Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Mai 2002
Aktenzeichen: 27 W (pat) 160/01
(BPatG: Beschluss v. 28.05.2002, Az.: 27 W (pat) 160/01)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Gegen die Eintragung der Wort-/Bildmarkefür
"Bekleidungsstücke, insbesondere Kleider, Damen-Hosen, Herren-Hosen, Damen- und Herrenwesten, Röcke, Blusen, Hemden, Blazer, Sakko, Jacken, Mäntel"
ist Widerspruch eingelegt aus der prioritätsälteren Wortmarke
"Adeline"
eingetragen unter der Nr 397 09 553 ua für
"Bekleidungsstücke (einschließlich gewirkter und gestrickter) für Herren, Damen und Kinder (einschließlich Ober- und Unterbekleidungsstücke); Leib- und Nachtwäsche; Badeanzüge, Badehosen, Bademäntel, Badejacken; Freizeit-, Strand- und Sportbekleidungsstücke; Mützen, Krawatten, Hosenträger, Handschuhe, Strumpfwaren; Miederwaren, nämlich Mieder, Korsetts, Korseletts, Hüfthalter und Hüftformer für Bekleidungszwecke, Strumpfhaltergürtel, Miederhöschen, Miederschlüpfer, Slips, Tanzgürtel und Büstenhalter; Schuhwaren".
Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat auf den Widerspruch die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Die Vergleichsmarken, welche beide für Waren aus dem Produktbereich "Bekleidungsstücke" geschützt seien, wiesen in klanglicher Hinsicht so ausgeprägte Übereinstimmungen auf, dass Verwechslungen zwischen ihnen zu erwarten seien. Denn sie unterschieden sich lediglich im jeweils letzten Buchstaben, wobei die Endvokale "A" und "E" gerade am unbetonten Wortende eine klangverwandte Wirkung entfalteten. Der Verkehr könne sie daher nicht mit hinreichender Sicherheit voneinander unterscheiden.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke, die sie im wesentlichen darauf stützt, der angefochtene Beschluss, der allein auf die geringfügige zeitliche Priorität der Widerspruchsmarke abstelle, berücksichtige nicht ausreichend, dass sie bereits seit 1994 unter der angegriffenen Marke am Verkehr teilnehme und auch so im Handelsregister eingetragen sei. In der Vergangenheit sei es aber nie zu irgendwelchen Verwechslungen gekommen, zumal die Waren und Dienstleistungen, für welche die Widerspruchsmarke geschützt sei, "im wesentlichen völlig anderer Natur" seien als die für sie geschützten Waren, bei denen es sich vornehmlich um Damen- und Herrenoberbekleidung handele.
Die Widersprechende ist dem entgegengetreten. Die Beschwerdebegründung übersehe, dass im registerrechtlichen Widerspruchsverfahren der Prüfungsumfang beschränkt sei, so dass ein mögliches durch Benutzung im geschäftlichen Verkehr erworbenes Recht nach § 5 MarkenG unbeachtlich sei. Bei der allein zugrundezulegenden Prüfung seien beide Marken aber klanglich verwechselbar.
Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II Die zulässige (§ 66 Abs 1 MarkenG) Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil die Markenstelle zu Recht die Löschung der angegriffenen Marke wegen der Gefahr von Verwechslungen mit der Widerspruchsmarke (§§ 42, 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG) angeordnet hat.
Die Gefahr von Verwechslungen im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG ist von mehreren Komponenten abhängig, die miteinander in Wechselbeziehung stehen, und zwar insbesondere von der Ähnlichkeit oder Identität der Marken, der Ähnlichkeit oder Identität der von ihnen erfaßten Waren und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (vgl EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon; MarkenR 1999, 236, 239 - Lloyd/Loints). Ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren kann dabei durch einen größeren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (st Rspr; vgl EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma; EuGH aaO - Canon; BGH GRUR 1999, 241, 243). Den danach angesichts der Identität, zumindest aber hochgradigen Ähnlichkeit der von den Vergleichsmarken ausweislich der jeweiligen Warenverzeichnisse, auf die allein - ungeachtet der konkreten Benutzung - abzustellen ist, beanspruchten Waren zu fordernden deutlichen Abstand zur Widerspruchsmarke hält die jüngere Marke nicht ein.
Wie die Markenstelle zutreffend im einzelnen ausgeführt hat, reichen für den danach zu fordernden Abstand die einzigen vorhandenen Unterschiede zwischen den Vergleichsmarken, nämlich der abweichende Endbuchstabe und die grafische, auf eine bestimmte werbeübliche Wiedergabe des Schrifttyps beschränkte Ausgestaltung der jüngeren Marke, nicht aus. Der bloße Umstand, dass es sich bei dem unbetonten Schlussvokal der aus sieben Buchstaben bestehenden, viersilbigen jüngeren Marke um den Buchstaben "A" statt des Buchstabens "E" wie in der gleichlangen Widerspruchsmarke handelt, kann zumal bei flüchtiger Wiedergabe der Markenwörter, etwa bei fernmündlicher Übertragung, leicht unbemerkt bleiben. Auch schriftbildlich ist nicht ausgeschlossen, dass dieser Unterschied insbesondere bei flüchtigem Lesen vom Verkehr nicht ausreichend wahrgenommen wird. Schließlich steht auch die grafische Ausgestaltung des Schriftbildes der angegriffenen Marke dem nicht entgegen, da sie bei der klanglichen Wiedergabe der Vergleichsmarken, bei der bereits eine Verwechslungsgefahr zu bejahen ist, keine Rolle spielt und im übrigen auch nicht so charakteristisch ist, daß sich der Verkehr mit Sicherheit daran erinnert.
Soweit sich die Inhaberin der jüngeren Marke auf angebliche Rechte beruft, die sie durch eine frühere Benutzung dieser Marke erworben haben will, hat dies - wie die Widersprechende zutreffend ausgeführt hat - bei der Annahme der hier allein nach Maßgabe der § 42 Abs 1 und 2 MarkenG zu beurteilenden Verwechslungsgefahr schon aus Rechtsgründen außer Betracht zu bleiben, da der Widerspruch, der sich allein gegen die Eintragung der jüngeren Marke im Register richtet, solange zulässig bleibt, wie er auf eine ebenfalls eingetragene Marke mit älterem Zeitrang gestützt ist. Die bloße Berufung auf (Gegen-)Rechte, welche der Inhaberin der jüngeren Marke möglicherweise nach den §§ 51, 12 sowie nach § 14 Abs 2 Nr 2 MarkenG gegenüber der Inhaberin der Widerspruchsmarke zustehen (was der Senat allerdings schon mangels eigener Zuständigkeit nicht zu beurteilen hat), kann den Erfolg des Widerspruchs daher grundsätzlich nicht hindern.
Wegen der Kosten des Beschwerdeverfahrens wird auf § 71 Abs 1 Satz 2 MarkenG verwiesen.
Dr. Schermer Albert Schwarz Pü
BPatG:
Beschluss v. 28.05.2002
Az: 27 W (pat) 160/01
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