Landgericht Itzehoe:
Urteil vom 24. August 2006
Aktenzeichen: 7 O 455/05

(LG Itzehoe: Urteil v. 24.08.2006, Az.: 7 O 455/05)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten aus Bürgschaftsvertrag vom 3. Juni 1999 in Anspruch. Der Beklagte war Alleingesellschafter und Geschäftsführer der ... und ... (nachstehend: ...), .... ... entstand durch Eintragung in das Handelsregister im Jahre 1987. Zwischen der Klägerin und der ... bestanden Geschäftsbeziehungen. Die Klägerin räumte der ... einen Kontokorrentkredit ein, für den der Beklagte mit Bürgschaftsvertrag vom 3. Juni 1999 eine Bürgschaft übernahm. In der Bürgschaftserklärung heißt es, dass der Bürge, gegenüber der Klägerin €ohne zeitliche und betragsmäßige Beschränkung als Selbstschuldner hafte€ (Anlage K 1 zur Klage, Bl. 7 d. A.).

Der Beklagte und Mitgesellschafter ... ... haben mit der Erklärung UR.-Nr. ... (Anlage B 1 zur Klageerwiderung Bl. 41 d. A.) ihre Anteile an der ...H in die Firma ... ... und ... eingebracht.

Am 28.12.2000 beschloss die Firma ... und ... als Alleingesellschafterin, die Firma der Gesellschaft zu ändern, in die Firma ..., mit Sitz in Elmshorn, was am 02.02.2001 im Handelsregister eingetragen wurde.

Die ... verschmolz mit Verschmelzungsvertrag vom 6. Juli 2001, auf die ... mit Sitz in .... Die Verschmelzung ist mit Eintragung in das Handelsregister des übernehmenden Rechtsträgers am 29. November 2001 wirksam geworden. Der Verschmelzungsvertrag wurde der Klägerin am 16.11.2001 eingereicht.

In der Folgezeit war der Tagessaldo des verbürgten Kontos, der per 1.12.01 ./. 67.842,- € betrug, positiv, per 1.1.02 betrug er 129.506,07 € (Anlage B 5). Schließlich ist die ... ... mit Verschmelzungsvertrag vom 26. August 2003 auf die ... mit Sitz in ... verschmolzen worden. Die Verschmelzung auf die ... ist am 28. November 2003 wirksam geworden.

Nachdem die ... in Insolvenz fiel, kündigte die Klägerin zunächst die Geschäftsbeziehungen zur ... und nahm sodann den Beklagten aus seiner Bürgschaft in Anspruch.

Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin wurde der Beklagte zur Zahlung bis zum 6. Juli 2005 aufgefordert. Der Beklagte nahm keine Zahlung vor. Der Sollsaldo bestand im Zeitpunkt der zweiten Verschmelzung vom 28. November 2003 in Höhe von EUR 146.259,20. Zwischenzeitlich hat sich der Betrag auf EUR 61.938,70 gemindert.

Die Klägerin meint, die Bürgenhaftung des Beklagten erstrecke sich auf den Zeitpunkt der Wirksamkeit der Verschmelzung der ... ... auf die ... (28. November 2003). Da sich nach diesem Zeitpunkt der Soll-Saldo am 23. April 2004 auf 61.938,70 EUR gemindert habe, käme dies dem Bürgen zu Gute, so dass lediglich der Betrag von EUR 61.938,70 gefordert werde.

Mit Schreiben vom 31. März 2005 kündigte die Klägerin gegenüber der ... die Geschäftsbeziehungen und stellte den Sollsaldo fällig. Am 13. April 2005 wurde der Beklagte durch Schreiben aus dem Bürgschaftsvertrag in Anspruch genommen.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Bürgenhaftung des Beklagten die Verbindlichkeiten erfasst, die nach der Verschmelzung der ... in ... auf die ... ... in ..., die am 29. November 2001 wirksam wurde, entstanden sind. Die Verschmelzungen habe nicht zu einem Erlöschen der Bürgschaft geführt. Die Bürgenhaftung erstrecke sich vielmehr auf den Verschmelzungszeitpunkt am 28. November 2003, als die ... ... ... auf die ... verschmolzen ist.

