Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 25. Februar 1997
Aktenzeichen: 4 O 108/96
(LG Düsseldorf: Urteil v. 25.02.1997, Az.: 4 O 108/96)
Tenor
I.
Die Beklagte wird verurteilt,
1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,- DM - ersatzweise Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,
Vorrichtungen zum Rösten und anschließenden Kühlen von kleinstückigen Naturprodukten, insbesondere Kaffeebohnen, mit einer eine Röstzone verkörpernden Röstkammer, die einen Röstgas-Einlaß, einen Röstgas-Auslaß, einen Gut-Einlaß und einen Gut-Auslaß aufweist, einer Kühleinrichtung, die einen mit dem Gut-Auslaß der Röstkammer in Verbindung stehenden Kühlgut-Einlaß aufweist, und einer zwischen dem Röstgas-Einlaß und dem Röstgas-Auslaß verlaufenden Kreislauf-Verbindung zur Kreislaufführung des Röstgases,
herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
die eine Röstgas-Nebenschlußeinrichtung aufweisen zum Umgehen der Röstkammer unter Aufrechterhaltung des Kreislaufes, wobei die Nebenschlußeinrichtung eine zwischen dem Röstgas-Einlaß und dem Röstgas-Auslaß verlaufende Röstgas-Nebenschlußleitung und eine diese wahlweise in Wirksamkeit setzende Ventileinrichtung aufweist und in dem Gut-Auslaß der Röstkammer eine Absperreinrichtung vorgesehen ist;
2.
der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 1. Februar 1985 begangen hat, und zwar unter Angabe,
a) der Herstellungsmengen und -zeiten,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei
- sich die Verpflichtung zur Rechnungslegung für die Zeit vor dem 1. Mai 1992 auf Handlungen in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den bis zum 2. Oktober 1990 bestehenden Grenzen beschränkt.
II.
Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der NEOTEC Gesellschaft für Nahrungsmittelverfahrenstechnik mbH & Co. KG bis zum 30. Juni 1985 durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 1. Februar 1985 begangenen Handlungen entstanden ist und der der ( … ), vormals ( … ), und Datenverarbeitung GmbH, in der Zeit vom 1. Juli 1985 bis zur Verschmelzung mit der Klägerin sowie seither der Klägerin selbst durch die zu I. 1. bezeichneten, Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird, wobei sich die Verpflichtung zum Schadensersatz für die Zeit vor dem 1. Mai 1992 auf Handlungen in dem Gebiet der Bundes-republik Deutschland in den bis zum 2. Oktober 1990 bestehenden Grenzen beschränkt.
III.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
IV.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 750.000,-- DM vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer in Deutschland ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand
Die Klägerin ist gemäß Umschreibungsbestätigung des Deutschen Patentamtes vom 9. Januar 1996 (vgl. Anlage 1 a) eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 31 16 723 (Klagepatents, vgl. Anlage 1), das auf eine Anmeldung der ( … ), vom 28. April 1981 zurückgeht. Die Anmeldung wurde am 23. Dezember 1982 offengelegt. Die Veröffentlichung der Patenterteilung erfolgte am 29. November 1984.
Die vormals eingetragene Patentinhaberin, die ( … ),, räumte einer ( … ), durch Übertragungsvereinbarung und Umschreibungsbewilligung vom 14. Juni 1984 eine Mitinhaberschaft an dem Klagepatent ein. Aufgrund Übertragungsvereinbarung und Umschreibungsbewilligung vom 10./28. Januar 1985 wurde der ( … ), sodann wieder die alleinige Inhaberschaft an dem Klagepatent übertragen. Mit schriftlichem Unternehmens-Kaufvertrag vom 14. Juni 1985 (vgl. Anlage 6) übertrug die ( … ), ihre sämtlichen Wirtschaftsgüter und Verbindlichkeiten einschließlich Rückstellungen laut Schlußbilanz sowie einschließlich Vorräte und Forderungen per 30. Juni 1985 auf die ( … ),. Diese änderte gemäß Handelsregistereintragung vom 24. Februar 1987 ihren Firmennamen in "( … ),". Gemäß Handelsregistereintragung vom 13. August 1993 wurde die ( … ), durch Aufnahme mit der Klägerin verschmolzen. Auf Antrag der Klägerin vom 28. November 1995 wurde das Klagepatent sodann von der ( … ), auf die Klägerin umgeschrieben (vgl. Anlage 1 a).
Die Beklagte erhob am 28. Januar 1985 Einspruch gegen das das Klagepatent, auf den das Deutsche Patentamt dieses mit Beschluß vom 6. Mai 1988 (vgl. Anlagen 10 a und B 8) in vollem Umfang aufrechterhielt. Mit Schriftsatz vom 17. September 1996 (vgl. Anlage B 9) ist von dritter Seite, nämlich von der ( … ),, Nichtigkeitsklage betreffend das Klagepatent erhoben worden.
Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zum Wirbelschicht-Rösten und anschließenden Kühlen von kleinstückigen Naturprodukten, insbesondere Kaffeebohnen. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des Klagepatents auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung und Schadensersatz in Anspruch.
Der hier interessierende Anspruch 1 des Klagepatents hat folgenden Wortlaut:
1. Vorrichtung zum Wirbelschicht-Rösten und anschließenden Kühlen von kleinstückigen Naturprodukten, insbesondere Kaffeebohnen, mit einer eine Röstzone (1) verkörpernden Röstkammer (3), die einen Röstgas-Einlaß (5), einen Röstgas-Auslaß (7), einen Gut-Einlaß (9) und einen Gut-Auslaß (11) aufweist, einer Kühleinrichtung (55), die einen mit dem Gut-Auslaß (11) der Röstkammer (3) in Verbindung stehenden Kühlgut-Einlaß aufweist, und einer zwischen dem Röstgas-Einlaß (5) und dem Röstgas-Auslaß (7) verlaufenden Kreislauf-Verbindung zur Kreislaufführung des Röstgases, gekennzeichnet durch eine Röstgas-Nebenschlußeinrichtung zum Umgehen der Röstkammer (3) unter Aufrechterhaltung des Kreislaufes, wobei die Nebenschlußeinrichtung eine zwischen dem Röstgas-Einlaß (5) und dem Röstgas-Auslaß (7) verlaufende Röstgas-Nebenschlußleitung (13) und eine diese wahlweise in Wirksamkeit setzende Ventileinrichtung (37, 39) aufweist und in dem Gut-Auslaß (11) der Röstkammer (3) eine Absperreinrichtung (47) vorgesehen ist.
