Verwaltungsgericht Köln:
Beschluss vom 29. Februar 2008
Aktenzeichen: 21 L 100/08

(VG Köln: Beschluss v. 29.02.2008, Az.: 21 L 100/08)

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 25.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Der am 28. Januar 2008 gestellte Antrag,

die aufschiebende Wirkung der Klage 21 K 568/08 gegen den Beschluss der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen vom 21. Januar 2008 ( ) anzuordnen,

hat keinen Erfolg.

Die Entscheidung über den statthaften und auch sonst zulässigen Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - hängt von einer Abwägung des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des angegriffenen Beschlusses einerseits gegen das Interesse der Antragstellerin am vorläufigen Nichtvollzug dieser Entscheidung andererseits ab. Bei dieser Interessenabwägung sind in erster Linie die Erfolgsaussichten der in der Hauptsache erhobenen Klage zu berücksichtigen. Lassen sich die Erfolgsaussichten dieser Klage im Verfahren über den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht hinreichend verlässlich abschätzen und ist deshalb der Ausgang des Hauptsacheverfahrens als offen zu bewerten, ist eine von den Erfolgsaussichten der Klage losgelöste Abwägung zwischen dem Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung der Klage und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der angegriffenen Entscheidung vorzunehmen. Im Rahmen einer solchen Abwägung ist allerdings eine gesetzgeberische Wertentscheidung für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von erheblichem Gewicht, wie sie auch hier in Gestalt des § 137 Abs. 1 Telekommunikationsgesetz - TKG - vorliegt. Danach sind Entscheidungen der Regulierungsbehörde stets sofort vollziehbar. Gleichwohl erübrigt sich deshalb nicht die im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO bei offenem Prozessausgang vorzunehmende Interessenabwägung; diese ist zwar gesetzlich vorstrukturiert, aber nicht präjudiziert. Um von der gesetzgeberischen Grundentscheidung abzuweichen, bedarf es indessen der Darlegung ganz besonderer individueller Umstände, wobei das Aussetzungsinteresse umso stärker zu bewerten ist, je schwerer die dem Betroffenen auferlegte Belastung wiegt und je mehr die Maßnahme der Verwaltung Unabänderliches bewirkt,

Bundesverwaltungsgericht - BVerwG -, Beschluss vom 14. April 2005 - 4 VR 1005/04 -, NVwZ 2005, 689 (690).

Ausgehend von diesem Maßstab bleibt der gestellte Aussetzungsantrag ohne Erfolg. Zwar überwiegt das öffentliche Vollziehungsinteresse nicht deshalb, weil bereits im Rahmen dieses Verfahrens festgestellt werden könnte, dass der angegriffene Beschluss offensichtlich rechtmäßig ist; der Ausgang des Klageverfahrens ist vielmehr derzeit nicht hinreichend verlässlich abschätzbar (1.). Die hiernach vorzunehmende von den Erfolgsaussichten der Klage unabhängige Interessenabwägung geht jedoch zu Ungunsten der Antragstellerin aus (2.).

1. Rechtsgrundlage des angegriffenen Beschlusses ist § 39 Abs. 3 Satz 1 TKG i.V.m. § 38 Abs. 2 bis 4 TKG.

Der Beschluss ist nicht bereits wegen Überschreitung der zweimonatigen Entscheidungsfrist des § 38 Abs. 3 TKG (formell-)rechtswidrig. Diese Frist, die vorliegend mit Ablauf des 21. Januar 2008 endete, ist gewahrt. Nach § 38 Abs. 3 TKG "entscheidet" die Regulierungsbehörde innerhalb von zwei Monaten nach Einleitung der Überprüfung. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut verlangt die Vorschrift nicht die förmliche Zustellung der Entscheidung an das von ihr betroffene Unternehmen bzw. seinen Verfahrensbevollmächtigten. Vielmehr ist dem Erfordernis des § 38 Abs. 3 TKG genügt, wenn die Regulierungsbehörde innerhalb der zweimonatigen Frist ihre Entscheidung im eingeleiteten Entgeltüberprüfungsverfahren trifft und mit Rechtsfolgebewusstsein dem betroffenen Unternehmen bekannt gibt. Dieses Verständnis steht auch mit Sinn und Zweck des § 38 Abs. 3 TKG in Einklang, dem betroffenen Unternehmen innerhalb der Entscheidungsfrist Klarheit über das Ergebnis der Überprüfung der Entgelte zu verschaffen und ihm zu ermöglichen, sich hierauf einzustellen. Soweit § 131 Abs. 1 Satz 2 TKG die Zustellung der Entscheidungen der Beschlusskammer verlangt, hat das lediglich Bedeutung für die Rechtsmittelfrist, nicht aber für die formelle Rechtmäßigkeit der Regulierungsmaßnahme,

