Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Juli 2004
Aktenzeichen: 26 W (pat) 187/99
(BPatG: Beschluss v. 21.07.2004, Az.: 26 W (pat) 187/99)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Die Antragsteller zu 1 und 2 haben im März 1997Antrag auf Löschung der für die Ware
"Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)"
am 12. April 1994 eingetragenen Wortmarke 2 062 089 Limesmit der Begründung gestellt, die angegriffene Marke habe wegen des Vorliegens absoluter Schutzhindernisse nicht eingetragen werden dürfen. Zudem seien die Markeninhaber bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung bösgläubig gewesen. Die Markeninhaber haben dem Löschungsantrag widersprochen.
Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Löschung der angegriffenen Marke beschlossen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, bei der Marke habe es sich bereits zum Zeitpunkt ihrer Eintragung um eine die beanspruchte Ware beschreibende, freihaltungsbedürftige Angabe gehandelt. "Lime" sei das englische Wort für "Limonelle", so dass dessen Plural "Limes" die Bedeutung "Limonellen" habe. Diese Tatsache habe sich zum Eintragungszeitpunkt jedem beliebigen Englischwörterbuch entnehmen lassen. In der Bedeutung "Limonellen" sei die Bezeichnung "Limes" nur ein Hinweis darauf, dass die damit gekennzeichneten alkoholischen Getränke unter Verwendung dieser westindischen, dünnschaligen Zitronenfrüchte hergestellt worden seien bzw dass ihnen der Saft dieser Früchte zugesetzt worden sei. Das große Freihaltungsbedürfnis an dem eingetragenen englischsprachigen Begriff werde dadurch besonders deutlich, dass auch andere Hersteller alkoholischer Getränke ihre unter Zusatz von Limonellen hergestellten Getränke mit diesem Begriff gekennzeichnet hätten, um auf die Verwendung von Limonellen(saft) hinzuweisen. Dass von den Markeninhabern unter der angegriffenen Marke ein Getränk vertrieben werde, bei dem Limonellensaft nur zur Geschmacksabrundung verwendet werde, sei für die Beurteilung des Freihaltungsbedürfnisses unerheblich, weil nach der Formulierung des Warenverzeichnisses künftig auch solche alkoholischen Getränke angeboten werden könnten, bei denen Limonellensaft in größerem Umfang als geschmacksbestimmender Bestandteil enthalten sei. Der Umstand, dass es sich bei "Limes" um einen Ausdruck der englischen Sprache handele, spreche nicht gegen ein Freihaltungsbedürfnis, weil auch in Deutschland vertriebene Waren gern und häufig mit englischen Angaben versehen würden und außerdem zur Beschreibung der Bestandteile der Ware für den Import und Export benötigt würden. Angesichts des bestehenden Freihaltungsbedürfnisses könne die weitere Frage, ob die angegriffene Marke jeglicher Unterscheidungskraft entbehre, dahingestellt bleiben. Gegen ein Fehlen der Unterscheidungskraft spreche jedenfalls aber nicht die Tatsache, dass es sich bei "Limes" zugleich um das lateinische Wort für "Grenzwall" handele, weil Latein als tote Sprache nur einem kleinen Verkehrsteil bekannt sei und ein Verständnis der angegriffenen Marke i.S.v. "Grenzwall" im Zusammenhang mit alkoholischen Getränken fernliege. Von einer Kostenauferlegung hat die Markenabteilung abgesehen.