Die nachstehend wiedergegebene Figur stammt aus der Klagepatentschrift und zeigt in schematischer Darstellung eine erfindungsgemäße Vorrichtung.
Die Beklagte hat Vorrichtungen zum Rösten und anschließenden Kühlen von Kaffeebohnen unstreitig hergestellt und vertrieben, deren generelle Ausgestaltung sich aus dem von der Klägerin als Anlage 5 in Ablichtung sowie von der Beklagten im Original zur Akte gereichten Prospekt mit der Überschrift "PROBAT - roasting technology is your advantage", insbesondere aus der nachstehend wiedergegebenen Zeichnung, die aus diesem Prospekt stammt, ergibt.
Gemäß dem Vorbringen der ( … ), von ( … ), in der das Klagepatent betreffenden Nichtigkeitsklageschrift vom 17. September 1996 (vgl. Anlage B 9) betreibt diese (= Nichtigkeitsklägerin) nunmehr das aktive, operative Geschäft der 1994 in eine Holdinggesellschaft umgewandelten Beklagten.
Die Klägerin, die vorträgt, die Beklagte stelle her und vertreibe Vorrichtungen zum Rösten und anschließenden Kühlen von Kaffeebohnen gemäß dem als Anlage 5 überreichten Prospekt, sieht in Herstellung und Vertrieb dieser Vorrichtungen eine Verletzung des Klagepatents mit wortlautgemäßen, jedenfalls aber eine solche mit überwiegend wortlautgemäßen und teils patentrechtlich äquivalenten Mitteln. Sie macht geltend, daß bei der angegriffenen Ausführungsform das Umwälzen und Rösten der Kaffeebohnen durch das Zusammenwirken von heißer Luft und einem Schaufelrad bewirkt werde. Hierdurch werde eine Wirbelschicht im Sinne des Klagepatents erreicht. Diese werde erzeugt, indem die Kaffeebohnen mittels des Schaufelrades durcheinandergewirbelt würden. Der Vorgang werde durch die durchgedrückte Heißluft unterstützt.
Die Klägerin ist zudem der Auffassung, daß eine engere Definition des Begriffs "Wirbelschicht-Rösten" dahingehend, daß die Art und Weise des Röstens bei der angegriffenen Ausführungsform nicht mehr darunter fiele, patentrechtlich unerheblich wäre, weil der Schutzbereich eines Patents durch eine Zweckangabe im Regelfall nicht berührt werde. Entscheidend sei, ob die angegriffene Ausführungsform von den Merkmalen des Patentanspruches in deren räumlichkörperlicher Ausgestaltung Gebrauch mache. Dies sei hier der Fall.
Jedenfalls sei insoweit aber von einer Patentverletzung auf äquivalente Art und Weise auszugehen. Zu dem für das Klagepatent relevanten Prioritätsdatum seien dem Fachmann Röster mit und ohne Schaufelrad bekannt gewesen. Beide Röster unterschieden sich im wesentlichen dadurch, daß bei der einen Ausführungsform die Umwälzung der Kaffeebohnen mit durchströmendem Gas geschehe, während bei der anderen Ausführungsform zusätzlich ein Schaufelrad in der Röstkammer angeordnet sei. Beide Ausführungsformen seien weitgehend gleich konstruiert. Bei dieser Sachlage sei es für den Durchschnittsfachmann naheliegend, auch bei einem Schaufelrad-Röster die erfindungsgemäßen Vorteile durch Anwendung des Nebenschlußprinzips und der Steuerung der Verbindung zur Kühleinrichtung zu erreichen.
Die angegriffene Vorrichtung weise im übrigen auch eine Ventileinrichtung auf. Bei der angegriffenen Ausführungsform seien Klappenventile vorhanden, die so einstellbar seien, daß der Röstgasstrom ausschließlich durch den Röster oder ausschließlich durch die Nebenschlußleitung geleitet werde.
Die Klägerin beantragt,
zu erkennen, wie geschehen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie stellt eine Verletzung des Klagepatents in Abrede und macht geltend, daß es sich bei ihrer Vorrichtung nicht um eine Vorrichtung zum "Wirbelschicht"-Rösten handele, weil die Vereinzelung und Bewegung der Kaffeebohnen in der Röstkammer nicht durch die Röstluft, sondern durch das in der Vorrichtung - unstreitig - angeordnete Schaufelrad erfolge. Was unter einer Vorrichtung zum Wirbelschicht-Rösten von Kaffeebohnen zu verstehen sei, sei dem Fachmann geläufig und ergebe sich auch sowohl aus dem im Klagepatent erörterten Stand der Technik gemäß der DE-OS 25 31 39 (vgl. Anlage 2) als auch aus dem in der Patentschrift erörterten Prospekt "Aerotherm" der Firma LURGI (vgl. Anlage 3). Eine Definition einer solchen Vorrichtung finde sich bereits im Oberbegriff des Anspruchs 1 der DE-OS 25 31 390. Danach bestehe eine Vorrichtung zum Wirbelschicht-Rösten von Kaffeebohnen aus einer von einem Gehäuse umschlossenen Röstkammer mit perforiertem Boden und aus einem mit einer Heizung versehenen Röstluft-Gebläse, mittels welchem erhitzte Röstluft durch den perforierten Boden die Röstkammer derart eingeblasen werde, daß die Bohnen eine Zirkulationsbewegung ausführten, indem sie entlang einer Wand emporgehoben und nach seitlicher Ablenkung in Richtung auf die gegenüberliegende Wand wieder herunterfielen. Bei der Zirkulationsbewegung bildeten die von der eingeblasenen Röstluft bewegten Kaffeebohnen eine Wirbelschicht. Dazu erweitere sich die Röstkammer trichterförmig nach oben. Auch der Prospekt "Aerotherm" der Firma LURGI gemäß Anlage 3 betreffe eine Wirbelschicht-Röster-Vorrichtung. Auch bei dieser Vorrichtung werde wiederum Röstluft in eine sich trichterförmig nach oben erweiternde Röstkammer eingeblasen. Durch die eingeblasene Röstluft würden die Kaffeebohnen hochgewirbelt und in einer Wirbelschicht gehalten. Die durch das Röstluft-Gebläse in die Röstkammer eingeblasene Röstluft habe eine Doppelfunktion; einmal diene sie dazu, die in die Röstkammer eingefüllten Kaffeebohnen in eine Zirkulationsbewegung zu versetzen, und zum anderen, die so vereinzelten und bewegten Kaffeebohnen mit Röstluft zum Zwecke des Röstens zu erhitzen. Dazu müsse die Röstkammer entsprechend ausgebildet sein, indem die Röstluft in die Röstkammer von unten eingeblasen werde und die Röstkammer sich trichterförmig erweitere, damit die Kaffeebohnen von der Röstluft angehoben und in einem vergrößerten Röstraum durcheinandergewirbelt und so lange in einer Wirbelschicht bewegt würde, wie die Röstluft in die Röstkammer eingeblasen werde. Damit die in die Röstkammer eingeblasene Röstluft die Kaffeebohnen so bewegen könne, daß sich eine Wirbelschicht bilde, müsse die Röstluft in die Röstkammer von unten eingeblasen werden und die Röstkammer eine ein aufwirbeln der Kaffeebohnen ermöglichende Formgebung aufweisen, insbesondere trichterförmig ausgebildet sein.
