Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 5. Februar 2001
Aktenzeichen: 13 A 3696/00

(OVG Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 05.02.2001, Az.: 13 A 3696/00)

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt die Klägerin.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 250.000,-- DM festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Der geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils ist nicht gegeben.

Zulassungsbegründende Richtigkeitszweifel liegen nur dann vor, wenn sie hinsichtlich des vorinstanzlichen Entscheidungsergebnisses bestehen. Die Richtigkeitsprüfung im Rahmen des Zulassungsverfahrens ist vom Rechtsmittelgericht anhand der vom Rechtsmittelführer vorgebrachten Angriffe gegen die vorinstanzliche Entscheidung vorzunehmen. Das folgt aus dem Darlegungsgebot des § 124a Abs. 1 Satz 4 VwGO und dem von der Rechtsprechung entwickelten Grundsatz, dass nach Ablauf der Antragsfrist aus § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO vorgebrachten Zulassungsgründe nicht berücksichtigungsfähig sind,

vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 24. April 1998 - 24 B 236/98 -; Hess VGH, Beschluss vom 10. Dezember 1992 - 13 UZ 2020/92 -; VGH BW, Beschluss vom 5. Mai 1997 - 6 S 708/97 -, VBl. BW 1997, 381; Sodan/Ziekow, VwGO, § 124a Rdn. 33,

sowie der Erwägung, dass das Zulassungsverfahren aus Gründen der Beschleunigung und Entlastung nicht bereits die vollumfängliche Rechtsprüfung eines Berufungsverfahrens vorwegnehmen und ersetzen kann.

Der Senat hat unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der die Klage abweisenden Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Die Fortsetzungsfeststellungsklage war auf jeden Fall unabhängig von der Frage, ob sich die Klägerin auf ein subjektiv-öffentliches Recht berufen kann, aus den überzeugenden zutreffenden Gründen des erstinstanzlichen Urteils unbegründet.

Zur Begründung der streitbefangenen Frage nach einer Verpflichtung der Regulierungsbehörde (BMPT bzw. RegTP) zur Durchführung der Entgeltkontrolle für die Bereitstellung von Teilnehmerdaten durch die Beigeladene stützt sich die Klägerin auf § 30 und § 33 Abs. 2 TKG.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die - klaren und eindeutigen - Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 des § 30 TKG nicht vorliegen. Ferner hat das Verwaltungsgericht überzeugend ausgeführt, dass eine analoge Anwendung des § 30 Abs. 2 i.V.m. § 25 Abs. 2 TKG nicht erfolgen kann. Weder liegt eine ausfüllungsbedürftige Gesetzeslücke vor noch gebietet der Gesetzeszweck des § 1 TKG eine Ausweitung der Expost-Regulierung auf Leistungen, die keine Telekommunikationsdienstleistungen im Sinne der Definition des § 3 Nr. 18 TKG sind. Das Telekommunikationsgesetz setzt sektorspezifisches Wettbewerbsrecht und ist hinsichtlich seines Anwendungsbereichs in Abgrenzung zum allgemeinen Wettbewerbsrecht durch eindeutige Begriffsdefinitionen gekennzeichnet. Dem entsprechend erfasst die Entgeltregulierung des Dritten Teils des Telekommunikationsgesetzes nur Entgelte oder entgeltrelevante Bestandteile der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die dort unter Anwendung der jeweiligen Legaldefinitionen enummerativ aufgezeigten Leistungen. Der hier zur entgeltmäßigen Regulierung nur in Betracht kommende Bereich der Telekommunikationsdienstleistungen ist durch das Gesetz eindeutig definiert, was einer erweiternden Begriffsanwendung oder einer analogen Anwendung des § 30 Abs. 2 TKG auf Vorprodukte für Telekommunikationsdienstleistungen nicht zulässt. Dies wird für die hier zu betrachtende Leistung der Bereitstellung von Teilnehmerdaten noch dadurch bestätigt, dass §§ 30 Abs. 2, 25 Abs. 2 TKG eine Expost-Kontrolle der Entgelte für Telekommunikationsdienstleistungen am Maßstab des § 24 vorsehen, der in seinem Absatz 1 eine Orientierung der Entgelte an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung gebietet und in seinem Absatz 2 näher qualifizierte Aufschläge und Abschläge sowie Einzelvorteilsgewährungen verbietet. § 12 Abs. 1 Satz 2 TKG bestimmt dagegen als Entgeltmaßstab für die Bereitstellung von Teilnehmerdaten die Kosten der effizienten Bereitstellung und stellt damit eine eigenständige und weniger strenge Regelung dar, auf die §§ 30 Abs. 2, 25 Abs. 2 TKG gerade nicht Bezug nehmen. Es besteht auch unter Rechtsschutzaspekten kein Bedarf für eine analoge Anwendung der vorgenannten Regelungen auf das von der Beigeladenen zu liefernde Vorleistungsprodukt für eine Telekommunikationsdienstleistung nach § 1 Nr. 2 Buchst.a TUDLV, weil der hier zu betrachtende, der Entgeltkontrolle nach dem Telekommunikationsgesetz nicht unterliegende Leistungsbereich vom Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen erfasst wird und ggf. der allgemeinkartellrechtlichen Preismissbrauchsaufsicht des Bundeskartellamts unterliegt. Dass die dahingehende rechtspolitische Entscheidung des Gesetzgebers trotz des gesetzlich vorgesehenen Zusammenwirkens des Bundeskartellamtes und der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post zu einem Rechtsschutzdefizit führt, ist nicht erkennbar.

