Bundespatentgericht:
Urteil vom 21. Januar 2011
Aktenzeichen: 4 Ni 42/09
(BPatG: Urteil v. 21.01.2011, Az.: 4 Ni 42/09)
Tenor
1.
Das deutsche Patent 195 49 477 wird für nichtig erklärt.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents DE 195 49 477 (Streitpatent), das auf die internationale Anmeldung PCT/US95/08975 mit der Veröffentlichungsnummer WO 96/03092 A1 vom 26. Juli 1995 zurückgeht und für das die Prioritäten der US-amerikanischen Patentanmeldungen 282 181 vom 28. Juli 1994 und 457 354 vom 31. Mai 1995 in Anspruch genommen sind. Das Streitpatent betrifft einen flexiblen, ausdehnbaren Stent und umfasst neun Ansprüche. Die Ansprüche 1 und 3 lauten wie folgt:
"1. Stent, welcher als eine Röhre ausgebildet ist und in ein Blutgefäß oder eine andere Öffnung im Körper einführbar ist, in welchem er ausdehnbar ist, mit folgenden Merkmalen: a) eine Vielzahl von ersten Mäandermustern (11), welche sich in eine erste Richtung (9) erstrecken, b) eine Vielzahl von zweiten Mäandermustern (12), welche sich in eine zweite, von der ersten verschiedene Richtung (13) erstrecken, c) die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12) weisen Schlaufen (14, 16, 18, 20) auf, d) die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12) sind derart verbunden, dass zumindestens eine Schlaufe (14, 16) jedes ersten Mäandermusters (11) zwischen den benachbarten zweiten Mäandermustern (12) und zumindestens eine Schlaufe (18, 20) jedes zweiten Mäandermusters (12) zwischen den benachbarten ersten Mäandermustern (11) angeordnet ist."
"3. Stent, welcher als eine Röhre ausgebildet ist und in ein Blutgefäß oder eine andere Öffnung im Körper einführbar ist, in welchem er ausdehnbar ist, mit folgenden Merkmalen: a) eine Vielzahl von ersten Mäandermustern (11), welche sich in einer ersten Richtung (9) erstrecken, b) eine Vielzahl von zweiten Mäandermustern (12), welche sich in eine zweite, von der ersten Richtung verschiedene Richtung (13) erstrecken, c) die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12) sind derart verbunden, dass sie eine allgemein gleichmäßige, verteilte Struktur aus Zellen (42, 44) bilden, so dass bei radialer Ausdehnung des Stents seine Gesamtlänge im Wesentlichen gleich bleibt, da einige Zellenelemente des Stents in der Längsrichtung der Röhre wachsen, während einige Zellenelemente des Stents in der Längsrichtung der Röhre schrumpfen."
Wegen der weiteren, auf diese Ansprüche unmittelbar oder mittelbar rückbezogenen Ansprüche 2 bzw. 4 bis 9 wird auf die Streitpatentschrift Bezug genommen.
Die Klägerinnen sehen in den kennzeichnenden Merkmalen der Patentansprüche 1 und 3 eine unzulässige Erweiterung gegenüber den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen. Ferner sind die Klägerinnen der Auffassung, dass der Gegenstand des selbständigen Anspruchs 3 für den Fachmann nicht ausführbar sei. Außerdem machen die Klägerinnen unter Bezugnahme auf verschiedene Druckschriften den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend. Hierfür berufen sie sich u. a. auf folgende Druckschriften:
BR5 EP 0540 290 A2 BR6 WO 95/31945 A1 BR8 US 4 856516 In diesem Zusammenhang bestreiten sie auch die Wirksamkeit der Prioritäts-Inanspruchnahme.
Die Klägerinnen beantragen, das deutsche Patent DE 195 49 477 vollständig für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt, die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass Patentanspruch 3 folgende Fassung erhält (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung sind unterstrichen):
"Stent, welcher als eine Röhre ausgebildet ist und in ein Blutgefäß oder eine andere Öffnung im Körper einführbar ist, in welchem er ausdehnbar ist, mit folgenden Merkmalen: a) eine Vielzahl von ersten Mäandermustern (11), welche sich in einer ersten Richtung (9) erstrecken, b) eine Vielzahl von zweiten Mäandermustern (12), welche sich in eine zweite, von der ersten Richtung verschiedene Richtung (13) erstrecken, c) die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12) sind derart verbunden, dass sie eine allgemein gleichmäßige, verteilte Struktur aus Zellen (42, 44) bilden, so dass bei radialer Ausdehnung des Stents seine Gesamtlänge im Wesentlichen gleich bleibt, da einige Zellenelemente des Stents in der Längsrichtung der Röhre wachsen, während einige Zellenelemente des Stents in der Längsrichtung der Röhre schrumpfen, d) die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12) sind derart verbunden, dass zumindest eine Schlaufe (14, 16) jedes ersten Mäandermusters (11) zwischen den benachbarten zweiten Mäandermustern (12) und zumindest eine Schlaufe (18, 20) jedes zweiten Mäandermusters (12) zwischen den benachbarten ersten Mäandermustern (12) angeordnet ist."