Nach dem Verschmelzungsvertrag sowie § 22 Abs. 1 Nr. 1 UWG ginge mit der Eintragung der Verschmelzung im Register des übernehmenden Rechtsträgers das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers einschließlich der Verbindlichkeiten auf den übernehmenden Rechtsträger über. Mit dieser Bestimmung sei die Gesamtrechtsnachfolge angeordnet. Dies solle für die Kreditzusage bedeuten, dass die entsprechenden Sicherheiten, die Dritte dem übertragenden Rechtsträger gestellt haben, bestehen blieben. Aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge sollten sie den Anspruch gegen den übernehmenden Rechtsträger sichern. Die Klägerin ist der Ansicht, der BGH habe in seinem Urteil vom 6.5.1993 - I... ZR 73/92 ausgeführt, dass im Einzelfall zu prüfen sei, ob sich die Bürgschaft auch nach Verschmelzung noch auf die neu gewährten Kredite erstrecke. Dies sei in diesem Fall zu bejahen, weil der Beklagte Geschäftsführer des übertragenden Rechtsträgers war und nicht nur positiver Kenntnis der Übertragung hatte, sondern vielmehr die Rechtsnachfolge von ihm selber herbeigeführt worden sei. Der Bürge habe eine wirtschaftliche Entscheidung getroffen, deren Risiko bei anderer Betrachtung alleine von der Klägerin als Gläubigerin zu tragen sei, da diese ihre Sicherheit verliere. Da die Entscheidung zur Verschmelzung in den Risikobereich des Beklagten falle, sei es erforderlich, die Haftung auf die Verbindlichkeiten nach der Verschmelzung zu erstrecken. Durch die Kündigungsmöglichkeit des Bürgen, hätte ein ausreichender Schutz für diesen bestanden. Da der Beklagte mit der Verschmelzung der ... ... auf die ... nicht mehr Gesellschafter oder Geschäftsführer an dem übertragenden Rechtsträger gewesen sei, und somit nicht an dieser Verschmelzung beteiligt war, beschränke sich die Bürgenhaftung auf diesen Zeitpunkt.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin EUR 61.938,70, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. Juli 2005 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte macht geltend, dass Ansprüche aus der Bürgschaftserklärung vom 3. Juni 1999 der Klägerin bereits deshalb nicht zustünden, weil es an einem wirksamen Bürgschaftsvertrag fehle. Bei der Bürgschaftserklärung vom 3. Juni 1999 handele es sich um eine Globalbürgschaft. Der Beklagte verweist darauf, dass mit der Leitentscheidung vom 18. Mai 1995 der BGH (vgl. BGH NJW 1995,2553 ff.) erkannt hat, dass derartige Globalbürgschaften wirksam nicht formularmäßig vereinbart werden dürfen. Des weiteren trägt der Beklagte vor, dass selbst im Falle eines wirksamen Bürgschaftsvertrages die CTS GmbH im Jahre 2001 endgültig erloschen sei und die Bürgschaft, die nach den §§ 765, 767 BGB für die Hauptverbindlichkeit eines bestimmten Dritten erteilt wird, grundsätzlich endgültig entfällt, wenn diese dritte Person fortfällt. Mit der Verschmelzung i. S. d. § 2 Nr. 1 UmwG sei anders als bei einem bloßen Wechsel einer Rechtsform an die Stelle der ursprünglichen GmbH ein neuer und selbständiger Rechtsträger getreten mit der Folge, dass die Fortsetzung des Girovertrages und Kontokorrentverhältnisses mit diesem neuen Rechtsträger keine Bürgenhaftung für eine in der Zeit nach diesem Wechsel des Rechtsträgers eingetretenen Erhöhung des Debitsaldos begründet werde, sondern vielmehr eine Reduzierung des Saldos zu Gunsten des Bürgen zu berücksichtigen sei.

Der Beklagte behauptet, er habe im Laufe der Zeit 20 % der Anteile an der ... an den Mitgesellschafter, Herrn ..., abgetreten. Er meint, er habe lediglich als Geschäftsführer den Gesellschafterbeschluss umgesetzt. Mit dieser Verschmelzung sei die Bürgschaftsverpflichtung erloschen.