Die Angabe "Vorrichtungen zum Wirbelschicht-Rösten" im Patentanspruch sei deshalb nicht eine bloße Zweckbestimmung, sondern mit dieser Angabe werde dem Fachmann gesagt, wie er die Vorrichtung räumlichkörperlich ausgestalten solle, um sie für die genannte Funktion benutzen zu können. Die vorgenannte Angabe beinhalte das räumlichkörperliche Merkmal, die Röstkammer so auszugestalten, daß das eingeblasene Röstgas die in der Röstkammer eingefüllten Kaffeebohnen so bewege, daß sie eine Wirbelschicht bildeten. Dies setze eine Zuführung der Röstluft von unten in die Röstkammer und eine entsprechende trichterförmige Ausbildung der Röstkammer voraus.
Bei der angegriffenen Ausführungsform handele es sich jedoch nicht um eine derartige Vorrichtung zum Wirbelschicht-Rösten. Die Vereinzelung und Bewegung der Kaffeebohnen in der Röstkammer erfolge durch das in ihr angeordnete Schaufelrad, dessen Antriebswelle von außen mechanisch angetrieben werde. Die durch den Röstgas-Einlaß eingelassene Röstluft habe ausschließlich die Aufgabe, das durch das Schaufelrad bewegte Röstgut mit Hitze zu beaufschlagen. Die Röstkammer sei zudem - wie zwischen den Parteien unstreitig ist - nicht trichterförmig gestaltet; sie ermögliche daher nicht die Erzeugung einer Wirbelschicht durch das durchgesaugte Röstgas. Bei der Vorrichtung der Beklagten habe die heiße Luft lediglich die Aufgabe, die von dem Schaufelrad bewegten Kaffeebohnen zu erhitzen, um sie zu rösten.
Außerdem weise die angegriffene Ausführungsform auch keine Ventileinrichtung auf, die wahlweise den Röstgas-Einlaß und eine Nebenschlußleitung in Wirksamkeit setze. Bei der angegriffenen Ausführungsform sei ein Verschließen des Röstgas-Einlasses in die Röstkammer und eine Umlenkung des Röstgasstromes in eine Nebenschlußleitung zur Beendigung der Bewegung der Kaffeebohnen in der Röstkammer nicht erforderlich; vielmehr dienten Hauptgas- und Nebengasleitung und deren Drosselungsmöglichkeiten dazu, den der Röstkammer zugeführten Röstgasstrom gezielt entsprechend den gewünschten Röstbedingungen unterschiedlich einzustellen, ihn nicht aber von der Röstkammer abzusperren. Es seien lediglich Drosselklappen, jedoch keine Absperrventile vorhanden. Der Durchmesser der Zuleitung zur Röstkammer betrage 250 mm, und der Durchmesser der Drosselungsklappen betrage 230 mm.
Eine Einbeziehung der angegriffenen Ausführungsform in den Schutzbereich des Klagepatents unter dem Gesichtspunkt der Äquivalenz scheide im übrigen aus. Zum einen sei eine Vorrichtung zum Rösten von Kaffeebohnen, bei der die Bewegung der Kaffeebohnen während des Röstvorganges mechanisch durch ein Schaufelrad bewirkt werde, mit einer Vorrichtung zum Wirbelschicht-Rösten nicht gleichwirkend und werde insbesondere auch von dem einschlägigen Fachmann der Patentschrift nicht als gleichwirkende Maßnahme entnommen. Zum anderen ergebe sich die angegriffene Vorrichtung aber auch, soweit Übereinstimmung mit dem Klagepatent geltend gemacht werde, in naheliegender nicht erfinderischer Weise aus dem vorbekannten Stand der Technik. So habe die vorbekannte Kaffeebohnen-Röstanlage der ( … ), mit der Bezeichnung "( … )," (vgl. Anlagen B 1 und B 2) mit der angegriffenen Ausführungsform mit einer Ausnahme übereingestimmt, nämlich dem Umstand, daß bei der angegriffenen Vorrichtung die Nebengasleitung nicht als Abgasleitung, sondern als Nebenschlußleitung ausgebildet sei, die unter Umgehung der Röstkammer in den durch die Röstkammer hindurchgeführten Röstgasstrom einmünde. Letztere Maßnahme habe aber aufgrund des von ihrer Rechtsvorgängerin hergestellten und vertriebenen Trommelrösters Typ R mit Rezirkulation und katalytischem Nachverbrenner (vgl. Anlagen B 3, B 6 und B 7) ebenfalls zum vorbekannten Stand der Technik gehört. Es sei am Prioritätstage des Klagepatents eine naheliegende Maßnahme gewesen, die Abgasleitung bei dem ( … ), als Nebenschlußleitung unter Umgehung der Röstkammer in die Kreislaufleitung hinter der Röstkammer einmünden zu lassen.
