Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 20. Dezember 2001
Aktenzeichen: 13 A 3112/00

(OVG Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 20.12.2001, Az.: 13 A 3112/00)

Tenor

Die Berufung wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 100.000,-- DM festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin beantragte unter dem 16. Januar 1998 - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - auf der Grundlage des § 39 TKG die Genehmigung von Anschluss- und Verbindungsentgelten im Zusammenhang mit dem Netzzugang für Anbieter von Corporate-Networks (AfCN) und legte die nach § 2 TEntgV vorgesehenen Kosten- nachweise mit drei Mustervereinbarungen mit identischen Entgelten vor.

Dem vorausgegangen war ein auf § 97 Abs. 3 TKG iVm. § 4 PTRegG gestützter Entgeltgenehmigungsantrag der Klägerin für Verbindungsleistungen für Corporate- Network-Betreiber (CN-Betreiber), den die Beklagte zurückgewiesen hatte, weil es sich bei den Leistungen nicht um Erbringung von Sprachtelefondienst, sondern um die Gewährung eines Netzzugangs nach § 39 Alt. 1 TKG handele und die Kostennachweise gemäß § 2 TEntgV nicht vorgelegt seien. Die hiergegen geführte Klage der Klägerin 1 K 7606/97 VG Köln hatte auch in der Berufung keinen Erfolg (vgl. Beschluss des Senats vom 27. November 2001 - 13 A 2940/00 -).

Mit Bescheid vom 25. März 1998 lehnte die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) den neuerlichen o.a. Entgeltgenehmigungsantrag der Klägerin vom 16. Januar 1998 mit der Begründung ab, der Antrag sei nicht auf einen konkreten, abgeschlossenen Vertrag gestützt. Eine vom konkreten Einzelfall losgelöste Genehmigung komme nicht in Betracht. § 39 TKG spreche von Entgelten für die Gewährung "eines" Netzzugangs und meine damit die im konkreten Einzelfall vereinbarten Entgelte. Eine pauschale Genehmigung von Entgelten würde die Vorschrift des § 6 Abs. 5 NZV leer laufen lassen, durch den die Vereinbarungen des marktbeherrschenden Unternehmens mit einzelnen Nachfragern eines Netzzugangs in den Rang eines allgemeinen Grundangebotes erhoben werden könnten.