und der Wortlaut der übrigen Patentansprüche gegenüber der erteilten Fassung unverändert sein soll (Hauptantrag), hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass die Ansprüche 1 und 3 folgende Fassung erhalten (Änderungen gegenüber der Fassung gem. Hauptantrag unterstrichen):
"1. Stent, welcher als eine Röhre ausgebildet ist und in ein Blutgefäß oder eine andere Öffnung im Körper einführbar ist, in welchem er ausdehnbar ist, mit folgenden Merkmalen: a) eine Vielzahl von ersten Mäandermustern (11), welche sich in eine erste Richtung (9 ) erstrecken, b) eine Vielzahl von zweiten Mäandermustern (12), welche sich in eine zweite, von der ersten verschiedene Richtung (13) erstrecken, c) die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12) weisen Schlaufen (14, 16 , 18 , 20) auf, d) die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12) sind derart verbunden, dass zumindest eine Schlaufe (14, 16) jedes ersten Mäandermusters (11) zwischen den benachbarten zweiten Mäandermustern (12) und zumindest eine Schlaufe (18, 20) jedes zweiten Mäandermusters (12) zwischen den benachbarten ersten Mäandermustern (11) angeordnet ist und wobei während des Biegens die Schlaufen des ersten und zweiten Mäandermusters an der Biegestelle ihre Form ändern, um die Differenzen in der Länge zwischen der Innenkrümmung und der Außenkrümmung auszugleichen."
"3. Stent, welcher als eine Röhre ausgebildet ist und in ein Blutgefäß oder eine andere Öffnung im Körper einführbar ist, in welchem er ausdehnbar ist, mit folgenden Merkmalen: a) eine Vielzahl von ersten Mäandermustern (11), welche sich in einer ersten Richtung (9) erstrecken, b) eine Vielzahl von zweiten Mäandermustern (12), welche sich in eine zweite, von der ersten Richtung verschiedene Richtung (13) erstrecken, c) die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12) sind derart verbunden, dass sie eine allgemein gleichmäßige, verteilte Struktur aus Zellen (42 , 44) bilden, so dass bei radialer Ausdehnung des Stents seine Gesamtlänge im Wesentlichen gleich bleibt, da einige Zellenelemente des Stents in der Längsrichtung der Röhre wachsen, während einige Zellenelemente des Stents in der Längsrichtung der Röhre schrumpfen, d) die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12) sind derart verbunden, dass zumindestens eine Schlaufe (14, 16) jedes ersten Mäandermusters (11) zwischen den benachbarten zweiten Mäandermustern (12) und zumindest eine Schlaufe (18, 20) jedes zweiten Mäandermusters (12) zwischen den benachbarten ersten Mäandermustern (12) angeordnet ist, und wobei während des Biegens die Schlaufen des ersten und zweiten Mäandermusters an der Biegestelle ihre Form ändern, um die Differenz in der Länge zwischen der Innenkrümmung und der Außenkrümmung auszugleichen."
und der Wortlaut der übrigen Patentansprüche gegenüber der erteilten Fassung unverändert sein soll (Hilfsantrag 1)
weiter hilfsweise, das Patent nach Maßgabe des Hilfsantrags 1, jedoch ohne die Patentansprüche 1 und 2, beschränkt aufrecht zu erhalten (Hilfsantrag 2).
Die Beklagte ist der Ansicht, dass das Streitpatent in den verteidigten Fassungen Bestand habe.
Gründe
Die zulässige Klage erweist sich als begründet.
Soweit die Beklagte mit ihrem Hauptantrag das Streitpatent nur noch in beschränkter Fassung verteidigt, war es ohne Sachprüfung für nichtig zu erklären (Schulte/Kühnen, PatG, 8. Aufl., § 81 Rn. 131).
Im Übrigen sind die Gegenstände der nebengeordneten Patentansprüche 1 und 3 des Streitpatents zwar nicht unzulässig erweitert i. S. v. § 22 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG, und der Senat hat auch keine Zweifel am Vorhandensein einer ausreichenden Offenbarung i. S. v. § 22 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG und der darauf basierenden Ausführbarkeit.
Jedoch sind die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 3 in keiner der von der Beklagten mit Hauptund Hilfsanträgen verteidigten Fassungen patentfähig i. S. v. § 22 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG. Insoweit steht ihnen die US-amerikanische Patentschrift 4 856 516 (BR8) als neuheitsschädlich i. S. v. § 3 PatG entgegen.
Maßgeblich für die Beurteilung der geltend gemachten Nichtigkeitsgründe ist die Sichtweise des hier einschlägigen Durchschnittfachmanns. Bei diesem handelt es sich nach Ansicht des Senats um einen Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Medizintechnik, der in Zusammenarbeit mit Medizinern -insbesondere Gefäßchirurgen -Stents entwickelt und über mehrjährige berufliche Erfahrungen auf diesem Gebiet verfügt.
