Bundesgerichtshof:
Urteil vom 8. November 2007
Aktenzeichen: IX ZR 5/06

(BGH: Urteil v. 08.11.2007, Az.: IX ZR 5/06)

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 16. Dezember 2005 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 2. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Klägerin hatte die beklagten Anwälte im Jahre 2002 mit der Wahrnehmung ihrer Interessen gegenüber der Bank (fortan: Bank) beauftragt. Einzelheiten sind zwischen den Parteien streitig. Der für die Klägerin tätige Rechtsanwalt Dr. F. (fortan: der Beklagte) verlangte und erhielt ein Honorar von 500 € netto pro Stunde. Im März 2003 stand die Erwirkung einer einstweiligen Verfügung im Raum. Der Beklagte fertigte einen Entwurf, erklärte dann aber, er könne nicht vor Gericht für die Klägerin tätig werden. In einem Schreiben vom 4. April 2003 heißt es dazu wörtlich:

"Ich bedauere sehr, dass wir in diesen Druck geraten sind. Der Unterzeichner selbst hat zwar gute Kontakte zur Bank, die auch zunächst genutzt werden konnten, hätte aber keinerlei Probleme gehabt, die Bank als Klagegegner auch kräftig anzufassen. Aber der Partner, Herr Dr. T. , vertritt ständig die Bank in hiesigen Oberlandesgerichtsprozessen (II. Instanz) und hat die unverhohlene Aufforderung seitens der Bank, Rechtsabteilung, erhalten, T. nicht gegen die Bank vertreten zu dürfen. Das macht übrigens die Bank mit allen größeren Kanzleien, die sie regelmäßig mit Umsätzen "versorgt". Wir werden sicher in dieser Frage in der Kanzlei eine auch für die Zukunft einheitliche Haltung herstellen müssen, die wir aber derzeit, da sich das Problem noch nicht konkret ergeben hatte, mit Ausnahme bei T. , klären müssen. Ich habe nicht die Möglichkeit, dem noch relativ jungen Kollegen Dr. T. praktisch den stärksten Umsatzbringer zu vergraulen, obwohl wir aufgrund unserer Mittelstandsmission auf Dauer nicht an der Kursentscheidung vorbeikommen werden."

Die Klägerin, die bereits Honorar von insgesamt 22.003,50 € an die Beklagten gezahlt hatte, kündigte das Mandat. Im vorliegenden Prozess verlangt sie Schadensersatz in Höhe von insgesamt 47.527,54 €. Dazu hat sie behauptet, sie hätte das Mandat nicht erteilt, wenn der Beklagte von Anfang an offengelegt hätte, dass sein Sozius regelmäßig für die Bank tätig sei oder er die Klägerin vor Gericht nicht vertreten wolle oder könne. Sie, die Klägerin, hätte dann nicht die überhöhte Vergütung von 500 € netto pro Stunde zahlen müssen und auch keinen eigenen Aufwand in gleicher Höhe für die erforderlichen Zuarbeiten und Teilnahme an Besprechungen gehabt. Durch den Anwaltswechsel seien überdies im nunmehr anhängigen Rechtsstreit der Bank gegen sie an den Beklagten gezahlte Gebühren nochmals entstanden. Die beklagten Anwälte haben behauptet, zunächst sei nicht absehbar gewesen, dass es zu einem Rechtsstreit kommen werde. Sie seien bereit gewesen, auch gerichtlich für die Klägerin tätig zu werden. Nachdem sich der Geschäftsführer der Klägerin jedoch unmittelbar an die Bank gewandt und deren Mitarbeiter grob beleidigt habe, hätten sie einen Vorwand gesucht, das Mandat - das mehrere Angelegenheiten umfasst habe - zu beenden.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsanspruch weiter.

Gründe

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Ein Anspruch auf Rückzahlung der Vergütung folge nicht aus § 628 Abs. 2 BGB, weil die Klägerin keinen Verfrühungsschaden geltend mache. In Betracht komme vielmehr ein Anspruch aus § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB in Verbindung mit § 346 BGB oder aus § 812 Abs. 1 Satz 2 Fall 1 BGB. Da es sich nicht um einen Schadensersatzanspruch handele, werde ein eventueller Anspruch aus vorvertraglicher Pflichtverletzung nicht verdrängt.

