einrichtung seines Internetzugangs seinem Sohn und einem Kollegen.

Die Klägerin behauptet, über den Anschluss des Beklagten seien zwischen dem 09.11.2006 und dem 24.12.2006 Verbindungen zu ihrem Internetzugangsdienst über die Rufnummer 19352... hergestellt worden. Über den ISDN-Anschluss des Beklagten seien die Verbindungen auf beiden Kanälen gleichzeitig hergestellt worden. Wegen der einzelnen Verbindungen wird auf die Einzelverbindungsnachweise in den Anlagen zur Klageschrift (K1, Bl. 13 d.A.) und zum Schriftsatz vom 04.08.2009 (K1 Teil 2, Bl. 37 d.A.) Bezug genommen.

Auf der Internetpräsenz der Klägerin war zum damaligen Zeitpunkt zu lesen, dass Verbindungen zu der genannten Rufnummer mit 5 Cent pro Minute abgerechnet werden (Tarif €C...€). Üblich für Internet-by-Call-Verbindungen war allerdings eine Vergütung von 1 Cent pro Minute, wie sie der Beklagte auch an den Anbieter G... zahlte und wie sie auch etwa der Anbieter A... für derartige Leistungen in Rechnung stellte.

Unstreitig hatte die Deutsche Telekom AG dem Beklagten schon unter dem 24.10.2006 und dem 23.11.2006 Verbindungen zur Rufnummer 19352... zum Preis von 5 Cent pro Minute in Rechnung gestellt und hatte der Beklagte dem Lastschrifteinzug des Rechnungsbetrags nicht widersprochen.

Die Verbindungen zwischen dem 25.11.2006 und dem 30.11.2006 stellte die Deutsche Telekom AG dem Beklagten unter dem 21.12.2006 mit 77,35 Euro in Rechnung. Die Verbindungen im Dezember 2006 stellte die Deutsche Telekom AG dem Beklagten unter dem 29.01.2007 mit 358,53 Euro in Rechnung. Abgerechnet wurde jeweils zum Preis von 5 Cent pro Minute. Die Rechnungen enthielten den Hinweis, dass der Beklagte 30 Tage nach Zugang auch ohne Mahnung in Verzug geraten werde.

Nach Fristablauf ließ die Klägerin unter dem 20.07.2007 ein Mahnschreiben an den Beklagten versenden, für das sie Mahnkosten in Höhe von fünf Euro geltend macht. Dazu trägt sie vor, der zur Entscheidung über den Versand eines Mahnschreibens berufene Mitarbeiter des beauftragten Fakturierungsunternehmens könnte während der dafür benötigten drei Minuten andere Aufgaben erledigen, für die er für seinen Arbeitgeber 67 Euro zuzüglich Umsatzsteuer pro Stunde erlösen könnte.

Der Beklagte ließ die Forderung unter dem 26.07.2007 anwaltlich zurückweisen. Sodann beauftragte die Klägerin ihrerseits einen Anwalt, der zur Zahlung aufforderte und ein Erläuterungsblatt zu Call-by-Call-Verbindungen beifügte. Wegen des Inhalts des Anwaltsschreibens wird auf dessen Wiedergabe in der Anlage K3 zum Schriftsatz vom 27.05.2009 (Bl. 23 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Klägerin behauptet, die Rechnungen und das Mahnschreiben seien dem Beklagten zugegangen. Die Klägerin ist der Auffassung, wegen Ablaufs der Beanstandungsfrist treffe die Beweislast den Beklagten. Auch stelle der Einzelverbindungsnachweis ein ausreichendes Beweismittel dar. Der Vereinbarung eines Entgelts bedürfe es im Fall des Call-by-Call-Dienstes nicht. Der Anwahl ihrer Rufnummer lasse sich ein Einverständnis des Nutzers mit den jeweils gültigen Preisen entnehmen. Es obliege dem Kunden, sich über die jeweils gültigen Tarife zu informieren.