I.
1. Die streitpatentgemäße Erfindung betrifft einen Stent zum Implantieren in einen lebenden Körper. Solche Stents, die aus einem körperkompatiblen Material bestehen, welches zum Aufweiten eines Blutgefäßes oder einer anderen Öffnung im Körper und zum Aufrechterhalten der resultierenden Größe des Lumens verwendet wird, seien im Stand der Technik bekannt. Typischerweise werde der Stent mit einem aufblasbaren Ballon an den gewünschten Ort im Körper zugeführt. Wenn der Ballon aufgeblasen werde, dehne sich der Stent aus, wodurch sich das Blutgefäß bzw. die Öffnung im Körper erweitere. Andere mechanische Vorrichtungen, welche eine Ausdehnung des Stents bewirken, würden ebenfalls angewendet werden (Streitpatentschrift, Absätze [0001] und [0002]).
Stents, welche aus Draht gebildet sind, seien in den Druckschriften US 5 019 090, US 5 161 547, US 4 950 227, US 5 314 472, US 4 886 062, US 4 969 458 und US 4 856 516 (BR8) genannt. Stents, welche aus geschnittenem handelsüblichen Metall gebildet sind, seien in den Druckschriften US 4 733 665, US 4 762 128, US 5 102 417, US 5 195 984 und FR 2683449 A1 beschrieben (Absatz [0003]). Die in US 5 102 417 beschriebenen Stents seien relativ steife, ausdehnbare röhrenförmige Implantate, welche mit einem flexiblen schraubenförmigen Verbinder miteinander verbunden seien, damit die Stents sich biegen können, wenn sie durch ein gekrümmtes Blutgefäß hindurchgeführt werden. Das Problem dabei sei, dass sich beim Ausdehnen der Stents die Implantate radial ausdehnen und in Längsrichtung schrumpfen. Gleichzeitig würden sich die schraubenförmigen Verbinder verdrehen, was für das Blutgefäß schädlich sei (Absatz [0004]). Ein ähnlicher Stent sei in der US 5 195 984 beschrieben. Dieser weise einen geraden Verbinder auf, wodurch zwar die Verdrehbewegung beseitigt werde, der jedoch kein sehr fester Verbinder sei (Absatz [0005]). Die EP 0 540 290 A2 (BR5) beschreibe einen Stent mit radial ausdehnbaren zylindrischen Elementen aus bandartigem Material, die durch Verbindungsstege miteinander verbunden sind. Die US 4 994 071 schließlich beschreibe einen gabelförmigen Stent mit radial ausdehnbaren zylindrischen Elementen aus gewelltem Draht, die untereinander durch jeweils mindestens einen geraden Drahtabschnitt mit einem Knoten verbunden sind (Absätze [0006] und [0007]).
2.
Vor diesem Hintergrund stellt sich gemäß der Patentschrift die Aufgabe einen flexiblen Stent bereitzustellen, welcher während der Ausdehnung minimal in der Längsrichtung schrumpft (Absatz [0008]).
3.
Demzufolge wird mit Patentanspruch 1 in der erteilten und gemäß Hauptantrag der Beklagten verteidigten Fassung Folgendes beansprucht (Merkmalsgliederung hinzugefügt):
1 Stent, welcher als eine Röhre ausgebildet ist und in ein Blutgefäß oder eine andere Öffnung im Körper einführbarist, in welchem er ausdehnbar ist, mit folgenden Merkmalen:
1A a) eine Vielzahl von ersten Mäandermustern (11), welchesich in eine erste Richtung (9) erstrecken, 1B b) eine Vielzahl von zweiten Mäandermustern (12), welchesich in eine zweite, von der ersten verschiedene Richtung (13) erstrecken, 1C c) die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12) weisen Schlaufen (14, 16, 18, 20) auf, 1D d) die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12) sindderart verbunden, dass 1D1 zumindestens eine Schlaufe (14, 16) jedes ersten Mäandermusters (11) zwischen den benachbarten zweiten Mäandermustern (12) und 1D2 zumindestens eine Schlaufe (18, 20) jedes zweiten Mäandermusters (12) zwischen den benachbarten ersten Mäandermustern (11) angeordnet ist.