Hiergegen wenden sich die Markeninhaber mit der Beschwerde. Sie sind der Ansicht, es sei davon auszugehen, dass der deutsche Verkehr die angegriffene Marke zu einem großen Teil als Fantasiewort verstehe, weil es sich bei dem englischen Wort "limes" i.S.v. "Limonellen" - im Gegensatz etwa zu der Bezeichnung "Lemon" - um einen in Deutschland weitgehend unbekannten und nicht verwendeten Begriff handele. Auch die Dudenredaktion habe den Markeninhabern bestätigt, dass die Bezeichnung "Limes" ohne Kontext deutsch ausgesprochen werde. Selbst der Fachverkehr, dem die Bedeutung des englischen Begriffs "limes" bekannt sei, werde in der angegriffenen Bezeichnung eine Marke sehen, weil sie von den Produzenten von "Limes"-Getränken markenmäßig verwendet werde. Die Markenabteilung habe auch keine Feststellungen dazu getroffen, dass die Bezeichnung "Limes" in der Bedeutung "Limonellen" für Waren der Klasse 33 als Warenbeschreibung benutzt werde. Alkoholische Getränke, denen Limonellen oder Zitronen zugesetzt seien, würden in den einschlägigen Fachkreisen und Fachbüchern allenfalls mit den Zusätzen "lemon" oder "sour" gekennzeichnet. Auch der Umstand, dass andere Getränkehersteller ihren Getränken Limonellen zusetzten und diese Getränke mit "Limes" kennzeichneten, könne nicht zur Löschung der angegriffenen Marke führen, weil diese Unternehmen erst im Jahre 1996, also zwei Jahre nach der Eintragung der angegriffenen Marke, mit der Produktion von "Limes"-Getränken begonnen hätten.
Dass Limonellensaft für "Limes"-Getränke verwendet werde, mache die angegriffene Bezeichnung noch nicht zu einer Beschaffenheitsangabe für alkoholische Getränke, weil die genannten Säfte nur der Geschmacksabrundung dienten und weder geschmacklich noch farblich für das Getränk maßgeblich seien. Als Beschaffenheitsangabe könne die angegriffene Marke nach der in der markenrechtlichen Literatur vertretenen Auffassung nur unter der Voraussetzung in Betracht kommen, dass sie eine wesensbestimmende Eigenschaft der Ware beschreibe. Die bloße Annahme der Markenabteilung, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass zukünftig auch Getränke angeboten würden, deren Geschmack durch Limonellensaft bestimmt werde, reiche jedenfalls zur Begründung eines zukünftigen Freihaltungsbedürfnisses nicht aus, nachdem bislang keine alkoholischen Getränke auf dem Markt seien, bei denen unter Verwendung der Bezeichnung "Limes" auf den besonderen Limonellengeschmack hingewiesen werde. Auch ein Freihaltungsbedürfnis zugunsten des Import- und Exportverkehrs bestehe nicht, weil das Wort "Limes" keine unmittelbar beschreibende Angabe für alkoholische Getränke sei. Da die Bezeichnung "Limes" den maßgeblichen deutschen Verkehrskreisen nicht bekannt sei, fehle der angegriffenen Marke auch nicht jegliche Unterscheidungskraft.
Die Markeninhaber beantragen, den angegriffenen Beschluss aufzuheben und die Löschungsanträge zurückzuweisen.
Die Löschungsantragstellerinnen beantragen die Zurückweisung der Beschwerde. Sie machen sich die Begründung des angefochtenen Beschlusses zu eigen und vertreten weiterhin die Ansicht, dass der Begriff "Limes" i.S.v. "Limonellen" schon zu Beginn der 90er Jahre auf dem Gebiet alkoholischer Mischgetränke eine große Rolle gespielt habe. Es handele sich bei diesen Früchten bzw dem aus ihnen gewonnenen Saft um einen den Geschmack dominierenden Bestandteil von Cocktails, wie z.B. der "Caipirinha". Auch wenn "Limes" in anderen Mischgetränken nur zur Geschmacksabrundung verwendet würden, schließe dies ein Freihaltungsbedürfnis an dieser Angabe nicht aus, weil die Formulierung des Warenverzeichnisses der angegriffenen Marke auch solche Getränke umfasse, bei denen Limonellen oder deren Saft für den Geschmack bestimmend sein könnten. Das Wort "Limes" habe sich zudem seit Beginn der 90er Jahre auch als beschreibende Gattungsangabe für solche alkoholischen Mischgetränke durchgesetzt, die auf der Basis von Wodka, Fruchtpüree und