Bundespatentgericht:
Urteil vom 4. Oktober 2006
Aktenzeichen: 4 Ni 32/05

(BPatG: Urteil v. 04.10.2006, Az.: 4 Ni 32/05)

Tenor

1. Das europäische Patent 0 771 399 wird mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland im Umfang seiner Ansprüche 1, 2, 8, 9, 10, 11, 23 und 24 für nichtig erklärt.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die zu erbringende Sicherheit in Form einer unwiderruflichen, unbedingten, unbefristeten und selbstschuldnerischen Bürgschaft eines in der Europäischen Union zugelassenen Bankinstitutes zu erbringen.

Tatbestand

Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents EP 0 771 399 (Streitpatent), das am 13. Juni 1995 unter Inanspruchnahme der Priorität der schwedischen Patentanmeldung SE 9402231 vom 23. Juni 1994 angemeldet worden ist. Das Streitpatent ist in der Verfahrenssprache Englisch veröffentlicht und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 695 12 780 geführt. Es betrifft eine Vorrichtung zur Durchführung von Leitungen durch eine Wand ("a device at a wall leadthrough") und umfasst insgesamt 24 Ansprüche, von denen nur die Ansprüche 1, 2, 8, 9, 10, 11, 23 und 24 angegriffen sind. Anspruch 1 lautet in der deutschen Übersetzung (ohne Bezugszeichen):

Vorrichtung, welche von der Innenseite einer Wand und durch die Wand hindurch eine Durchführung ausbildet, welche bezüglich einer äußeren undurchlässigen Wandlage isoliert ist, wobei die Wand eine isolierende Lage aufweist, die intern von der undurchlässigen Lage angeordnet ist, umfassend ein Rohr, welches ausgelegt ist, um in solch einer Weise angeordnet zu werden, dass es sich durch eine Öffnung in der isolierenden Lage und der äußeren Wandlage erstreckt, wobei das sich von der Innenseite der Wand erstreckende Rohr in solch einer Weise angeordnet ist, dass es frei nach außen von der Wand vorspringt, wobei die Vorrichtung ferner Mittel umfasst, die ausgelegt sind, um eine umgebende Dichtung des Rohres bezüglich der äußeren undurchlässigen Wandlage zu bilden, dadurch gekennzeichnet, dass das Rohr angeordnet ist, um Mittel für eine feste externe Verbindung von Luftleitmitteln hin zu dem Innenraum der Wand bereitzustellen, und dass die Dichteinrichtung Abschnitte der undurchlässigen Wandlage umfasst, welche die Öffnung umgeben und welche ausgelegt sind, um extern gegen Abschnitte des Rohres zur diesbezüglichen Dichtung anzuliegen.

Wegen der weiter angegriffenen und unmittelbar oder mittelbar auf Anspruch 1 zurückbezogenen Patentansprüche 2, 8 bis 11, 23 und 24 wird auf die Streitpatentschrift EP 0 771 399 B1 Bezug genommen.

Die Klägerin behauptet, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig, weil er nicht neu sei und nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe. Hierzu bezieht sie sich auf folgende Druckschriften:

D1 EP 0 689 005 B1 D2 DE 33 21 101 A1 D3 DE-OS 21 29 096 D4 GB 612,511 D5 DE-OS 2 254 169 D6 Skizze des nächstliegenden Stands der Technik D7 EP 0 284 758 A1 Die Klägerin beantragt, das europäische Patent EP 0 771 399 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Ansprüche 1, 2, 8 bis 11, 23 und 24 für nichtig zu erklären.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise mit der Maßgabe, dass Patentanspruch 1 folgende Fassung erhält und sich die Unteransprüche 2 bis 24 in der erteilten Fassung anschließen (Hilfsantrag 1):