Eine Verpflichtung der Regulierungsbehörde zum entgeltregulierenden Einschreiten gegen die Beigeladene ergab sich auch nicht aus § 33 Abs. 2 TKG. Dabei kann offen bleiben, ob eine besondere Missbrauchsaufsicht mit dem Ziel der Entgeltregulierung neben den speziellen Regelungen des Dritten Teils des Telekommunikationsgesetzes überhaupt in Betracht kommt und ob ein Einschreiten nach § 33 Abs. 2 TKG - über den eindeutigen Wortlaut des Absatzes 1 hinausgehend - auch wegen eines Verstoßes des Marktbeherrschers gegen andere Regelungen des Telekommunikationsgesetzes als das Gebot der internen und externen Gleichbehandlung möglich ist. Jedenfalls aber stünde selbst bei Bejahung dessen das Einschreiten der Regulierungsbehörde in ihrem pflichtgemäßen Ermessen. Im Rahmen der Fortsetzungsfeststellungsklage könnte eine Verpflichtung der Beklagten zur Entgeltregulierung im Wege besonderer Missbrauchsaufsicht nur dann festgestellt werden, wenn das Ermessen auf eine einzige denkbare rechtmäßige Entscheidung reduziert gewesen wäre, und zwar auf eine Beanstandung des von der Beigeladenen verlangten Entgelts und auf die Auflage zur Abgabe eines Angebotes mit einem an den effizienten Bereitstellungskosten orientierten Entgelt. Eine solche Ermessensreduzierung ist jedoch weder von der Klägerin dargelegt worden noch sonst erkennbar. Abgesehen davon, dass ein den Gesetzesvorgaben des Telekommunikationsgesetzes nicht entsprechendes, aber unter Wahrung des internen und externen Gleichbehandlungsgebots verlangtes Entgelt nicht per se einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung darstellt, ließe sich gegen ein Einschreiten der Regulierungsbehörde im Wege der besonderen Missbrauchsaufsicht die sachlich vertretbare Erwägung angeführen, dass die vom Wettbewerber letztlich erstrebte Entgeltregulierung bei fehlender Zuständigkeit der Regulierungsbehörde nach § 30 Abs. 2 TKG und unstreitig nicht vorliegender interner und externer Ungleichbehandlung durch den Marktbeherrscher von der insoweit zuständigen allgemein- kartellrechtlichen Preismissbrauchsaufsicht in hinreichender Weise durchgeführt werden kann.

Der weiter geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache greift schon deshalb nicht durch, weil er nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 1 Satz 4 VwGO genügend dargelegt ist. Die Klägerin zeigt bereits keine in der Berufung klärungsbedürftige und klärungsfähige über ihren Einzelfall hinausgehende, verallgemeinerungsfähige Frage tatsächlicher oder rechtlicher Art auf, deren Beantwortung der Rechtsvereinheitlichung und/oder Rechtsfortbildung dienlich wäre. Sollte sie die Frage nach einer entsprechenden Anwendung des § 30 Abs. 2 TKG auf das Vorprodukt der Bereitstellung von Teilnehmerdaten für die Erbringung einer Telekommunikationsdienstleistung im Sinne des § 1 Nr. 2 Buchst.a TUDLV oder die Frage nach der Anwendbarkeit des § 33 Abs. 2 TKG auf Verstöße gegen Entgeltregelungen stellen wollen, beantworteten sich diese Fragen unmittelbar aus dem Gesetz oder käme es auf sie nicht an. Soweit die Beklagte in ihrer Antragserwiderung weiter gehend aus ihrer Sicht grundsätzlich klärungsbedürftige Fragen aufzeigt, ist auf diese nicht einzugehen, weil die Zulassungsgründe als Gegenstand des Zulassungsverfahrens vom Rechtsmittelführer, nicht aber vom Rechtsmittelgegner darzulegen sind.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO und §§ 13 Abs. 1, 14 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.






OVG Nordrhein-Westfalen:
Beschluss v. 05.02.2001
Az: 13 A 3696/00


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