Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. April 2004
Aktenzeichen: 29 W (pat) 108/03

(BPatG: Beschluss v. 07.04.2004, Az.: 29 W (pat) 108/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Wortmarke Neues im Kabelwurde am 28. November 2000 unter der Nummer 300 14 186 für die Waren und Dienstleistungen der Klasse 16:

Druckereierzeugnisse;

Klasse 38:

Herausgabe und Verbreitung von Informationen in Form von Ton, Sprache, Bild und/oder Daten über Kabelfernsehen;

Klasse 41:

Erziehung, Ausbildung, Verbreitung von Informationen mittels Kabelfernsehenin das Markenregister eingetragen.

Mit Schriftsatz vom 13. August 2001 hat die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin die Löschung der Marke gemäß § 50 Abs 1 Nr 3 MarkenG beantragt. Die Markeninhaberin und Beschwerdeführerin hat der Löschung widersprochen. Mit Beschluss der Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. Februar 2003 wurde die Löschung der Marke angeordnet. Die Marke sei im Zeitpunkt ihrer Eintragung gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht schutzfähig gewesen. Diese Schutzhindernisse bestünden auch noch fort. Die Wortfolge bedeute in ihrer Gesamtheit "Bisher noch nicht Bekanntes im Kabelfernsehen" und beschreibe daher unmittelbar Art und Inhalt der für sie eingetragenen Waren und Dienstleistungen. Im hier maßgeblichen Medienbereich sei der Verkehr an viele vergleichbar gebildete Wortfolgen gewöhnt und erkenne daher in der Marke keinen Unternehmenshinweis. Angesichts des eindeutigen Aussagegehalts müsse die Wortfolge außerdem zum ungehinderten Gebrauch der Mitbewerber freigehalten werden.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, dass die Markenabteilung eine beschreibende Verwendung der Marke nicht habe nachweisen können. Der Begriff "Neues" sei mehrdeutig und könne sowohl im Sinne von Neuigkeiten und Nachrichten als auch als Hinweis auf neue Fernsehformate wie neue Shows, neue Serien, neue Sendungen oder neue Moderatoren, verstanden werden. In Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen weise die Marke daher keinen eindeutigen Aussagegehalt auf. Zu berücksichtigen sei außerdem, dass das angesprochene Publikum im Medienbereich Kennzeichnungen sehr bewusst wahrnehme. Dies habe auch der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs in seinen Schlussanträgen zur Schutzfähigkeit der Marke "SAT.2" bestätigt.

Die Markeninhaberin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Hilfsweise regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

Sie ist der Auffassung, dass die angegriffene Marke eine klare Sachaussage darstelle, die keinen Interpretationsspielraum zulasse. Sie bedeute in ihrer Gesamtheit "Neuigkeiten im Kabelfernsehen" und erschöpfe sich damit hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen in einer glatt beschreibenden Werbeanpreisung. Wie aus den von der Markenabteilung und vom Senat ermittelten Rechercheunterlagen ersichtlich, sei der Verkehr an zahlreiche Wortbildungen mit dem Bestandteil "Neues" gewöhnt und erkenne in der Marke daher keinen Unternehmenshinweis. Auf Grund des ausschließlich beschreibenden Aussagegehalts sei die Marke außerdem freihaltebedürftig.

II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Marke "Neues im Kabel" war im Zeitpunkt der Eintragung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG nicht schutzfähig. Dieses Schutzhindernis besteht auch noch fort (§ 50 Abs 1 Nr 3, Abs 2 S 1 MarkenG).

1. Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hierbei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Jede noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden. Einer Wortmarke fehlt nur dann die Unterscheidungskraft, wenn ihr ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann oder es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (stRspr; vgl BGH GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice). Dies gilt gleichermaßen für die Beurteilung von Wortfolgen. Auch insoweit ist zu prüfen, ob die Wortfolge einen ausschließlich produktbezogenen Aussagegehalt hat oder ob ihr darüber hinaus eine, wenn auch noch so geringe, Unterscheidungskraft für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zukommt. Mangelnde Unterscheidungskraft einer Wortfolge wird daher regelmäßig bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art angenommen (stRspr; vgl BGH GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft). Nach diesen Grundsätzen ist die angegriffene Marke als reine Sachaussage nicht schutzfähig.

