Oberlandesgericht Hamm:
Beschluss vom 18. Oktober 2013
Aktenzeichen: 6 WF 166/13
(OLG Hamm: Beschluss v. 18.10.2013, Az.: 6 WF 166/13)
Im Rahmen bewilligter Verfahrenskostenhilfe sind die Kosten eines für die Wahrnehmung eines Verhandlungstermins unterbevollmächtigten Rechtsanwalts gemäß § 46 RVG nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung jedenfalls in dem Umfang zu vergüten, in dem sie bei einem persönlichen Auftreten des beigeordneten Rechtsanwalts vor dem Prozessgericht entstanden wären.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers vom 08.05.2013 werden die Beschlüsse des Amtsgerichts -Familiengericht- Recklinghausen vom 08.03.2013 und 24.04.2013 abgeändert und die dem Rechtsanwalt T, Leipzig, aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf insgesamt 756,06 € festgesetzt.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
In dem Ausgangsverfahren hat der in Leipzig wohnhafte Q die Ehescheidung von seiner in Essen wohnhaften Ehefrau sowie die Durchführung des Versorgungsausgleichs vor dem Amtsgericht - Familiengericht - in Recklinghausen beantragt. Ihm ist mit Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 15.07.2011 für diese Anträge Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung des an seinem Wohnsitz in Leipzig ansässigen Antragstellers ohne Einschränkung - und also nicht lediglich zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts - bewilligt worden. In dem vom Amtsgericht -Familiengericht- anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung am 08.05.2012 erschien in Untervollmacht für den Antragsteller der ortsansässige Rechtsanwalt C aus Marl. Das Amtsgericht - Familiengericht - sprach mit Beschluss vom 19.02.2013 die Scheidung der Ehe aus und führte den Versorgungsausgleich durch. Die Kosten des Verfahrens wurden gegeneinander aufgehoben; der Verfahrenswert wurde auf insgesamt 3.000,00 € festgesetzt.
Mit Schriftsatz vom 04.03.2013 hat der Antragsteller beantragt, seine Gebühren und Auslagen gegen die Staatskasse festzusetzen. Dabei hat er neben einer für sich in Anspruch genommenen 1,3 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV-RVG nebst Auslagenpauschale (= 316,18 Euro inkl. MWSt) die ihm infolge der Beauftragung des Unterbevollmächtigten entstandenen Auslagen geltend gemacht, die sich aus einer 0,65 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3401 VV-RVG, einer 1,2 Terminsgebühr gemäß Nr. 3402 VV-RVG sowie der Auslagenpauschale (= 439,88 Euro inkl. MWSt) zusammensetzen. Das Amtsgericht - Familiengericht- hat die 1,3 Verfahrensgebühr nebst Auslagenpauschale und also 316,18 Euro zugunsten des Antragstellers festgesetzt, hingegen die Festsetzung der infolge der Beauftragung des Unterbevollmächtigten entstandenen Kosten abgelehnt. Zur Begründung hat es
ausgeführt, die Kosten des Unterbevollmächtigten könnten nicht aus der Landeskasse beglichen werden, da dieser nicht beigeordnet gewesen sei. Der hiergegen gerichteten Erinnerung des Antragstellers hat das Amtsgericht -Familiengericht - durch die zur Entscheidung berufene Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle nicht abgeholfen und die Sache dem Amtsrichter zur Entscheidung vorgelegt. Mit Beschluss vom 24.04.2013 hat dieser die Erinnerung des Antragstellers zurückgewiesen. Der hiergegen gerichteten Beschwerde vom 08.05.2013 hat der Amtsrichter nicht abgeholfen und diese dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers ist gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 3 RVG zulässig und in der Sache auch begründet.
Zugunsten des Antragstellers sind über die bereits mit Beschluss vom 08.03.2013 festgesetzten Gebühren und Auslagen in Höhe von 316,18 Euro hinaus auch die dem Antragssteller infolge der Beauftragung des Unterbevollmächtigten entstandenen Auslagen in Höhe von weiteren 439,88 Euro und also insgesamt 756,06 Euro festzusetzen.
Zwar hat das Amtsgericht zutreffend ausgeführt, dass der vom Antragsteller und Hauptbevollmächtigten beauftragte Unterbevollmächtigte mangels - nur unter den Voraussetzungen des § 121 Abs.4 ZPO möglicher - Beiordnung keinen eigenen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse hat. Dies steht jedoch einer Festsetzung der aufgrund seiner Beauftragung entstandenen Kosten zugunsten des beigeordneten Hauptbevollmächtigten nicht entgegen. Denn die Kosten eines für die Wahrnehmung eines Verhandlungstermins unterbevollmächtigten Rechtsanwalts sind gemäß § 46 RVG nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung jedenfalls in dem Umfang aus der Staatskasse zu vergüten, in dem sie bei einem persönlichen Auftreten des beigeordneten Rechtsanwalts vor dem Prozessgericht entstanden wären, (so schon BVerwG NJW 1994, 3243 und OLG Schleswig JurBüro 1985, 247 noch zu § 126 Abs.1 BRAGO; OLG Brandenburg FamRZ 2008, 628; Gebauer/Schneider RVG, 3. Aufl., § 46 Rz. 40ff; Hartmann, Kostengesetze, 43. Aufl., § 46 RVG Rz. 31f).
Im Streitfall ist der (auswärtige) Antragsteller und Hauptbevollmächtigte mit Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht- vom 15.07.2011 ohne Einschränkungen beigeordnet worden. Wäre er selbst vor dem Amtsgericht - Familiengericht - am 08.05.2012 aufgetreten, hätte er daher neben der 1,2 Terminsgebühr in Höhe von 226,80 Euro zzgl. MWSt auch Reisekosten beanspruchen können, die sich ausweislich der Auskunft der Deutschen Bundesbahn auf mindestens 190,- Euro für die Zugfahrt von Leipzig nach Recklinghausen belaufen hätten. Aufgrund der Beauftragung des ortsansässigen Unterbevollmächtigten mit der Terminswahrnehmung am 08.05.2013 sind aber über diese 1,2 Terminsgebühr hinaus lediglich Kosten in Höhe einer 0,65 Verfahrensgebühr von 122,85 Euro nebst Auslagenpauschale von 20,- Euro zzgl. MWSt und also 169,99 Euro angefallen. Die Kosten, die aufgrund der Einschaltung des Unterbevollmächtigten entstanden sind, liegen mithin unter den Kosten, die bei einem persönlichen Auftreten des Antragstellers im Termin am 08.05.2013 entstanden wären. Im Ergebnis sind daher dem Antragsteller und Hauptbevollmächtigten die Auslagen für den Unterbevollmächtigten von der Staatskasse zu vergüten.
Nur ein solches Verständnis der §§ 45 ff. RVG gewährleistet im Übrigen die verfassungsrechtlich gebotene Gleichstellung von vermögenden Parteien und nicht vermögenden Parteien. Denn im Rahmen der Kostenerstattung nach den §§ 104 ff. ZPO ist anerkannt, dass die Kosten eines Unterbevollmächtigten als notwendige Kosten der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung zu erstatten sind, wenn sie die ersparten, erstattungsfähigen Reisekosten des Hauptbevollmächtigten nicht wesentlich übersteigen (BGH FamRZ 2003, 441; JurBüro 2005, 93; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.01.2006, 10 W 126/05 zitiert nach juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 56 Abs. 2 Satz 2, 3 RVG.
OLG Hamm:
Beschluss v. 18.10.2013
Az: 6 WF 166/13
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