Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Februar 2009
Aktenzeichen: 14 W (pat) 44/05

(BPatG: Beschluss v. 17.02.2009, Az.: 14 W (pat) 44/05)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Mit Beschluss vom 22. Juni 2005 hat die Prüfungsstelle für Klasse C 03 B des Deutschen Patentund Markenamts die Patentanmeldung 103 44 441.6 - 45 mit der Bezeichnung

"Verfahren zum Herstellen von gewalzten Glasoder Glaskeramikplatten mit partiell umgeformten Teil-Bereichen"

zurückgewiesen.

Die Zurückweisung ist u. a. auf die Druckschrift

(1) DE 199 06 911 C1 gestützt und im Wesentlichen damit begründet, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht patentfähig sei. Aus dieser Druckschrift, die ein Verfahren zum Herstellen von gewalzten Glasoder Glaskeramikplatten mit partiell umgeformten Teilbereichen beschreibe, kenne der Fachmann Höhenabstufungen in der Oberfläche der gewalzten Platte, wobei er ohne Weiteres darunter Randausbildungen und/oder Vertiefungen oder Erhebungen verstehe.

Gegen diesen Beschluss der Prüfungsstelle hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Sie verfolgt ihr Patentbegehren mit Patentanspruch 1 vom 3. September 2004 und den ursprünglich eingereichten Patentansprüchen 2 bis 15 gemäß Hauptantrag und weiter gemäß Hilfsantrag mit dem in der mündlichen Verhandlung übergebenen Anspruch 1 sowie den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 2 bis 15.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag hat folgenden Wortlaut:

"Verfahren zum Herstellen von gewalzten Glasplatten oder daraus keramisierten Glaskeramikplatten mit partiell umgeformten Teilbereichen in Form von Randausbildungen und/oder mit Kennzeichnungen für eine Benutzerführung, dadurch gekennzeichnet, dass bei der Formgebung der Glasplatte während des Walzvorganges durch entsprechend strukturierte Walzen Randausbildungen und/ oder tastbare Benutzerführungsstrukturen in Form von entsprechend strukturierten Vertiefungen und Erhebungen in die Glasplatte auf deren betrieblichen Oberseite eingewalzt werden.

Im Kennzeichen des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag sind im Unterschied zum Anspruch 1 des Hauptantrags die Worte "Randausbildungen und/oder" gestrichen, so dass das beanspruchte Verfahren lediglich noch auf die Ausbildung tastbarer Benutzerführungsstrukturen gerichtet ist.

Wegen des Wortlauts der jeweils rückbezogenen Ansprüche 2 bis 15 wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

Die Anmelderin ist der Auffassung, der Kern der vorliegenden Anmeldung sei ein Verfahren zum Erzeugen filigraner Strukturen auf der Oberseite der Glasplatten. Die von der Anmelderin selbst in der Beschreibungseinleitung gewürdigte Entgegenhaltung (1) lege aber weder die Übertragung des dort beschriebenen Verfahrens zum Einbringen von Höhenabstufungen in eine Glasplatte zur Anbringung filigraner Strukturen nahe, noch rege es die Ausbildung tastbarer Benutzerführungsstrukturen an. Mit der Fassung des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag werde das beanspruchte Verfahren ausschließlich auf die erfinderische Erzeugung filigraner Benutzerführungsstrukturen gerichtet.

Sie beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent zu erteilen auf der Grundlage des Patentanspruchs 1 vom 3. September 2004 sowie der ursprünglichen Patentansprüche 2 bis 15 und angepasster Beschreibung, überreicht in der mündlichen Verhandlung sowie Zeichnungen gemäß Offenlegungsschrift, hilfsweise mit Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag und angepasster Beschreibung, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung, im Übrigen wie Hauptantrag.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II 1.

Die Beschwerde ist zulässig (§ 73 PatG), jedoch nicht begründet.

2.

Bezüglich ausreichender Offenbarung des Gegenstandes nach den Patentansprüchen 1 bis 15 des Hauptund Hilfsantrags bestehen keine Bedenken. Mit Ausnahme des überarbeiteten Anspruchs 1, dessen im Prüfungsverfahren zusätzlich aufgenommene Merkmale der ursprünglichen Beschreibung zu entnehmen sind (vgl. S. 4, Abs. 2 und S. 4, Abs. 5 bis S. 5, Abs. 1), handelt es sich um die ursprünglich eingereichten Ansprüche.

3.

In der Fassung des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag hat die Anmelderin das im Anspruch 1 des Hauptantrags enthaltene Merkmal einer Randausbildunggestrichen. Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 des Hilfsantrags ist somit gegenüber der Druckschrift (1) neu; weitere Ausführungen hierzu erübrigen sich jedoch, da es nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

Aufgabe der vorliegenden Anmeldung ist es, ein Verfahren zum Herstellen von gewalzten Glasoder Glaskeramikplatten mit partiell umgeformten Teilbereichen so zu führen, dass auf wirtschaftliche Weise gewalzte Glas-/Glaskeramikplatten mit Randverdickungen und/oder tastbaren Kennzeichnungen und Führungselementen für eine Benutzerorientierung herstellbar sind (Abs. 0013 der Offenlegungsschrift).