Der Beklagte habe jedoch keine Pflichtverletzung begangen. Er sei nicht verpflichtet gewesen, darauf hinzuweisen, dass sein Sozius die Bank regelmäßig vor dem zuständigen Oberlandesgericht vertrete. Dafür, dass ihm die gemäß § 43a Abs. 1 BRAO erforderliche Unabhängigkeit gefehlt habe, gebe es keine Anhaltspunkte. Er sei auch nicht wegen widerstreitender Interessen gemäß § 43a Abs. 4 BRAO, § 356 StGB an der Übernahme des Mandats gehindert oder zu einem Hinweis verpflichtet gewesen; denn der Sozius des Beklagten sei nicht für die Bank gegen die Klägerin tätig geworden.

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagten aus § 311 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB (culpa in contrahendo) nicht verneint werden.

a) Der Beklagte hätte die Klägerin vor Annahme des Mandats darauf hinweisen müssen, dass sein Sozius regelmäßig für die Bank tätig war.

aa) Durch die Annahme des Mandats hat der Beklagte nicht gegen das Verbot verstoßen, widerstreitende Interessen zu vertreten (§ 43a BRAO). Dieses Verbot, auf dessen Einhaltung der Mandant grundsätzlich nicht verzichten kann (BVerfG NJW 2003, 2520, 2521), betrifft nur die Vertretung in derselben Rechtssache (vgl. auch § 3 Abs. 1 BORA). Darum ging es hier nicht.

bb) Eine Offenbarungspflicht hat der Bundesgerichtshof weiter für den Fall angenommen, dass der Rechtsanwalt während des Mandatsverhältnisses in einer anderen Sache einen Dritten gegen den Mandanten vertrat, weil der Mandant in der Regel darauf vertraute, dass der von ihm beauftragte Anwalt nur seine Interessen und nicht auch gleichzeitig die Interessen Dritter gegen ihn wahrnehme (BGH, Urt. v. 7. Juni 1984 - III ZR 37/83, NJW 1985, 41). So lag der Fall hier ebenfalls nicht. Der Sozius des Beklagten war nicht für Dritte gegen die Klägerin tätig. Die Rechtssachen, in denen er die Bank vertrat, hatten mit der Klägerin nichts zu tun. Gegenteiliges hat die Klägerin jedenfalls nicht vorgetragen.

cc) Über die bisher entschiedene Fallgestaltung hinaus hat ein Rechtsanwalt jedoch auch offenzulegen, dass er oder ein anderes Mitglied seiner Sozietät den Gegner der Person, welche ihm ein neues Mandat anträgt, häufig in Rechtsangelegenheiten vertritt, und zwar unabhängig davon, ob ein tatsächlicher oder rechtlicher Zusammenhang zu dem neuen Mandat besteht.

(1) Der Rechtsanwalt ist der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§ 3 Abs. 1 BRAO). Als unabhängiges Organ der Rechtspflege hat er die Aufgabe, sich um sachgerechte Konfliktlösungen zu bemühen, vor Gericht zu Gunsten seines Mandanten den Kampf um das Recht zu führen und diesen möglichst vor Fehlentscheidungen zu seinen Lasten zu bewahren. Die Wahrnehmung anwaltlicher Aufgaben setzt den unabhängigen, verschwiegenen und nur den Interessen des eigenen Mandanten verpflichteten Rechtsanwalt voraus (BVerfG NJW 2003, 2520, 2521). Davon geht jeder Rechtssuchende aus, der einem Rechtsanwalt die Schließung eines Anwaltsvertrages anträgt. Nimmt der Anwalt das Mandat an, erklärt er aus verobjektivierter Sicht des Mandanten, auf die es ankommt (§§ 133, 157 BGB), diesen Anforderungen gerecht werden zu wollen, also seine Bereitschaft, fortan die Interessen des Mandanten ohne Rücksicht auf die gegenläufigen Interessen der anderen Seite umfassend zu vertreten.