Die Klägerin beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, 435,88 Euro an die Klägerin zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 77,35 Euro seit dem 20.01.2007 und aus weiteren 358,53 Euro seit dem 28.02.2007,

2. den Beklagten zu verurteilen, 5 Euro Mahnkosten und 70,20 Euro Kosten für vorgerichtliche Mahnschreiben nebst Rechtshängigkeitszinsen zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Gründe

I. Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.

1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten aus § 611 BGB einen Anspruch auf Zahlung von 87,18 Euro. Zwischen den Parteien ist ein Dienstvertrag geschlossen worden. Soweit der Beklagte bestreitet, die Leistungen der Klägerin über seinen Anschluss in Anspruch genommen zu haben, schließt dies nicht aus, dass eine andere Person dies veranlasst haben kann. Im Wege der Anscheinsvollmacht ist das Verhalten von Mitbenutzern dem Beklagten zuzurechnen, wenn er nicht nachweist, dass ihm die Inanspruchnahme der Leistungen nicht zugerechnet werden kann (§ 45i Abs. 4 TKG analog; BGHZ 166, 369). Eine Zurechnung scheidet nur aus, wenn der Anschlussinhaber alle ihm zumutbaren geeigneten Vorkehrungen getroffen hat, um eine von ihm nicht gebilligte Anschlussnutzung zu unterbinden (BGH a.a.O.). Der Beklagte hat derartige Vorkehrungen hier nicht getroffen. Umgekehrt hat er vorgetragen, dass er seine Internetverbindungen von Dritten habe einrichten lassen, weil er sich technisch damit nicht auskenne. Damit steht fest, dass Dritte Zugang zu seinem Computer hatten und diesen so einrichten konnten, dass die streitgegenständlichen Verbindungen hergestellt wurden. Dass der Beklagte zugleich andere Anbieter genutzt haben mag, schließt dies nicht aus, zumal der Beklagte über mehrere Einwahlvorrichtungen verfügt haben kann.

Der Höhe nach kann die Klägerin nur Zahlung der üblichen Vergütung von 1 Cent pro Minute, also 20% ihrer Forderung, verlangen (§ 612 Abs. 2 BGB). Die Parteien haben keine Vereinbarung über die Höhe der geschuldeten Vergütung getroffen und es besteht auch keine taxmäßige Vergütung für Internetverbindungen.

Der tatsächlichen Inanspruchnahme einer Leistung wie eines Internetzugangsdienstes lässt sich nicht der Wille des Handelnden entnehmen, dass eine auf der Internetpräsenz des Anbieters veröffentlichte Preisliste Anwendung finden soll. Rein tatsächlich steht nicht fest, ob ein Kunde der Klägerin von einer im Internet veröffentlichten Preisliste weiß, ihre Einbeziehung will und nicht beispielsweise irrtümlich von einem anderen Preis ausgeht oder sich zu der Frage des Entgelts keine Gedanken macht. Dem Kunden einen Einbeziehungswillen zu unterstellen, wäre mit dessen grundrechtlich geschützten Privatautonomie nicht in Einklang zu bringen, die nur durch Gesetz eingeschränkt werden kann (vgl. Art. 2 Abs. 1 GG). Ein solches Sondergesetz ist hier nicht einschlägig, wie noch näher auszuführen sein wird.

Dass der Nutzer den Tarif der Klägerin kannte, lässt sich nicht daraus schließen, dass ihm die Nummer des Dienstes bekannt war. Die Einwahldaten für Call-by-Call-Dienste werden nicht nur in Verbindung mit den Tarifen von den Anbietern verbreitet. Sie werden auch von Dritten und Privatpersonen verbreitet und weiter gegeben. Dabei wird nicht selten kein oder kein aktueller Preis angegeben, zumal das Geschäftsmodell einiger Call-by-Call-Anbieter darin besteht, in kurzen Zeitabständen ihre Tarife zu ändern und darauf zu spekulieren, dass der Kunde einen günstigeren als den aktuell angewandten Tarif annimmt.