Zur Lösung schlägt die Anmelderin gemäß Anspruch 1 des Hauptund Hilfsantrags vor, das Verfahren zum Herstellen von gewalzten Glasplatten nach dem Oberbegriff des Anspruchs so zu führen, dass bei der Formgebung der Glasplatte während des Walzvorganges durch entsprechend strukturierte Walzen tastbare Benutzerführungsstrukturen in Form von entsprechend strukturierten Vertiefungen und Erhebungen in die Glasplatte auf deren betrieblicher Oberseite eingewalzt werden. Im Anspruch 1 gemäß Hauptantrag ist alternativ noch eine weitere Verfahrensvariante angegeben.

Als nächst liegender Stand der Technik ist die Entgegenhaltung (1) anzusehen. Darin wird ein Verfahren zum Herstellen einer Glaskeramikplatte mit einer Höhenabstufung in der Oberfläche beschrieben, die bereits beim Walzvorgang der Glasplatte in die Glasplatte eingearbeitet wird (Anspr. 1). Die Höhenabstufung kann so ausgebildet sein, dass sie eine in sich geschlossene Abstufung, die unter anderem eine vertiefte Fläche umschließt, darstellt und damit einer Randausbildung entspricht (Anspr. 4). Anstelle einer Randausbildung kann aber auch ein das Bedienpaneel von der Kochzone abgrenzender, erhabener Steg in die Plattenoberfläche eingewalzt werden (Sp. 3, Z. 23 bis 27). Es wird hierzu eine entsprechend strukturierte Walze eingesetzt, nämlich eine solche, die in Umlaufrichtung mit einer Nut versehen ist (Sp. 3, Z. 27 bis 32). Der das Kochfeld vom Bedienpaneel trennende Steg wird zwar in (1) nicht als Führungselement für eine Benutzerführung bezeichnet, aber er zeigt dem Benutzer unzweifelhaft die Aufteilung der Glasplatte in die beiden Funktionsbereiche an, ist tastbar und dient damit der Benutzerführung (Sp. 1, Z. 15 bis 26).

Die Anmelderin hat hierzu eingewandt, als Benutzerführungsstrukturen seien bislang jedoch lediglich sichtbare Strukturen eingesetzt worden, die beispielsweise durch Aufdrucken angebracht worden seien. Deshalb könne der Entgegenhaltung auch keine Anregung entnommen werden, diese durch tastbare Strukturen zu ersetzen. Diesem Einwand kann nicht gefolgt werden. Zum Einen wird in der Druckschrift (1) selbst zwischen Höhensprüngen und Feinstrukturen, die der Glaskeramikplatte ein mattes Oberflächenbild verleihen sollen, unterschieden. Die Feinstrukturen ändern die grundsätzliche Plattendicke nicht (Sp. 3, Z. 60 bis 66). Die im Zusammenhang mit der Beschreibung der Entgegenhaltung (1) genannten Strukturen beziehen sich jedoch ausdrücklich auf solche, mit denen Höhensprünge in die Plattenoberfläche eingearbeitet werden, die die Plattendicke folglich verändern, tastbar sind und damit auch geeignet sind, Führungsfunktion zu übernehmen (Sp. 3, Z. 57 bis 60). Zum Anderen ist es in Kenntnis der Entgegenhaltung (1) naheliegend, sichtbare Benutzerführungselemente durch tastbare zu ersetzen, denn tastbare Benutzerführungselemente haben bereits in vielen Bereichen des täglichen Lebens, z. B. auf Medikamentenverpackungen, Eingang gefunden, um insbesondere blinden Menschen einen selbständigen Umgang mit den Gebrauchsgegenständen des Alltags zu ermöglichen.

Auch der Einwand der Anmelderin, wonach nicht habe erwartet werden können, dass ein Übertragen des bekannten Verfahrens auch die Erzeugung besonders filigraner Strukturen erlaube, kann zu keiner anderen Beurteilung führen. Weder sind besonders filigrane Strukturen selbst in den ursprünglichen Unterlagen erwähnt, noch sind in der Anmeldung technische Mittel angegeben, die ihre Erzeugung im Unterschied zum Stand der Technik (1) ermöglichen.

Das Verfahren gemäß Anspruch 1 des Hauptund Hilfsantrags beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, der Anspruch ist somit nicht gewährbar.

4. Die auf den Patentanspruch 1 nach Hauptund Hilfsantrag rückbezogenen Ansprüche 2 bis 15 teilen das Schicksal des Anspruchs 1 (BGH "Elektrisches Speicherheizgerät" GRUR 1997, 120).

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Az: 14 W (pat) 44/05


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