Sie, die Beklagte, habe zudem der niederländischen Firma ( … ), am 23. November 1977 den Umbau von zwei vorhandenen ( … ), mit Schreiben vom 23. November 1977 (vgl. Anlage B 4) angeboten. Zu diesem Angebotsschreiben habe auch die von ihr vorgelegte Prinzipskizze gemäß Anlage B 5 gehört. Dieses Angebot sei der ( … ), ohne Auferlegung von Geheimhaltungsverpflichtungen von ihr unterbreitet worden, und auch die ( … ), habe ihr keinerlei Gemeinhaltungsverpflichtungen auferlegt. Aus dem Inhalt des Angebots und der zugehörigen Skizze folge, daß die angegriffene Ausführungsform sich hinsichtlich der angeblich mit dem Klagepatent übereinstimmenden Merkmale aus diesem vorbekannten Stand der Technik ergebe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen überreichten Anlagen Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Klägerin stehen die gegen die Beklagte geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung und Schadensersatz zu, weil die Beklagte den Gegenstand des Klagepatents schuldhaft benutzt hat, §§ 9, 139 Abs. 1 und Abs. 2, 140 b Abs. 1 und Abs. 2 PatG, §§ 242, 259 BGB.
I.
Die Klägerin ist zur Geltendmachung sämtlicher erhobener Ansprüche aktivlegitimiert. Denn sie hat dargetan, daß die ursprünglich eingetragene Patentinhaberin, die ( … ),, durch schriftlichen Vertrag vom 14. Juni 1985 (vgl. Anlage 6) ihre sämtlichen Wirtschaftsgüter und Verbindlichkeiten einschließlich Rückstellungen sowie einschließlich Vorräte und Forderungen per 30. Juni 1985 auf die ( … ), übertragen hat. Damit ist auch das Klagepatent auf die ( … ), übertragen worden und diese Patentinhaberin geworden. Der Übertragungsvertrag gemäß Anlage 6 ist ausreichend bestimmt, weil sämtliche Wirtschaftsgüter, zu denen auch gewerbliche Schutzrechte zu zählen sind, übertragen werden sollten. Einer gesonderten Auflistung des Klagepatents und etwaiger weiterer Schutzrechte bedurfte es nicht. Die ( … ),, die gemäß Handelsregistereintragung vom 24. Februar 1987 ihren Firmennamen in "( … )," geändert hat, ist gemäß Handelsregistereintragung vom 13. August 1993 durch Aufnahme mit der Klägerin verschmolzen worden. Hierdurch ist die Klägerin Inhaberin des Klagepatents geworden.
Für die Zeit vor dem 30. Juni 1985 kann die Klägerin die Beklagte aufgrund der in dem Unternehmenskaufvertrag vom 14. Juni 1985 gemäß Anlage 6 vereinbarten Abtretung von Forderungen von der ( … ), auf die ( … ), sowie der anschließenden Verschmelzung der ( … ), bzw. späteren ( … ), mit der Klägerin aus abgetretenem Recht auf Schadensersatz, Rechnungslegung und Auskunftserteilung in Anspruch nehmen.
II.
Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen:
1. Vorrichtung zum Wirbelschicht-Rösten und anschließenden Kühlen von kleinstückigen Naturprodukten, insbesondere Kaffeebohnen,
2. mit einer eine Röstzone verkörpernden Röstkammer (3),
2.1 die einen Röstgas-Einlaß (5),
2.2 einen Röstgas-Auslaß (7),
2.3 einen Gut-Einlaß (9)
2.4 und einen Gut-Auslaß (11) aufweist,
3. mit einer Kühleinrichtung (55),
3.1 die einen mit dem Gut-Auslaß (11) der Röstkammer (3) in Verbindung stehenden Kühlgut-Einlaß aufweist,
4. und mit einer zwischen dem Röstgas-Einlaß (5) der Röstkammer (7) verlaufenden Kreislauf-Verbindung zur Kreislaufführung des Röstgases.
Wie die Klagepatentschrift einleitend ausführt, sind Röstvorrichtungen der angegebenen Art aus der DE-OS 25 31 390 (vgl. Anlage B 11 sowie die DE-PS 25 31 390 gemäß Anlage 2) bekannt. Die Patentschrift führt hierzu aus, daß diese vorbekannten Röstvorrichtungen mit verhältnismäßig geringem Energieverbrauch arbeiteten, weil der heiße Röstgasstrom, der für die Erzeugung der Wirbelschicht eine beträchtliche Intensität haben müsse, im Kreislauf geführt werde. Soweit bei diesen beiden bekannten Röstvorrichtungen eine gesonderte Kühleinrichtung verwendet werde, ströme kontinuierlich fertig geröstetes Gut als Überlauf aus dem Wirbelbett der Röstkammer in die Kühleinrichtung. Die Patentschrift beanstandet, daß dabei unvermeidlich ein großer Teil des heißen Röstgasstromes in die Kühleinrichtung gelange und entweder verloren gehe oder zumindest einen Teil seines Wärmeinhalts an die Kühleinrichtung abgebe, so daß entsprechende Energieverluste aufträten. Bei einer anderen Ausführungsform der bekannten Vorrichtung, die chargenweise arbeite, sei vorgesehen, daß am Ende einer Röstperiode die Röstgas-Heizung abgestellt und das geröstete Gut in der Röstkammer mit dem allmählich erkaltendem Gasstrom abgekühlt werde. Daran wird in der Klagepatentschrift als nachteilig beanstandet, daß das Abkühlen und das Wiederaufheizen des Gasstromes verhältnismäßig lang dauere, weil der Gaskreislauf eine erhebliche Wärmekapazität habe, insbesondere der darin vorzusehenden Feststoff-Abscheideeinrichtungen, so daß zwischen den einzelnen Röstperioden verhältnismäßig lange Zeiträume lägen, die nicht zum Rösten genutzt würden.
Die Patentschrift erörtert einleitend ferner eine aus dem Prospekt "( … )," der ( … ), bekannte Röstvorrichtung(vgl. Anlage 3) und gibt hierzu an, daß bei dieser das Abkühlen und Wiederaufheizen des Röstgasstromes dadurch vermieden werde, daß am Ende einer Röstperiode der Röstgasstrom über eine Nebenschlußleitung an der Röstkammer vorbeigeleitet und in dem Nebenschluß aufrechterhalten werde. Infolge des Wegfalls des tragenden Röstgasstroms in der Röstkammer falle das in dem Wirbelbett befindliche geröstete Gut nach unten durch einen zwischen dem Gut-Auslaß der Röstkammer und einem Kühlgut-Einlaß einer Kühleinrichtung vorgesehenen freien Durchgang in eine Kühleinrichtung. Dort werde das Gut gekühlt und schließlich in einen Auffangbehälter abgelassen. Zur Veranschaulichung dieser vorbekannten Röstvorrichtung wird nachstehend ein "Fließbild" wiedergegeben, das aus dem vorgenannten Prospekt der ( … ), gemäß Anlage 3 stammt.