Die Annahme eines konkludent erklärten Einverständnisses mit der Geltung der jeweiligen Preisliste der Klägerin stünde ferner im Widerspruch zu § 612 Abs. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift soll sich die Vergütung in erster Linie nach einer Vereinbarung der Parteien, hilfsweise

nach einer allgemeinen Taxe und sonst nach dem üblichen Entgelt richten. Dieser Schutzvorschrift zugunsten des Dienstberechtigten würde man ihren wesentlichen Anwendungsbereich nehmen, wenn man der Inanspruchnahme einer Leistung stets den Willen entnehmen wollte, dass die jeweiligen Preisliste des Dienstverpflichteten Anwendung finden solle.

Von dem fehlenden Einverständnis des Nutzers abgesehen scheitert die Einbeziehung der Preisliste der Klägerin auch an den übrigen Anforderungen des § 305 Abs. 2 BGB. Die Preisliste der Klägerin stellt eine allgemeine Geschäftsbedingung dar (vgl. Palandt-Grüneberg, § 305, Rn. 5). Es fehlte hier jedoch bereits an einem Hinweis der Klägerin auf ihre Preisliste bei Vertragsschluss (§ 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Auch an der Möglichkeit der zumutbaren Kenntnisnahme bei Vertragsschluss (§ 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB) fehlte es, weil die Preisliste der Klägerin nur im Internet veröffentlicht war und die zu erbringende Leistung gerade in der Herstellung einer Internetverbindung bestehen sollte. Bei Verträgen, die außerhalb des Internet geschlossen werden, ist dem Vertragspartner die Einsicht in eine Internetseite nicht zumutbar. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der Verwender die Initiative zur Kenntnisverschaffung nicht in einer Weise auf den Vertragspartner verlagern darf, dass dieser selbst tätig werden muss (vgl. BGH, NJW-RR 1999, 1246, 1247; BeckOK-Becker, § 305, Rn. 58).

Im Fall von Internet-by-Call-Verbindungen von den Voraussetzungen des § 305 BGB abzugehen, besteht kein Anlass. Die gesetzlichen Einbeziehungsvoraussetzungen lassen sich bei offenen Internet-by-Call-Verbindungen wahren, indem dem Nutzer unmittelbar nach der (jedenfalls ersten) Einwahl über den Anschluss im Internet-Browser ein Vertragsangebot angezeigt wird und die Verbindung zum Internet erst nach dessen Annahme freigeschaltet wird.