a) Vorrichtunga1) welche von der Innenseite einer Wand (6) und durch die Wand hindurch eine Durchführung ausbildet, a2) wobei die Durchführung bezüglich einer äußeren undurchlässigen Wandlage (8) abgedichtet ist, a3) wobei die Wand eine isolierende Lage (7) aufweist, die innen an der undurchlässigen Wandlage (8) angeordnet ist, b) wobei die Vorrichtung ein Rohr (12, 23) umfasst, b1) welches ausgebildet ist, um in einer solchen Weise angeordnet zu werden, dass es sich durch eine Öffnung (9) in der isolierenden Lage und der äußeren Wandlage erstreckt, b2) wobei das sich auf der Innenseite der Wand (6) erstreckende Rohr (12) derart angeordnet ist, dass es frei nach außen von der Wand (6) vorspringt, c) wobei die Vorrichtung ferner Mittel (14-16, 27) umfasst, die ausgelegt sind, um eine umlaufende Dichtung des Rohrs (12) bezüglich der äußeren undurchlässigen Wandlage (8) zu bilden, d) wobei das Rohr angeordnet ist, um Mittel (11, 20, 21, 29-31) für eine feste externe Verbindung von Luftleitmitteln hin zu dem Innenraum der Wand bereitzustellen, unde) wobei die Dichteinrichtung Abschnitte (14) der undurchlässigen Wandlage (8) umfasst, welche die Öffnung (9) umgeben und welche ausgelegt sind, um extern gegen Abschnitte (16, 27) des Rohrs (12, 23), die sich über einen Teil der Rohrlänge erstrecken, zur diesbezüglichen Dichtung anzuliegen.

weiter hilfsweise mit der Maßgabe, dass Patentanspruch 1 folgende Fassung erhält und sich die Unteransprüche 3 bis 24 der erteilten Fassung in neuer Nummerierung anschließen (Hilfsantrag 2):

a) Vorrichtunga1) welche von der Innenseite einer Wand (6) und durch die Wand hindurch eine Durchführung ausbildet, a2) wobei die Durchführung bezüglich einer äußeren undurchlässigen Wandlage (8) abgedichtet ist, a3) wobei die Wand eine isolierende Lage (7) aufweist, die innen an der undurchlässigen Wandlage (8) angeordnet ist, b) wobei die Vorrichtung ein Rohr (12, 23) umfasst, b1) welches ausgebildet ist, um in einer solchen Weise angeordnet zu werden, dass es sich durch eine Öffnung (9) in der isolierenden Lage und der äußeren Wandlage erstreckt, b2) wobei das sich auf der Innenseite der Wand (6) erstreckende Rohr (12) derart angeordnet ist, dass es frei nach außen von der Wand (6) vorspringt, c) wobei die Vorrichtung ferner Mittel (14-16, 27) umfasst, die ausgelegt sind, um eine umlaufende Dichtung des Rohrs (12) bezüglich der äußeren undurchlässigen Wandlage (8) zu bilden, d) wobei das Rohr angeordnet ist, um Mittel (11, 20, 21, 29-31) für eine feste externe Verbindung von Luftleitmitteln hin zu dem Innenraum der Wand bereitzustellen, unde) wobei die Dichteinrichtung Abschnitte (14) der undurchlässigen Wandlage (8) umfasst, welche die Öffnung (9) umgeben und welche ausgelegt sind, um extern gegen Abschnitte (16, 27) des Rohrs (12, 23), die sich über einen Teil der Rohrlänge erstrecken, zur diesbezüglichen Dichtung anzuliegen, undf) wobei die Dichteinrichtung einen Kragen (14) umfasst, der durch die undurchlässige Wandlage (8) gebildet ist, welcher davon nach außen gefaltet ist und die Öffnung (9) umgibt, wobei der Kragen ausgelegt ist, um extern gegen die Abschnitte (16, 27) des Rohres für eine diesbezügliche Dichtung anzuliegen.

weiter hilfsweise mit der Maßgabe, dass Patentanspruch 1 folgende Fassung erhält und sich die Unteransprüche 2 bis 24 der erteilten Fassung anschließen (Hilfsantrag 3):