Hiergegen hat die Klägerin am 27. April 1998 Klage erhoben mit der Begründung, die Ablehnung sei rechtswidrig. Unabhängig davon, dass Entgelte für Verbindungen zwischen ihrem Netz und demjenigen des CN-Betreibers überhaupt nicht der Genehmigungspflicht gemäß §§ 39, 25 Abs. 1 TKG unterlägen - wie sie im Verfahren 1 K 7606/97 VG Köln/13 A 2490/00 OVG NRW vertreten hat -, sei die Ablehnung rechtswidrig, weil die Entgeltgenehmigungsvorschriften des Telekommunikationsgesetzes und der Telekommunikations- Entgeltregulierungsverordnung eindeutig für eine vom Einzelfalls losgelöste Genehmigung sprächen und nicht die Vorlage von einzelvertraglich vereinbarten Entgelten verlangten. Dies folge zunächst aus der Bezugnahme des § 25 Abs. 1 TKG auf Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), wonach eine vom konkreten Einzelvertrag losgelöste Entgeltgenehmigung möglich sein müsse. § 28 Abs. 1 TKG beschränke die Vorlagepflicht auf "genehmigungsbedürftige Entgelte und entgeltrelevante Bestandteile der AGB", ohne von einem Einzelvertrag zu reden. Dem entsprechend fordere § 2 Abs. 1 Nr. 1 TEntgV lediglich die Vorlage einer detaillierten Beschreibung der Dienstleistung einschließlich Angaben zu deren Qualität und einen Entwurf der AGB. Wenn danach schon der Entwurf der AGB genüge, dann verlange die Telekommunikations-Entgeltregulierungsverordnung erst recht nicht die Vorlage eines bereits abgeschlossenen Einzelvertrages. Das Ersetzen nicht genehmigter vereinbarter Entgelte in Dienstleistungsverträgen durch genehmigte Entgelte gemäß § 29 Abs. 2 Satz 1 TKG mache vor allem dann Sinn, wenn eine vom Einzelfall losgelöste Genehmigung möglich sei. Für Entgelte für einen besonderen Netzzugang stelle § 39 TKG auch keine erhöhten Anforderungen an die Vorlagepflicht. Aus seiner Formulierung "für die Gewährung eines Netzzugangs nach § 35 TKG" könne nicht auf den Gesetzeswillen geschlossen werden, nur eine einzelvertragsbezogene Entgeltgenehmigung zulassen zu wollen. Das Wort "eines" sei nicht im Sinne eines Zahlwortes, sondern lediglich als unbestimmter Artikel zu verstehen. Ein einzelvertragsbezogener Ansatz sei auch der Netzzugangsverordnung (NZV), insbesondere ihrem § 6 Abs. 1 nicht zu entnehmen. Die Vorlagepflicht diene lediglich der Kenntnis der Regulierungsbehörde, ob Verträge über besondere Netzzugänge wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen i.S.d. § 38 TKG enthielten. Auch § 6 Abs. 5 Satz 1 NZV spreche nicht für eine Genehmigung einzelvertragsbezogener Entgelte. Wenn das dort vorgesehene Grundangebot ohnehin als AGB anzusehen sei, sei kein Grund für ein einzelvertragliches Entgeltgenehmigungsverfahrens ersichtlich. Denn es mache keinen Unterschied, ob die Genehmigung für Entgelte begehrt werde, die zunächst in einem Einzelvertrag vereinbart und später zu AGB würden oder ob sie von vornherein in AGB enthalten seien. Die Annahme einer einzelvertragsbezogenen Entgeltgenehmigung verstoße gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht. Sowohl Art. 4a Abs. 2 der Richtlinie 90/388/EWG, ABl. Nr.L 192/10, als auch Art. 14 iVm. Art. 7 Abs. 3 der Zusammenschaltungsrichtlinie 97/33/EG, ABl. Nr. L 199/32, sähen zwar die Veröffentlichung eines Standardszusammenschaltungsangebotes vor. Sie besagten aber nicht, dass die Veröffentlichung eines Standardangebots nur auf der Grundlage eines als Grundangebot anerkannten Einzelvertrages erfolgen könne. Vielmehr sei vorgesehen, dass das Standardangebot selbst, d.h. die AGB des betroffenen Unternehmens, von den nationalen Regulierungsbehörden zu veröffentlichen sei.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 25. März 1998 zu verpflichten, die beantragte Entgeltgenehmigung für den besonderen Netzzugang für Anbieter von Corporate-Networks zu erteilen, 2. festzustellen, dass die Entgelte für Verbindungen aus ihrem Telefonnetz/ISDN in das Corporate- Network ("Break-In"-Verkehr) wie die Entgelte für Verbindungen aus der Corporate-Network-Plattform in ihr Telefonnetz/ISDN ("Break-Out"-Verkehr) nicht genehmigungspflichtig sind.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat unter Vertiefung der Gründe des angefochtene Bescheides ergänzend vorgetragen: Für die erforderliche Vorlage konkreter Zugangsvereinbarungen sprächen entscheidend ökonomische Erwägungen. Würden die Entgelte abstrakt genehmigt, wären die Wettbewerber der Klägerin nicht in vorausgehende Vertragsverhandlungen einbezogen, was entgegen der Konzeption des Telekommunikationsgesetzes auf eine zentrale Steuerung des Wettbewerbs durch die Regulierungsbehörde hinausliefe. Über dies dienten bereits vereinbarte Entgelte als Indiz für am Markt verhandelbare Preise, die einen Hinweis auf das Kostenniveau der Klägerin darstellten, weil sie vorangegangene Kalkulationen des Angebotspreises durch die Klägerin voraussetzten. Würde die Klägerin der Vorlage einer konkreten Entgeltvereinbarung und damit auch einer Kostenkalkulation vor den Vertragsverhandlungen enthoben, stünde zu befürchten, dass sie ihre Kalkulation stets erst nachträglich auf den Entgeltantrag abstelle. Auf den Wortlaut des § 25 Abs. 1 TKG komme es nicht an, weil § 39 TKG für Entgelte für besondere Netzzugänge lediglich eine Rechtsfolgenverweisung auf die Entgeltregulierungsvorschriften beinhalte. Außerdem seien die Endkundentarife des Sprachtelefondienstes angesichts der unterschiedlichen Verhandlungsposition der Klägerin zu Endkunden einerseits und konkurrierenden Wettbewerbern andererseits nicht mit den Entgelten für besondere Netzzugänge vergleichbar. Europarechtliche Vorgaben stünden dem einzelvertraglichen Ansatz der Entgeltgenehmigung nicht entgegen, weil die von der Klägerin genannten Richtlinien lediglich die Verpflichtung der nationalen Regulierungsbehörden zur Veröffentlichung von Standardzusammenschaltungsangeboten regelten.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 6. April 2000, auf dessen Entscheidungsgründe verwiesen wird, abgewiesen. Der Senat hat die Berufung zugelassen, die die Klägerin fristgemäß begründet hat.

