Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg:
Beschluss vom 26. Mai 2014
Aktenzeichen: 10 Ta 901/14

(LAG Berlin-Brandenburg: Beschluss v. 26.05.2014, Az.: 10 Ta 901/14)

Wenn ein einer Partei beigeordneter Prozessbevollmächtigter trotz mehrerer Versuche keine Rückmeldung von seinem Mandanten mehr erhält, dieser aber direkt mit dem Gericht Kontakt hält, ist ein wichtiger Grund zur Aufhebung der Beiordnung gegeben.

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägervertreters Rechtsanwalt W. H. (Verkehrsanwalt) vom 30. April 2014 wird der Beschluss des Arbeitsgerichtes Berlin vom 19. März 2014 - 11 Ca 3472/11 abgeändert.

Die Beiordnung von Rechtsanwalt W. H. als Verkehrsanwalt wird aus wichtigem Grund aufgehoben (§ 48 Abs. 2 BRAO).

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

3. Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben.

Gründe

I.

Unter dem 14. Januar 2010 erhob Rechtsanwalt W. H. für den Kläger Klage vor dem Arbeitsgericht Berlin wegen ausgebliebener Vergütung für die Monate Oktober und November 2009. Der Rechtsstreit endete mit einem Versäumnisurteil vom 7. April 2011, in welchem der Beklagte zur Zahlung von 2.315,25 EUR brutto nebst Zinsen verurteilt wurde.

Mit Beschluss vom 12. Oktober 2010 wurden dem Kläger eine Berliner Rechtsanwältin als Hauptbevollmächtigte und Rechtsanwalt H. als Verkehrsanwalt nach § 121 Abs. 4 ZPO beigeordnet. Die Hauptbevollmächtigte erhielt eine Vergütung von 502,78 EUR aus der Staatskasse, der Verkehrsanwalt 215,39 EUR.

Gemäß § 120 Abs. 4 ZPO wurde der dem Kläger beigeordnete Verkehrsanwalt am 5. Dezember 2011, 21. Dezember 2012 und 16. Januar 2014 unter Beifügung eines Vordrucks €Vermögensanfrage€ jeweils aufgefordert, Auskunft über die aktuellen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers zu erteilten. Die vom Klägervertreter jeweils an den Kläger weitergeleitete €Vermögensanfrage€ sandte dieser vollständig ausgefüllt mitsamt der erforderlichen Belege unter dem 15. Dezember 2011, 7. Januar 2013 und 31. Januar 2014 an das Arbeitsgericht Berlin. Sie gingen am 21. Dezember 2011, 9. Januar 2013 und 24. Februar 2014 beim Arbeitsgericht ein. Aufgrund des verzögerten Eingangs im Jahre 2014 erfolgte seitens des Arbeitsgerichts unter dem 14. Februar 2014 eine Erinnerung an den Verkehrsanwalt des Klägers bezüglich der Anfrage vom 16. Januar 2014, welche dieser ebenfalls an den Kläger weiterleitete.

Mit Schriftsatz vom 28. Februar 2014 beantragte Rechtsanwalt W. H. die Aufhebung seiner Beiordnung für den Kläger. Dieser Antrag wurde damit begründet, dass ein Kontakt mit seinem Mandanten seit längerem nicht mehr bestehe. Auf die jeweils weitergeleiteten Schreiben des Gerichts habe der Kläger gegenüber seinem Verkehrsanwalt niemals reagiert.

Das Arbeitsgericht Berlin hat dem Antrag auf Aufhebung der Beiordnung mit Beschluss vom 19. März 2014 nicht entsprochen, da die nach § 48 Abs. 2 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) erforderlichen wichtigen Gründe nicht vorliegen würden. Der dagegen gerichteten sofortigen Beschwerde von Rechtsanwalt H. vom 30. April 2014 hat das Arbeitsgericht Berlin unter Verweis auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses nicht entsprochen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Ein Rechtsanwalt kann nach § 48 Abs. 2 BRAO beantragen, die Beiordnung aufzuheben, wenn hierfür wichtige Gründe vorliegen. Dazu gehört auch eine unbehebbare Störung des Vertrauensverhältnisses, die dann vorliegt, wenn die Zusammenarbeit im Rahmen des Mandatsverhältnisses nicht mehr gewährleistet ist (vgl. LAG Köln, Beschluss vom 20. Januar 2013 - 6 Ta 329/13).

Davon ist hier entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts auszugehen, weil der Kläger jeden Kontakt mit seinem Prozessbevollmächtigten abgebrochen hat. Auf entsprechende Anschreiben seines Anwalts hat er diesem gegenüber nicht reagiert. Er hat jeweils die erbetene Auskunft über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse unmittelbar an das Arbeitsgericht gesandt. Angesichts dieses Verhaltens des Klägers ist eine sachgerechte Interessenwahrnehmung durch den beigeordneten Verkehrsanwalt nicht - mehr - möglich. Da eine Zusammenarbeit nicht mehr gewährleistet ist, liegt ein wichtiger Grund i. S. des § 48 Abs. 2 BRAO vor.

III.

Ein Grund, der die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG rechtfertigen könnte, besteht nicht.






LAG Berlin-Brandenburg:
Beschluss v. 26.05.2014
Az: 10 Ta 901/14


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