Die Patentschrift kritisiert es als nachteilig, daß diese bekannte Vorrichtung nicht mit Kreislaufführung des Röstgases arbeite, so daß die Aufrechterhaltung des Röstgasstromes während der Röstpausen unwirtschaftlich sei. Das gelte besonders deshalb, weil bei der bekannten Vorrichtung die Röstpausen jeweils die volle Abkühlzeit der in die Kühleinrichtung abgegebenen gerösteten Charge einschlössen. Erst nach Beendigung der jeweiligen Abkühlzeit könne der heiße Röstgasstrom wieder durch die Röstkammer geleitet und eine neue Charge zu röstenden Gutes über eine Schleuse eingefüllt und von dem Röstgasstrom in der Röstkammer gehalten werden.
Von diesem Stand der Technik ausgehend liegt der Erfindung nach dem Klagepatent das technische Problem ("die Aufgabe") zugrunde, eine chargenweise zu betreibende Wirbelschicht-Röstvorrichtung zu schaffen, die mit geringem Energieverbrauch und kurzen Röstpausen auskommt.
Gelöst wird diese Aufgabe nach der Lehre des Klagepatents durch eine Vorrichtung der vorbeschriebenen Art mit folgenden weiteren Merkmalen:
5. Die Vorrichtung weist ferner eine Röstgas-Nebenschlußeinrichtung auf zum Umgehen der Röstkammer (3) unter Aufrechterhaltung des Kreislaufes,
5.1 wobei die Nebenschlußeinrichtung eine zwischen dem Röstgas-Einlaß (5) und dem Röstgas-Auslaß (7) verlaufende Röstgas-Nebenschlußleitung (13)
5.2 und eine diese wahlweise in Wirksamkeit setzende Ventileinrichtung (37,39) aufweist,
6. und in dem Gut-Auslaß (11) der Röstkammer (3) eine Absperreinrichtung (47) vorgesehen ist.
Die Patentschrift führt aus, daß bei der erfindungsgemäßen Röstvorrichtung das zuletzt beschriebene Nebenschluß-Prinzip bei einem im Kreislauf geführten Röstgasstrom angewandt werde. Mit Hilfe der zwischen dem Gut-Auslaß der Röstkammer und dem Kühlgut-Einlaß der Kühleinrichtung vorgesehenen Absperreinrichtung könne die Röstkammer am Ende einer Röstperiode sofort nach dem Ablassen der fertig gerösteten Charge von der Kühleinrichtung getrennt und erneut mit dem heißen Röstgasstrom und einer neuen Charge zu röstenden Gutes beaufschlagt werden. Es sei deshalb zwischen dem Rösten zweier Chargen nur eine sehr kurze, die Abkühlzeit nicht enthaltende Röstpause mit Nebenschluß-Betrieb erforderlich, so daß die Röstkammer wie auch die anderen Teile des Röstgas-Kreislaufes sich in den Röstpausen nicht merklich abkühlten und das Rösten der neu eingefüllten Charge sofort mit der richtigen Rösttemperatur begonnen werde könne. Es ergebe sich also nicht nur eine beträchtliche Energieeinsparung, sondern auch eine Verkürzung der Röstzeit und eine Vergleichmäßigung der Röstergebnisses. Die Ausnutzung der Vorrichtung, d.h. der mit einer gegebenen Vorrichtung erzielbare Durchsatz an geröstetem Gut, sei erhöht, die spezifischen Röstkosten seien entsprechend niedriger. Die erfindungsgemäße Vorrichtung sei, so die Patentschrift weiter, einfach aufgebaut und bedürfe ersichtlich nur einer sehr einfachen Ventileinrichtung, um in der gewünschten Weise zwischen den einzelnen Röstperioden den Röstgasstrom an der Röstkammer vorbei durch die Nebenschlußleitung zu leiten und den Kreislauf aufrecht zu erhalten.
III.
Mit der angegriffenen Ausführungsform hat die Beklagte von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch gemacht.
Bei der angegriffenen Ausführungsform handelt es sich um eine Vorrichtung zum Rösten und anschließenden Kühlen von Kaffeebohnen. Wie aus der bereits wiedergegebenen Zeichnung auf Seite 3 des die angegriffene Röstvorrichtung betreffenden Prospekts gemäß Anlage 5 ersichtlich ist und zwischen den Parteien auch unstreitig ist, weist diese in wortlautgemäßer Verwirklichung der Merkmale 2 bis 2.4 eine eine Röstzone verkörpernde Röstkammer, die einen Röstgas-Einlaß, einen Röstgas-Auslaß, einen Gut-Einlaß und einen Gut-Auslaß auf. Die Vorrichtung verfügt ferner über eine Kühleinrichtung, die einen mit dem Gut-Auslaß der Röstkammer in Verbindung stehenden Kühlgut-Einlaß aufweist, weshalb auch die Merkmale 3 und 3.1 wortlautgemäß verwirklicht sind. Ferner weist die angegriffene Ausführungsform in wortlautgemäßer Übereinstimmung mit Merkmal 4 eine zwischen dem Röstgas-Einlaß und dem Röstgas-Auslauf verlaufende Kreislauf-Verbindung zur Kreislaufführung des Röstgases auf.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist aber auch Merkmal 1 vollständig wortsinngemäß verwirklicht, weshalb sämtliche Merkmale des Oberbegriffs des Patentanspruches 1 erfüllt sind. Die Angabe "Vorrichtung zum Wirbelschicht-Rösten" in Merkmal 1 steht dem nicht entgegen.