Die Klägerin trägt vor: Das Verwaltungsgericht habe mit der Pflicht zur Vorlage eines einzelvertraglichen Entgeltes eine zusätzliche Genehmigungsvoraussetzung aufgestellt und durchbreche den Grundsatz, dass nicht nur einzelvertraglich vereinbarte Entgelte, sondern auch Entgelte als Bestandteile allgemeiner Geschäftsbedingungen des regulierten Unternehmens genehmigungsfähig seien. Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 39 TKG rechtfertigten dies nicht. Die Verwendung des Wortes "eines" sei nicht als Zahlwort zu verstehen und die Nichterwähnung "entgeltrelevanter Bestandteile der Allgemeinen Geschäftsbedingungen" rechtfertige keine Reduzierung der Regelung auf einzelvertraglich vereinbarte Entgelte. Das bestätige die klarstellende Begründung zu § 39 des Gesetzentwurfs. Die Telekommunikations-Entgeltregulierungsverordnung sei u.a. auf Grund des § 39 TKG erlassen, so dass sie, insbesondere ihr § 2 Abs. 1 Nr. 1, auch für Entgelte für die Gewährung eines Netzzugangs gelte und damit auch für solche, die bloße Bestandteile der AGB seien, ohne dass es der Vorlage eines einzelvertraglich vereinbarten Entgelts bedürfe. Die Funktion des § 6 Abs. 5 NZV, nämlich nach der amtlichen Begründung die Sicherstellung diskriminierungsfreier Angebote, werde auch erreicht durch von ihr selbst standardisiert entwickelte AGB, die einheitlich für alle Vertragspartner gelten. Außerdem habe sie in Folge des Diskriminierungsverbotes und der strengen Kontrolle der Regulierungsbehörde keinen Verhandlungsspielraum. Selbst wenn § 6 Abs. 5 NZV ein Instrumentarium zur Erhebung einer einzelvertraglich vereinbarten Bedingung des Netzzugangs zu einem Grundangebot biete, so erlaube das nicht, "alle" Netzzugangsverträge diesem Weg zu unterwerfen. Die Beklagte wolle das unternehmerische Initiativrecht zur Formulierung der Vertragsbedingungen bereits auf der Entwurfs- und Verhandlungsebene durch Mitspracherechte der Wettbewerber beschneiden, was vom Zweck der Entgeltregulierung nicht gefordert und unverhältnismäßig sei. Das zusätzliche Genehmigungserfordernis eines einzelvertraglich vereinbarten Entgelts verstoße gegen den Grundsatz des gesetzlichen Vorbehalts. Hätte die Beklagte nicht eine einzelvertragliche Entgeltvereinbarung verlangt, hätte sie die Genehmigung erteilen müssen, ebenso wie sie ihrem - der Klägerin - später gestellten gleichen Entgeltgenehmigungsantrag lediglich auf einzelvertraglicher Grundlage entsprochen habe.