Die Klägerin ist nicht nach § 305a Nr. 2 b BGB von den Anforderungen des § 305 BGB befreit. Es ist bereits nicht dargelegt, ob ihre Preisliste im Amtsblatt der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen veröffentlicht worden war und in den Geschäftsstellen der Klägerin bereitgehalten wurde. Zudem ist es der Klägerin - wie oben ausgeführt - zumutbar, ihre Preise den Kunden vor Vertragsschluss zugänglich zu machen. In der Gesetzesbegründung zu § 305a Nr. 2 b BGB heißt es zwar, dass der Telekommunikationsanbieter im offenen Call-by-Call-Verfahren keine Möglichkeit habe, dem Anrufer den Inhalt der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ohne erheblichen Zeitverlust für den anrufenden Kunden bekannt zu machen, während von Seiten des Kunden ein Bedürfnis nach einer möglichst schnellen Verbindung bestehe (BT-Drs. 14/6040, 153). Im Fall von Internet-by-Call-Verbindungen hat die Klägerin demgegenüber - wie oben beschrieben - die Möglichkeit, ihre Geschäftsbedingungen einzublenden, was den an einer schnellen Verbindung interessierten Kunden allenfalls Sekunden zum €Weiterklicken€ kostet, dem informierten Kunden dagegen die Möglichkeit der zumutbaren Kenntnisnahme sichert. Die Erwägungen des Gesetzgebers sind für Anrufer angestellt worden und nicht für Internetnutzer. Nur am Telefon müssen Geschäftsbedingungen vorgelesen werden. Für das Entgelt ist § 305a Nr. 2 b BGB seinem Zweck nach ohnehin nicht einschlägig, weil das Entgelt ohne erhebliche zeitliche Verzögerung selbst bei Telefonverbindungen angesagt werden kann (vgl. § 66b TKG). Für die Auslegung, dass der Gesetzgeber Entgelte nicht unter § 305a Nr. 2 b BGB fassen wollte, spricht auch der Vergleich zu § 23 Abs. 2 Nr. 1a AGBG, welcher noch für die €Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Entgelte der Anbieter€ galt. § 305a Nr. 2 b BGB erwähnt Entgelte nun nicht mehr. Dass § 305a Nr. 2 b BGB eng auszulegen ist, ergibt sich auch aus der Erwägung des Gesetzgebers, dass die Vorschrift für den Kunden einen erheblichen Verlust an Transparenz bedeute, weil Kunden in aller Regel das Amtsblatt der Regulierungsbehörde nicht zur Verfügung stehe (BT-Drs. 14/6040, 152). Auch die Geschäftsstelle des Anbieters werde der Kunde normalerweise nicht aufsuchen (a.a.O.). Im Übrigen werde den Anbietern nur zugemutet, was alle anderen Unternehmen schon lange praktizierten (a.a.O.; vgl. dazu Palandt-Grüneberg, § 305, Rn. 37).

Soweit die Klägerin den Vergleich zum öffentlichen Personennahverkehr zieht, ist § 305a Nr. 1 BGB einschlägig.

Soweit der Bundesgerichtshof die tatsächliche Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen dahin auslegt, dass der Kunde mit den jeweiligen Geschäftsbedingungen und Tarifen des Anbieters einverstanden sei (BGH, NJW 2007, 1672, 1673; BGH, NJW 2007, 2540, 2544), kann offen bleiben, ob dem mit Rücksicht auf die Privatautonomie gefolgt werden kann, weil der vorliegende Fall jedenfalls anders liegt: Im Versorgungsbereich bestehen Rechtsnormen, welche die Anwendung allgemeiner Tarife ausdrücklich anordnen (etwa § 2 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3, § 4 AVBWasserV). Außerdem bestimmte - worauf der Bundesgerichtshof ausdrücklich Bezug nimmt - § 10 Abs. 1 S. 1 EnWG a.F., heute § 18 Abs. 1 S. 1 EnWG, dass Allgemeine Bedingungen und Allgemeine Tarife für die Versorgung öffentlich bekanntzugeben und zu diesen Bedingungen und Tarifen jedermann an das Versorgungsnetz anzuschließen und zu versorgen ist. Im Telekommunikationsbereich besteht zwar auch eine Pflicht zur Veröffentlichung (§ 45n TKG). Diese beschränkt sich jedoch auf ein kaum zugängliches Amtsblatt. Ein Anschluss- und Benutzungszwang ist im Fall der Klägerin überdies nicht dargetan (vgl. § 80 TKG). Schließlich unterscheiden sich die Fälle nach der Art der erbrachten Leistung: Während Versorgungsleistungen ohne Kommunikation mit dem Anbieter unmittelbar in Anspruch genommen werden können, haben Telekommunikationsleistungen stets einen Kommunikationsvorgang zum Gegenstand, so dass die Einbeziehung allgemeiner Geschäftsbedingungen für den Anbieter einfacher zu bewerkstelligen ist.