1. Vorrichtung 1.1 welche von der Innenseite einer Wand (6) eines Gehäuses eines isolierten Ventilators und durch die Wand hindurch eine Durchführung ausbildet, 1.2 wobei die Durchführung bezüglich einer äußeren undurchlässigen Wandlage (8) des isolierten Ventilatorgehäuses abgedichtet ist, 1.3 wobei die Wand eine isolierende Lage (7) aufweist, die innen an der undurchlässigen Gehäusewandlage (8) angeordnet ist 2. wobei die Vorrichtung ein Rohr (12, 23) umfasst, 2.1 welches ausgebildet ist, um in einer solchen Weise angeordnet zu werden, dass es sich durch eine Öffnung (9) in der isolierenden Lage und der äußeren Gehäusewandlage erstreckt 2.2 wobei das sich auf der Innenseite der Wand (6) erstreckende Rohr (12) derart angeordnet ist, dass es frei nach außen von der Wand (6) vorspringt, 3. wobei die Vorrichtung ferner Mittel (14-16, 27) umfasst, die ausgelegt sind, um eine umlaufende Dichtung des Rohrs (12) bezüglich der äußeren undurchlässigen Gehäusewandlage (8) zu bilden,

- Oberbegriff -

4. wobei das Rohr angeordnet ist, um Mittel (11, 20, 21, 29-31) für eine feste externe Verbindung von Luftleitmitteln hin zu dem Innenraum der Wand bereitzustellen und 5. wobei die Dichteinrichtung Abschnitte (14) der undurchlässigen Gehäusewandlage (8) umfasst, welche die Öffnung (9) umgeben und welche ausgelegt sind, um extern gegen Abschnitte (16, 27) des Rohres (12, 23), die sich über einen Teil der Rohrlänge erstrecken, zur diesbezüglichen Dichtung anzuliegen.

- Kennzeichen -

weiter hilfsweise mit der Maßgabe, dass Patentanspruch 1 folgende Fassung erhält und sich die Unteransprüche 2 bis 24 der erteilten Fassung anschließen (Hilfsantrag 4):

1. Vorrichtung 1.1 welche von der Innenseite einer Wand (6) eines Gehäuses eines isolierten Ventilators und durch die Wand hindurch eine Durchführung ausbildet, 1.2 wobei die Durchführung bezüglich einer äußeren undurchlässigen Wandlage (8) des isolierten Ventilatorgehäuses abgedichtet ist, 1.3 wobei die Wand eine isolierende Lage (7) aufweist, die innen an der undurchlässigen Gehäusewandlage (8) angeordnet ist 2. wobei die Vorrichtung ein Rohr (12, 23) umfasst, 2.1 welches ausgebildet ist, um in einer solchen Weise angeordnet zu werden, dass es sich durch eine Öffnung (9) in der isolierenden Lage und der äußeren Gehäusewandlage erstreckt 2.2 wobei das sich auf der Innenseite der Wand (6) erstreckende Rohr (12) derart angeordnet ist, dass es frei nach außen von der Wand (6) vorspringt, 3. wobei die Vorrichtung ferner Mittel (14-16, 27) umfasst, die ausgelegt sind, um eine umlaufende Dichtung des Rohrs (12) bezüglich der äußeren undurchlässigen Gehäusewandlage (8) zu bilden,

- Oberbegriff -

4. wobei das Rohr angeordnet ist, um Mittel (11, 20, 21, 29-31) für eine feste externe Verbindung von Luftleitmitteln hin zu dem Innenraum der Wand bereitzustellen und 5. wobei die Dichteinrichtung Abschnitte (14) der undurchlässigen Gehäusewandlage (8) umfasst, welche die Öffnung (9) umgeben und welche ausgelegt sind, um extern gegen Abschnitte (16, 27) des Rohres (12, 23), die sich über einen Teil der Rohrlänge erstrecken, zur diesbezüglichen Dichtung anzuliegen, 6. wobei die Dichteinrichtung einen Kragen (14) umfasst, der durch die undurchlässige Gehäusewandlage (8) gebildet ist, welcher davon nach außen gefaltet ist und die Öffnung (9) umgibt, wobei der Kragen ausgelegt ist, um extern gegen Abschnitte (16, 27) des Rohres für eine diesbezügliche Dichtung anzuliegen.