Der Beklagten ist insoweit zwar darin zuzustimmen, daß der im Lichte der Beschreibung auszulegende Patentanspruch mit dieser Angabe auf eine Vorrichtung Bezug nimmt, bei der durch den Röstgasstrom eine Wirbelschicht erzeugt wird. Dies ergibt sich bereits aus der Einleitung der Patentschrift, in der zum Stand der Technik ausgeführt wird, daß bekannte Röstvorrichtungen der angegebenen Art (DE-OS 25 31 390) mit verhältnismäßig geringem Energieverbrauch arbeiteten, weil der heiße Röstgasstrom, "der für die Erzeugung der Wirbelschicht eine beträchtliche Intensität" haben müsse, im Kreislauf geführt werde. Die in der Klagepatentschrift zum Stand der Technik erörterte DE-OS 25 31 390 (vgl. Anlage B 11) offenbart denn auch eindeutig eine Vorrichtung zum Rösten von Kaffeebohnen, bei der mittels eines Gebläses Röstluft in eine Röstkammer eingeblasen wird, um die in die Röstkammer eingefüllten Kaffeebohnen in eine Zirkulationsbewegung zu versetzen und die so bewegten Kaffeebohnen zu rösten. Auch betrifft der Prospekt "( … )," der ( … ), gemäß Anlage 3, in dem auf Seite 4 zum "Aerotherm-Verfahren" ausgeführt wird, dieses bestehe darin, daß eine bestimmte Menge Rohkaffee in einem konisch ausgebildeten, düsenartigen Gefäß "mit heißer Luft hochgewirbelt" werde, eine derartige Vorrichtung. Doch führt dies nicht etwa dazu, daß die angegriffene Ausführungsform, bei der die Verwirbelung der Kaffeebohnen durch ein in ihr angeordnetes Schaufelrad bewirkt wird, dessen Antriebswelle von außen mechanisch angetrieben wird, nicht in den Schutzbereich des Klagepatents fällt.
Das Klagepatent ist ein durch bestimmte räumlichkörperliche Merkmale der geschützten Vorrichtung geschütztes Sachpatent. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. GRUR 1979, 149, 150 - Schießbolzen; GRUR 1991, 436, 441 - Befestigungsvorrichtung II; ferner Benkard/Ullmann, Patentgesetz/Gebrauchsmustergesetz, 9. Aufl., § 14 PatG Rdn. 41) kommt bei einem Sachpatent der Aufnahme von Zweck-, Wirkungs- und Funktionsangaben in den Patentansprüchen grundsätzlich keine schutzbeschränkende Bedeutung zu. Vielmehr sind derartige Angaben in der Regel nichts anderes als dem besseren Verständnis der Erfindung dienende Erläuterungen, die lediglich die Bedeutung einer mittelbaren Umschreibung der räumlichkörperlichen Ausgestaltung der betreffenden Vorrichtungsteile haben. Irgendeine Einschränkung des Schutzes des Patents ist mit derartigen Zweck-, Wirkungs- und Funktionsangaben in aller Regel aber nicht verbunden. Die im "Schießbolzen"-Urteil des Bundesgerichtshofes (GRUR 1979, 149, 150 f.) aufgestellten Grundsätze haben insoweit für das PatG 1981 weiterhin Geltung. Nach dessen § 14 wird zwar der Schutzbereich des Patents durch den Inhalt der Patentansprüche bestimmt. Dies bedeutet aber nicht, daß in den Patentanspruch aufgenommene Zweck-, Wirkungs- und Funktionsangaben den Schutzbereich der patentierten Vorrichtung auf deren Verwendung zu dem genannten Zweck, in der bestimmten Funktion und mit der angegebenen Wirkung beschränken. Nichts anderes hat der Bundesgerichtshof im übrigen in seiner - von der Beklagten angeführten - Entscheidung "Heuwerbungsmaschine II" (GRUR 1981, 259) zum Ausdruck gebracht, in der er ausgeführt hat, daß durch den im Patentanspruch enthaltenen Hinweis auf die Eignung der Maschine für einen bestimmten Zweck (dort: Heuwerbungsmaschine) dem Fachmann gesagt werde, wie er die einzelnen Merkmale der Maschine räumlichkörperlich ausgestalten solle, um sie für die genannte Funktion benutzen zu können. Dies steht der vorzitierten "Schießbolzen"-Entscheidung nicht etwa entgegen; vielmehr hat der Bundesgerichtshof bereits in dieser Entscheidung ausgeführt, daß die Zweckangabe "die Bedeutung einer mittelbaren Umschreibung der räumlichkörperlichen Ausgestaltung" der Sache habe, "wie sie durch den genannten Zweck bedingt sei" (GRUR 1979, 149, 151).
Unter Beachtung dieser Grundsätze bietet die im Patentanspruch 1 enthaltene Zweckangabe "Vorrichtung zum Wirbelschicht-Rösten" keinen Anlaß zu einer einschränkenden Auslegung des Klagepatents dahin, daß Röstvorrichtungen, bei denen die Bewegung bzw. Verwirbelung des Röstgutes nicht durch die in die Röstkammer eingelassene Röstluft, sondern durch eine mechanische Vorrichtung wie ein Schaufelrad bewirkt wird, seinem Schutzbereich nicht unterfallen. Denn für den Kern der Erfindung, der darin besteht, daß die Röstvorrichtung eine Röstgas-Nebenschlußeinrichtung zum Umgehen der Röstkammer unter Aufrechterhaltung des Kreislaufes aufweist, spielt es keine Rolle, ob bei einer Röstvorrichtung die Bewegung der Kaffeebohnen mittels in die Röstkammer eingeblasener Röstluft oder durch ein in der Vorrichtung angeordnetes Schaufelrad oder durch ein Zusammenwirken von Schaufelrad und Röstluft bewirkt wird. Es kommt vielmehr allein darauf an, daß die Vorrichtung zum Rösten des Gutes mittels heißen Röstgasstromes geeignet ist. Das Klagepatent lehrt den Fachmann diesbezüglich die Lenkung bzw. Umlenkung des Röstgasstromes. Maßgebend ist insoweit, daß es sich um eine Vorrichtung handelt, bei der die Röstung des Gutes in einer Röstkammer durch einen solchen heißen Gasstrom bewirkt wird. Hierzu muß die Vorrichtung aufgrund der Zweckangabe geeignet sein und dies ist bei der angegriffenen Ausführungsform auch der Fall.
Es kommt hinzu, daß bei der angegriffenen Ausführungsform zwar die Kaffeebohnen mittels des Schaufelrades in Bewegung gesetzt werden und die eingelassene Röstluft - die nach dem Vorbringen der Beklagten eine Strömungsgeschwindigkeit von 4 m/sec. hat - die Kaffeebohnen allein nicht bewegen kann, gleichwohl die so bewirkte Bewegung des Röstgutes durch den Heißluftstrom jedoch in gewissem Umfang unterstützt wird. Wie sich aus der von der Klägerin vorgelegten, wenn auch erst 1993 erschienenen Publikation "Coffee floats, tea stinks" gemäß Anlage 7 ergibt, läßt sich eine solche Verwirbelung der Kaffeebohnen mittels eines Schaufelrades im übrigen durchaus auch als "mechanisches Wirbelbett" beschreiben.