2. Sinntragende Bestandteile der angegriffenen Marke sind die Wörter "Neues" und "Kabel". Der Begriff "Neues" ist im Sinne von "bisher noch nicht bekannt Gewesenes" als Synonym für neue Nachrichten gebräuchlich (vgl Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 4. Auflage 2001, CD-ROM). Das Wort "Kabel" ist im hier einschlägigen Medienbereich die gängige Kurzform für das Kabelfernsehen (vgl Duden aaO). Diese Bedeutungen lassen sich auch schon für den Zeitpunkt der Eintragung der Marke nachweisen (vgl Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in zehn Bänden, 3. Auflage, 1999, Band 5, S. 2022, und Band 6, S. 2728).

3. Die Verbindung der beiden Bestandteile durch die Präposition "im" ist sprachüblich gebildet. Die Recherche der Markenabteilung und des Senats hat zahlreiche entsprechend gebildete Wortfolgen ergeben, die in beliebigen Zusammenhängen verwendet werden, um auf das jeweils Neue in einem bestimmten Themenbereich oder Medium hinzuweisen, wie zB "Neues im Netz", "Neues im Stadtportal", "Neues im Shop", "Neues im WebOffice", "Neues im Kino", "Neues im Arbeitsschutz" (vgl die Suchergebnis in www.google.de zum Stichwort "Neues im"). Allen diesen Wortbildungen ist gemeinsam, dass die dem Wort "im" nachfolgende Sachangabe jeweils den Bereich des Neuen präzisiert.

4. Auf Grund der Üblichkeit solcher Wortfolgen zur schlagwortartigen Beschreibung von Neuigkeiten in einem bestimmten Themengebiet versteht das angesprochene Publikum auch die Marke "Neues im Kabel" lediglich in dieser beschreibenden Bedeutung. Hinsichtlich der Waren "Druckereierzeugnisse" erschöpft sich die Marke in der reinen Inhaltsangabe, dass diese sich mit Neuigkeiten im Kabelfernsehen, befassen. Wegen des engen sachlichen Zusammenhangs zwischen Printmedien und den Dienstleistungen ihrer Veröffentlichung und Herausgabe erschließt sich dieser beschreibende Bedeutungsgehalt auch unmittelbar in Verbindung mit den Dienstleistungen "Herausgabe und Verbreitung von Informationen in Form von Ton, Sprache, Bild und/oder Daten über Kabelfernsehen" (vgl BGH GRUR 2003, 342, 343 - Winnetou). Bezüglich der Dienstleistungen "Erziehung, Ausbildung, Verbreitung von Informationen mittels Kabelfernsehen" weist die Marke nur auf deren thematischen Gegenstand hin.

5. Auch unter Berücksichtigung der Schlussanträge des Generalanwalts des Europäischen Gerichtshofs vom 11. März 2004 in der Rechtssache C-329/02 - SAT.2 - ergibt sich nichts anderes. Die Bezeichnung "SAT.2" unterscheidet sich in der Art der Zusammensetzung deutlich von der hier zu beurteilenden Marke, weil sie eine Zahl enthält. Auf Grund der Tatsache, dass Zahlen vielfältig zur Kennzeichnung unterschiedlichster Produkte verwendet werden, kommt der Generalanwalt daher zu dem Ergebnis, dass der Marke "SAT.2" in ihrer Gesamtheit nicht ohne weiteres die Unterscheidungskraft abgesprochen werden könne. Für die Beurteilung der Marke "Neues im Kabel" ergeben sich daraus aber keine neuen Gesichtspunkte.

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BPatG:
Beschluss v. 07.04.2004
Az: 29 W (pat) 108/03


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