vgl. zum Vorstehenden Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. Juni 2003 - 13 B 2407/02 -, MMR 2003, 615, zu der gleichlautenden Vorschrift des ebenfalls das Verfahren der nachträglichen Entgeltregulierung betreffenden § 30 Abs. 3 TKG 1996.

Der Umstand, dass hier innerhalb der Entscheidungsfrist lediglich der Tenor des angegriffenen Beschlusses - nicht auch seine Begründung - an die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin (per Telefax) bekanntgegeben worden ist, führt angesichts der erwähnten Zweckbestimmung des § 38 Abs. 3 TKG, es dem betroffenen Unternehmen zu ermöglichen, sich auf die Folgen der angeordneten Regelungen einzustellen, zu keiner anderen Beurteilung.

Soweit der angegriffene Beschluss zunächst nicht mit Gründen versehen war, bedingt dies ebenfalls nicht seine formelle Rechtswidrigkeit. Denn ungeachtet der Frage, ob unter den vorliegend gegebenen Umständen davon ausgegangen werden kann, dass dem Begründungsgebot des § 131 Abs. 1 Satz 1 TKG nicht genüge getan worden ist, wäre ein solcher Verstoß jedenfalls nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG - geheilt. Die gegen die Möglichkeit einer Heilung vorgetragenen Gesichtspunkte sind auf die hier zu beurteilende Fallgestaltung, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die entscheidende Beschlusskammer selbst die Gründe ihrer Entscheidung erstmals darlegt, nicht übertragbar. Denn die von der Antragstellerin angesprochenen Fälle betreffen Beschlusskammerentscheidungen, deren Begründungen im Verlaufe verwaltungsgerichtlicher Verfahren nicht von den Mitgliedern der Beschlusskammer selbst, sondern durch die Prozessvertreter der Antragsgegnerin ergänzt worden waren.

Der angegriffene Beschluss der Bundesnetzagentur ist auch in materiell- rechtlicher Hinsicht nicht offensichtlich rechtswidrig.

Die Antragstellerin wird mit ihrer Annahme, dass die streitbefangenen Leistungen und Entgelte nicht der nachträglichen Regulierung unterliegen, weil diese nicht einem sachlichen Markt zuzuordnen seien, für den ein Marktregulierungsverfahren nach §§ 9 ff. TKG durchgeführt worden ist, im Hauptsacheverfahren voraussichtlich nicht durchdringen können. Denn es sprechen deutlich überwiegende Gesichtspunkte dafür, dass die im Rahmen des „Vertrages über das Telekom Virtual Private Network Kommunen des Landes Rheinland-Pfalz" (nachfolgend: T-VPN Rh.-Pf.) und der auf der Grundlage dieses Rahmenvertrages begründeten „Nutzerverträge" erbrachten Leistungen und erhobenen Entgelte in den Geltungsbereich der Regulierungsverfügung vom 23. Juni 2006 ( ) fallen. Die Antragstellerin wird sich demgegenüber voraussichtlich nicht mit Erfolg darauf berufen können, dass es sich beim T-VPN Rh.-Pf. und den auf seiner Grundlage begründeten „Nutzerverträgen" um einen Gesamtvertrag mit einem einzelnen Kunden und einem Jahresumsatz von mehr als einer Million Euro handelt, der nach der der genannten Regulierungsverfügung zugrunde liegenden Festlegung der Präsidentenkammer der Bundesnetzagentur nicht der Regulierung unterliegt.