Limonellen- bzw Limettensaft gemixt würden. Dem Verkehr sei die Bezeichnung "Limes" für sog "Limes-Drinks" bereits seit mindestens 1990 als beschreibende Angabe bekannt gewesen, wie sich aus den zu den Akten gereichten Stellungnahmen verschiedener Handels- und Gastronomiebetriebe aus dem Jahre 1997 ergebe. Folgerichtig sei der Bezeichnung "Limes" der Markenschutz in verschiedenen europäischen Staaten, u.a. auch in Großbritannien, verweigert worden. In der Schutzverweigerung in Großbritannien sei ausgeführt: "Die Bezeichnung wird ... nicht zugelassen, weil die Marke aus dem Wort "Limes" besteht, die das Charakteristische dieser Waren, nämlich alkoholische Getränke, aromatisiert mit Limettensaft, beschreibt". Auch das HABM habe die Markenanmeldung "Limes" beanstandet, weil es sich bei ihr um den Plural der englischen Bezeichnung "Lime" handele, die für Spirituosen eine rein beschreibende Beschaffenheitsangabe ohne Unterscheidungskraft sei. Die Marke sei auch wegen Bösgläubigkeit der Markeninhaber zu löschen, weil diesen bei der Anmeldung bekannt gewesen sei, dass die Bezeichnung "Limes" schon in den 80er Jahren im süddeutschen Raum für "Limes"-Mixgetränke verbreitet war. Die Kenntnis dieses Umstandes lasse nur den Schluss zu, dass es den Markeninhabern nur darum gegangen sei, die Marke zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes zum Abschöpfen von Lizenzgebühren einzusetzen.
II Die zulässige Beschwerde der Markeninhaber ist unbegründet. Die angegriffene Marke ist auf die zulässigen, insbesondere in der maßgeblichen Frist von zehn Jahren nach der Eintragung gestellten Löschungsanträge hin gemäß §§ 50 Abs. 1 i.V.m. §§ 8 Abs. 2 Nr. 2, 50 Abs. 2 S. 1 MarkenG zu löschen, weil sie eine Angabe darstellt, die bereits im Eintragungszeitpunkt zur Bezeichnung der Beschaffenheit alkoholischer Getränke dienen konnte und als solche auch weiterhin dienen kann.
Die angegriffene Marke ist, was auch die Markeninhaber nicht in Abrede stellen, der Plural des englischen Wortes "lime". "Limes" hat insoweit die Bedeutung "Limonellen" bzw "(saure) Limetten" (Collins Großwörterbuch Englisch-Deutsch 1981, S. 374 li.Sp.). Limonellen als Früchte und deren Saft selbst sowie sowohl der deutsche Begriff "Limonelle(n)" als auch der englische korrespondierende Begriff "lime(s)" spielen seit langem auf dem Gebiet alkoholischer Getränke, wozu auch Cocktails zählen, eine maßgebliche Rolle (von Wesendonk, 888 Cocktails, Wilhelm Heyne Verlag, 1965, S. 30). Sie wurden schon in den 60er Jahren zur Herstellung von Cocktails wie z.B. "Sours" und "Collinses" verwendet (von Wesendonk aaO, S. 112). Für Cocktails handelte es sich bei der Bezeichnung "lime(s)", wie sich aus dem vorstehend aufgeführten Fachbuch ergibt, bereits weit vor dem Eintragungszeitpunkt um eine Angabe über eine den Geschmack des Getränks zumindest mitprägende Zutat und damit auch um eine Angabe über die Beschaffenheit von Cocktails, die als Spezialware unter den hier maßgeblichen Oberbegriff "alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)" fallen. Als Angabe über eine Zutat von Cocktails eignete sich insoweit nicht nur der Singular "lime", sondern auch der Plural "limes", da Cocktails nicht nur unter Verwendung einer Limonelle/Limette, sondern selbstverständlich auch unter Zugabe des Saftes von mehreren Limonellen/Limetten hergestellt werden können.
Dass die angegriffene Marke nicht, wie im Englischen üblich, mit einem kleinen, sondern mit großem Anfangsbuchstaben geschrieben ist, vermag ihre Eignung als warenbeschreibende Angabe für alkoholische Getränke nicht in Frage zu stellen; denn zum einen werden englische Begriffe bei Verwendung am Anfang ganzer Sätze selbst im Englischen mit großem Anfangsbuchstaben geschrieben und zum anderen werden auch englische Wörter bei der Übernahme in deutsche Texte, wie z.B. Zutatenverzeichnisse, nicht selten mit großem Anfangsbuchstaben wiedergegeben (z.B. "Limejuice" bei von Wesendonk, aaO, S. 112).