Mit Patentanspruch 3 in der gemäß Hauptantrag der Beklagten verteidigten Fassung wird noch Folgendes beansprucht (Merkmalsgliederung hinzugefügt):
Stent, welcher als eine Röhre ausgebildet ist und in ein Blutgefäß oder eine andere Öffnung im Körper einführbar ist, in welchem er ausdehnbar ist, mit folgenden Merkmalen:
3A a) eine Vielzahl von ersten Mäandermustern (11), welchesich in einer ersten Richtung (9) erstrecken, 3B b) eine Vielzahl von zweiten Mäandermustern (12), welchesich in eine zweite, von der ersten Richtung verschiedene Richtung (13) erstrecken, 3C c) die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12) sind derart verbunden, dass sie eine allgemein gleichmäßige, verteilte Struktur aus Zellen (42, 44) bilden, 3C1 so dass bei radialer Ausdehnung des Stents seine Gesamtlänge im Wesentlichen gleich bleibt, 3C2 da einige Zellenelemente des Stents in der Längsrichtungder Röhre wachsen, während einige Zellenelemente des Stents in der Längsrichtung der Röhre schrumpfen, 3D d) die ersten und zweiten Mäandermuster (11, 12) sindderart verbunden, dass 3D1 zumindest eine Schlaufe (14, 16) jedes ersten Mäandermusters (11) zwischen den benachbarten zweiten Mäandermustern (12) und 3D2 zumindest eine Schlaufe (18, 20) jedes zweiten Mäandermusters (12) zwischen den benachbarten ersten Mäandermustern (12) angeordnet ist.
4. Zur Auslegung des Streitpatents:
Der im Streitpatent verwendete Begriff "Mäandermuster" bedarf der Auslegung, um die Patentfähigkeit des Streitpatentgegenstands in Anbetracht des im Verfahren befindlichen Standes der Technik beurteilen zu können.
Im Streitpatent ist hierzu folgendes angegeben (vgl. Absatz [0020]): Der Begriff "Mäandermuster" soll hier ein periodisches Muster um eine Mittellinie beschreiben, und "orthogonale Mäandermuster" sind Muster, deren Mittellinien orthogonal zueinander sind. Der Senat ist der Ansicht, dass unter Berücksichtigung der Gesamtoffenbarung des Streitpatents unter einem Mäandermuster kein beliebiges periodisches Muster um eine Mittellinie gemeint ist, sondern ein periodisches Muster mit Schlaufen, welches sich um eine gedachte Mittellinie schlängelt bzw. windet. Auch das bspw. in den Figuren 6 bis 8 des Streitpatents dargestellte Stent-Muster setzt sich aus zwei orthogonal zueinander verlaufenden Mäandermustern zusammen: einem in horizontaler Richtung verlaufenden Mäandermuster 12 mit abwechselnd nach oben bzw. unten offenen Schlaufen 18, 20 und einem vertikalen Mäandermuster 11e, 11o mit abwechselnd nach links bzw. rechts offenen Schlaufen 14, 16. Die Figur 7 des Streitpatents zeigt das in der Figur 6 schematisch dargestellte Muster lediglich in einer abgerundeten Version. Die Figur 8 schließlich zeigt das Muster gemäß Figur 7 im ausgedehnten Zustand (vgl. Streitpatent, Absatz [0034]). Das horizontale Mäandermuster 12 überdeckt sich nur mit den jeweiligen Schenkeln 15 des vertikalen Mäandermusters (vgl. Fig. 6). Eine vollständige Überdeckung einzelner Schlaufen des einen Mäandermusters mit Schlaufen des anderen Mäandermusters ist nicht gegeben. Im Sinne des Streitpatents dürfen daher nach Ansicht des Senats Schlaufen des einen Mäandermusters nicht völlig identisch mit Schlaufen des anderen Mäandermusters sein. Nur eine teilweise Überdeckung einzelner Schenkel oder gerader Stücke der jeweiligen Mäandermuster ist zulässig. Die Merkmalsgruppen 1D bis 1D2 des Patentanspruchs 1 bzw. 3D bis 3D2 des Patentanspruchs 3 sind daher in dem Sinne auszulegen, dass jeweils mindestens eine einzelne Schlaufe des einen Mäandermusters ohne Überdeckung mit den Schlaufen des anderen Mäandermusters zwischen den jeweiligen benachbarten anderen Mäandermustern angeordnet ist.
II.
Das Streitpatent hält in der von der Beklagten mit Hauptantrag verteidigten Fassung den Angriffen der Klägerinnen im Ergebnis nicht stand.
1. Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung liegt nach der Überzeugung des Senats allerdings nicht vor. Hierzu haben die Klägerinnen vorgetragen, dass der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1 und 3 über den Inhalt der mit der ursprünglichen Anmeldung WO 96/03092 A1 eingereichten Unterlagen hinausgingen.
a) Nach Ansicht der Klägerinnen sind in den Unterlagen der ursprünglichen Anmeldung keine Stents als zur Erfindung gehörig offenbart, die nicht sowohl gerade und ungerade erste Mäandermuster aufweisen. Bei dem Merkmal der geraden und ungeraden ersten Mäandermuster handele es sich um ein wesentliches Merkmal des Patentgegenstands. Das im Streitpatent geschilderte Problem der Verkürzung des Stents in Axialrichtung trete nur bei phasenverschobenen Stents mit geraden und ungeraden ersten Mäandermustern auf, weshalb die gesamte in der Anmeldung enthaltene Lehre ausschließlich auf solche Stents gerichtet sei. Die Klägerinnen verweisen darauf, dass in sämtlichen Ausführungsbeispielen und in allen Patentansprüchen der Anmeldungsunterlagen immer nur von Stents mit geraden und ungeraden Mäandermustern die Rede sei. Der Fachmann erhalte keinen Hinweis, dass die Anmeldung auch Stents mit nur geraden bzw. ungeraden Mäandermustern erfassen solle.