- Kennzeichen -

Der Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin vollumfänglich entgegen.

Gründe

Die in zulässiger Weise erhobene Klage, mit der der Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit geltend gemacht wird (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit. a, EPÜ), ist begründet.

1. Der Streitgegenstand betrifft nach der Beschreibungseinleitung des Streitpatentes die Durchführung eines Rohres durch eine Wand, die auf ihrer Innenseite eine Isolierung aufweist. Die Wanddurchführung ist gegenüber einer äußeren undurchlässigen Wandlage abgedichtet. Beispielsweise könne es sich um die Wanddurchführung bei einem Ventilator handeln, der in einem isolierten Gehäuse angeordnet sei. Die Isolierung wirke dabei gegen Feuer und Lärm ebenso wie gegen Kondensation. Derartige Ventilatoren würden üblicherweise in der Klimatechnik zum Fördern von Luft durch Klimaanlagen eingesetzt. Die Wanddurchführung stelle dabei eine Verbindung zwischen dem Gehäuseinnenraum mit Ventilator und außen den angeordneten Luftleitkanälen der Klimaanlage her.

Mit dem Streitpatent soll eine Vorrichtung zur Verfügung gestellt werden, welche mit sehr einfachen Mitteln die Ausbildung einer Durchführung von der Innenseite einer Wand und durch die Wand hindurch zur Verbindung von Luftleitmitteln mit der Raumseite der Wand ermöglicht, wobei die Durchführung in Bezug auf eine äußere undurchlässige Wandlage isoliert ist und wobei die Wand eine Isolierlage aufweist, die intern von der undurchlässigen Lage angeordnet ist (S. 6, Z. 15 bis 24 der deutschen Fassung des Streitpatentes).

Nach dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag, der sich von der veröffentlichten deutschen Fassung unstreitig durch eine exaktere Übersetzung des erteilten Patentanspruchs 1 englischer Fassung unterscheidet, ist beansprucht eine 1. Vorrichtung 1.1 welche von der Innenseite einer Wand (6) und durch die Wand hindurch eine Durchführung ausbildet, 1.2 wobei die Durchführung bezüglich einer äußeren undurchlässigen Wandlage (8) abgedichtet ist, 1.3 wobei die Wand eine isolierende Lage (7) aufweist, die innen an der undurchlässigen Wandlage (8) angeordnet ist 2. wobei die Vorrichtung ein Rohr (12,23) umfasst, 2.1 welches ausgebildet ist, um in einer solchen Weise angeordnet zu werden, dass es sich durch eine Öffnung (9) in der isolierenden Lage und der äußeren Wandlage erstreckt 2.2 wobei das sich auf der Innenseite der Wand (6) erstreckende Rohr (12) derart angeordnet ist, dass es frei nach außen von der Wand (6) vorspringt, 3. wobei die Vorrichtung ferner Mittel (14-16, 27) umfasst, die ausgelegt sind, um eine umlaufende Dichtung des Rohrs (12) bezüglich der äußeren undurchlässigen Wandlage (8) zu bilden,

- Oberbegriff -

4. wobei das Rohr angeordnet ist, um Mittel (11, 20, 21, 29-31) für eine feste externe Verbindung von Luftleitmitteln hin zu dem Innenraum der Wand bereitzustellen und 5. wobei die Dichteinrichtung Abschnitte (14) der undurchlässigen Wandlage (8) umfasst, welche die Öffnung (9) umgeben und welche ausgelegt sind, um extern gegen Abschnitte (16, 27) des Rohres (12, 23) zur diesbezüglichen Dichtung anzuliegen.