(2) Wird ein Anwalt oder dessen Sozius häufig für eine bestimmte Partei tätig, kann aus der Sicht anderer Mandanten fraglich sein, ob die entgegengesetzten eigenen Interessen mit gleichem Nachdruck vertreten werden wie gegenüber einem dem Anwalt völlig gleichgültigen Gegner. Häufige Aufträge derselben Partei können zu wirtschaftlicher Abhängigkeit oder zu einer besonderen Identifizierung mit deren Angelegenheiten führen und die Fähigkeit des Anwalts, sich in der gebotenen umfassenden, nur den Interessen des Auftraggebers verpflichteten Art und Weise für einen Gegner der Partei einzusetzen, beeinträchtigen. Ob der Anwalt selbst sich in der Lage sieht, die ihm aus einem Anwaltsvertrag obliegenden Pflichten trotz der Mandatsbeziehungen zum Gegner uneingeschränkt zu erfüllen, ist dabei nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Sieht er Schwierigkeiten, wird er die Übernahme des Mandats ablehnen. Aber auch wenn er sich die Übernahme des Mandats zutraut, muss er die Tatsache der häufigen Mandate des Gegners offenlegen. Bei Verhandlungen über den Abschluss eines Vertrages besteht regelmäßig die Verpflichtung, den anderen Teil über Umstände aufzuklären, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sein können (BGHZ 71, 386, 396). Häufiges Tätigwerden für den Gegner ist aus den genannten Gründen ein derartiger Umstand. Der Anwalt kann den Hinweis mit der Erklärung verbinden, dass die Aufträge des Gegners keinen Einfluss auf ihn hätten und der sachgerechten Bearbeitung des Mandates nicht im Wege stünden, wenn er sich dessen sicher ist. Der Mandant kann sich dieser Einschätzung anschließen und den Auftrag erteilen. Er muss jedoch in die Lage versetzt werden, die Entscheidung, ob er einen häufig für den Gegner tätigen Anwalt mandatieren will, eigenverantwortlich und rechtzeitig zu treffen. Da er in aller Regel nicht wissen wird, welche anderweitigen Mandate der Anwalt hat, muss dieser die erforderlichen Hinweise auch ungefragt geben.

b) War der Beklagte - wie die Klägerin behauptet - aus Rücksicht gegenüber der Bank von vornherein nicht bereit, die Klägerin erforderlichenfalls auch vor Gericht zu vertreten, musste er dies vor Annahme des Mandats erst recht offenbaren. Ein uneingeschränktes Mandat umfasst regelmäßig auch die Vertretung vor Gericht. Der Mandant kann regelmäßig davon ausgehen, dass der Anwalt, der ihn berät und außergerichtlich vertritt, auch eine Klage oder eine Klageerwiderung für ihn fertigt, einreicht und in der mündlichen Verhandlung für ihn auftritt. Ein Rechtsanwalt, der ein ihm angebotenes Mandat nur eingeschränkt übernehmen kann (§ 78 ZPO) oder will, muss deshalb seine Vorbehalte offen legen, damit der Mandant entscheiden kann, ob er den Auftrag selbst unter diesen Voraussetzungen erteilen will. Grund der Hinweispflicht ist auch in diesem Zusammenhang die Abweichung des Vertragsinhalts vom Leitbild des den Interessen des Mandanten unabhängig von denjenigen des Gegners verpflichteten Rechtsanwalts. Hinzu kommen noch die gebührenrechtlichen Folgen eines eingeschränkten Mandats, die zusätzliche Kosten für den Mandanten bedeuten und deshalb ebenfalls eine Hinweispflicht begründen: Bei einem Anwaltswechsel entfällt die Möglichkeit der Anrechnung nach § 118 Abs. 2 BRAGO (jetzt: KV RVG Teil 3 Vorbem. 3 Abs. 4); bleibt der bisherige Anwalt Korrespondenzanwalt und wird zusätzlich ein Prozessanwalt beauftragt, entsteht zusätzlich die Gebühr nach § 52 BRAGO (jetzt: KV RVG Nr. 3400). Diese Mehrkosten muss der Mandant in seine Entscheidung, diesen oder einen anderen Rechtsanwalt zu beauftragen, einbeziehen können.