Dieser Ansicht kann der Senat nicht beipflichten. In dem mit "Summary of the present invention" überschriebenen Abschnitt der ursprünglichen Beschreibung ist zunächst allgemein davon die Rede, dass der erfindungsgemäße Stent erste und zweite Mäandermuster aufweise, deren Achsen sich in verschiedene Richtungen erstreckten ("The stent of the present invention is formed of a tube having a patterned shape which has first and second meander patterns having axes extending in first and second directions..." , Seite 2 der Anmeldung, Zeilen 16 bis 19). Erst im nächsten Absatz wird ein erstes Ausführungsbeispiel beschrieben, bei dem das erste Mäandermuster aus geraden und ungeraden Mäandermustern gebildet sei ("In accordance with one embodiment of the present invention, the first meander patterns are formed into even and odd first meander patterns", Seite 2, Zeilen 23 bis 25). Weder diesem Absatz noch irgend einer anderen Textstelle ist zu entnehmen, dass die Erfindung -entgegen der eingangs verwandten allgemeinen Formulierung -nur solchermaßen zusammengesetzte erste Mäandermuster erfassen solle. Ein solches einengendes Verständnis wird auch nicht durch den Stand der Technik, auf den im ersten Teil der Beschreibung Bezug genommen wird, nahegelegt, nachdem in den dort genannten Schriften sowohl Stents mit phasengleichen wie mit phasenverschiedenen Mäandermustern beschrieben werden (vgl. bspw. US 0 540 290 A2 (BR5), Fig. 5: phasengleiche Mäandermuster der benachbarten Stentringe 12; Fig. 11: um 180¡ phasenverschobene Mäandermuster der benachbarten Stentringe 12). Ebenso findet sich in den gesamten Anmeldungsunterlagen kein Hinweis, wonach es für die zu schützende Erfindung gerade auf eine phasenunterschiedliche Zusammensetzung der ersten Mäandermuster ankommen solle. Vielmehr wird ausdrücklich betont, dass alle aus zwei (ersten und zweiten) Mäandermustern zusammengesetzten Strukturen erfasst sein sollen ("It will be appreciated, that the present invention encompasses all stents manufactured with a pattern formed of two meander patterns", Seite 7 Zeilen 31 bis 34). Der Fachmann wird daher die ursprüngliche Anmeldung so verstehen, dass sie sich über die in den Ausführungsbeispielen und Patentansprüchen aufgeführten Ausgestaltungen mit geraden und ungeraden ersten Mäandermustern hinaus -auch auf andere Ausgestaltungen, nämlich solche mit ausschließlich geraden bzw. ausschließlich ungeraden ersten Mäandermustern bezieht.
b) Die Klägerinnen meinen außerdem, dass in den Ursprungsunterlagen keine Stents offenbart seien, bei denen nicht nur eine, sondern -entsprechend dem Merkmal 1D2 des erteilten Patentanspruchs 1 -auch mehrere Schlaufen des zweiten Mäandermusters zwischen benachbarten ersten Mäandermustern vorhanden sein können. Sie verweisen darauf, dass aus diesem Grund auch die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts in einer Entscheidung zu dem Parallelpatent EP 1 181 902 eine unzulässige Erweiterung angenommen und dieses Patent dementsprechend nur beschränkt aufrechterhalten habe.
Auch dieser Ansicht kann nicht zugestimmt werden. Zwar ist in den Figuren der ursprünglichen Unterlagen durchgehend gezeigt, dass jeweils eine Schlaufe (18, 20) des zweiten Mäandermusters (12) zwischen den benachbarten ersten Mäandermustern (11) angeordnet ist (Figuren 1 bis 4 und 6 bis 8). Dass die Erfindung auf derartige Ausgestaltungen beschränkt sein soll, ist aber dem Text der Anmeldung nicht zu entnehmen. Insbesondere enthalten auch die in den Anmeldungsunterlagen formulierten Patentansprüche keine solche Einschränkung.
2. Auch der bzgl. Patentanspruch 3 geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der mangelnden Ausführbarkeit liegt nicht vor. Die Klägerinnen tragen hierzu insbesondere vor, es sei nicht nachvollziehbar und ausführbar offenbart, wie gemäß Merkmal 3C2 einige Zellenelemente des Stents bei radialer Ausdehnung desselben in Längsrichtung der Röhre wachsen und andere Zellenelemente des Stents in der Längsrichtung der Röhre schrumpfen sollen.