Maßgebender Ausgangspunkt für die Bestimmung des Bedeutungsgehalts des Kriteriums des „Gesamtvertrages mit einem einzelnen Kunden" ist der Gegenstand des sachlich relevanten Marktes, auf den sich die im „Gesamtvertrag" vereinbarte Leistung beziehen muss, soll sie von einer Regulierung nach Maßgabe der betreffenden Festlegung der Präsidentenkammer und der Regulierungsverfügung vom 23. Juni 2006 ausgenommen sein. Vorliegend handelt es sich um die Märkte „Zugang zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten" und „Öffentliche Inlandsgespräche an festen Standorten". Die zwischen der Antragstellerin und den einzelnen „Nutzern" als eigenständige Vertragsverhältnisse (vgl. §§ 1 Abs. 3 Satz 1 und 5 Abs. 1 T-VPN Rh.-Pf. sowie Ziff. 1. Abs. 3 Satz 1 der „Beitrittserklärung") zustande gekommenen „Nutzerverträge" regeln unzweifelhaft Leistungen und Entgelte, die den genannten sachlich relevanten Märkten zuzuordnen sind. Demgegenüber begründet der zwischen der Antragstellerin und den kommunalen Spitzenverbänden in Rheinland-Pfalz unter dem 01. Februar 2007 geschlossene T- VPN Rh.-Pf. keine gegenseitigen Leistungsverpflichtungen der Parteien dieses Vertrages, die den hier in Rede stehenden sachlich relevanten Märkten angehören. Weder verpflichtet sich die Antragstellerin im T-VPN Rh.-Pf. dazu, den kommunalen Spitzenverbänden Zugangs- und Verbindungsleistungen zur Verfügung zu stellen, noch sind die kommunalen Spitzenverbände verpflichtet, Zugangs- und Verbindungsentgelte zu entrichten oder auch nur für deren Zahlung durch die insoweit eigenständig durch „Nutzerverträge" leistungsverpflichteten „Nutzer" zu haften. Soweit Inhalt und Bestand der „Nutzerverträge" an den T-VPN Rh.-Pf. und dessen Bestand gekoppelt sind - so kommt etwa der „Nutzervertrag" u.a. zu den im T-VPN Rh.-Pf. und dessen Anhängen vereinbarten „rechtlichen und kommerziellen Bedingungen" zustande und ist eine Verlängerung der Laufzeit des „Nutzervertrages" ausgeschlossen, wenn der T-VPN Rh.-Pf. ordentlich gekündigt worden ist -, reicht dies nicht hin, die Annahme zu rechtfertigen, dass es sich um einen Gesamtvertrag mit einem einzelnen Kunden i.S.d. Festlegung bzw. Regulierungsverfügung vom 23. Juni 2006 handelt. Denn die in den „Nutzerverträgen" und dem T-VPN Rh.-Pf. vorgesehenen Bezugnahmen auf Regelungen des jeweils anderen Vertragswerks begründen angesichts der ausdrücklich vereinbarten rechtlichen Eigenständigkeit des jeweiligen „Nutzervertrages" als der eigentlichen Grundlage für die Erbringung der - grundsätzlich - der Regulierung unterliegenden Leistungen gerade keine zusammengefasste vertragliche Beziehung, vermöge derer die „Nutzer" und die kommunalen Spitzenverbände als ein einzelner Kunde anzusehen wären. Die Reichweite und Wirkung der Verknüpfung der Regelungen des T-VPN Rh.-Pf. und der „Nutzerverträge" erschöpft sich im Wesentlichen darin, den „Nutzern" den Abschluss eines rechtlich selbständigen „Nutzervertrages" zu den im T-VPN Rh.-Pf. vorgesehenen Leistungs- und Entgeltbedingungen zu ermöglichen. Die nach dem oben Gesagten für das Verständnis des Begriffes des Gesamtvertrages mit einem einzelnen Kunden maßgebende Erbringung der den Gegenstand des regulierten Marktes betreffenden Leistungen und die Erhebung der zugehörigen Entgelte findet indessen ausschließlich innerhalb des mit jedem einzelnen „Nutzer" zustande kommenden „Nutzervertrages" statt. Unter diesen Umständen spricht ganz Überwiegendes dafür anzunehmen, dass die auf der Grundlage des T-VPN Rh.-Pf. und der auf seiner Grundlage zustande gekommenen „Nutzerverträge" vereinbarten Leistungen der Antragstellerin, soweit sie den Zugang zum öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten und öffentliche Inlandsgespräche an festen Standorten sowie die hierfür erhobenen Entgelte betreffen, nicht im Rahmen eines Gesamtvertrages mit einem einzelnen Kunden erbracht werden.

