Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 7. Dezember 2001
Aktenzeichen: 16 Wx 242/01
(OLG Köln: Beschluss v. 07.12.2001, Az.: 16 Wx 242/01)
Tenor
Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 ) gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 8.10.2001 - 6 T 252 /01 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Für die Betroffene wurde mit amtsgerichtlichem Beschluss vom 25.1.2001 Betreuung für den Aufgabenkreis Vermögenssorge einschließlich Einwilligungsvorbehalt angeordnet und die Beteiligte zu 2) zur Betreuerin bestimmt. Die Aufgabenkreise der Betreuung wurden am 1.3.2001 um die Bereiche Gesundheitsfürsorge und Postkontrolle erweitert und am 10.5.2001 noch auf die Totenfürsorge des verstorbenen Ehemannes der Betroffenen ausgedehnt. Mit Schreiben vom 16.3.2001 und vom 30.4.2001 beantragte die Beteiligte zu 2) die Festsetzung ihrer Vergütung gegen die vermögende Betroffene für den Zeitraum 25.1. 2001 bis 24.4.2001. Die Beteiligte zu 2) legte hierbei einen Stundensatz von 180.,- DM zugrunde. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 28.5.2001 die Vergütung in Höhe von 19.835,83 DM netto zuzügl. MWSt bewilligt und hierzu neben einer kleineren Korrektur der Stundenzahl den Stundensatz mit 130,- DM zugrunde gelegt. Das Landgericht hat nach sofortiger Beschwerde der Beteiligten zu 2) eine Vergütung in Höhe von 22.825,- DM netto bewilligt, wobei als Stundensatz 150.- DM angesetzt wurden, und im Übrigen das Rechtsmittel sowie die von der Beteiligten zu 1) eingelegte Anschlussbeschwerde im wesentlichen zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Betroffene zu 2) mit ihrem Rechtsmittel, mit dem der ursprüngliche Antrag im wesentlichen weiterverfolgt und eine Vergütung von 27.390,- DM zuzügl. MWSt verlangt wird. Dieser Betrag errechnet sich auf der Grundlage eines Stundensatzes von 180,- DM.
II.
Das vom Landgericht zugelassene und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Rechtsmittel ist unbegründet. Die landgerichtliche Entscheidung ist rechtsfehlerfrei ergangen.
Das Erstbeschwerdegericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Ein Stundensatz von 150,- DM, d.h. das 2 1/2-fache des Regelsatzes sei im vorliegenden Fall aufgrund der erbrachten Leistungen der Betreuerin und des Schwierigkeitsgrades der Betreuung ausnahmsweise angemessen. Bei der konkreten Bestimmung der Höhe des Stundensatzes hätten die in § 1 Abs. 1 BVormVG festgelegten Sätze auch für die Vergütung der Berufsbetreuer bei bemittelten Betreuten Richtlinienfunktion, die nur ausnahmsweise überschritten werden dürften. Dies gelte auch für die Vergütung eines als Betreuer tätigen Rechtsanwalts. Das Landgericht hat im Einzelnen die besonderen Schwierigkeiten dieser Betreuung aufgezeigt, die sowohl im Bereich der Gesundheitsfürsorge - die nur teilweise krankheitseinsichtige Betroffene musste zweimal gegen ihren Willen in eine geschlossene Abteilung eines Krankenhauses untergebracht werden - wie auch der Vermögenssorge gelegen hätten, da die Betroffene ein umfangreiches Vermögen habe und zudem ein im Bausektor tätiges Maklerbüro führe, für das sofort Entscheidungen zu treffen gewesen seien.
Diese Überlegungen der Vorinstanz lassen keine Rechtsfehler erkennen.
Zu Recht hat das Landgericht keinen höheren Stundensatz als 150,-DM zuzüglich MWSt. bewilligt.
