Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. Februar 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 54/03
(BPatG: Beschluss v. 16.02.2005, Az.: 32 W (pat) 54/03)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Oktober 2002 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.
Gründe
I.
Die Wortmarke CARACCIOLA ist für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 9, 12, 14, 16, 18, 21, 24, 25, 27, 28, 32, 35, 38, 41 und 42 zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Mit Beschluß vom 7. Oktober 2002 hat die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts, besetzt mit einer Beamtin des höheren Dienstes, die Anmeldung teilweise, und zwar für die Waren und Dienstleistungen
"Magnetaufzeichnungsträger; Schallplatten; Kinofilme, Heimkinofilme, Filme, bespielte Vinylplatten; Audiobänder, Audiovideobänder, Audiovideokassetten, Audiovideodisks, DVD«s (Digitale Versatile Disk), andere bespielte Ton-, Bild- und Tonbildträger; CD-I; Audio- und Video-Compact-Discs; Broschüren, die zusammen mit Audiobändern als Einheit verkauft werden, Videospielkassetten; Druckereierzeugnisse, einschließlich Bücher, Comic-Hefte, Kinderbücher, Magazine, Zeitschriften und Zeitungen, Malbücher, Kinder-Aktionsbücher, Fotografien; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Dienstleistungen auf dem Gebiet der Erziehung, nämlich Produktion und Ausstrahlung von Unterrichtsfernsehprogrammen und -filmen; Erziehung, Ausbildung; Produktion von Kino- und TV-Filmen, Werbefilmen, Dokumentationen und Berichten"
wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs 1, 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG zurückgewiesen. Auch bestehe an der Verwendung des angemeldeten Begriffs ein Freihaltebedürfnis iSd § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG. Bei "CARACCIOLA" handle es sich um den Familiennamen von C... (geb. 1901, gest. 1959), eines berühmten Autorennfahrers, der an nationalen und internationalen Autorennen teilgenommen habe. In Hinblick auf die Entscheidungen des Bundespatentgerichts "Fr. Marc" (BPatGE 42,275 ff.) und "Winnetou" (BPatGE 42, 251 ff.) müsse an Namen von bekannten Persönlichkeiten ein Freihaltebedürfnis angenommen werden, wenn sich das angemeldete Zeichen auf Waren bezieht, für die sie inhaltsbeschreibend wirken können.
Die Anmelderin hat die angemeldete Marke hinsichtlich aller beanstandeten Waren abgeteilt und gegen den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss hinsichtlich des durch den Teilungsantrag abgetrennten Teils der Anmeldung aufzuheben.
Zur Begründung führt sie im wesentlichen aus, die angesprochenen Verkehrskreise könnten entgegen der Annahme der Markenstelle mit der Bezeichnung "Caracciola" nichts anfangen. Da C... bereits 1959 gestorben sei, wür- den allenfalls die über 50-jährigen eigene Erinnerungen mit dem Namen verbinden. Der Rennsport und die ihn prägenden Persönlichkeiten seien bis zu den Erfolgen von Sch... nur einem kleinen Kreis von Eingeweihten be- kannt gewesen. Auch sei Caracciola ein bekannter italienischer Familienname. Im Hinblick auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen als allgemeine Gebrauchsgüter zähle schließlich zum beteiligten Verkehr nicht ein exklusiver Kreis hochqualifizierter Fachleute, sondern die Gesamtbevölkerung.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Nach Auffassung des Senats stehen der Eintragung der angemeldeten Marke für die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht entgegen.
Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hierbei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren bzw Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st Rspr; vgl BGH GRUR 1999, 1089, 1091 - YES, GRUR 2001, 1151 - marktfrisch).