- Kennzeichen -

Betrachtet man den in der Beschreibung und in Fig. 1 des Streitpatentes erläuterten isolierten Ventilator, erschöpft sich die technische Lehre dieses Patentanspruchs 1 darin, eine Wanddurchführung durch eine aus Metallblech bestehende undurchlässige, innen isolierte Gehäusewand vorzusehen, an der ein Rohr dicht befestigt ist, wobei das aus dem Gehäuse vorstehende Rohrende extern mit Luftleitkanälen verbunden werden kann.

2. Die Vorrichtung des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Wie die Parteien übereinstimmend angeben, ist auf dem hier relevanten Gebiet der Wanddurchführungen als durchschnittlicher Fachmann ein Fachhochschulingenieur für Bauingenieurtechnik mit Schwerpunkt Gebäudeinstallationstechnik anzusehen, der eine mehrjährige Berufserfahrung auf dem Gebiet der Entwicklung und Herstellung von Wanddurchführungen für Luftleitrohre aufweist.

Grafik In der Beschreibungseinleitung des Streitpatentes ist ein Stand der Technik angegeben, von dem der Patentinhaber bei der Formulierung seines Patentanspruchs 1 ausgegangen ist. Dieser Stand der Technik ist vom Patentinhaber unbestritten vor dem Zeitrang des Streitpatentes der Öffentlichkeit bekannt gewesen. Er entspricht unstreitig technisch den von der Klägerin eingereichten Figuren 1 und 2 (D5), die vorstehend wiedergegeben sind.

Danach war vor dem ersten Anmeldetag des Streitgegenstandes eine Wanddurchführung durch eine isolierte Gehäusewand eines Ventilators bekannt, wobei die Durchführung bezüglich einer äußeren undurchlässigen Wandlage 5 abgedichtet ist und wobei die Wand eine isolierende Lage 6 aufweist, die auf der Innenseite der undurchlässigen Wandlage 5 angeordnet ist - Merkmale 1. bis 1.3 (S. 2, Z. 11 bis 20 der deutschen Übersetzung des Streitpatentes i. V. m. vorstehender Fig. 2).

Die Vorrichtung umfasst ein zweiteiliges Rohr 1, 2, das so angeordnet werden kann, dass es sich durch eine Öffnung in der isolierenden Lage 6 und der äußeren Wandlage 5 erstreckt - Merkmale 2. und 2.1. Das sich innerhalb der Öffnung und somit auf der Innenseite der Wand erstreckende Rohr 1, 2 springt mit seinem Rohrende frei nach außen von der Wand vor - Merkmal 2.2. Das Rohr ist abgedichtet mit der äußeren Wandlage verbunden - Merkmal 3 (a. a. O. S. 2, Z. 29, 30 und S. 3, Z. 1 bis 3). Die Dichteinrichtung umfasst dabei den Abschnitt der undurchlässigen Wandlage 5, der die Öffnung umgibt. An diesem liegt ein flanschartiger Abschnitt 3 des Rohres 1 zur Dichtung an. Die Dichtung erfolgt dabei durch eine Verschweißung des flanschartigen Abschnittes 3 mit der äußeren Wandlage 5 - Merkmal 5. Am linken Ende des in Fig. 2 dargestellten Rohres sind Mittel vorgesehen, mit denen eine dichte äußere Verbindung von Luftkanälen mit dem Ventilatorgehäuse erzielt werden kann - Merkmal 4 (a. a. O. S. 2, Z. 16 bis 20 und 25, 26 der deutschen Übersetzung des Streitpatentes).