III.

Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Insbesondere kann der Klägerin durch die Pflichtverletzung des Beklagten ein von den beklagten Anwälten zu ersetzender Schaden entstanden sein.

1. Der Geschädigte einer schuldhaften Pflichtverletzung bei Vertragsverhandlungen hat Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens (§ 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB). Er ist so zu stellen, wie er bei Offenbarung der für seinen Vertragsschluss maßgeblichen Umstände gestanden hätte (BGHZ 168, 35, 39).

2. Die Klägerin hat behauptet, sie hätte dem Beklagten das Mandat nicht erteilt, wenn sie gewusst hätte, dass er sie in etwaigen Rechtsstreitigkeiten mit der Bank nicht vertreten würde, so dass die Einschaltung eines anderen oder eines weiteren Rechtsanwalts erforderlich werden würde. Dann hätte sie die abgerechneten Stundenhonorare nicht bezahlen müssen; wenn - wie die Klägerin ebenfalls behauptet hat - die Beratung sich auf denselben Gegenstand bezog wie der Prozess, welchen die Bank gegen sie angestrengt hat, wären die anfallenden gesetzlichen Beratungsgebühren auf die Prozessgebühr angerechnet worden. Der objektive Wert der Beratungen des Beklagten kann dann nicht in die Schadensberechnung eingestellt werden, wenn sie von dem neu zu beauftragenden Rechtsanwalt nochmals erbracht werden und von der Klägerin bezahlt werden mussten. Sie sind dann für den Auftraggeber wertlos geworden. Der Senat hat bereits entschieden, dass der Rechtsanwalt nach einer durch sein vertragswidriges Verhalten veranlassten Kündigung seinen Vergütungsanspruch für bereits erbrachte Beratungsleistungen verliert, wenn ein neuer Anwalt bestellt werden muss, für den die gleichen Gebühren nochmals entstehen (BGH, Urt. v. 30. März 1995 - IX ZR 182/94, NJW 1995, 1954; v. 17. Oktober 1996 - IX ZR 37/96, NJW 1997, 188, 189). Gleiches gilt im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs nach § 311 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB. Den Betrag, um den das zwischen den Parteien ausgehandelte Honorar die gesetzlichen Gebühren übersteigt, können die beklagten Anwälte erst recht nicht verlangen. Die Gebührenvereinbarung ist darauf zurückzuführen, dass der Beklagte und nicht irgendein anderer Anwalt mandatiert worden ist. Die Entscheidung, den Beklagten zu beauftragen, beruht nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Vorbringen der Klägerin gerade auf dessen Pflichtverletzung.

IV.

Das angefochtene Urteil kann damit keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO); die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Dabei macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch. Für die erneute Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf folgende rechtlichen Gesichtspunkte hin:

1. Darlegungs- und beweispflichtig für die vorvertragliche Pflichtverletzung und für die haftungsbegründende Kausalität, also das Entstehen eines durch die Pflichtverletzung herbeigeführten Vermögensnachteils ist, die Klägerin. Gleiches gilt für die haftungsausfüllende Kausalität. Die Klägerin hat darzulegen und zu beweisen, dass sie bei vollständiger und rechtzeitiger Aufklärung über die regelmäßigen Mandate der Bank den streitigen Anwaltsauftrag nicht erteilt hätte. Neben der Beweiserleichterung des § 287 ZPO kann der Beweis auch durch die Regeln des Beweises des ersten Anscheins erleichtert werden, etwa dann, wenn nach der Lebenserfahrung nur eine bestimmte Entscheidung des Mandanten in Betracht gekommen wäre. Die Regeln, die der Senat für Beratungspflichtverletzungen entwickelt hat (vgl. grundlegend BGHZ 123, 311), gelten auch für die Verletzung vorvertraglicher Hinweispflichten. Im vorliegenden Fall könnte das Verhalten der Klägerin nach Erhalt des Schreibens vom 3. April 2003 Rückschlüsse auf ihr Verhalten im Falle eines rechtzeitigen Hinweises auf die Mandate der Bank und die fehlende Bereitschaft der beklagten Anwälte, die Interessen der Klägerin vor Gericht gegenüber der Bank wahrzunehmen, erlauben. Wenn die Klägerin das Mandat alsbald nach Erhalt der relevanten Informationen gekündigt hat, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass sie das Mandat bei vollständiger Aufklärung gar nicht erst erteilt hätte.