Der Beklagte meint ferner, dass es für den Fall einer wirksamen Bürgschaftsverpflichtung für eine Inanspruchnahme als Bürgen, nur auf den Zeitpunkt der Verschmelzung der ... auf die ... ankommen könnte, da nach der Verschmelzung die Hauptschuldnerin nicht mehr existierte und somit eine Haftung mangels Hauptschuldnerin entfiele. Da das Konto bei der Klägerin bis zum Zeitpunkt der Verschmelzung im Guthabenbereich geführt worden sei, würde die Bürgenhaftung nicht durchgreifen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Es kann dahinstehen, ob der Bürgschaftsvertrag vom 03.06.1999 wirksam ist, da zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft infolge der Verschmelzung der ... auf die ... die Bürgschaft erloschen ist und somit eine Bürgschaftsverpflichtung nicht mehr besteht.

Mit der aufnehmenden Verschmelzung im Jahre 2001 ist ein neuer selbständiger Rechtsträger entstanden. Dies hat zur Folge, dass die Haftung des Bürgen zunächst auf den Saldo der Forderung zum Zeitpunkt des Wechsels des Rechtsträgers beschränkt ist, dann aber auch alle Reduzierungen des Saldos zu Gunsten des Bürgen zu berücksichtigen sind.

Zum Zeitpunkt dieser Verschmelzung wurde das Konto der Gesellschaft bei der Klägerin zwar negativ, per 31.12.01 wurde es aber im Guthabenbereich geführt. Dies kommt dem Beklagten zu Gute. Mit der Verschmelzung ist die ... erloschen und somit die Hauptschuldnerin. Aus dem Bürgschaftsvertrag geht hervor, dass lediglich für die Verbindlichkeiten der ... gebürgt werden soll. Für neue aufgenommene Verbindlichkeiten einer Dritten, nämlich der neuen Gesellschaft, haftet der Bürge im Regelfall nicht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der das Gericht folgt, erstreckt sich die Haftung des Bürgen nicht auf neue aufgenommene Verbindlichkeiten aus einem Kontokorrent, wenn sich der Bürge für die Forderung gegen eine KG verbürgt hat und deren Gesellschafter bis auf einen ausscheiden (BGH NJW 1993, 1917). Entsprechendes gilt für den Fall der Verschmelzung, jedenfalls dann, wenn die Hauptschuldnerin durch

Aufnahme in eine andere Gesellschaft mit dieser verschmolzen wird. Auch hier haftet der Bürge allenfalls für bereits bestehende Forderungen gegen die übertragende Gesellschaft, andererseits kommen ihm nachfolgende Erfüllungswirkungen zu Gute. Für eine Aufnahme neuer Verbindlichkeiten durch die aufzunehmende Gesellschaft haftet er demgegenüber nicht. Denn dies würde zu einer Ausweitung der Bürgenverpflichtung führen, die über den Umfang des Verbürgten hinausgeht.

Die Bürgschaft endet grundsätzlich mit Entfallen der Hauptschuld, d. h., mit Erlöschen aller gesicherten Verbindlichkeiten, wenn diese nicht mehr zur Entstehung gelangen können; für eine andere als die gesicherte Schuld des Hauptschuldners darf der Gläubiger die Bürgschaft nicht behalten (BGH NJW-RR 92,1005). Die Bürgschaft beschränkte sich dann auf die bis zur Wirksamkeit der Verschmelzung begründende Verbindlichkeit; bei Kontokorrentbürgschaft ist der Tagessaldo maßgebend (BGH NJW 1985, 3007), der nachfolgende Rechnungsabschluss, wenn er niedriger ist (Mü DB 83,1540). Hier scheidet auf Grund des nachfolgend im Guthabenbereich geführten Kontos eine Haftung gänzlich aus.

Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass mit Entfallen der Hauptschuld auch die Bürgschaft endet, liegt hier nicht vor. Als Bürge war der Beklagte nicht dafür verantwortlich, die Verschmelzung und somit die Veränderung der Rechtsträgerschaft zu verhindern. Es fällt gerade nicht in seinen Risikobereich. Er hatte als Geschäftsführer lediglich die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung umzusetzen.

Soweit die Klägerin behauptet, von den Umständen der Verschmelzung keine Kenntnis gehabt zu haben, so hilft ihr dies schon deshalb nicht zum Erfolg, weil sie unstreitig den Vertrag, aus dem sich alles wesentliche ergab, schon vor Wirksamwerden der Verschmelzung erhalten hat.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 S. 1, 2 ZPO.






LG Itzehoe:
Urteil v. 24.08.2006
Az: 7 O 455/05


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