Amtsgericht München:
End-Urteil vom 3. Februar 2011
Aktenzeichen: 161 C 24062/10
(AG München: End-Urteil v. 03.02.2011, Az.: 161 C 24062/10)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert wird auf € 4.000,- festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Auskunft über Namen und Anschrift der unter den Nicknamen X, Y und Z in dem von der Beklagten betriebenen Internetforum schreibenden Nutzer.
Die Klägerin betreibt mehrere Autohäuser mit verschiedenen Niederlassungen. Die Beklagte ist Betreiberin einer Internetplattform unter der URL www. de auf der registrierte Nutzer Erfahrungen im Bereich Auto austauschen und öffentlich zugänglich machen können. In diesem Forum haben die oben genannten Nutzer Erfahrungsberichte (Anlagen zur Klage vom 21.09.2010) veröffentlicht, durch die die Klägerin sich in ihren Rechten verletzt sieht, da sie sich durch die Berichte diskreditiert fühlt. Sie befürchtet geschäftsschädigende Auswirkungen durch die Berichte.
Die Beklagte hat die streitgegenständlichen Berichte unverzüglich aus dem Forum entfernt, nachdem die Klägerin sie auf diese Beiträge hingewiesen hat. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 02.09.2010 und 15.09.2010 von der Beklagten Auskunft über die Kontaktdaten der Nutzer verlangt, um diese auf Unterlassung in Anspruch nehmen zu können. Die Beklagte hat die Auskunftserteilung unter Hinweis auf datenschutzrechtliche Bestimmungen verweigert.
Die Klägerin meint, das Telemediengesetz sei nicht auf die Beklagte anzuwenden. Der Anspruch der Klägerin gründe sich auf §§ 242, 261 BGB. Im Übrigen stehe der Klägerin auch nach § 14 II TMG der geltend gemachte Anspruch zu, da dieser auf die Klägerin analog anzuwenden sei.
Die Klägerin beantragt:
1. Die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft über den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift desjenigen Nutzers der Internetplattform der Beklagten www. de zu benennen, welcher sich unter dem Username "X" auf dem Homepage der Beklagten registriert hat und dort so genannte "Erfahrungsberichte" ins Internet stellt.
2. Die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft über den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift desjenigen Nutzers der Internetplattform der Beklagten www. de zu benennen, welcher sich unter dem Username "Y€ auf der Homepage der Beklagten registriert hat und dort so genannte "Erfahrungsberichte" ins Internet stellt.
3. Die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft über den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift desjenigen Nutzers der Internetplattform www..de zu benennen, welcher sich unter dem Username "Y" auf der Homepage der Beklagten registriert hat und dort so genannte "Erfahrungsberichte" ins Internet stellt.
Die Beklagte beantragt:
Klageabweisung
Die Beklagte gibt an, § 14 II TMG gebe der Klägerin keinen Auskunftsanspruch. Darüber hinaus mache sich die Beklagte nach § 16 TMG einer Ordnungswidrigkeit im Falle der Auskunftserteilung schuldig. Die Voraussetzungen eines sich aus §§ 242, 261 BGB ergebenden Anspruches lägen nicht vor.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet, da die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Auskunftserteilung hat.
Als Veranstalterin eines Internetforums, das den Nutzern inhaltliche Dienste anbietet und nicht nur Telekommunikationsleistungen zur Verfügung stellt, ist die Klägerin Diensteanbieterin im Sinne des TMG (vgl. dazu Urteil des BGH vom 23.06.2009, VI ZR 196/08 für die Betreiberin des Internetforums www.spickmich.de), so dass § 14 II TMG zur Anwendung kommt. Nach dieser Vorschrift darf der Diensteanbieter auf Anordnung der zuständigen Stellen im Einzelfall Auskunft über Bestandsdaten erteilen, soweit dies für Zwecke der Strafverfolgung, zur Gefahrenabwehr durch die Polizeibehörden der Länder, zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, des Bundesnachrichtendienstes oder des Militärischen Abschirmdienstes oder des Bundeskriminalamtes im Rahmen seiner Aufgabe zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus oder zur Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum erforderlich ist. Die Voraussetzungen dieses Auskunftsanspruches sind schon deshalb nicht gegeben, da das Begehren der Klägerin keinem der genannten Zwecke dient. Ein Anspruch der Klägerin nach §14 II TMG besteht daher nicht.
Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift scheidet aus, da es sich erkennbar eine Ausnahmeregelung handelt, die keine Erweiterung über den ausdrücklich genannten Anwendungsbereich hinaus finden soll. So ist in § 12 TMG geregelt, dass der Diensteanbieter die für die Bereitstellung von Telemedien erhobenen personenbezogenen Daten für andere Zwecke nur verwenden darf, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift, die sich ausdrücklich auf Telemedien bezieht, es erlaubt oder der Nutzer eingewilligt hat. Eine analoge Anwendung kommt daher nicht in Betracht.
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Auskunftserteilung aus §§ 242, 259 BGB, da es sich bei der Regelung in § 14 II TMG um eine lex specialis zu diesem allgemeinen Anspruch handelt, so dass ein Rückgriff auf den aus Treu und Glauben abgeleiteten Auskunftsanspruch ausscheidet. Auch hier schließt die Regelung in § 12 TMG der Auskunftserteilung aufgrund eines allgemeinen Auskunftsanspruches aus, da eben gerade keine Regelung vorliegt, die sich ausdrücklich auf Telemedien bezieht.
Da der Klägerin somit ein Auskunftsanspruch nicht zusteht, war die Klage abzuweisen. Soweit sich die Klägerin beleidigt oder verleumdet sieht, muss sie sich staatsanwaltlicher Hilfe bedienen und um gegebenenfalls im Wege der Akteneinsicht die gewünschten Kenntnisse zu erlangen. Da der Klägerin dieser Weg offensteht, ist sie auch nicht rechtlos gestellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Der Streitwert entspricht dem Interesse der Klägerin an den begehrten Auskünften.
AG München:
End-Urteil v. 03.02.2011
Az: 161 C 24062/10
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