Amtsgericht München:
Urteil vom 31. März 2010
Aktenzeichen: 161 C 15642/09
(AG München: Urteil v. 31.03.2010, Az.: 161 C 15642/09)
Tenor
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1.470,60 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 6.5.09 zu bezahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf EUR 1.470,60 festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten die Zahlung von € 820,- als Schadenersatz nach einer Urheberrechtsverletzung durch die Nutzung eines Kartenausschnitts im Internet sowie die Erstattung von € 555,60 für vorgerichtliche Anwaltskosten für die Abmahnung und von € 95,- Dokumentationskosten.
Die Klägerin veröffentlicht im Internet Kartographien diverser Städte, so unter anderem von München (vgl. Anlage K 11), an denen sie die ausschließlichen Nutzungsrechte hat. Benutzer der klägerischen Internetseite www...de können diese Kartographien abfrufen und im Rahmen dieser URL kostenlos nutzen. Außerdem bietet die Klägerin den Erwerb von Nutzungsrechten an den einzelnen Kartographiekacheln an. Die Erwerber können die Kartenausschnitte sodann nach Zahlung einer Lizenz auf den eigenen Homepages nutzen. Die entsprechenden Nutzungsverträge und AGB sind auf der Seite www...de im Internet abrufbar.
Der Beklagte ist Inhaber der Homepage seiner Firma www...de. Auf dem Server dieser Homepage war ein durch den Beklagten eingestellter Kartenausschnitt
von München (Anlage K 12) mit einer Größe von bis zu DIN A 6 abzurufen, ohne dass der Beklagte die Nutzungsrechte an dem entsprechenden Kartenausschnitt erworben hatte. Für die Dokumentation des Verstoßes musste die Klägerin € 95,- aufwenden. Mit anwaltlichem Schreiben vom 25.11. 2008 ließ die Kläger in den Beklagten wegen es streitgegenständlichen Verstoßes abmahnen und zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe von € 820,-, € 95 Dokumentationskosten und € 555,60 vorgerichtlicher Anwaltskosten auffordern.
Die Klägerin meint, auch wenn der auf dem Server der Homepage hinterlegte Kartenausschnitt nicht mehr mit der aktuellen Homepage verlinkt war, läge ein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne von § l9a UrhG vor, da der Kartenausschnitt mittels einer Suchmaschine ohne weiteres auffindbar war. Die Kläger in trägt vor, die angemessene Lizenz betrage für die Nutzung € 820,-, für die Abmahnung seien Anwaltskosten in Höhe von € 555,60 angefallen. Ob diese bezahlt seien, spiele keine Rolle, da sich der ursprünglich bestehende Freistellungsanspruch durch die Weigerung des Beklagten zu zahlen in einen Erfüllungsanspruch umgewandelt habe.
Die Klägerin beantragt daher:
Der Beklagte wir verurteilt, an die Klägerin € 1.470,60 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheides zu zahlen.
Der Beklagte beantragt:
Klageabweisung
Der Beklagte meint, ein öffentliches Zugänglichmachen läge nicht vor, da der Beklagte 2005 nach einer entsprechenden Abmahnung der Klägerin den Link zu dem Kartenausschnitt entfernt habe. Dass er auch die Karte selbst hätte löschen müssen, habe er nicht gewusst. Da man sich 2005 einvernehmlich auf einen pauschalen Schadenersatz geeinigt habe, sei eine abschließende Regelung getroffen worden. Der geltend gemachte Schadenersatz sei vorliegend nicht angemessen, da mangels Verlinkung eine Nutzung nicht erfolgt sei.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Gründe
Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet, da die Klägerin gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung des geltend gemachten Schadenersatz gemäß § 97 I 1 UrhG in Höhe der geltend gemachten Lizenzgebühr wegen der unberechtigten Verwendung des streitgegenständlichen Stadtplanausschnitts, auf Erstattung der Anwaltskosten für die Abmahnung sowie der Dokumentationskosten hat.
1. Der streitgegenständliche Stadtplan weist die für den Urheberrechtsschutz
erforderliche Werkqualität auf, § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG. Die Anforderungen an die schöpferische Eigentümlichkeit sind insoweit bei kartographischen Gestaltungen nicht zu hoch anzusetzen (vgl. BGH Urteil vom 23.06.2005, Az. I ZR 161/02). Die kartographische Gestaltung des streitgegenständlichen Stadtplanausschnittes von München erfüllt die Mindestanforderungen an die schöpferische Eigentümlichkeit insbesondere im Hinblick auf die Auswahl, Generalisierung, Farbgebung, Beschriftung und Symbolgebung. Er unterscheidet sich aufgrund seiner Gestaltung damit deutlich von den Stadtplänen anderer Verlage und weist eine charakteristische Handschrift oder auch einen typischen "Duktus" auf.