Eine doppelte Rechtshängigkeit des Klagebegehrens zu 2) liege nicht vor, da den Begehren im vorliegenden Verfahren und im Verfahren 1 K 7609/97 VG Köln/13 A 2940/00 OVG NRW in Folge unterschiedlicher Entgeltgenehmigungsanträge und Ablehnungsbescheide andere Sachverhalte zu Grunde lägen. Entgelte für Verbindungsleistungen unterlägen aus den von ihr im vorgenannten Verfahren ausgeführten Gründen nicht der Genehmigungspflicht nach § 39 TKG.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und nach den Klageanträgen zu erkennen.

Die Beklagte entgegnet: Die Klägerin verkenne die besondere Bedeutung des Netzzugangs für den Wettbewerb und die darauf beruhende selbstständige Stellung des § 39 TKG gegenüber den allgemeinen Entgeltregelungen im Dritten Teil des Gesetzes. Die Genehmigungsvoraussetzungen müssten sich nicht unmittelbar aus der Norm selbst, sondern könnten sich auch aus einer Gesamtschau zu berücksichtigender Normen, wie der auf § 35 Abs. 5 TKG beruhenden Netzzugangsverordnung ergeben. Ein Widerspruch ihres Verständnisses von § 39 TKG zu § 2 Abs. 1 Nr. 1 TEntgV bestehe nicht. Beide Vorschriften hätten bereits unterschiedliche Regelungsgehalte. Das Einzelvertragsprinzip des § 39 TKG folge, wie vom Verwaltungsgericht im Ergebnis richtig erkannt, aus § 6 Abs. 5 NZV und auch aus ökonomischen Erwägungen. Es ermögliche, die Kräfte des Wettbewerbs als Entdeckungsprozess möglichst weitgehend zu entfalten. Verhandelte und vereinbarte Tarife dienten als Indiz für am Markt verhandelbare Preise. § 6 Abs. 5 Satz 2 NZV spreche nicht für die Ansicht der Klägerin. Denn erst nach Entwicklung eines Grundangebots durch die Regulierungsbehörde, bei der nicht einfach vorher vorgelegte AGB des Marktbeherrschers deklaratorisch zusammen zu fassen seien, sei dieses in die AGB des marktbeherrschenden Netzbetreibers aufzunehmen. Einzelvertragsgenehmigungen seien auch weniger eingriffsintensiv als abstrakte Genehmigungen. Bei lediglich genehmigten Standardbedingungen der Klägerin hätte die Regulierungsbehörde keine Möglichkeit, bei Nichtakzeptierung dieser durch die Wettbewerber regelnd einzugreifen, was dem Liberalisierungsgedanken zuwider laufe. Eine Gleichbehandlung der Entgelte für besonderen Netzzugang mit Endkundenentgelten für Sprachtelefondienst komme schon deshalb nicht in Betracht, weil in letzterem Fall, in welchem die Vorlage von Einzelverträgen nicht realisierbar und den Endkunden eine Verhandlungsposition nicht gegeben sei, gerade eine vom Einzelfall losgelöste Genehmigung sinnvoll sei. Der Klägerin verbleibe auch bei einzelvertraglichen Entgelten für die Netzzugangsgewährung ein vielfältiger Verhandlungsspielraum. Ob dem Klageantrag zu 2) die Rechtshängigkeitseinrede entgegenstehe, könne offen bleiben, weil für Verbindungsentgelte jedenfalls § 39 TKG eingreife.

Wegen des übrigen Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte und der Verwaltungsvorgänge (Beiakten Heft 1 und 2) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung, über die der Senat wegen einstimmiger Beurteilung ihrer Erfolgsaussicht und der Erforderlichkeit einer mündlichen Verhandlung nach Anhörung im Beschlusswege gemäß § 130a VwGO entscheidet, ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