Das Vorbringen der Antragstellerin vermag dieses Ergebnis nach der gegenwärtigen Einschätzung der Kammer nicht durchgreifend in Frage zu stellen. Insbesondere dürfte der von der Antragstellerseite hervorgehobene Gesichtspunkt, dass sich aus der Begründung der Feststellung der Präsidentenkammer ergebe, dass das Leitbild für das Kriterium des „Gesamtvertrages mit einem einzelnen Kunden" Verträge mit geschlossenen Benutzergruppen gewesen seien, denen die hier streitgegenständliche Vertragsgestaltung exakt nachgebildet sei, zu keiner abweichenden rechtlichen Beurteilung nötigen. Gleiches gilt, soweit im T-VPN an einzelnen Stellen der Begriff der geschlossenen Benutzergruppe (z. B. in § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, § 7 Abs. 4 Satz 2 T-VPN) verwendet wird und der Abschluss der „Nutzerverträge" als „Beitritt" zum bzw. „Einbeziehung" in den T-VPN Rh.-Pf. bezeichnet wird. Diese Begrifflichkeiten sind für die Klärung des materiellrechtlichen Gehalts der maßgebenden vertraglichen Leistungsbeziehungen nicht ausschlaggebend.

Spricht hiernach ganz Überwiegendes dafür anzunehmen, dass die hier in Rede stehende Vertragsgestaltung keinen Gesamtvertrag mit einem einzelnen Kunden darstellt und dass deshalb die vertraglichen Bedingungen und Entgelte, die die Antragstellerin in den auf der Grundlage des T-VPN Rh.-Pf. zustandegekommenen „Nutzerverträgen" einräumt, der nachträglichen Regulierung unterliegen, so hängt die Rechtmäßigkeit der im angegriffenen Beschluss vom 21. Januar 2008 getroffenen Regelungen, für die als Rechtsgrundlage §§ 39 Abs. 3 Satz 1, 38 Abs. 4 Satz 1 TKG in Betracht kommen, zunächst davon ab, dass die betreffenden Entgelte nicht den Maßstäben des § 28 TKG entsprechen. Die Entscheidung darüber, ob dies der Fall ist, kann im Rahmen des vorliegenden Verfahrens, in dem das Gericht auf eine summarische Prüfung beschränkt ist, nicht in die eine oder andere Richtung getroffen werden und muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Dessen Ausgang ist insoweit offen. Denn ungeachtet sich möglicherweise stellender, bisher nicht geklärter Rechtsfragen bei der Ermittlung der für die Feststellung des Vorliegens missbräuchlichen Verhaltens maßgebenden Bezugsparameter und anzulegenden Maßstäbe wird im Hauptsacheverfahren voraussichtlich aufzuklären sein, ob die tatsächlichen Annahmen, aus denen die Bundesnetzagentur das Vorliegen missbräuchlichen Verhaltens der Antragstellerin herleitet, sich als tragfähig erweisen. Das Ergebnis dieser Prüfung ist gegenwärtig nicht absehbar.