Die Bewilligung der Vergütung von Berufsbetreuern richtet sich seit dem 1.1.1999 nach §§ 1908i Abs. 1, 1836 Abs. 2 S. 2 BGB. Entscheidend für die Höhe der Vergütung sollen die nutzbaren Fachkenntnisse des Betreuers sowie Umfang und Schwierigkeit der anfallenden Geschäfte sein, § 1836 Abs. 2 S. 2 BGB. Das hierzu den Amtsgerichten eingeräumte Ermessen wird bei der Vergütung eines Betreuers eines mittellosen Betreuten durch die Vorschriften der § 1836a BGB, § 1 Abs. 1 BVormVG konkretisiert. Für die Vergütung des Betreuers eines vermögenden Betreuten geht der Senat entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung sowie der der übrigen Obergerichte davon aus, dass die Vorschrift des § 1 Abs. 1 BVormVG eine wesentliche Orientierungshilfe darstellt ( vgl. BGH v. 31.8.2000, FamRZ 2000, 1569; ferner beispielsweise BayObLG v. 17.11.2000, FamRZ 01, 378; BayObLG v. 8.11.2000, NJW 01, 1221; OLG Karlsruhe v. 15.11.2000, NJW 01, 1220; OLG Hamm, FamRZ 01, 655, OLG Schleswig, MDR 01,994 ). Die dort festgelegten Stundensätze können - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - überschritten werden, wenn besondere Schwierigkeiten, die über den Regelfall hinausgehen, dies verlangen ( BGH, FamRZ 00,1569; BayObLG, aaO. ). Diese Regelvergütungssätze gelten grundsätzlich auch für Rechtsanwälte, die berufsmäßig Betreuungen übernommen haben ( ausdrücklich: BVerfG v. 15.12.1999, FamRZ 00,345, 348; OLG Schleswig, MDR 01,994; BayObLG, FamRZ 01,378; BayObLG v. 26.3.01, BayObLGR 2001,52 ). Der Bundesgerichtshof hat ausdrücklich betont, dass der Gesetzgeber die Regelsätze als angemessenes Entgelt für die von sämtlichen Berufsbetreuern erbrachte Leistung ansieht. Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, als Rechtsanwältin mit zwei Staatsexamen könne sie schon aus diesem Grund einen erhöhten Stundensatz beantragen, geht diese Überlegung fehl. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung spielt es bei der Vergütung eines Rechtsanwalts als Betreuers keine Rolle, dass er im Hauptberuf, d.h. als Rechtsanwalt u.U. höhere Stundensätze verlangen kann. Vielmehr handelt es bei der Übernahme einer Betreuung für den Rechtsanwalt um eine freiwillig übernommene Tätigkeit im Zweitberuf. Die Übernahme einer Betreuung ist gerade keine "dem Rechtsanwaltsberuf vorbehaltene oder ihn in besonderer Weise charakterisierende Tätigkeit" (BVerfG v. 15.12.1999, aaO. ). Sofern der Rechtsanwalt im konkreten Fall Aufgaben übernimmt, in deren Rahmen er echte anwaltliche Dienstleistungen wahrnimmt, bleibt ihm die Möglichkeit erhalten, nach der BRAGO abzurechnen. Diese Möglichkeit wird durch § 1835 Abs. 3 BGB eröffnet. Darauf hat bereits das Landgericht in dem angegriffenen Beschluss hingewiesen.
Ein Rechtsanwalt als Betreuer kann sich für seine Vergütungsverlangen auch nicht mit Erfolg auf die Kostenstruktur seines Büros berufen und aus diesem Grunde von vornherein einen erhöhten Satz geltend machen. Für eine Bemessung der Stundensätze nach einer von dem Betreuer vorgelegten Kalkulation seiner Sach- und Personalkosten gibt nämlich das neue Recht keinen Raum mehr. Vielmehr ist eine generalisierende Betrachtungsweise geboten (BGH v. 31.8.2000, aaO.). Zu Recht wird darauf verwiesen, dass Betreuer nicht in gleicher Weise für Rechtsanwälte Hilfskräfte für ihre Organisations- und Verwaltungsaufgaben benötigen (BVerfG v. 15.12.1999, aaO., S. 348 f ).
Aus diesen Überlegungen folgt zugleich, dass diese Vergütungsregelungen der § 1836 Abs. 2 S.2 BGB, § 1 Abs. 1 BVormVG nicht verfassungswidrig sind ( vgl. dazu BVerfG v. 16.3.2000, FamRZ 00, 729; BVerfG v. 6.7.2000, FamRZ 00, 1277; ebenso BayObLG v. 26.3.2001 aaO. ).
Das Landgericht hat im Rahmen seines Ermessen bei der Festsetzung der Vergütung von der Möglichkeit der Erhöhung des Stundensatzes Gebrauch gemacht. Die Überprüfung des Rechtsbeschwerdegerichts muss sich hierbei auf die Prüfung beschränken, ob das Gericht den Tatsachenstoff vollständig gewürdigt und Denkgesetze, Auslegungsgrundsätze und Ermessengrenzen beachtet hat (BGH v. 31.8.2000, FamRZ 00,1569 ).