1. Soweit die Klägerin mit ihrem Klageantrag zu 1) die Verpflichtung der Beklagten zur Genehmigung der beantragten Entgelte verfolgt, ist die Klage im maßgeblichen gegenwärtigen Entscheidungszeitpunkt bereits unzulässig - geworden -. Es fehlt ihr gegenwärtig das für die Fortführung der Klage erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis. Die Entgelte für Verbindungsleistungen, die die Klägerin für die Gewährung eines besonderen Netzzugangs für CN-Betreiber zu verlangen beabsichtigt, sind zwischenzeitlich durch Beschluss der RegTP vom 16. Oktober 1998 - BK 4e-98-016/E 30.07.98 - genehmigt. Dass diese Genehmigung auf Grund eines einzelvertragsbezogenen Antrages erfolgt ist, ist unerheblich, weil Antragsgegenstand die Entgelte an sich und nicht in bestimmte Anträge gekleidete Entgelte waren und die Klägerin die genehmigten Entgelte auch anderen Wettbewerbern für gleiche Leistungen anbieten muss. Wie die Klägerin selbst vorgetragen hat, sind die von ihr unter dem 16. Januar 1998 und die unter dem 30. Juli 1998 zur Genehmigung gestellten Entgelte identisch. Der Genehmigung hat bereits die RegTP eine gewisse Rückwirkung - bis zum Zeitpunkt der tatsächlichen Inanspruchnahme der Leistung - zuerkannt, wenn dies auch nur wegen der Auswirkung zu Gunsten der Wettbewerber erfolgt ist. Über dies kommt nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschluss vom 14. Dezember 2001 - 13 B 1362/01 -) der Entgeltgenehmigung grundsätzlich Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu. Vor dem Hintergrund ist durch die nunmehr genehmigten Entgelte im Ergebnis zugleich auch dem mit Antrag vom 16. Januar 1998 geltend gemachten Begehren entsprochen. Mit der vorliegenden Verpflichtungsklage kann die Klägerin nicht mehr erlangen, als sie ohnehin bereits erlangt hat. Die weitere Inanspruchnahme staatlicher Gerichte wegen des Klagebegehrens zu 1) ist daher nicht mehr gerechtfertigt.

Die Klage mit dem Begehren zu 1) wäre überdies unbegründet. Die Beklagte war nicht zur Genehmigung der mit Antrag vom 16. Januar 1998 geltend gemachten Entgelte verpflichtet; insoweit war der Ablehnungsbescheid vom 25. März 1998 rechtmäßig.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Genehmigung der mit Antrag vom 16. Januar 1998 geltend gemachten Entgelte.

Diese Entgelte unterliegen der Ex ante-Regulierung gemäß §§ 39 Alt. 1, 25 Abs. 1 TKG. Das hat der Senat bereits durch Beschluss vom 27. November 2001 - 13 A 2940/00 - entschieden. Hieran hält er fest, weil die Klägerin nichts Neues im Vergleich zu ihrem Vorbringen im vorgenannten Verfahren vorgetragen hat.

Der Genehmigung nach § 39 TKG unterliegende Entgelte sind nur solche, die einzelvertraglich vereinbart sind. Die von der Klägerin vorgelegten Entgelte entsprachen hingegen lediglich den von ihr entworfenen, also nicht verhandelten und nicht vereinbarten Standardpreisen im Sinne Allgemeiner Geschäftsbedingungen, für die das Telekommunikationsgesetz im Vierten Teil keine Genehmigungsregelung vorsieht.

Der Senat teilt mit dem Verwaltungsgericht die Ansicht, dass dem Wort "eines" in § 39 Alt. 1 TKG nicht ohne weiteres seine Verwendung als Zahlwort zu entnehmen ist und deshalb nicht bereits die Formulierung der Vorschrift eine Anwendung ausschließlich auf Entgelte für die Gewährung eines - im Sinne eines Zahlwortes - individuell vereinbarten Netzzugangs, kurz auf individuell vereinbarte Netzzugangsentgelte verlangt.