Für den Fachmann ist jedoch unter Heranziehung der Beschreibung (Absätze 0028 bis 0030) und der Figuren 4, 5A und 5B ersichtlich, dass mit Zelleni. S. d. Merkmals 3C des Patentanspruchs 3 die in der Figur 4 gezeigten Räume 42 und 44 gemeint sind. Als Zellenelemente sind somit die Schlaufen 14, 16 bzw. 18, 20 anzusehen. Deren Dehnung bzw. Schrumpfung wird in den Figuren 5A bzw. 5B beschrieben. Der Fachmann erkennt daraus, dass das horizontale Schrumpfen des Musters 11 durch das horizontale Wachsen des Musters 12 zumindest teilweise kompensiert wird, so dass die Gesamtlänge des Stents im Wesentlichen gleich bleibt. Das Merkmal 3C2 ist somit in einer für seine Ausführbarkeit ausreichenden Weise offenbart.
3. Dagegen liegt der von den Klägerinnen des weiteren geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit vor.
a) Hierbei berufen sich die Klägerinnen allerdings zu Unrecht auf die Neuheitsschädlichkeit der Entgegenhaltung EP 540 290 A2 (BR5). Diese Druckschrift zeigt einen rohrförmigen, ausdehnbaren Stent, der aus zylindrischen Stentringen (cylindrical elements 12) besteht, die mittels gerader Stücke (interconecting elements 13) miteinander verbunden sind (vgl. die Figur 4 mit Beschreibung ab Spalte 5, Zeile 57 bis Spalte 6, Zeile 23). Die jeweiligen Stentringe 12 weisen ein Mäandermuster in Umfangsrichtung auf ("undulating pattern, e.g. serpentine"; Spalte 2, Zeilen 28 bis 31). Ein zweites Mäandermuster entsprechend den Merkmalen 1B bzw. 3B ist nicht erkennbar. Vielmehr sind die einzelnen Stentringe 12 mit ihrem in Umfangsrichtung verlaufenden (ersten) Mäandermuster lediglich durch gerade Stücke (interconecting elements 13) miteinander verbunden (vgl. Figur 4). Selbst wenn man ein solches zweites Mäandermuster in den Stent gem. BR5 hineininterpretieren würde, wäre zumindest Merkmal 1D2 bzw. 3D2 nicht erfüllt, weil hier keine Schlaufe jedes zweiten Mäandermusters zwischen den benachbarten ersten Mäandermustern angeordnet ist. Es müsste sich insoweit um eine zusätzliche, dem zweiten Mäandermuster zuordenbare Schlaufe handeln. Es genügt nicht, wenn die Schlaufe des zweiten Mäandermusters völlig identisch ist mit der Schlaufe des ersten Mäandermusters. Der Stent gemäß Anspruch 1 bzw. 3 des Streitpatents wird somit nicht neuheitsschädlich durch die Entgegenhaltung EP 540 290 A2 (BR5) vorweggenommen.
b) Ebenso machen die Klägerinnen zu Unrecht geltend, dass die Gegenstände des Streitpatents in der Fassung des Hauptantrags durch die nachveröffentlichte Druckschrift WO 95/31945 A1 (BR6) neuheitsschädlich vorweggenommen waren. Aus dieser Druckschrift ist ein weiterer rohrförmiger, ausdehnbarer Stent bekannt, der aus zylindrischen Ringen aufgebaut ist, die durch Abschnitte mit Schlaufen in axialer Richtung miteinander verbunden sind (vgl. die Figuren 11a und 11b i. V. m. der Beschreibung auf Seite 2, Zeilen 1 bis 10 und auf Seite 12, Zeilen 11 bis 13). Die zylindrischen Ringe werden durch in Umfangsrichtung angeordnete, miteinander verbundene geschlossene Schlaufen gebildet (in Fig. 11a grau gekennzeichnet). Die in axialer Richtung angeordneten und die Ringe verbindenden Abschnitte mit Schlaufen (in Fig. 11a nicht grau gekennzeichnet) können zwar als ein (zweites) horizontal verlaufendes Mäandermuster im Sinne des Streitpatents interpretiert werden. Ein erstes Mäandermuster entsprechend den Merkmalen 1A bzw. 3A ist jedoch nicht erkennbar. Vielmehr weisen die zylindrischen Ringe ein Muster aus geschlossen Schlaufen auf. Selbst wenn man das in Umfangsrichtung verlaufende Muster aus geschlossenen Schlaufen als aus zwei sich berührenden spiegelbildlichen ersten Mäandermustern mit offenen Schlaufen zusammengesetzt interpretieren würde, wäre zumindest Merkmal 1D2 bzw. 3D2 nicht erfüllt, weil dann keine Schlaufe jedes zweiten Mäandermusters zwischen den benachbarten, sich berührenden ersten Mäandermustern angeordnet wäre. Der Stent gemäß Anspruch 1 bzw. 3 des Streitpatents wird somit auch durch die Entgegenhaltung WO 95/31945 A1 (BR6) nicht neuheitsschädlich vorweggenommen.