Die landgerichtliche Entscheidung läßt einen Ermessensfehler zu Lasten der Beschwerdeführerin nicht erkennen. Die wesentlichen Umstände dieser Betreuung werden aufgeführt und für die Frage, ob die Betreuung besondere Schwierigkeiten bot und ein überdurchschnittliches Engagement verlangte, umfassend gewürdigt. So weist das Erstbeschwerdegericht zu Recht neben den besonderen Problemen in der Person der Betreuten, die kaum krankheitseinsichtig war und zudem unter schwierigen familiären Verhältnisse lebte, auf die im Rahmen der Vermögenssorge erforderliche Betreuung des laufenden Maklerbüros sowie die Verwaltung des erheblichen Vermögens hin. Schließlich hatte die Betreuerin auch den Nachlass des verstorbenen Ehemannes zu sichten, da die Betroffene dessen Alleinerbin geworden war. Diese gesamten Umstände, die im einzelnen im landgerichtlichen Beschluss aufgezeigt und gewürdigt werden - hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug - rechtfertigen zweifelsohne eine Erhöhung des Mindestsatzes von 60,- DM ( § 1 Abs. 1 S. 2 BVormVG ), der der Betreuerin schon in Anbetracht ihres Hochschulabschlusses zusteht.
Die vom Landgericht beschlossene Erhöhung auf 150,- DM zuzügl. MWSt. berücksichtigt die Besonderheiten der Betreuung in mehr als ausreichendem Umfang. Immerhin handelt es sich bei dem bewilligten Stundensatz um das 2 1/2 des Regelstundensatzes. Ein Stundensatz in dieser Höhe, der - soweit ersichtlich - bisher noch nicht Gegenstand einer obergerichtlichen Entscheidung gewesen ist, liegt im höchsten Bereich dessen, was als Stundensatz überhaupt in Betracht kommen kann.
Vorliegend ist nämlich zunächst zu berücksichtigen, dass der erhebliche zeitliche Aufwand, den diese Betreuung bisher erforderte, bereits Niederschlag in der Zahl der Stunden gefunden hat. Die Erhöhung des Stundensatzes rechtfertigt sich hingegen nur dann - wie oben dargelegt - , wenn die erforderlichen Geschäfte unter Berücksichtigung der Qualifikation des Betreuers besonders schwierig sind ( vgl. beispielsweise OLG Karlsruhe, NJW 01, 1220 ). Allein die Qualifikation als Rechtsanwältin hat im Regelfall, wie schon gezeigt, lediglich den höchsten Regelsatz von 60,- DM ( § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BVormVG ) zur Folge. Besondere Schwierigkeiten - auch für einen Rechtsanwalt - lagen hier zum einen in der Fortführung des Maklerbüros, zum anderen vor allem in der Verwaltung des Nachlasses des verstorbenen Ehemannes, der dem Vermögen der Betreuten zufloss. Damit stellten sich hier besondere Anforderungen, die einen überdurchschnittlich schwierigen Betreuungsfall bedeuten. Dass dieser Gesichtspunkt indessen die Zuerkennung einer um 150 % über dem Regelsatz für Betreuer mit abgeschlossener Hochschulausbildung liegenden Vergütung rechtfertigt, erscheint dem Senat zweifelhaft. Eine um 100 % erhöhte Vergütung gegenüber dem Regelsatz des BVormVG für Betreuer mit abgeschlossener Hochschulausbildung dürfte auch bei besonderen Schwierigkeiten der Betreuungsgeschäfte angemessen und ausreichend sein ( ebenso OLG Karlsruhe, NJW 01,1220 ).
Soweit die Beschwerdeführerin sich auf Entscheidungen einer anderen Zivilkammer des Landgerichts Köln bezieht, in denen Stundensätze von 210,- DM und 220,- DM zugebilligt wurden, kann der Senat diese nicht bei der Entscheidung berücksichtigen, da es sich um Einzelfallentscheidungen handelt und jegliche weitere Angaben zu den zugrunde liegenden Umständen fehlen. Allerdings erscheint es dem Senat aufgrund seiner bisherigen Erfahrung in Entscheidungen zur Betreuervergütung erstaunlich, dass innerhalb eines kurzen Zeitraumes von noch nicht 6 Monaten zwei so erheblich aus dem durchschnittlichen Rahmen fallende Vergütungsanträge zur Entscheidung angestanden haben.
Da nur die Betreuerin weitere Beschwerde eingelegt hat, kann in Hinblick auf das Verschlechterungsverbot offen bleiben, ob nach den oben dargelegten Maßstäben des Bundesgerichtshofes und der erwähnten Obergerichte lediglich ein geringerer Stundensatz hätte bewilligt werden dürfen.
Geschäftswert der Rechtsbeschwerde: 5.295,40 DM
OLG Köln:
Beschluss v. 07.12.2001
Az: 16 Wx 242/01
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