Soweit die Antragstellerin es als unverhältnismäßig beanstandet, dass die Bundesnetzagentur im angegriffenen Beschluss weitere Vertragsabschlüsse auf der Grundlage des T-VPN Rh.-Pf. untersagt und die auf der Grundlage dieses Vertrages und den Einzelverträgen vereinbarten Entgelte für unwirksam erklärt hat, ohne zugleich Anordnungen nach § 38 Abs. 4 Sätze 2 und 5 TKG auszusprechen, kann dieser Einwand der in der Hauptsache erhobenen Klage aller Voraussicht nach nicht zum Erfolg verhelfen. Aus § 38 Abs. 4 Satz 2 TKG folgt keine Verpflichtung der Bundesnetzagentur zur Anordnung von Entgelten, die den Maßstäben des § 28 TKG entsprechen. Eine solche Anordnung steht in ihrem Ermessen. Dies hat die Bundesnetzagentur ausweislich der Begründung auf S. 34 des Beschlusses zutreffend erkannt, und es ist nicht ersichtlich, dass die Erwägungen, aus denen sie von einer Anordnung eines abweichenden Entgeltes abgesehen hat, mit dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung nicht vereinbar sind oder sie die Grenzen des ihr eingeräumten Ermessens überschritten hat (§ 40 VwVfG). Dies gilt umso mehr, als den betreffenden Ausführungen zu entnehmen ist, dass mit dieser Entscheidung beabsichtigt wird, statt eines von der Beschlusskammer vorab festzulegenden Entgeltes der Antragstellerin in ihrem eigenen Interesse die Möglichkeit zu gewähren, vorrangig von der durch § 38 Abs. 4 Satz 3 TKG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch zu machen, einen eigenen Entgeltvorschlag zu unterbreiten. Auch das Absehen von einer Anordnung nach § 38 Abs. 4 Satz 5 TKG dürfte aus den von der Bundesnetzagentur (Beschluss S. 34) dargelegten Gründen angesichts der aufgezeigten Besonderheiten des hier in Rede stehenden Bündelproduktes mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht zur Annahme der Rechtswidrigkeit des angegriffenen Beschlusses führen können.

2. Die nach alledem unabhängig vom voraussichtlichen Ergebnis des Hauptsacheverfahrens vorzunehmende Abwägung der widerstreitenden Interessen geht zu Lasten der Antragstellerin aus.