Nach alledem erstreckt sich der Schutz des Klagepatents ungeachtet der in seinem Patentanspruch enthaltenen Zweckangabe auch auf die angegriffene Ausführungsform, die die Eignung zum Rösten mittels Röstgases aufweist, weshalb auch das Merkmal 1 des Klagepatents wortlautgemäß verwirklicht ist.
In wortlautgemäßer Verwirklichung des Merkmals 5 des kennzeichnenden Teils des Patentanspruchs weist die Vorrichtung der Beklagten ferner eine Röstgas-Nebenschlußeinrichtung auf zum Umgehen der Röstkammer unter Aufrechterhaltung des Kreislaufes. Diese Nebenschlußeinrichtung verfügt ferner über eine zwischen dem Röstgas-Einlaß und dem Röstgas-Auslaß verlaufende Röstgas-Nebenschlußleitung, weshalb auch das Merkmal 5.1 wortlautgemäß erfüllt ist.
Wortlautgemäß verwirklicht ist auch das Merkmal 5.2. Denn die Röstgas-Nebenschlußeinrichtung der angegriffenen Ausführungsform verfügt über eine diese wahlweise in Wirksamkeit setzende Ventileinrichtung. Zwar hat die Klägerin insoweit nicht nachgewiesen, daß es sich bei dieser Ventileinrichtung um Absperrventile handelt. Es ist jedoch unstreitig, daß die angegriffene Ausführungsform zumindest über Drosselklappen verfügt. Diesbezüglich hat die Beklagte vorgetragen, daß die Zuleitungen zur Röstkammer einen Durchmesser von 250 mm habe und der Durchmesser der Drosselklappen 230 mm betrage, weshalb auch bei Umlenkung des Röstgasstromes weiterhin ein Teil dieses Stromes in die Röstkammer gelangen könne. Einer weiteren Aufklärung bedarf es insoweit nicht. Drosseleinrichtungen unterscheiden sich von Absperrventilen allein dadurch, daß sie den Teil eines durch sie hindurchgehenden Mediums lediglich reduzieren, aber nicht vollständig abstellen können. Die durch Ventile im engeren Sinne erzielbare Wirkung wird somit, wenn auch im geringeren Maße, durch Drosseleinrichtungen erreicht. Auch sie ermöglichen eine Energieeinsparung im Sinne der Aufgabe der Erfindung, wenn auch nur in einem geringeren Maße. In der Patentschrift ist im übrigen an keiner Stelle angegeben, daß zur Lösung der dem Gegenstand des Klagepatentes zugrunde liegenden Aufgabe eine vollständige Schließung der Ventile sichergestellt sein muß. Die Drosselklappen der angegriffenen Ausführungsform stellen daher Regelventile dar und fallen noch unter den Wortsinn des Merkmals 5.2.
In wortlautgemäßer Übereinstimmung mit dem Merkmal 6 des Klagepatents ist in dem Gut-Auslaß der Röstkammer der angegriffenen Ausführungsform schließlich unstreitig auch eine Absperreinrichtung vorgesehen, so daß sämtliche Merkmale des Patentanspruches 1 wortlautgemäß erfüllt sind.
IV.
Aus der Verletzung des Klagepatents ergeben sich folgende Rechtsfolgen:
1. Da die Beklagte den Gegenstand des Klagepatents rechtswidrig benutzt hat, ist sie der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet, § 139 Abs. 1 PatG.
Die Beklagte ist (auch) hinsichtlich des geltend gemachten Unterlassungsanspruches passivlegitimiert. Denn es ist unstreitig, daß die Beklagte Vorrichtungen zum Rösten und anschließenden Kühlen von Kaffeebohnen gemäß dem von der Klägerin als Anlage 5 zur Akte gereichten Prospekt jedenfalls in der Vergangenheit hergestellt und vertrieben hat. Zwar ergibt sich aus der von der Beklagten als Anlage B 9 vorgelegten Nichtigkeitsklage der ( … ), von ( … ), vom 17. September 1996, daß diese nunmehr das aktive, operative Geschäft der 1994 in eine Holdinggesellschaft umgewandelten Beklagten betreibt. Dem ist die Klägerin nicht entgegengetreten. Auch handelt es sich bei dem von der Klägerin als Anlage 5 zur Akte gereichten Prospekt mit dem Titel "PROBAT - roasting technology is your advantage", wie sich aus der letzten Prospektseite eindeutig ergibt, um einen solchen der ( … ) von ( … ) und nicht um einen Prospekt der Beklagten. Insoweit ist der Vortrag der Klägerin unschlüssig, sofern dieser dahin zu verstehen ist, daß die Beklagte selbst weiterhin die angegriffene Vorrichtung herstelle und vertreibe. Doch ändert dies nichts an der Passivlegitimation der Beklagten, weil sie selbst jedenfalls bis zu ihrer Umwandlung in eine Holdinggesellschaft das aktive, operative Geschäft betrieben und das Klagepatent durch Herstellung und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform verletzt hat. Die hierdurch indizierte Wiederholungsgefahr ist aufgrund ihrer Umwandlung in eine Holdinggesellschaft nicht etwa entfallen, weil jederzeit wieder eine Umstrukturierung des Unternehmens erfolgen und die Beklagte das operative, aktive Geschäft wieder an sich ziehen könnte.
2. Die Beklagte hat der Klägerin außerdem Schadensersatz zu leisten, § 139 Abs. 2 PatG. Denn als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Da es hinreichend wahrscheinlich ist, daß der Klägerin und ihren Rechtsvorgängern durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin jedoch noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO. Für die Zeit vor dem 30. Juni 1985 kann die Klägerin von der Beklagte aufgrund der in dem Unternehmenskaufvertrag vom 14. Juni 1985 vereinbarten Abtretung von Ansprüchen der ( … ) auf die ( … ) und Datenverarbeitung GmbH, die sodann - als ( … ) - durch Aufnahme mit der Klägerin verschmolzen worden ist, aus abgetretenem Recht Schadensersatz verlangen, was bei der Tenorierung klarzustellen gewesen ist.
