Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 10. Dezember 2007
Aktenzeichen: AnwZ(B) 5/07

(BGH: Beschluss v. 10.12.2007, Az.: AnwZ(B) 5/07)

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen die Beschlüsse des 2. Senats des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofs vom 6. November 2006 (AGH 9/06 und AGH 25/06 (II20)) wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wurde am 22. Januar 2002 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen; seit dem 17. September 2003 ist er als Rechtsanwalt bei dem Amtsgericht und bei dem Landgericht H. zugelassen. Die Antragsgegnerin widerrief die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft mit Verfügung vom 24. Februar 2006 nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls und nochmals mit Verfügung vom 23. Juni 2006 nach § 14 Abs. 2 Nr. 6 BRAO a.F. wegen Aufgabe der Kanzlei.

Der Anwaltsgerichtshof hat die Anträge auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers. Der Senat hat die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Der Antragsteller ist der mündlichen Verhandlung ohne Entschuldigung ferngeblieben und war auch nicht vertreten.

II.

Das Rechtsmittel des Antragstellers ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Antragsgegnerin hat die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft mit Recht wegen Vermögensverfalls widerrufen (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Es kommt deshalb nicht darauf an, ob auch die spätere Widerrufsverfügung wegen Aufgabe der Kanzlei Bestand hat.

Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen waren bei Erlass der Widerrufsverfügung erfüllt und liegen weiterhin vor.

1. Ein Vermögensverfall ist gegeben, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen; Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (st.Rspr.; vgl. Senatsbeschluss vom 25. März 1991 - AnwZ(B) 73/90, BRAK-Mitt. 1991, 102; Senatsbeschluss vom 21. November 1994 - AnwZ(B) 40/94, BRAK-Mitt. 1995, 126).

Die Antragsgegnerin hat ihre Widerrufsverfügung vom 24. Februar 2006 auf eine Vielzahl von Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Antragsteller gestützt, insbesondere auf eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Finanzamts H. wegen Abgabenrückständen, die sich auf mindestens 9.979,94 € beliefen, auf Beitragsrückstände des Antragstellers gegenüber der Rechtsanwaltsversorgung Niedersachsen in Höhe von 8.609,53 €, auf einen Vollstreckungsauftrag über 5.222,28 € aufgrund eines (noch nicht rechtskräftigen) Vollstreckungsbescheids des Amtsgerichts U. , sowie auf 14 weitere Vollstreckungsaufträge wegen kleinerer Forderungen. Im Hinblick auf diese Vollstreckungsmaßnahmen sind die Antragsgegnerin und der Anwaltsgerichtshof mit Recht davon ausgegangen, dass der Antragsteller im Zeitpunkt der Widerrufsverfügung in Vermögensverfall geraten war. Dagegen bringt der Antragsteller im gerichtlichen Verfahren nichts vor. Er hat weder seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung noch seine sofortige Beschwerde begründet.

Die Vermögensverhältnisse des Antragstellers haben sich auch nicht nachträglich konsolidiert, was im laufenden Verfahren noch zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356). Dem steht bereits entgegen, dass der Antragsteller nach der Mitteilung des Amtsgerichts H. am 5. Februar 2007 die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat und in das Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts H. eingetragen worden ist; die dadurch nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO begründete gesetzliche Vermutung für den Vermögensverfall des Antragstellers hat dieser nicht widerlegt.

2. Wie der Bestimmung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zu entnehmen ist, geht der Gesetzgeber grundsätzlich von einer Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden aus, wenn sich der Rechtsanwalt in Vermögensverfall befindet; dies ist auch in aller Regel der Fall, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Fremdgeldern und den darauf möglichen Zugriff von Gläubigern. Anhaltspunkte dafür, dass eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall des Antragstellers ausnahmsweise verneint werden kann, sind nicht ersichtlich. Vielmehr deuten die in der Widerrufsverfügung aufgeführten Strafverfahren gegen den Antragsteller auf eine solche Gefährdung hin. Auch dagegen bringt der Antragsteller im gerichtlichen Verfahren nichts vor.

Hirsch Ernemann Frellesen Schaal Hauger Kappelhoff Stüer Vorinstanz:

AGH Celle, Entscheidung vom 06.11.2006 - AGH 25/06 (II20) -






BGH:
Beschluss v. 10.12.2007
Az: AnwZ(B) 5/07


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