Würde der Aussetzungsantrag abgelehnt und wäre die Klage in der Hauptsache später ganz oder teilweise erfolgreich, so wären die belastenden Folgen, die sich aus einer sofortigen Vollziehung des angegriffenen Beschlusses für die Antragstellerin ergäben, nicht von solchem Gewicht, dass sie das durch § 137 Abs. 1 TKG gesetzlich angeordnete Vollziehungsinteresse überwiegen würden. Die Antragstellerin begründet ihr Aussetzungsinteresse insbesondere damit, dass sich ihre Wettbewerbssituation bereits dadurch nachhaltig verschlechtert habe, dass nach dem Ergehen und öffentlichen Bekannt werden des angegriffenen Beschlusses erhebliche Irritationen ihrer Kunden hinsichtlich der vereinbarten Entgelte und sogar des Bestandes der „Nutzerverträge" und des T-VPN Rh.-Pf. insgesamt aufgetreten seien und sie gehindert sei, neue Verträge auf der Grundlage des T-VPN Rh.-Pf. abzuschließen. Zudem befürchtet sie bei einer Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehbarkeit des angegriffenen Beschlusses eine massive und zentrale Gefährdung ihres gesamten Geschäftsbereiches der T-VPN Verträge. Darüber hinaus seien die für sie nachteiligen Folgen der Vollziehbarkeit des Beschlusses unumkehrbar.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, nach den eingangs genannten Maßstäben ein überwiegendes Aussetzungsinteresse der Antragstellerin anzuerkennen. Zu berücksichtigen ist zunächst, dass die Antragsgegnerin nur wenige Tage nach Erlass des angegriffenen Beschlusses von sich aus dessen sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO - zuletzt bis zum 29. Februar 2008 - ausgesetzt hat und diese Aussetzung damit auch während des Laufs des vorliegenden Verfahrens angedauert hat. Während dieser Zeit konnte die Antragstellerin mithin die für die „Nutzerverträge" maßgeblichen Entgelte erheben. Daran war sie - einstweilen - auch nicht durch den am 20. Februar 2008 ergangenen Beschluss der Bundesnetzagentur gehindert, mit dem festgestellt wird, dass die im Schreiben der Antragstellerin vom 24. Januar 2008 vorgeschlagenen Entgelte die Verstöße gegen die Maßstäbe des § 28 TKG abstellen. Denn die Antragsgegnerin hat die sofortige Vollziehbarkeit auch dieses Beschlusses bis zum 29. Februar 2008 ausgesetzt. Nach Ablauf dieser Frist und im Hinblick auf die gleichzeitig ergehende Entscheidung des Gerichtes im Verfahren 21 L 254/08 ist der Antragstellerin die Möglichkeit eröffnet, die vom angegriffenen Beschluss betroffenen Vertragsverhältnisse mit den von ihr vorgeschlagenen und von der Bundesnetzagentur gebilligten Entgelten fortzusetzen und neue Vertragsverhältnisse auf dieser Grundlage zu begründen. Auf diesem Hintergrund hätte es der Darlegung des Eintritts konkreter, für die Antragstellerin nachteiliger Folgen des Beschlusses vom 21. Januar 2008 bedurft, um überhaupt der Annahme derartiger Nachteile näher treten zu können. Die Antragstellerin hat indessen namentlich nicht vorgetragen, dass von „Nutzern" bereits Kündigungen der im Rahmen des T-VPN Rh.-Pf. abgeschlossenen „Nutzerverträge" ausgesprochen worden seien. Dies legt die Annahme nahe, dass es zu solchen Kündigungen bisher auch nicht gekommen ist. Sie hat ferner nicht behauptet, dass die kommunalen Spitzenverbände Rhein- land-Pfalz auch nur erwögen, von ihrem Recht zur Kündigung des T-VPN Rh.-Pf. aus wichtigem Grund (§ 4 Abs. 3 Satz 2 T-VPN Rh.-Pf.) Gebrauch zu machen. Sie hat darüber hinaus nicht ansatzweise substantiiert vorgetragen, dass die nach dem Beschluss der Bundesnetzagentur vom 20. Februar 2008 und bei einer Ablehnung der Aussetzungsanträge in der vorliegenden Sache und im Verfahren 21 L 254/08 anzuwendenden Entgelte sie in eine so ungünstige wettbewerbliche Situation versetzten, dass sie mit solchen Kündigungen rechnen müsse und der Gewinn neuer Kunden aussichtslos erschiene oder zumindest erheblich erschwert werde. Erst recht ist nicht substantiiert vorgetragen, dass unter den gegebenen Umständen eine Vollziehbarkeit des angegriffenen Beschlusses bis zum Ergehen einer Entscheidung in der Hauptsache die wirtschaftlichen Grundlagen des Geschäftsbetriebes der Antragstellerin in einem existenzgefährdenden Ausmaße beeinträchtigen würde. Hiernach fehlt es bereits an der Darlegung ganz besonderer individueller Umstände, die es ermöglichen könnten, als Ausnahme von der gesetzgeberischen Grundentscheidung des § 137 Abs. 1 TKG die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Dies gilt zumal dann, wenn man die Folgen berücksichtigt, die voraussichtlich eintreten würden, wenn dem Aussetzungsantrag stattgegeben, jedoch später im Hauptsacheverfahren die Klage abgewiesen würde, wenn sich die dem angegriffenen Beschluss zugrunde liegende Annahme eines missbräuchlichen Verhaltens der Antragstellerin als begründet erweisen sollte. Dies bedeutete, dass ein solches missbräuchliches Verhalten der über beträchtliche Marktmacht verfügenden Antragstellerin für einen nicht unerheblichen Zeitraum fortgesetzt würde. Denn der streitbefangene T-VPN Rh.-Pf. ist auf eine Mindestlaufzeit von zwei Jahren, d.h. bis mindestens 31. Januar 2009, angelegt, und es ist nicht gewiss, ob bis zu diesem Zeitpunkt eine das erstinstanzliche Verfahren abschließende Entscheidung wird ergehen können. Unter solchen Umständen wäre ernsthaft zu besorgen, dass ein chancengleicher Wettbewerb in dem hier betroffenen Geschäftskundenbereich, der für viele Wettbewerber von besonderer Bedeutung für ihre Geschäftstätigkeit sein dürfte, nachhaltig beeinträchtigt und damit ein Zustand hingenommen würde, dem entgegenzuwirken Zweck der hier maßgebenden Bestimmungen des TKG ist. Dabei stellt die Kammer auch in Rechnung, dass die hier streitgegenständlichen Verträge und Entgelte einen Kundenkreis betreffen, der regional und nach seiner Zusammensetzung (Kommunale Körperschaften pp. in Rheinland-Pfalz) begrenzt ist. Die Antragstellerin trägt indessen selbst sinngemäß vor - und dies leuchtet ein -, dass der angegriffene Beschluss über den Einzelfall hinaus für ihren gesamten Geschäftsbereich der T-VPN Verträge bedeutsam ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 137 Abs. 3 Satz 1 TKG.






VG Köln:
Beschluss v. 29.02.2008
Az: 21 L 100/08


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