Dass das Wort "Limes" in Deutschland auch zur Bezeichnung des römischgermanischen Grenzwalls dient, steht seiner Eignung als warenbeschreibende Angabe für alkoholische Getränke ebenfalls nicht entscheidend entgegen. Es mag zwar sein, dass der deutsche Verkehr dieses Wort ohne Bezug zu speziellen Waren buchstabengetreu "deutsch" ausspricht und dann eher an den o.a. Grenzwall denkt. Soweit die angegriffene Marke jedoch für ein alkoholisches Mischgetränk, insbesondere einen Cocktail, verwendet wird und dem deutschen Verkehr in Verbindung mit dieser Ware begegnet, kann und muss jedoch zumindest bei dem nicht unerheblichen Verkehrsteil, der über Englischkenntnisse bzw über Kenntnisse der Zusammensetzung von Cocktails verfügt, davon ausgegangen werden, dass er an die Verwendung an Limonellen bzw Limetten bei der Herstellung des fraglichen Getränks denkt und nicht an einen römischgermanischen Grenzwall, der zu Cocktails und anderen alkoholischen Getränken keinerlei sachlichen Bezug aufweist. An der angegriffenen Bezeichnung bestand nach alledem in Bezug auf alkoholische Getränke schon zum Zeitpunkt ihrer Eintragung ein Freihaltungsbedürfnis. Auf den seinerzeitigen Umfang ihrer Benutzung im deutschen Verkehr kommt es dabei entgegen der Ansicht der Markeninhaber nicht entscheidend an, da es für das Vorliegen des Schutzhindernisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht erforderlich ist, dass die fragliche Angabe zum Zeitpunkt der Eintragung bereits für die maßgeblichen Waren und Dienstleistungen in beschreibender Weise verwendet worden ist. Es genügt vielmehr, wie sich aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt, dass die Angabe zu diesem Zweck verwendet werden kann. Ein Wortzeichen ist nach dieser Bestimmung somit bereits von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (EuGH Mitt 2004, 222, 223 f - Biomild).
Die Eignung der angegriffenen Marke, die Beschaffenheit von alkoholischen Getränken zu bezeichnen, ist auch bis zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag nicht entfallen, sondern besteht vielmehr in deutlich verstärktem Maße fort. Die angegriffene Bezeichnung hat nämlich in den vergangenen Jahren insoweit eine Bedeutungserweiterung erfahren, als sie nicht nur weiterhin den Zusatz von Limonellen zu Cocktails und anderen alkoholischen Mischgetränken kennzeichnen kann, sondern sie bezeichnet seit einigen Jahren, insbesondere im süddeutschen Raum, eine neue Gattung alkoholhaltiger Getränke, die als "Limes"-Getränke in den Verkehr gebracht werden (vgl insoweit u.a. den Artikel "Spirituosen-Mixgetränke wachsen zweistellig" in der Fachzeitschrift "GETRÄNKEFACH-GROSSHANDEL", Ausgabe 12/2002, S. 28, mit der Aussage: "..., da der Trend zum geringeren Alkoholgehalt geht, wie der Erfolg der RTD's und Limes beweist".
Bei dieser Sach- und Rechtslage kann die Beschwerde der Markeninhaber keinen Erfolg haben.
Die Frage, ob die angegriffene Marke auch wegen des Vorliegens anderer Schutzhindernisse (zB mangelnde Unterscheidungskraft, § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, oder Bösgläubigkeit der Anmelder, § 8 Abs 2 Nr 10 MarkenG) löschungsreif ist, kann angesichts der Löschung wegen eines bestehenden Freihaltungsbedürfnisses dahingestellt bleiben.
Für eine Kostenauferlegung gemäß § 71 Abs.1 S. 1 MarkenG bestand kein Anlass.
Albert Kraft Reker Bb
BPatG:
Beschluss v. 21.07.2004
Az: 26 W (pat) 187/99
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