Ob sich zur Interpretation des § 39 Alt. 1 TKG der § 6 Abs. 5 NZV eignet, unterliegt insoweit Bedenken, als dieser nicht zu der von der Beklagten vertretenen, von Erwägungen der Praktikabilität und der Markttransparenz getragenen Interpretation zwingt. Soweit die Regulierungsbehörde nach § 6 Abs. 5 Satz 1 NZV verpflichtet ist, die Bedingungen einer - nach §§ 6 Abs. 1, 5 NZV vorzulegenden einzelvertraglichen, auch die Entgelte ausweisenden (Anlage zu § 5 Abs. 2 Buch. j)) - Vereinbarung über einen besonderen Netzzugang, die erwartungsgemäß Bestandteil einer Vielzahl von Vereinbarungen über besonderen Netzzugang sein werden, zu veröffentlichen, soll dadurch - nach der Begründung im Regierungsentwurf, BR- Drucks. 655/96 S. 11 - "schrittweise ein Grundangebot an nach § 2 entbündelten Leistungen entwickelt (werden), das auf abgeschlossenen Vereinbarungen über besondere Netzzugänge aufbaut". Danach kommen zwar für das Grundangebot an Leistungen nur vom marktbeherrschenden Netzzugangsanbieter und vom Netzzugang nachfragenden Wettbewerber vertraglich vereinbarte Bedingungen und nicht allein vom Netzzugangsanbieter mustervertraglich, etwa in Form von AGB oder gar von der Regulierungsbehörde entwickelter Bedingungen in Betracht. Beantragt der Netzzugangsanbieter allerdings die Genehmigung mustervertraglicher Entgelte, folgt aus § 6 Abs. 5 Satz 1 NZV im Umkehrschluss lediglich, dass die Regulierungsbehörde diese weder veröffentlichen noch in ein Grundangebot aufnehmen kann. Weiter Gehendes folgt aus der Regelung nicht, insbesondere nicht, dass es wegen der Erschwernisse für die Regulierungsbehörde zur Erstellung eines möglichst viele Leistungen umfassenden Grundangebots oder aus ökonomischen Erwägungen oder wegen beabsichtigter besserer Entfaltung der Kräfte des Wettbewerbs der Wille des Gesetzgebers gewesen sei, der Entgeltregelung des § 39 Alt. 1 TKG nur einzelvertraglich vereinbarte Entgelte zu unterwerfen.

Die Auslegung des Gesetzes in dem von der Beklagten vertretenen Sinne folgt aus einer Gesamtschau der §§ 35 und 39 TKG.

Ein wichtiges Anliegen des europäischen und nationalen Telekommunikationsrechts ist der Wettbewerb durch Verbindung von Telekommunikationsinfrastrukturen. Dazu regelt das Telekommunikationsgesetz in seinem Vierten Teil den offenen Netzzugang und die Zusammenschaltung, wobei es von Netzzugang als dem Oberbegriff ausgeht (vgl. § 3 Nr. 9 TKG) und die Zusammenschaltung als einen Fall des besonderen Netzzugangs sieht (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 2 NZV), während das Europarecht (vgl. Richtlinie 96/19/EG der Kommission vom 13. März 1996 zur Änderung der sog. Diensterichtlinie 90/388/EWG, ABl. Nr. L 74/13, Art. 1 Abs. 1) lediglich den umfassenden Begriff der Zusammenschaltung verwendet. Netzzugang wird, wie sich aus § 35 Abs. 2 Satz 1 TKG ergibt, aufgrund einer Vereinbarung gewährt, die gemäß § 35 Abs. 2 Satz 3 TKG der Regulierungsbehörde vorzulegen und zu veröffentlichen ist. Mit § 35 Abs. 5 bietet das TKG eine Ermächtigungsgrundlage für eine Rechtsverordnung, die Art und Weise des besonderen Netzzugangs bestimmt und Rahmenvorschriften für die Netzzugangsvereinbarung setzt. Die u.a. hierauf beruhende Netzzugangsverordnung beschreibt in der Anlage zu § 5 Abs. 2 die Bestandteile einer Vereinbarung über besondere Netzzugänge einschließlich der Zusammenschaltung und nennt dort unter Buchst. j) die Festlegung der Entgelte. Erst mit der individuellen Vereinbarung auch der Entgelte für den besonderen Netzzugang bzw. die Zusammenschaltung kann ausgehend von § 154 Abs. 1 Satz 1 BGB von einer zustande gekommenen Netzzugangsvereinbarung gesprochen werden. Aus alledem folgt zum einen, dass die Vorlagepflicht aus § 35 Abs. 2 Satz 3 TKG nicht nur die individuell ausgehandelte Vereinbarung an sich, sondern auch die individuell ausgehandelten und vereinbarten Entgelte für die Netzzugangsgewährung umfasst, und zum anderen, dass Entgelte nicht isoliert und vor allem nicht vom Netzzugangsanbieter generell entwickelt vorgelegt werden können.