3. Außerdem ist die Beklagte zur Rechnungslegung verpflichtet, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch beziffern zu können, § 242 BGB. Denn die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.
4. Gemäß § 140 b PatG hat die Beklagte schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen. Die nach Absatz 2 dieser Vorschrift geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu I. 2 mit den Angaben zusammengefaßt, die zum Zwecke der Rechnungslegung zu machen sind. Die vom Klageantrag geringfügig abweichende Fassung des Tenors zu I. 2. erfolgt lediglich zur Klarstellung und beinhaltet keine Klageabweisung.
IV.
Eine nach § 148 ZPO mögliche Aussetzung der Verhandlung hat die Beklagte nicht beantragt und zu einer solchen Aussetzung besteht auch keine hinreichende Veranlassung.
Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 - Nickel-Chrom-Legierung; BlPMZ 1995, 121 - Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR 1979, 188 - Flachdachabläufe) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 284 - Transportfahrzeug) gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder - wie hier - die Erhebung einer Nichtigkeitsklage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, weil dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist (§ 58 Abs. 1 PatG). Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen, wobei grundsätzlich dem Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung seines erteilten Patents Vorrang gebührt. Die Aussetzung kommt deshalb nur in Betracht, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klagepatents zu erwarten ist. Dies wiederum kann regelmäßig dann nicht angenommen werden, wenn der dem Klagepatent am nächsten kommende Stand der Technik bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigt worden ist oder wenn neuer Stand der Technik lediglich belegen soll, daß das Klagepatent nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, sich jedoch auch für eine Bejahung der Erfindungshöhe, die von der wertenden Beurteilung der hierfür zuständigen Instanzen abhängt, zumindest noch vernünftige Argumente finden lassen.
Unter Beachtung dieser Grundsätze besteht nach dem Vorbringen der Beklagten kein überwiegender Grund zu der Annahme, daß die von ihr angeführten Schriften den Gegenstand der Erfindung neuheitsschädlich vorwegnehmen oder dem Fachmann deren Gegenstand nahelegen.
Der bereits im Erteilungsverfahren sowie im Einspruchsverfahren berücksichtigte Prospekt "( … ) " der ( … ) (vgl. Anlage 3) offenbart zwar eine Röstgas-Nebenschlußleitung, jedoch keinen Röstgas-Kreislauf. Bei dieser vorbekannten Vorrichtung sind die Röstpausen lang und mit einem erheblichen Energieverlust durch die Nebenschlußleitung in die Außenatmosphäre verbunden.
Die ebenfalls schon im Einspruchsverfahren berücksichtigte DE-AS 1 009 466 (vgl. Anlage B 10) offenbart weder eine Röstgasrückführung noch eine Röstgas-Nebenschlußleitung.
Der von der Beklagten angeführte Röster "RAPIDO-NOVA" gemäß Anlagen B 1 und B 2 entspricht unstreitig der bereits im Einspruchsverfahren gewürdigten DE-OS 21 43 713 (vgl. Anlage 8). Hieraus ist zwar eine Röstvorrichtung mit einer Kreislaufführung des Röstgases bekannt. Der Röster hat jedoch ebenfalls keine Röstgas-Nebenschlußeinrichtung. Bei dem aus der DE-OS 21 43 713 bekannten Röster dienen die Kreislaufführung, das Klappensystem und die Ableitung in die Atmosphäre dazu, Rückstände in den Abgasen aus dem Röster bei einer Temperatur zu verbrennen, die unabhängig von der Temperatur der in die Röstkammer eintretenden Gase eingestellt werden kann. Dabei haben das Klappensystem und die Ableitung von Heißgas in die Atmosphäre die Aufgabe, die Temperatur im Röster gegenüber der Temperatur im Ofen herabzusetzen. Diese Funktionsweise ist im einzelnen auf Seite 4 der Offenlegungsschrift (vgl. Anlage 8) näher beschrieben. Angesichts dieser sich hieraus ergebenden Funktion der Ableitung sowie des Klappensystems erscheint ein Ersatz der Ableitung durch eine Nebenschlußleitung keineswegs als naheliegend.
Der von der Beklagten ferner in Bezug genommene Trommelröster "Typ R" gemäß Anlage B 3 ist im wesentlichen in der DE-OS 22 07 803 (vgl. Anlage 9) beschrieben, die ebenfalls bereits im Einspruchsverfahren berücksichtigt worden ist. Die Klägerin hat hierzu überzeugend dargelegt, daß bei dieser Vorrichtung ein Umgehen der Trommel beim Rösten und beim Entleeren des gerösteten Kaffees stets nicht möglich sei. Beim Rösten und geöffneter Klappe (27 bzw. P) gelange immer Röstgas aus der Rösttrommel (2) durch deren Drahtgewebe in den Mantelraum und umgekehrt. Die Klägerin hat insoweit zudem ausgeführt, daß beim Entleeren der abfahrbare Deckel (6) abgezogen werden müsse und anzunehmen sei, daß der Brenner dieses Trommelrösters daher beim Öffnen der Trommel abgestellt werden müsse, damit das Bedienungspersonal beim Entleeren keine Verbrühungen erleide. Dem ist die Beklagte nicht konkret entgegengetreten.
Schließlich bieten auch die Anlagen B 4 und B 5 sowie das diesbezügliche Vorbringen der Beklagten keinen hinreichenden Anlaß zu einer Aussetzung der Verhandlung. Insoweit kann dahinstehen, ob das von der Beklagten vorgelegte Angebotsschreiben gemäß Anlage B 4 zur angegebenen Zeit an die niederländische ( … ) geschickt worden ist und ob die Prinzipskizze gemäß Anlage B 5 bereits zum damaligen Zeitpunkt tatsächlich vorgelegen hat, was die Klägerin mit Nichtwissen bestritten hat. Insoweit ist jedenfalls nicht ersichtlich, ob bei der aus der Zeichnung gemäß Anlage B 5 ersichtlichen Vorrichtung aufgrund des in der Leitung (13) angeordneten Katalysators eine vollständige bzw. jedenfalls ganz überwiegende Umleitung des Röstgasstromes möglich gewesen ist und das erfindungsgemäße Nebenschlußprinzip insoweit überhaupt verwirklicht werden konnte.
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 Satz 1, 108 ZPO.
Der Streitwert beträgt 750.000,-- DM.
LG Düsseldorf:
Urteil v. 25.02.1997
Az: 4 O 108/96
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