Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. April 2003
Aktenzeichen: 24 W (pat) 45/02

(BPatG: Beschluss v. 22.04.2003, Az.: 24 W (pat) 45/02)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die farbige nachstehend abgebildete Wort-Bildmarkesiehe Abb. 1 am Endesoll für die Dienstleistungen

"Entwicklung von Lehr- und Unterrichtsmitteln, die via Internet verschiedenen Unternehmen mittels eines speziellen communicators zur Verfügung gestellt werden können; Entwicklung eines Systems im Bereich der Telekommunikation, d. h. Internet, welches speziell zum Knowledge Marketing und Wissensmanagement genutzt wird; Förderung von Erziehung und Ausbildung durch Entwicklung von Systemkomponenten für Internet-User, welche es ermöglichen, multimedial aufbereitete Inhalte online zu erlernen; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, die ein (Er-) Lernen von multimedial aufbereiteten Inhalten ermöglicht"

in das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung nach vorheriger Beanstandung durch eine Beamtin des höheren Dienstes mit Beschluß vom 28. Januar 2002 zurückgewiesen. Die angemeldete sloganartige Wortfolge sei zu übersetzen mit "Aufbereitung, Verarbeitung, Entwicklung Ihres Knowhows/Wissens" und stelle - wie auch die Ergebnisse einer Recherche der Markenstelle belegten - lediglich einen sprach- und werbeüblich gebildeten schlagwortartigen Hinweis auf den Gegenstand der von der Anmeldung erfaßten Dienstleistungen dar. Da es sich bei Englisch um die Fachsprache in der hier einschlägigen Informations- und Kommunikationsbranche handele und viele Wörter des angemeldeten Slogans bereits in die deutsche Umgangssprache eingegangen seien, werde der Werbespruch in seiner Bedeutung von den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres verstanden. Er bezeichne die Dienstleistungen, die der Aufbereitung, Zusammenführung und Vermittlung von Wissen, d. h. dem Wissensmanagement, dienten. Damit treffe das verwendete englische Wort "process" in seinen Bedeutungen das Wesentliche dieser Tätigkeiten.

Die schriftbildliche und farbliche Ausgestaltung der angemeldeten Kennzeichnung sei werbeüblich. Dem angemeldeten Zeichen fehle in Verbindung mit diesen Dienstleistungen daher jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zu deren Begründung wird vorgetragen, nach der Rechtsprechung des EuGH und EuG (insbesondere Urteil des EuG GRUR Int 2002, 590 "Das Prinzip der Bequemlichkeit") seien derartige Werbesprüche schutzfähig. Wesentlicher Bestandteil eines unverfälschten Wettbewerbssystems müsse die Möglichkeit sein, Kennzeichen zu schaffen, mit denen sich Waren/Dienstleistungen eines Betriebes von dem anderer Betriebe unterscheiden ließen. Da die angemeldete Marke nicht im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen oder ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur Bezeichnung der beanspruchten Dienstleistungen üblich geworden sei und die Wortfolge außerdem eine graphische Gestaltung durch die farbliche Hervorhebung des Wortes "your" aufweise, könne ihr die Eintragung nicht versagt werden.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber in der Sache nicht begründet. Die angemeldete Marke ist gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1, § 37 Abs. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, weil ihr für die Dienstleistungen der Anmeldung jegliche Unterscheidungskraft fehlt.

1. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden (vgl. BGH, GRUR 2001, 1150 "LOOK"; GRUR 2002, 64 "INDIVIDUELLE"). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Wortmarken nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen, wenn ihnen entweder ein im Hinblick auf die von der Anmeldung erfaßten Waren im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zukommt oder es sich um ein gängiges Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als individuelles Kennzeichnungsmittel verstanden wird (st. Rspr vgl. BGH GRUR 2001, 1150 "LOOK" m.w.N.; BGH GRUR 2001, 1042 "REICH UND SCHOEN"; BGH GRUR 2002, 64 f. "INDIVIDUELLE"). Von mangelnder Unterscheidungskraft ist somit vor allem bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art auszugehen. Grundsätzlich nicht unterscheidungskräftig werden des weiteren in der Regel längere Wortfolgen sein. Indizien für die Eignung, die Waren und Dienstleistungen eines bestimmten Anbieters von denen anderer zu unterscheiden, können dagegen Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz einer Wortfolge sein. Auch die Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit einer Werbeaussage kann einen Anhalt für eine hinreichende Unterscheidungskraft bieten (vgl. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 f. "Gute Zeiten - Schlechte Zeiten"; BGH GRUR 2002, 1070 "Bar jeder Vernunft"). Nach diesen Grundsätzen fehlt der angemeldeten Wortfolge für die Dienstleistungen der Anmeldung jegliche Unterscheidungskraft. Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat und auch die Anmelderin nicht in Frage stellt, ist die angemeldete Wortfolge mit "Aufbereitung, Verarbeitung, Entwicklung Ihres Knowhows/Wissens" oder etwa freier mit "Wir bereiten Ihr Knowhow auf", "Wir verarbeiten/entwickeln Ihr Wissen" zu übersetzen. Genau dies bezeichnet den Tätigkeitsbereich des eLearning und Wissensmanagements, in den die Dienstleistungen der Anmelderin fallen. Die Markenstelle hat bereits ausführlich und zutreffend erörtert, daß "Entwicklung von Lehr- und Unterrichtsmitteln" das Sammeln und Aufbereiten von Informationen umfaßt, die dann Inhalt von Lehrbüchern, Broschüren, Skripten, CDs, Videos usw. werden. Die Entwicklung eines Systems im Bereich der Telekommunikation, welches speziell zum Knowledge Marketing und Wissensmanagement genutzt wird, betrifft unmittelbar das Sammeln, die Verarbeitung und Aufbereitung von Wissen, ebenso wie Förderung von Erziehung und Ausbildung durch Entwicklung von Systemkomponenten, welche es ermöglichen, multimedial aufbereitete Inhalte online zu erlernen. Das Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, die ein (Er-) Lernen von multimedial aufbereiteten Inhalten ermöglicht, erfordert ebenfalls eine Aufbereitung und Entwicklung von Wissen. Auch können die Programme diesem Zweck dienen. Die angesprochenen Verkehrskreise werden deshalb in der angemeldeten Wortfolge, die aus englischen Wörtern besteht, welche Bestandteil der deutschen Umgangssprache sind bzw. den entsprechenden deutschen Wörtern sehr nahe kommen, lediglich eine rein sachbezogene werbliche Aussage sehen. Die angemeldete Kennzeichnung weist zudem keine ausgesprochene Kürze und Prägnanz auf. Auch der Satzbau beinhaltet keine Besonderheiten; die Bezeichnung ist vielmehr sprachüblich gebildet. Ebenso wenig ist eine Mehrdeutigkeit bzw Interpretationsbedürftigkeit zu erkennen. Die vermittelte Sachaussage ist klar erkennbar und von ihrem Inhalt eher schlicht. Die angemeldete Bezeichnung weist auch keine schutzbegründende grafische Ausgestaltung auf. Der von der Beschwerdeführerin hervorgehobene Umstand, daß das Wort "your" farblich hervorgehoben ist, wirkt nicht herkunftshinweisend, vielmehr wird dadurch lediglich unterstrichen, daß das Wissen des angesprochenen Kunden aufbereitet, verarbeitet bzw. entwickelt wird.

2. Diesem Ergebnis steht die Rechtsprechung des EuG und EuGH nicht entgegen. So stellen EuGH und EuG ebenso wie die nationale Rechtsprechung darauf ab, ob es sich um eine Wortfolge bzw. Wortzusammensetzung ohne jede grafische oder inhaltliche Änderung handelt, die keinerlei zusätzliches Merkmal aufweist, welches das Zeichen in seiner Gesamtheit geeignet erscheinen ließe, die Waren der Anmelderin von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. dazu EuGH GRUR 2003, 58 "Companyline" Tz. 21, 23). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Außerdem bildet die Gemeinschaftsregelung für Marken wegen der Einheitlichkeit der Gemeinschaftsmarke ein autonomes System, das aus einer Gesamtheit von Vorschriften und ihm eigenen Zielsetzungen besteht und dessen Anwendungvon jedem nationalen System grundsätzlich unabhängig ist (vgl. EuGH GRUR 2003, 58 "Companyline" Tz. 39; EuG GRUR Int. 2002, 600, Tz. 53 "ELLOS"; EuG MarkenR 2001, 36 Tz. 47 "electronica").

Dr. Ströbele Dr. Hacker Guth Bb Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/20685.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 22.04.2003
Az: 24 W (pat) 45/02


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