Allerdings dient die Vorlagepflicht aus § 35 Abs. 2 Satz 3 TKG u. a. der Veröffentlichung der Vereinbarung und damit der Information der übrigen Netzzugangsnachfrager mit dem Ziel eines diskriminierungsfreien, chancengleichen Wettbewerbs und stellt die genannte Vorschrift keine solche der Entgeltregulierung dar. Diese findet sich vielmehr für den offenen Netzzugang und die Zusammenschaltung in § 39 TKG,

vgl. zur eigenständigen Bedeutung des § 39: Beschluss des Senats vom 27. November 2001 - 13 A 2940/00 -,

der jedoch die entsprechende Anwendung des § 28 Abs. 1 TKG vorsieht und damit zu einer Vorlagepflicht der Entgelte für einen einzelvertraglich individuell vereinbarten - besonderen - Netzzugang führt. Wenn der Gesetzgeber für beide Regelungsbereiche jeweils von vorzulegenden Entgelten ausgeht, spricht alles dafür, dass damit ein und derselbe Vorgang gemeint ist, und dass die unter dem einen Aspekt geforderten Modalitäten auch für den anderen Aspekt Gültigkeit beanspruchen, mithin das aus § 35 Abs. 2 Satz 3 TKG i.V.m. der Netzzugangsverordnung abgeleitete Erfordernis einzelvertraglich vereinbarter Entgelte auch für die Entgeltregulierung nach § 39 TKG gilt.

Dies wird bestätigt a) durch die in § 35 Abs. 1 TKG erfolgte Gleichstellung des den Zugang zum Netz des Marktbeherrschers nachfragenden Nutzers, der nicht selbst Netzbetreiber ist, und des Nutzers mit selbst betriebenem Netz im Hinblick auf den Zugriffsanspruch und b) durch die hierzu parallel in § 39 TKG - der im inneren Zusammenhang mit § 35 Abs. 1 TKG steht - erfolgte Gleichstellung der Entgeltregulierung für eine Netzzugangsgewährung und für die Durchführung einer Zusammenschaltungsanordnung. (a) Nutzer i.S.d. § 35 Abs. 1 TKG, dem der marktbeherrschende Netzbetreiber Zugang zu seinem Netz zu gewähren hat, ist zum einen der einen Netzzugang in Form der Zusammenschaltung nachfragende andere Netzbetreiber und Diensteerbringer sowie zum anderen der - schlichte - Bereitsteller von Telekommunikationsdiensten, der dazu ohne Betreiben eines eigenen Netzes die Leistungen des Netzes des Marktbeherrschers in Form des allgemeinen Netzzugangs einsetzt. Beiden Arten von Nutzern ist vom Marktbeherrscher grundsätzlich Netzzugang in der jeweils erforderlichen Ausgestaltung zu ermöglichen. (b) Eine Zusammenschaltung der Netze zweier Netzbetreiber erfolgt aufgrund der strukturellen Unterschiede der zu koppelnden Netze und der deshalb erforderlichen besonderen Zugangseinrichtungen regelmäßig in Form eines besonderen Netzzugangs; sie ist deshalb hinsichtlich ihrer technischen und wirtschaftlichen Bedingungen zwischen beiden Netzbetreibern auszuhandeln und zu vereinbaren, wodurch notwendigerweise auch die Zusammenschaltungsentgelte einzelvertraglich vereinbart werden. Lediglich wenn und soweit den beiden Netzbetreibern eine Vereinbarung der Zusammenschaltung, insbesondere eine Entgeltvereinbarung, nicht gelingt, hat die Regulierungsbehörde auf Antrag die Zusammenschaltung ersatzweise anzuordnen und kann anschließend ggf. die Entgelte ersatzweise festsetzen, was den Charakter der Individualität und Einzelvertragsbezogenheit (hier) der Entgelte jedoch nicht ändert. Bei vereinbarter und bei angeordneter Zusammenschaltung stehen deshalb stets einzelvertragliche, individuelle Entgelte zur Regulierung an, die - im Falle der Vereinbarung schon unter dem Gesichtspunkt des besonderen Netzzugangs (vgl. § 1 Abs. 2 NZV) gemäß Alt. 1 und im Falle der Anordnung gemäß Alt. 2 des § 39 TKG - der entsprechenden Anwendung der dort angeführten Vorschriften unterliegen. Soll aber, wie der Struktur des § 39 TKG zu entnehmen ist, die Netzzugangsgewährung schlechthin bezüglich der Entgeltregulierung der Netzzusammenschaltung gleichstehen, müssen an die vorzulegenden Entgelte in beiden Alternativen des § 39 TKG die gleichen Anforderungen gestellt werden, d. h. auch für die Entgeltregulierung für eine Netzzugangsgewährung sind einzelvertraglich vereinbarte Entgelte erforderlich.