2. Den beklagten Anwälten könnte gleichwohl ein nach den gesetzlichen Gebühren zu berechnender Honoraranspruch verbleiben, wenn ihre Tätigkeit - wie sie behaupten - auch andere Angelegenheiten betraf als diejenige, in der später der Rechtsstreit geführt wurde. Unabhängig davon wird die Klägerin ihre Schadensberechnung überprüfen müssen. Grundsätzlich kann der Geschädigte einer culpa in contrahendo auch vergebliche Aufwendungen ersetzt verlangen. Die eigene Arbeitsleistung des Geschädigten und seiner Angestellten ist allerdings nur dann zu erstatten, wenn ihr ein Geldwert zukommt und sie bei wertender Betrachtung vom Schadensersatz nicht auszugrenzen ist (vgl. BGHZ 131, 220, 224 ff). Verwaltungsaufwand in eigenen Angelegenheiten erfüllt diese Voraussetzung in der Regel nicht.

3. Als Grundlage eines Anspruchs der Klägerin auf Rückzahlung des gezahlten Anwaltshonorars kommt weiter § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB in Betracht, und zwar auch dann, wenn der Beklagte den Entschluss, die Klägerin nicht gegenüber der Bank zu vertreten, erst nach Annahme des Mandats gefasst haben sollte.

a) Gemäß § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB steht dem Rechtsanwalt ein Honoraranspruch für erbrachte Leistungen dann nicht zu, wenn er die Kündigung des Mandats durch vertragswidriges Verhalten veranlasst hat und seine bis zur Kündigung erbrachten Leistungen infolge der Kündigung für den Mandanten kein Interesse haben.

b) Ein vertragswidriges Verhalten im Sinne von § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB setzt die schuldhafte Verletzung einer Vertragspflicht voraus (BGH, Urt. v. 30. März 1995, aaO). Hat der Beklagte - wie die Klägerin behauptet und wie es im eingangs zitierten Schreiben vom 3. April 2003 heißt - die Klägerin deshalb nicht vor Gericht vertreten, weil die Bank dies von ihm verlangte und er um den Umsatz der Kanzlei fürchtete, hat er die aus dem Anwaltsvertrag folgende Verpflichtung verletzt, die Interessen der Klägerin gegenüber der Bank nach allen Seiten hin, gegebenenfalls auch gerichtlich, wahrzunehmen. Darlegungs- und beweispflichtig für die tatsächlichen Voraussetzungen des vertragswidrigen Verhaltens der Gegenseite ist grundsätzlich der Dienstberechtigte, der sich auf § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB beruft (BGH, Urt. v. 17. Oktober 1996, aaO). Die Weigerung des Beklagten, die Klägerin vor Gericht gegen die Bank zu vertreten, steht als solche allerdings fest. Es kann jetzt nur noch um die Frage gehen, ob der Beklagte seinerseits aufgrund eines vertragswidrigen Verhaltens Grund zur Kündigung des Mandats gehabt hätte. Insoweit trifft die beklagten Anwälte eine sekundäre Darlegungslast.

c) Muss der Mandant infolge eines von seinem bisherigen Rechtsanwalt verschuldeten Anwaltswechsel in der gleichen Angelegenheit nochmals Gebüh-

ren zahlen, sind die bisherigen Beratungsleistungen für ihn regelmäßig nicht mehr von Interesse (BGH, Urt. v. 30. März 1995, aaO; v. 17. Oktober 1996, aaO).

Fischer Raebel Kayser Richter am BGH Cierniak Lohmannist erkrankt und kann dahernicht unterschreiben Fischer Vorinstanzen:

LG Koblenz, Entscheidung vom 26.01.2005 - 15 O 433/03 -

OLG Koblenz, Entscheidung vom 16.12.2005 - 8 U 229/05 -






BGH:
Urteil v. 08.11.2007
Az: IX ZR 5/06


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