Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Juli 2001
Aktenzeichen: 17 W (pat) 14/00
(BPatG: Beschluss v. 26.07.2001, Az.: 17 W (pat) 14/00)
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse G 11 C des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. Januar 2000 aufgehoben. Das nachgesuchte Patent 43 13 177 wird unter der Bezeichnung "Informationswiedergabevorrichtung" mit folgenden Unterlagen erteilt:
Patentansprüche 1 und 2, Beschreibung Seiten 1 bis 19, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung, ursprünglich eingereichte 8 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 8.
Gründe
I.
Die vorliegende Patentanmeldung ist beim Deutschen Patentamt unter der Bezeichnung:
"Informationswiedergabevorrichtung"
angemeldet worden.
Sie wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G 11 C des Deutschen Patent- und Markenamts mit Beschluß vom 20. Januar 2000 unter der Begründung zurückgewiesen, daß der Gegenstand des Patentanspruchs 1 keine klare Lehre zum technischen Handeln gebe.
Die Anmelderin verfolgt die Anmeldung auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüche 1 und 2 weiter.
Der geltende Anspruch 1 lautet:
"Informationswiedergabevorrichtung zum Lesen von auf einem Aufzeichnungsmedium (1) in einzelnen Stücken aufgezeichneten Informationen, wobei diese gelesenen Informationen intermittierend in einen Pufferspeicher (16) eingegeben werden für deren zeitweise Speicherung, und die gespeicherten Informationen aus dem Speicher (16) mit einer geringeren Geschwindigkeit aus der, mit der sie in den Speicher (16) geschrieben wurden, ausgelesen werden, mit einer Vorrichtung (31) zum Erzeugen einer Schreibadresse, um die von dem Aufzeichnungsmedium (1) gelesenen Informationen in den Speicher (16) zu schreiben, einer Vorrichtung (32) zum Erzeugen einer Leseadresse, um die gespeicherten Informationen aus dem Speicher (16) zu lesen, einer Vorrichtung (11) zum Setzen eines unteren Referenzwertes (E), der die untere Grenze der in dem Speicher (16) gespeicherten Informationsmenge angibt, einer Vorrichtung (34) zum Berechnen der Menge der in dem Speicher (16) gespeicherten Informationen aus einer Differenz zwischen der Schreibadresse der Informationen in dem Speicher (16) und der Leseadresse der gespeicherten Informationen zur gleichen Zeit, undeiner Steuervorrichtung (35), die die vom Aufzeichnungsmedium (1) gelesenen Informationen in den Speicher (16) schreiben läßt, wenn die Menge der gespeicherten Informationen unter den unteren Referenzwert (E) fällt, die aber das Schreiben von Informationen in den Speicher (16) sperrt, wenn die Menge der gespeicherten Informationen einen oberen Referenzwert (F), der geringer als die Kapazität des Speichers (16) ist, überschreitet, und einen Subdaten-Extraktionskreis (50) zum Lesen zusätzlich auf dem Aufzeichnungsmedium (1) aufgezeichneter Subinformationen über die Anfangsposition und die Endposition der einzelnen Informationsstückegekennzeichnet durcheine Vorrichtung (11) zum Berechnen der jeweiligen Wiedergabezeit des gerade von dem Aufzeichnungsmedium (1) gelesenen Informationsstückes aus den Subinformationen, undzum Erhöhen des unteren Referenzwertes (E), wenn die jeweilige Wiedergabezeit eine bestimmte Dauer erreicht hat."
Die Anmelderin trägt vor, daß der geltende Anspruch 1 nunmehr eine klare und nachvollziehbare Lehre vermittle. Der Anspruch gehe von einer Informationswiedergabevorrichtung mit einem Pufferspeicher zur intermittierenden Zwischenspeicherung der von einem Aufzeichnungsmedium gelesenen Informationen aus, wie sie in der EP 0 463 183 A1 beschrieben sei. Eine solche Vorrichtung solle so verbessert werden, daß relativ lange Störungen oder auch ein Wechsel des Aufzeichnungsmediums ohne eine Unterbrechung der Wiedergabe überbrückt werden könnten. Wie im Anspruch angegeben, werde dies dadurch erreicht, daß die Wiedergabezeit des gerade wiedergegebenen Informationsstückes berechnet und abhängig davon der untere Füllstand des Pufferspeichers variiert werde.
In Hinsicht auf diese Maßnahme enthielten die entgegengehaltenen Druckschriften keine Hinweise, so daß die beanspruchte Informationswiedergabevorrichtung auch auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.
Die Anmelderin stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 und 2, Beschreibung Seiten 1 bis 19, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung, ursprünglich eingereichte 8 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 8.
II.
Die in rechter Frist und Form erhobene Beschwerde ist zulässig und auch begründet, da der Gegenstand des nachgesuchten Patents nach den §§ 1 bis 5 PatG patentfähig ist.
