Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Mai 2007
Aktenzeichen: 5 W (pat) 422/06

(BPatG: Beschluss v. 23.05.2007, Az.: 5 W (pat) 422/06)

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

Der Antragsgegner und Beschwerdeführer ist Inhaber des am 23. August 2000 beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldeten Gebrauchsmusters mit der Bezeichnung

"Gehäuse für eine Computer-Maus".

Auf die Löschungsanträge der Beschwerdegegner 1 und 2 hat die Gebrauchsmusterabteilung II des Deutschen Patent- und Markenamts das Gebrauchsmuster mit Beschluss vom 12. Januar 2006 gelöscht. In den Gründen ist ausgeführt, dass das Gebrauchsmuster nicht auf einem erfinderischen Schritt beruhe.

Gegen diesen Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung hat der Beschwerdeführer Beschwerde eingelegt.

Er beantragt, den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung II aufzuheben und das Gebrauchsmuster im Umfang der Ansprüche 1 bis 4 gemäß Anlage zum Schriftsatz vom 24. Juli 2006 aufrecht zu erhalten.

Der Schutzanspruch 1 in der verteidigten Fassung lautet:

"Gehäuse einer Computer-Maus, mit einer unteren und einer oberen Gehäuseschale, gekennzeichnet durcheinen Flüssigkeitsbehälterumfassend Schwimmkörper als Dekorationsobjekte, wobei der Flüssigkeitsbehälter (3) transparent ausgebildetund so geformt und bemessen ist, dass er in einem Hohlraum in dem Gehäuse der Computer-Maus in deren rückwärtigen Bereich aufgenommen wird."

Der Beschwerdeführer vertritt die Ansicht, dass das Gebrauchsmuster eine technische Lehre offenbare. Eine Computer-Maus enthalte sensible Bauteile, deshalb seien Maßnahmen erforderlich, um die Elektronik vor der Flüssigkeit abzuschirmen. Außerdem seien bei der Hinzufügung eines Flüssigkeitsbehälters zum Gehäuse ergonomische Forderungen zu berücksichtigen. Daher sei anzuerkennen, dass das Gebrauchsmuster eine technische Problemstellung mit technischen Mitteln löse.

Der Beschwerdegegner 1 ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen und hat sich auch schriftlich nicht geäußert.

Die Beschwerdegegnerin 2 erkennt im Gegenstand des Gebrauchsmusters keine Anweisungen, die der Lösung einer technischen Problemstellung dienen. Eine Computer-Maus enthalte nur im vorderen Teil Bauelemente. Um im hinteren Teil der Maus einen Flüssigkeitsbehälter anzuordnen, bedurfte es nach ihrer Auffassung nicht der Überwindung einer technischen Problemstellung.

Sie beantragt, die Beschwerde vollumfänglich als unbegründet zurückzuweisen unddie Kosten des Verfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen.

II.

Die in rechter Frist und Form erhobene Beschwerde ist zulässig. In der Sache bleibt die Beschwerde jedoch ohne Erfolg, da der Gegenstand des Gebrauchsmusters keine schutzfähige Erfindung i. S. d. § 1 Abs. 1 GebrMG ist.

1. In der Beschreibungseinleitung des Gebrauchsmusters ist ausgeführt, dass die Menschen heute eine bessere Qualität für alle Produkte verlangen, die sie in ihrem täglichen Leben benutzen. Um die Verbraucher zufrieden zu stellen, müssten die Hersteller große Anstrengungen unternehmen, um immer neue Artikel anzubieten, die nicht nur die an sich beabsichtigten Funktionen aufweisen, sondern auch noch zusätzliche Werte, um die Verbraucher anzuziehen.

Entsprechend wird als Aufgabenstellung genannt, eine Computer-Maus mit neuen zusätzlichen Funktionen bzw Attraktionen auszustatten, so dass das Interesse der Verbraucher an dem Kauf einer derartigen Maus gesteigert wird (vgl. S. 1, Abs. 3 der Beschreibung).

2. Der geltende Schutzanspruch 1 bezieht sich auf ein Gehäuse für eine Computer-Maus, das aus einer unteren und einer oberen Gehäuseschale besteht. Im rückwärtigen Bereich des Gehäuses ist ein Flüssigkeitsbehälter mit Schwimmkörpern als Dekorationselementen angeordnet. Der Flüssigkeitsbehälter soll transparent sein und so geformt und bemessen, dass er in dem offenbar als vorhanden vorausgesetzten Hohlraum im rückwärtigen Bereich des Gehäuses aufgenommen werden kann.

Ein Konstrukteur für elektronische Geräte kann dem Anspruch hinsichtlich der konstruktiven Ausgestaltung des Gehäuses lediglich den Hinweis entnehmen, dass dieses aus drei Teilen bestehen soll, nämlich aus oberer und unterer Gehäuseschale und transparentem Flüssigkeitsbehälter. In Bezug auf den Flüssigkeitsbehälter findet sich zwar die Anweisung, dass dieser so geformt und bemessen sein soll, dass er in einem rückwärtigen Hohlraum des von den anderen beiden Gehäuseteilen gebildeten (Rest-)Gehäuses aufgenommen werden kann. Mangels konkreter Angaben zur Gestalt der beiden Gehäuseschalen ist diese Anweisung aber wenig aussagekräftig und überlässt die konstruktive Ausgestaltung aller drei Gehäuseteile und auch deren mechanische Verbindung zu dem Gehäuse der Computer-Maus letztlich dem Belieben des Fachmanns.