2. Der Beklagte hat durch das Hinterlegen des in der Anlage K 12 wiedergegebenen Kartenausschnittes auf dem Server das ausschließliche Nutzungsrecht der Klägerin verletzt und sich deshalb gemäß § 97 UrhG schadensersatzpflichtig gemacht, da er auf diese Weise den streitgegenständlichen Ausschnitt öffentlich zugänglich im Sinne des § 19a UrhG gemacht hat.
Zugänglichmachen setzt nur voraus, dass Dritten der Zugriff auf das geschützte Werk eröffnet ist. Dies ist durch das Hinterlegen der Karte auf dem der Öffentlichkeit zugänglichen Teil des Servers erfüllt, auch wenn der Beklagte nach der voran gegangenen Abmahnung den direkten Link zu seiner Homepage gelöscht hat. Der Klägerin war es jedenfalls unstreitig möglich, die Karte mit einer entsprechenden Suchmaschine zu finden.
Der Beklagte hat auch schuldhaft gehandelt. Dass ihm nicht bewusst gewesen sein mag, dass das Löschen Links nicht ausreichend ist, ändert an der Fahrlässigkeit seines Handelns nichts. Hier hatte der Beklagte sich entsprechend kundig machen und auch die Karte selbst löschen müssen.
So liegt nicht nur ein andauernder Eingriff in die Nutzungsrechte der Klägerin und damit der geltend gemachte Schadenersatzanspruchanspruch nach § 97 a UrhG vor, sondern auch ein Verstoß gegen die von dem Beklagten selbst vorgetragene Unterlassungsverpflichtung gegenüber der Klägerin.
3. Der Beklagte ist daher verpflichtet, der Klägerin den entstandenen Schaden nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie zu ersetzen. Maßgeblicher Ausgangspunkt ist dabei die Größe des von dem Beklagten genutzten Ausschnitts, der hier die kleinstmögliche Größe hat.
Aus den von der Klägerin vorgelegten Nutzungsbedingungen (Anlage K 18) ergibt sich, dass die Klägerin für eine gewerbliche Nutzung bei einfacher Nutzungslizenz für eine Kartengröße bis DIN A 6 € 820,- verlangt. Der Beklagte
hat nichts dazu vorgetragen, warum diese Lizenzgebühr, die die Klägerin unstreitig regelmäßig verlangt und am Markt durchsetzt, nicht angemessen sein
soll. Dass der Beklagte den Kartenausschnitt nicht mehr mit seiner aktuellen Homepage verlinkt hatte, ändert an dem Anspruch der Klägerin nichts, da sie für ein hinterlegen der Karte auf dem Server einer Homepage keine anderen Lizenzen anbietet. Hinzu kommt, dass nach dem unstreitigen Vortrag der Klägerin dieser Preis dem entspricht, der auch von anderen Verlagen für Karten vergleichbarer kartographischer Qualität verlangt wird. Damit hat die Klägerin gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von € 820,-.
4. Die Klägerin hat gegen den Beklagte darüber hinaus einen Anspruch auf Erstattung der ihr für die Abmahnung entstandenen Anwaltskosten in Höhe von € 555,60. Dass die Klägerin diese Kosten noch nicht an ihre anwaltliche Vertreterin gezahlt hat, steht dem Anspruch nicht entgegen, da sich durch die Weigerung des Beklagten, die Anwaltskosten zu bezahlten, der ursprünglich in Form eines Freistellungsanspruches bestehende Schadenersatzanspruch in einen Zahlungsanspruch umgewandelt hat. Darüber hinaus hat die Klägerin gegen den Beklagten eine Anspruch der ihr für die Dokumentation entstandenen Kosten in Höhe von € 95,-.
Damit hat die Klägerin gegen den Beklagten einen Schadensersatzanspruch aus § 97 I, II UrhG auf Bezahlung von € 820,- als Lizenz für die unberechtigte Nutzung der streitgegenständlichen Karte, € 555,60 vorgerichtlicher Anwaltskosten und € 95,- Dokumentationskosten.
Die Nebenforderungen gründen sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 709 ZPO.
AG München:
Urteil v. 31.03.2010
Az: 161 C 15642/09
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