1. Der geltende Patentanspruch 1 vermittelt eine nachvollziehbare Lehre zum technischen Handeln.
Wie von der Anmelderin ausgeführt, geht der Oberbegriff des Anspruchs 1 von einer Informationswiedergabevorrichtung zum Lesen von auf einem Aufzeichnungsmedium in einzelnen Stücken aufgezeichneten Informationen aus, wie sie in der EP 0 463 183 A1 beschrieben ist. Diese bekannte Vorrichtung weist einen Pufferspeicher auf, der die vom Aufzeichnungsträger gelesenen Informationen intermittierend mit hoher Geschwindigkeit aufnimmt und mit einer geringeren Geschwindigkeit zur Wiedergabe bereitstellt. Um den Pufferspeicher in dieser Weise betreiben zu können, sind Vorrichtungen vorgesehen zum Erzeugen einer Schreibadresse, einer Leseadresse, zum Berechnen der Menge der zwischengespeicherten Informationen, zum Einschreiben von Informationen, falls diese Menge unter einen unteren Referenzwert fällt und zum Sperren des Einschreibens, falls die Menge über einen oberen Referenzwert steigt. Weiterhin verfügt die bekannte Vorrichtung über einen Subdaten-Extraktionskreis, mit dem auf dem Aufzeichnungsmedium aufgezeichnete Subinformationen gelesen werden können.
Der Anmeldung liegt die Aufgabenstellung zugrunde, eine solche bekannte Vorrichtung so zu verbessern, daß einerseits relativ lange dauernde Störungen oder ein Wechsel des Aufzeichnungsmediums möglichst ohne Unterbrechung überbrückt werden können, andererseits aber die Steuerung möglichst wenig durch Schreibvorgänge belastet wird (vgl S 9, Abs 3 der Beschreibung).
Im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 sind auch die Maßnahmen enthalten, mit denen diese Aufgabenstellung gelöst wird. Danach ist eine Vorrichtung vorgesehen, die die Wiedergabezeit des gerade gelesenen Informationsstückes aus den Subdaten berechnet und die, falls die Wiedergabezeit eine bestimmte Dauer erreicht hat, den unteren Referenzwert erhöht.
Diese Anweisung lehrt den Fachmann, einen auf dem Gebiet der Unterhaltungselektronik tätigen Ingenieur, am Anfang der Wiedergabe eines aufgezeichneten Informationsstückes einen geringeren unteren Referenzwert für den Pufferspeicher zu wählen, wobei ein weites Absinken des Füllstandes mit der Folge einer entsprechend geringen Überbrückungszeit, aber mit geringem Steueraufwand in Kauf genommen wird. Gegen Ende der Wiedergabe der Aufzeichnung wird der untere Referenzwert angehoben, mit der Folge, daß der Pufferspeicher einen hohen Füllstand aufweist, der es erlaubt, im Bedarfsfall länger dauernde Störungen oder einen Wechsel des Aufzeichnungsmediums aus dem hohen Füllstand des Pufferspeichers zu überbrücken.
2. Die mit dem Patentanspruch 1 vorgeschlagenen Maßnahmen beruhen auf einer erfinderischen Tätigkeit.
In Hinsicht auf die im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 genannten Maßnahmen findet sich in der EP 0 463 183 A1 kein Hinweis. Der dort vorhandene Pufferspeicher (memory 52) wird durch eine Vorrichtung (system controller 37) gesteuert, ohne daß eine Variation des Füllstands in Abhängigkeit von der Dauer der Wiedergabezeit erfolgt (vgl insb Sp 14, Z 42 bis Sp 15, Z 17 der EP 0 463 183 A1).
Eine Anregung zu einer solchen Variation des Füllstands des Pufferspeichers findet sich auch nicht in der weiter entgegengehaltenen englischen Patentschrift 1 407 196, die ein Gerät zur Änderung der Tonhöhe (apparatus for changing signal pitch) betrifft. Aus dieser Druckschrift geht lediglich hervor, daß die Tonhöhe eines auf einem Aufzeichnungsmedium aufgezeichneten Tonsignals durch Zwischenspeicherung und Auslesen mit anderer Frequenz variiert werden kann.
3. Der dem Patentanspruch 1 untergeordnete Anspruch 2 gibt Hinweise auf die zweckmäßige Ausgestaltung der Vorrichtung zum Setzen des unteren Referenzwertes und ist daher ebenfalls gewährbar.
Nachdem auch die übrigen Unterlagen die an sie zu stellenden Anforderungen erfüllen, war das Patent gemäß dem Antrag der Anmelderin zu erteilen.
Grimm Bertl Prasch Püschelprö
BPatG:
Beschluss v. 26.07.2001
Az: 17 W (pat) 14/00
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