Der Patentinhaber führt aus, dass der in der Beschreibungseinleitung des Streitpatentes angegebene Stand der Technik der beanspruchten Vorrichtung nicht entgegenstehe, da dort das Rohr nicht einstückig sei. Dem folgt der Senat nicht. Denn abgesehen davon, dass das Merkmal des "einstückigen" Rohres nicht im Patentanspruch enthalten, sondern lediglich der Beschreibung zu entnehmen ist, ist in dieser Abwandlung lediglich eine dem Fachmann durch sein Fachwissen nahe gelegte fachübliche Maßnahme zu sehen. Denn beim bekannten Rohr wird zunächst das äußere, erste Rohrstück 1 fest mit der äußeren Wandlage 5 verbunden. Anschließend kann beim Einbau des Ventilators das zweite Rohrstück 2 in das erste eingeschoben werden. Ergibt sich jedoch die Aufgabe, das gesamte Rohr zusammen mit dem Ventilator erst nach Fertigstellung des Ventilorgehäuses einzubauen, so drängt sich unmittelbar als Lösung auf, das Rohr einstückig auszubilden. Zur Halterung des Rohres bietet sich an, an der undurchlässigen Wandlage 5 einen rohrförmigen Abschnitt vorzusehen. Durch diesen rohrförmigen Abschnitt wird nämlich für den Fachmann offensichtlich entsprechend dem Dichtteil zwischen den beiden Rohrstücken 1 und 2 sowohl eine Halterung des Rohres als auch eine Abdichtung zwischen dem Rohr und der undurchlässigen Wandlage erreicht. In diese rohrförmige Halterung kann das Rohr insgesamt später eingeschoben werden. Denn dem Fachmann sind einstückige Rohre in Wanddurchführungen sowie so ausgebildete Halterungen und Abdichtungen für Rohre allgemein bekannt. Beispielsweise wird auf die DE 33 21 101 A1 (D2) hingewiesen, bei der ein Lüftungsrohr 3 durch eine Dichtung 1 geschoben wird, wodurch sich ein am Lüftungsrohr anliegender Kragen 4 bildet, der durch seine Anpresskraft das Lüftungsrohr hält und eine gute Abdichtung zwischen dem Lüftungsrohr und der Dichtung gewährleistet (Seite 4, letzter Absatz und Seite 5, Absätze 1, 4 und Figur 2, 5 der D2).

3. Es kann dahin stehen, ob der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 - wie die Klägerin vorträgt - eine unzulässige Erweiterung enthält. Denn der damit beanspruchte Gegenstand beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

In den Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist das Merkmal zusätzlich aufgenommen, dass die Abschnitte des Rohres, an der die Abschnitte der undurchlässigen Wandlage zur Dichtung anliegen, "sich über einen Teil der Rohrlänge erstrecken". Dieses Merkmal ergibt sich - wie vorstehend ausgeführt wurde - in nahe liegender Weise unmittelbar dadurch, dass an Stelle des bekannten zweiteiligen Rohres ein einstückiges Rohr vorgesehen wird.

4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 unterscheidet sich von dem gemäß Hilfsantrag 1 durch das weitere Merkmal, "wobei die Dichteinrichtung einen Kragen umfasst, der durch die undurchlässige Wandlage gebildet ist, welcher davon nach außen gefaltet ist und die Öffnung umgibt, wobei der Kragen ausgelegt ist, um extern gegen die Abschnitte des Rohres für eine diesbezügliche Dichtung anzuliegen".

Auch dieses Merkmal ergibt sich - wie zum Hauptantrag ausgeführt wurde - unmittelbar bei einem fachüblichen Ersatz des bekannten zweiteiligen Rohres durch ein einstückiges Rohr.

5. Die Gegenstände der Patentansprüche 1 gemäß den Hilfsanträgen 3 und 4 beruhen ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Patentansprüche 1 nach den Hilfsanträgen 3 und 4 unterscheiden sich von denen gemäß den Hilfsanträgen 1 und 2 dadurch, dass es sich bei der äußeren undurchlässigen Wandlage 8 um die Wand "eines Gehäuses eines isolierten Ventilators" handelt.

Da es sich bei der bekannten Vorrichtung bereits um die Wand eines isolierten Ventilators handelt (S. 2, Z. 11 bis 16 und Z. 21 bis 30 der deutschen Übersetzung des Streitpatentes), kann dieses zusätzliche Merkmal nichts zur Begründung einer erfinderischen Tätigkeit beitragen.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. §§ 709, 712 ZPO.






BPatG:
Urteil v. 04.10.2006
Az: 4 Ni 32/05


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