Mit dem dargelegten Verständnis der Formulierung "Entgelte für die Gewährung eines Netzzugangs" im Sinne einzelvertraglich vereinbarter Netzzugangsentgelte wird entgegen der Ansicht der Klägerin kein weiteres Genehmigungserfordernis aufgestellt, sondern lediglich ein gesetzliches Merkmal interpretiert. Die Pflicht zur Vorlage des entsprechenden Vertrages bei der Regulierungsbehörde ergibt sich bereits aus § 35 Abs. 2 Satz 3 TKG und § 6 Abs. 1 NZV.

2. Soweit die Klägerin begehrt festzustellen, dass Verbindungsentgelte im Rahmen des Netzzugangs für CN-Betreiber nicht genehmigungspflichtig seien, ist die Klage bereits unzulässig.

Der Klage steht bereits die anderweitige Rechtshängigkeit entgegen. Die Klägerin hat bereits im Verfahren 1 K 7606/97 VG Köln/13 A 2940/00 OVG NRW unter 2) beantragt, "... festzustellen, dass die Entgelte für Verbindungsleistungen über den besonderen Netzzugang für AfCN nicht der Genehmigungspflicht unterliegen. Dieses Antragsbegehren ist nach seinem erkennbaren Inhalt identisch mit dem hiesigen Feststellungsbegehren, auch wenn letztes detaillierter formuliert ist. Der Identität der beiden Feststellungsbegehren steht nicht entgegen, dass dem vorgenannten früheren Rechtsstreit ein Genehmigungsantrag vom 12. Mai 1997 und ein Ablehnungsbescheid vom 18. Juli 1997 zu Grunde lag, während dem hiesigen Streit ein Genehmigungsantrag vom 16. Januar 1998 und ein Ablehnungsbescheid vom 25. März 1998 vorausgingen. Diese Vorgänge vermitteln dem streitgegenständlichen Rechtsverhältnis keinen unterschiedlichen Inhalt. Denn der die rechtlichen Beziehungen zwischen den Parteien prägende konkrete Sachverhalt vor dem Hintergrund der zwischen ihnen anzuwendenden öffentlichrechtlichen Regelungen bleibt der gleiche. In beiden Fällen ist Gegenstand ein konkret beabsichtigtes Entgeltgebilde der Klägerin für konkrete Verbindungsleistungen für bestimmte Wettbewerber, dessen Genehmigungsbedürftigkeit nach §§ 39 Alt. 1, 25 Abs. 1 TKG umstritten ist. Nicht geprägt sind die Rechtsbeziehungen dagegen von dem Antrag, mit dem das Entgelt vorgelegt wird und der lediglich ein Akt der Geltendmachung der vom Antragsteller behaupteten Rechtsbeziehungen ist, und von dem Bescheid, durch den die Behörde lediglich die behauptete Rechtsbeziehung verneint.

Über dies fehlt der Klägerin das Feststellungsinteresse nach § 43 Abs. 1 VwGO, weil die umstrittene Frage bereits im Rahmen des Klageantrages zu 1) notwendigerweise beantwortet worden ist.

Nach alledem ist die Berufung mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen der §§ 132 Abs. 2, 137 VwGO nicht vorliegen.

III.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 13 Abs. 1 Satz 1, 14 Abs. 1 GKG.






OVG Nordrhein-Westfalen:
Beschluss v. 20.12.2001
Az: 13 A 3112/00


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