Wie von der Markenstelle zutreffend festgestellt, stimmt die angemeldete Marke mit dem Familiennamen eines der bekanntesten deutschen Autorennfahrers C... überein, der 1901 geboren wurde und 1959 verstorben ist. Wenn- gleich der Name dieses Rennfahrers insbesondere mit den berühmten Silberpfeilen von Mercedes-Benz untrennbar verbunden ist, hat die Anmelderin zu Recht darauf hingewiesen, dass der Rennsport in Deutschland erst durch die Erfolge von Sch... in der Formel 1 erneut große Popularität gewonnen hat, und dass doch der weit überwiegende Teil der beteiligten Verkehrskreise den Namen eines vor 45 Jahren verstorbenen Autorennfahrers nicht mehr kennt und daher mit der Anmeldemarke eher eine Phantasiebezeichnung verbinden wird.
Für die Waren und Dienstleistungen "Magnetaufzeichnungsträger; Schallplatten; bespielte Vinylplatten; Malbücher, Kinder-Aktionsbücher; Fotografien; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Dienstleistungen auf dem Gebiet der Erziehung, nämlich Produktion und Ausstrahlung von Unterrichtsfernsehprogrammen und -filmen; Erziehung , Ausbildung; Produktion von Kino- und TV-Filmen, Werbefilmen, Dokumentationen und Berichten" ist "Carraciola" selbst für die Verkehrskreise keine beschreibende Sachangabe, die die Marke noch gedanklich mit dem Namen des Rennfahrers in Verbindung bringen werden.
Ein unmittelbarer Bezug zwischen dem Rennfahrer C... und diesen Waren bzw Dienstleistungen oder deren Gegenstand (vgl BGH, WRP 2003, 519, 520 - Winnetou) ist nicht gegeben. Wer diese unter der Bezeichnung "Caracciola" in Anspruch nimmt, geht nicht davon aus, dass der Name des Rennfahrers für die Waren und Dienstleistungen wesensbestimmend sein könnte oder einen sonstigen engen Sachbezug herstellen soll.
Einen derartigen Bezug der Anmeldemarke zu den weiteren Waren und Dienstleistungen "Kinofilme, Heimkinofilme, Filme, Audiobänder, Audiovideobänder, Audiovideokassetten, Audiovideodisks, DVD«s , andere bespielte Ton-, Bild- und Tonbildträger; CD-I; Audio- und Video-Compact-Discs; Broschüren, die zusammen mit Audiobändern als Einheit verkauft werden, Videospielkassetten; Druckereierzeugnisse, einschließlich Bücher, Comic-Hefte, Kinderbücher, Magazine, Zeitschriften und Zeitungen" herzustellen, erscheint dem Senat ebenfalls für überzogen und lebensfremd.
Tonträger jedweder Art, die sich ausschließlich mit dem Rennsport oder dem Leben eines Rennfahrers befassen, sind kaum vorstellbar. Selbst wenn dies in Verbindung mit Bildträgern irgendeiner Form oder Druckerzeugnissen möglich erscheint, entspricht es nicht den heutigen Gepflogenheiten der Werbestrategie lediglich den Nachnamen eines Sportlers zu verwenden, zumal wenn es sich - wie vorliegend - dabei auch noch um einen im italienischen Sprachraum relativ häufig vorkommenden Familiennamen handelt.
Dem wohl weit überwiegenden Teil der Verkehrskreise, welche die Anmeldemarke mit dem Namen des deutschen Rennfahrers mangels Kenntnis ohnehin nicht in Verbindung bringen, fehlt jeglicher Sachbezug der Marke zu den streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen. In der Wirkung eines reinen Phantasiebegriffes bzw eines verbreiteten italienischen Nachnamens ist der Anmeldemarke das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft nicht abzusprechen.
Da die angemeldete Marke nach den obigen Ausführungen für die versagten Waren und Dienstleistungen keine unmittelbar beschreibende Angabe darstellt, steht auch das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG einer Eintragung nicht entgegen.
Der Beschluss der Markenstelle war daher insoweit aufzuheben, als die Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen worden ist.
Viereck Müllner Kruppa Hu
BPatG:
Beschluss v. 16.02.2005
Az: 32 W (pat) 54/03
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