Die weiteren Anweisungen im Anspruch betreffen den Flüssigkeitsbehälter. Dieser soll Dekorationselemente in Form von Schwimmkörpern (z. B. Entchen, vgl. Fig. 2) enthalten und transparent sein, offenbar damit die Dekorationselemente von außen gesehen werden können. Das Vorsehen des Flüssigkeitsbehälters mit Dekorationselementen dient entsprechend der in der Beschreibung genannten Aufgabe dazu, die Computer-Maus zusätzlich zu ihrer bekannten Funktion als Eingabegerät für Computer mit weiteren Funktionen bzw Attraktionen auszustatten, die das Interesse der Verbraucher am Kauf einer solchen Maus steigern sollen.

3. Die Ausstattung des Gehäuses einer Computer-Maus mit Dekorationsobjekten, die in einem Flüssigkeitsbehälter schwimmen, ist keine technische Erfindung i. S. d. § 1 Abs. 1 GebrMG.

Nachdem es dem Anspruch 1 in Hinsicht auf die Ausgestaltung der Gehäuseteile und die konstruktive Verbindung dieser Teile zu einem Gehäuse für eine Computer-Maus an konkreten Anweisungen mangelt, ist davon auszugehen, dass es hierauf nicht ankommt, sondern die Ergänzung des Gehäuses um einen Flüssigkeitsbehälter mit Dekorationselementen im Vordergrund steht. Mit der Ergänzung des Flüssigkeitsbehälters wird auch das in der Beschreibungseinleitung angegebene Ziel erreicht, nämlich den Kaufanreiz für eine Computer-Maus zu erhöhen. Allerdings kann in der Ergänzung des Gehäuses einer Computer-Maus um einen Flüssigkeitsbehälter mit Dekorationsobjekten nur eine ästhetische oder spielerische Weiterbildung des Gehäuses der Computer-Maus gesehen werden, nicht aber eine dem Gebrauchsmusterschutz zugängliche Erfindung auf technischem Gebiet.

Der Beschwerdeführer hat hiergegen eingewandt, dass die Computer-Maus sensible Bauteile enthalte und Maßnahmen erforderlich seien, um diese gegen die Flüssigkeit abzuschirmen. Hierin sei eine technische Aufgabenstellung zu sehen, deren Lösung darin bestehe, einen separaten Behälter vorzusehen. Eine technische Problemstellung sei auch darin zu sehen, dass ein Teil des (bisherigen) Gehäuses der Maus durch den Flüssigkeitsbehälter ersetzt werden müsse. Die anderen Gehäuseteile seien entsprechend zu formen und zu bemessen.

Dem Beschwerdeführer ist grundsätzlich zuzustimmen, dass bei der Ergänzung einer Computer-Maus um einen Flüssigkeitsbehälter technische Problemstellungen auftreten können. Den Ausführungen des Beschwerdeführers ist jedoch entgegen zu halten, dass der Anspruch eben nicht konstruktive Maßnahmen zum Gegenstand hat, die konkrete Anweisungen darüber enthalten, wie der Flüssigkeitsbehälter in das Gehäuse einer Computer-Maus zu integrieren ist oder wie das Austreten von Flüssigkeit aus dem Behälter verhindert werden kann.

Dem Argument, dass schon im Vorsehen eines Behälters für die Flüssigkeit ein Merkmal zu sehen ist, das die Technizität der beanspruchten Gehäuseausbildung sicher stellt, steht entgegen, dass eben nicht Maßnahmen zum Schutz der Bauelemente vor dem Eindringen von Flüssigkeit im Vordergrund des Anspruchs stehen, sondern die Ausstattung der Computer-Maus mit schwimmenden Dekorationsobjekten. Denn die Beantwortung der Frage, ob ein angemeldeter Gegenstand die nach § 1 Abs. 1 GebrMG erforderliche Technizität aufweist, erfordert eine wertende Betrachtung des im Schutzanspruch definierten Gegenstandes, wie der Bundesgerichtshof zum inhaltlich entsprechenden § 1 Abs. 1 PatG in der Entscheidung "Logikverifikation" ausgeführt hat. Entscheidend bei dieser Wertung ist, was nach der beanspruchten Lehre im Vordergrund steht (vgl. GRUR 2000, 498, Leitsatz 1; 500, linke Spalte). Im Vordergrund des geltenden Anspruchs 1 steht die Ergänzung des Gehäuses einer Computer-Maus um eine ästhetische oder spielerische Funktion, die den Kaufanreiz erhöhen soll, also ein nichttechnischer Sachverhalt.

Das Gehäuse für eine Computer-Maus nach Schutzanspruch 1 ist daher keine schutzfähige Erfindung. Die Beschwerde des Antragsgegners und Beschwerdeführers war daher zurückzuweisen.

4. Der Beschwerdeführer hat die Zulassung der Rechtbeschwerde nach § 18 Abs. 4 GebrMG i. V. m. § 100 Abs. 2 PatG angeregt. Danach ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordern.

Der Beschwerdeführer hat nicht dargetan, dass hinsichtlich der Frage der Technizität uneinheitliche Entscheidungen des Bundespatentgerichts vorliegen, auch der Senat sieht zu dieser Frage keine sich widersprechenden Entscheidungen. Der Bundesgerichtshof selbst hat in mehreren Entscheidungen ausführlich zu der Frage der Technizität Stellung genommen (vgl. die oben zitierte Entscheidung "Logikverifikation" oder Benkard, Patentgesetz 10. Auflage, § 1 GebrMG Rdn. 4 m. w. H). Der Senat sieht daher keinen der gesetzlichen Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde für gegeben an, so dass die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen war.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2 PatG, § 97 Abs. 1 ZPO.






BPatG:
Beschluss v. 23.05.2007
Az: 5 W (pat) 422/06


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