c) Neuheitsschädlich steht den Gegenständen des Streitpatents in der Fassung des Hauptantrags jedoch die Druckschrift US 4 856 516 (BR8) entgegen. Aus dieser Druckschrift ist ein rohrförmiger Stent (cylindrical stent 10) bekannt, der in ein Blutgefäß (blood vessel 14) einführbar und in diesem ausdehnbar ist (vgl. die Figur 1 mit Beschreibung ab Spalte 2, Zeile 66 bis Spalte 3, Zeile 9) [= Merkmal 1 bzw. 3]. Der Stent ist aus einem mäanderförmig gebogenen Draht gefertigt (vgl. die Figur 4 mit Beschreibung in Spalte 3, Zeilen 24 bis 26 und 43 bis 48) und weist eine Vielzahl von ersten Mäandermustern (loops 50) auf, welche sich in eine erste Richtung (in Umfangsrichtung) erstrecken (vgl. Figur 2A) [= Merkmal 1A bzw. 3A]. Die Schlingen (loops 50), welche das erste Mäandermuster bilden, sind durch axial verlaufende mäanderförmig gebogene Drahtstücke (transverse runs 54) miteinander verbunden. Diese in einer Linie hintereinander angeordneten Drahtstücke (54) bilden insgesamt ein Rückgrat (backbone 52), welches die benachbarten Schlingen (50) verbindet (vgl. die Figuren 2 und 2A mit Beschreibung in Spalte 3, Zeilen 31 bis 43). Zusätzlich zu dem in den Figuren 2 und 2A gezeigten Rückgrat (backbone 52) kann noch ein weiteres aus hintereinander angeordneten mäanderförmig gebogenen Drahtstücken (transverse runs; convoluted wire) gebildetes Rückgrat (backbone) auf der gegenüberliegenden Seite des Stents (10) vorgesehen werden (vgl. Spalte 4, Zeilen 17 bis 21).
Fig. 2A aus der US 4 856 516 (BR8)
Dieser Stent weist dann auch eine Vielzahl von zweiten Mäandermustern (transverse runs) auf, welche sich in eine zweite, von der ersten Richtung verschiedene Richtung (in axialer Richtung) erstrecken [= Merkmal 1B bzw. 3B]. Die Schlingen (loops 50) [= erstes Mäandermuster] weisen Schlaufen (bends; convolutions) auf. Entgegen der Auffassung der Beklagten weisen auch die axial verlaufenden Drahtstücke (transverse runs 54) [= zweites Mäandermuster] Schlaufen (bends; convolutions) auf, da diese ebenfalls aus dem mäanderförmig gebogenen Stentdraht gefertigt werden ("... lengths of convoluted wire ... to form a ... backbone ...", Anspruch 4) [= Merkmal 1C]. Diese in axialer Richtung angeordneten Drahtstücke (transverse runs 54) werden beim Herstellen des Stents auch nicht wie von der Beklagten behauptet -geradegezogen. Um vielmehr eine Verformung der Schlaufen (bends; convolutions) des Stentdrahtes bei der Fertigung des Stents zu vermeiden, wird der Draht in einer Hülse (sheath 70) geführt, die die Schlaufen bei den einzelnen Fertigungsschritten schützen soll (vgl. Spalte 3, Zeilen 60 bis 67). Die in axialer Richtung in einer Linie angeordneten mäanderförmig gebogenen Drahtstücke (transverse runs 54) sind untereinander und mit den jeweiligen Schlingen (loops 50) durch einen halben Schlag (half hitch 56) des Stentdrahtes verbunden (vgl. Spalte 2, Zeilen 14 bis 20 und Spalte 3, Zeilen 34 bis 40). Die Schlingen (50) und die axialen Drahtstücke (54) bilden dadurch eine allgemein gleichmäßige, verteilte Struktur aus Zellen [= Merkmal 3C]. Bei radialer Ausdehnung des auf einem Ballon (balloon 16) angebrachten Stents (10) dehnen sich die Schlaufen (bends; convolutions) des Stentdrahtes (vgl. die Figuren 1 und 2A mit Beschreibung ab Spalte 2, Zeile 66 bis Spalte 3, Zeile 9 und in Spalte 3, Zeilen 20 bis 26 und Zeilen 41 bis 43). Durch diese Dehnbarkeit der Schlaufen des Stentdrahtes und da der Stent (10) während seiner Ausdehnung durch Reibungskräfte auf dem Ballon (16) gehalten wird, bleibt auch seine Gesamtlänge während der Ausdehnung im Wesentlichen gleich [= Merkmal 3C1]. Beim Dehnen der Schlaufen (bends; convolutions) des Stentdrahtes der in Umfangsrichtung verlaufenden Schlingen (loops 50) des auf dem Ballon (16) befestigten Stents (10) schrumpfen diese Schlaufen zwangsläufig in Längsrichtung des Stents (Figur 1), während die Schlaufen der in axialer Richtung angeordneten Drahtstücke (transverse runs 54) beim Ausdehnen des auf dem Ballon (16) gehaltenen Stents zwangsläufig in Längsrichtung des Stents gedehnt werden bzw. wachsen, um die Dehnung der Schlaufen des Stentdrahtes der Schlingen (50) des Stents zu kompensieren [= Merkmal 3C2]. Wie in der Figur 2A zu erkennen ist, befindet sich zumindest eine Schlaufe (bend; convolution) jeder der Schlingen (loops 50) [= erstes Mäandermuster] zwischen -im Falle von mehreren Rückgraten (backbones) -benachbarten axialen Drahtstücken (transverse runs 54) [= zweites Mäandermuster], und zumindest eine Schlaufe (bend; convolution) jedes axialen Drahtstückes (transverse run 54) zwischen benachbarten Schlingen (loops 50) [= Merkmale 1D bis 1D2 bzw. 3D bis 3D2]. Damit sind alle Merkmale des Stents gemäß Anspruch 1 bzw. 3 nach Hauptantrag aus der US-Patentschrift 4 856 516 (BR8) bekannt.
