Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. November 2006
Aktenzeichen: 29 W (pat) 48/05
(BPatG: Beschluss v. 08.11.2006, Az.: 29 W (pat) 48/05)
Tenor
Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. Februar 2005 wird aufgehoben.
Gründe
I.
Die Wortfolge PAPER MADE RIGHT soll für verschiedene Waren der Klasse 16 in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 16. Februar 2005 als nicht unterscheidungskräftige Angabe teilweise zurückgewiesen für die Waren Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten, insbesondere Papier für Telekommunikationszwecke, Computerpapier, Büropapier, Kopierpapier, Druckpapier, Spezialpapier, insbesondere für Dokumente, Geschäftsbriefe und Vordrucke.
Bei der angemeldeten Wortfolge handele es sich um die bloße Aneinanderreihung einfacher und gängiger englischer Begriffe, deren beschreibende Bedeutung sich dem Verkehr unmittelbar erschließe. In seiner Gesamtheit sei das Zeichen deshalb ohne weiteres als reine Sachaussage im Sinne von "Papier richtig hergestellt" bzw. "gut gemachtes Papier" verständlich. Da das angesprochene Publikum an eine Vielzahl unterschiedlicher Papiersorten gewöhnt sei, erfasse es das Zeichen lediglich als eine werbemäßige Anpreisung der so bezeichneten Waren. Die begriffliche Unbestimmtheit des Zeichens stehe dieser Beurteilung nicht entgegen, denn sie könne erforderlich oder gewollt sein, um eine positive Erwartungshaltung des Kunden zu fördern.
Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dass die Markenstelle der angemeldeten Wortfolge eine falsche Bedeutung zu Grunde gelegt habe, da weder die Marke "Paper correctly made" noch "Good paper" angemeldet worden sei. Bei der angemeldeten Wortfolge handele es sich um einen Werbeslogan, der die von der Rechtsprechung aufgestellten Indizien der Unterscheidungskraft, nämlich Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz sowie Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit aufweise.
Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
II.
Die nach § 66 Abs. 1 und Abs. 2 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Der Eintragung der angemeldeten Wortfolge stehen weder das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft noch ein Freihaltebedürfnis entgegen (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG).
1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. BGH GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard m. w. N.). Sie entspricht der Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2006, 229, Rn. 27 ff. - BioID). Die Beurteilung der Unterscheidungskraft hat sich daher einerseits an den beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits an der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu orientieren. Die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt einer Wortmarke nur dann, wenn das Zeichenwort eine für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehende Sachaussage darstellt oder es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom angesprochenen Publikum stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH GRUR 1999, 1089 - YES; GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard).
Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen gelten die gleichen Grundsätze. Die Annahme mangelnder Unterscheidungskraft ist daher nur bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art gerechtfertigt. Anhaltspunkte für die Unterscheidungskraft einer Wortfolge können hingegen Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz einer Wortfolge sowie deren Mehrdeutigkeit oder Interpretationsbedürftigkeit sein. Ein selbständig kennzeichnender Bestandteil oder ein fantasievoller Überschuss sind jedenfalls nicht Voraussetzung einer unterscheidungskräftigen Wortfolge (vgl. BGH GRUR 2000, 321, 322 - Radio von hier; GRUR 2000, 323, 324 - Partner with the Best; GRUR 2001, 1047, 1046 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft). Nach diesen Grundsätzen kann der angemeldeten Wortfolge die erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden.
1.1. Die einzelnen Bestandteile der angemeldeten Wortfolge sind mit der Bedeutung von "Papier richtig gemacht" ohne weiteres verständlich. Für die englischen Wörter "Paper" und "right" folgt das bereits aus der weitgehenden Übereinstimmung mit den entsprechenden deutschen Begriffen "Papier" und "richtig". Das Wort "made" ist den inländischen Verkehrskreisen als Bestandteil des Ausdrucks "made in" geläufig, der kombiniert mit Länder- oder Ortsnamen auf den Herstellungsort hinweist. Allgemein bekannt ist in diesem Zusammenhang die Bezeichnung "Made in Germany" (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]; Carstensen/Busse/Schmude, Anglizismen-Wörterbuch, Bd. 2, 2001, S. 862 f.; Wörterbuch überflüssiger Anglizismen, 6. Aufl. 2004, S. 125).
1.2. Eine Verwendung des Ausdrucks "made right" lässt sich für den deutschen Sprachgebrauch nicht feststellen. Der entsprechende deutsche Begriff "richtig gemacht" ist weit verbreitet als schlagwortartiger Hinweis auf unterschiedlichste Arten von Anleitungen zu bestimmten Tätigkeiten, wie z. B. "Beck/Henn, Pensionszusage - richtig gemacht; Benneck, Unternehmenverkauf - richtig gemacht; Marcel Feige, Tattoo und Piercing richtig gemacht; ZEIT Spezial Geld: Private Altersvorsorge richtig gemacht - ZEIT Nr. 44 vom 27. Oktober 2005; "eMail-Marketing richtig gemacht" - www.ecin.de; Fotodesign richtig gemacht - www.mythropolis.de; Abnehmen richtig gemacht - www.muskelschmiede.de". Hingegen wird der Ausdruck "richtig gemacht" nach der vom Senat durchgeführten Recherche nicht zur Bewerbung oder Beschreibung konkreter Produkte verwendet. Demzufolge lässt sich auch eine Verwendung der Wortfolge "Papier richtig gemacht" nicht ermitteln.
1.3. Unter Berücksichtigung dieser tatsächlichen Feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass das angesprochene Publikum in der angemeldeten Wortfolge eine reine Werbeaussage oder einen Sachhinweis auf die beanspruchten Papier- und Pappwaren erkennt. Denn anders als bei den oben genannten Tätigkeiten, bei denen es maßgeblich auf die richtige Ausführung ankommt, handelt es sich bei den beanspruchten Waren um fertige Produkte. Sie werden den Verbrauchern regelmäßig erst nach abgeschlossener Herstellung zum Verkauf angeboten. Dass sie nach den Regeln der Kunst hergestellt und damit "richtig gemacht" sind, setzt der Verkehr daher selbstverständlich voraus ohne darin eine besondere werbliche Anpreisung oder ein Qualitätsmerkmal zu erkennen. Nachdem sich der Wortfolge damit für die verfahrensgegenständlichen Waren kein im Vordergrund stehender Aussagegehalt zuordnen lässt, kann dem Zeichen die erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden.
2. Auch ein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht nicht. Nach der genannten Vorschrift sind die Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr insbesondere zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Dieses Schutzhindernis besteht auch dann, wenn eine Benutzung als Sachangabe noch nicht zu beobachten ist, eine solche Verwendung aber in Zukunft jederzeit erfolgen kann. Insoweit bedarf es allerdings der Feststellung, dass eine derartige beschreibende Verwendung vernünftigerweise zu erwarten ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, Rn. 97 - POST-KANTOOR; GRUR 2004, 680, Rn. 38 - BIOMILD; BGH GRUR 2003, 343, 344 - Buchstabe Z; GRUR 2005, 578, 581 - LOKMAUS). Da sich die angemeldete Wortfolge, wie oben ausgeführt, nicht zur Beschreibung von Merkmalen oder Eigenschaften der beanspruchten Waren eignet, besteht auch kein Bedürfnis sie für eine zukünftige Verwendung als Sachangabe freizuhalten.
BPatG:
Beschluss v. 08.11.2006
Az: 29 W (pat) 48/05
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