Soweit es der Bundesgerichtshof als Entgeltvereinbarung ansieht, wenn ein Versorgungskunde eine Abrechnung nicht innerhalb angemessener Frist beanstandet und die Leistung weiter in Anspruch nimmt (BGH, NJW 2007, 2540, 2544; BGH, NJW 2009, 502, 503), kann offen bleiben, ob dem mit Rücksicht auf die Privatautonomie gefolgt werden kann, weil der vorliegende Fall aus den genannten Gründen jedenfalls anders liegt als Versorgungsverhältnisse. Nach allgemeinen vertraglichen Grundsätzen liegt weder ein Angebot noch eine Annahme vor, wenn ein Vertragspartner eine Abrechnung nicht innerhalb angemessener Frist beanstandet und die Leistung weiter in Anspruch nimmt. Dem Übersenden einer Rechnung kann und muss der Kunde nicht entnehmen, dass der Anbieter den Vertrag ändern wolle. Umgekehrt kann auch der Anbieter in dem Unterlassen von Einwendungen seitens des Kunden keine auf Vertragsänderung gerichtete Willenserklärung sehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Entgelt vom Konto des Kunden eingezogen wird und keine Erfüllungshandlung des Kunden vorliegt. Der Anbieter kann in dieser Situation bereits nicht davon ausgehen, dass der Kunde eine Rechnung auch nur liest. In der Praxis werden Rechnungen, deren Gesamtbetrag nicht außergewöhnlich hoch ist, verbreitet nicht weiter zur Kenntnis genommen. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass bei Herstellung der streitgegenständlichen Verbindungen noch keine angemessene Frist seit Zugang der früheren Rechnungen vom 24.10.2006 und 23.11.2006 verstrichen war. Nach § 45i TKG beträgt die Beanstandungsfrist acht Wochen ab Rechnungszugang.

2. Der Anspruch ist zu verzinsen seit dem 27.07.2007, §§ 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 BGB. Der Beklagte ist in Verzug gekommen, indem er die Zahlung mit Anwaltsschreiben vom 26.07.2007 ernsthaft und endgültig ablehnen ließ. Mit Rechnungszugang ist Verzug nicht nach § 286 Abs. 3 BGB eingetreten, weil die Klägerin nicht nachgewiesen hat, dass dem Beklagten die Rechnungen der Deutschen Telekom AG zugegangen seien. Mit Zugang des Schreibens vom 20.07.2007 ist Verzug nicht nach § 286 Abs. 1 BGB eingetreten, weil das Schreiben für den Beklagten eine erstmalige Zahlungsaufforderung darstellte.

3. Kosten des Mahnschreibens vom 20.07.2007 kann die Klägerin schon deshalb nicht ersetzt verlangen, weil der Beklagte erst am 26.07.2007 in Verzug gekommen ist.

4. Die vorgerichtlichen Anwaltskosten hat der Beklagte in Höhe von 46,41 Euro zu erstatten (§§ 280, 286 BGB). Zu erstatten ist die 1,3 Geschäftsgebühr von 32,50 Euro nach dem Wert der begründeten Forderung sowie 6,50 Euro Auslagenpauschale. Die Klägerin durfte es hier für erforderlich halten, eine umfassende anwaltliche Prüfung in Auftrag zu geben, nachdem der Beklagte durch einen Anwalt hatte Einwendungen erheben lassen. Dass der klägerische Anwalt nach außen bloß ein Formschreiben versandt hat, änderte nichts an der Erforderlichkeit einer vorangegangenen Prüfung.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

III. Die Berufung war zugelassen, weil von grundsätzlicher Bedeutung ist, ob in der unmittelbaren Inanspruchnahme von Telekommunikationsdiensten die Erklärung des Einverständnisses mit einer im Internet veröffentlichten Preisliste des Anbieters liegt. Die Klägerin führt dazu abweichende amtsgerichtliche Entscheidungen an.

Beschluss:

Der Streitwert für die Gerichtsgebühren wird auf 435,88 Euro festgesetzt.






AG Meldorf:
Urteil v. 15.09.2009
Az: 87 C 554/09


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