III.
Auch in der Fassung des Hilfsantrags 1 hat das Streitpatent keinen Bestand. Die Druckschrift US 4 856 516 (BR8) steht dieser Fassung ebenfalls neuheitsschädlich entgegen.
In den Anspruch 1 bzw. 3 nach Hilfsantrag 1 ist zusätzlich zur Fassung gemäß Hauptantrag noch das Merkmal aufgenommen worden, wonach während des Biegens die Schlaufen des ersten und zweiten Mäandermusters an der Biegestelle ihre Form ändern, um die Differenz in der Länge zwischen der Innenkrümmung und der Außenkrümmung auszugleichen. Dieses Merkmal bezieht sich auf die Figur 3 und die Beschreibung in den Absätzen [0025] und [0026] des Streitpatents. Aber auch dieses neu aufgenommene Merkmal ist bei dem aus der Druckschrift US 4 856 516 (BR8) bekannten Stent zwangsläufig gegeben. Wie bereits unter II. ausgeführt, weist dieser Stent ein erstes (loops 50) und ein zweites Mäandermuster (transverse runs 54) mit Schlaufen (bends; convolutions) auf, welche sich in unterschiedliche Richtungen (in Umfangsrichtung bzw. in axiale Richtung) erstrecken (vgl. a. a. O.). Diese Struktur verleiht dem Stent eine hohe und gleichmäßige Flexibilität (vgl. Spalte 2, Zeilen 21 bis 33). Zur Implantation wird der Stent (10) auf dem Ballon (balloon 16) eines Katheters (catheter 12) befestigt und durch das Gefäßsystem eines Patienten bis zum Implantationsort geführt (vgl. die Figur 1 mit Beschreibung ab Spalte 2, Zeile 66 bis Spalte 3, Zeile 9). Da das Gefäßsystem des Körpers naturgemäß auch Biegungen aufweist, durch die der Katheter geführt werden muss, wird der Ballon mit dem Stent während seines Transports zwangsläufig in verschiedene Richtungen gebogen. Der Stent (10) muss dabei fest auf dem Ballon (16) des Katheters (12) angebracht sein, damit er beim Transport durch das Gefäßsystem nicht herunterrutschen kann. Beim Biegen des Stents müssen die Schlaufen (bends; convolutions) des ersten (loops 50) und zweiten Mäandermuster (transverse runs 54) an der Biegestelle daher zwangläufig ihre Form ändern, um die Differenzen in der Länge zwischen der Innenkrümmung und der Außenkrümmung des fest auf dem Ballon (16) sitzenden Stents (10) auszugleichen. Damit ist auch dieses Merkmal des Stents gemäß Anspruch 1 bzw. 3 nach Hilfsantrag 1 aus der US-Patentschrift 4 856 516 (BR8) bekannt.
IV.
Eine Klageabweisung kommt auch nicht nach Maßgabe des Hilfsantrags 2 in Betracht. Mit diesem Hilfsantrag verfolgt die Beklagte die Aufrechterhaltung des Patents nur noch im Umfang des unabhängigen Anspruchs 3 nach Hilfsantrag 1 und der erteilten abhängigen Ansprüche 4 bis 9. Wie aber bereits unter III. ausgeführt, ist der Gegenstand des Anspruchs 3 nach Hilfsantrag 1 und somit auch nach Hilfsantrag 2 nicht neu gegenüber dem aus der US-Patentschrift 4 856 516 (BR8) bekannten (vgl. a. a. O.).
Nach alledem war der Nichtigkeitsklage stattzugeben. Hierbei kann die von den Klägerinnen aufgeworfene Frage nach der Wirksamkeit der Prioritätsbeanspruchung dahingestellt bleiben.
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
Rauch Voit Dr. Morawek Bernhart Veit Pr
BPatG:
Urteil v. 21.01.2011
Az: 4 Ni 42/09
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