Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. September 2007
Aktenzeichen: 26 W (pat) 240/04

(BPatG: Beschluss v. 12.09.2007, Az.: 26 W (pat) 240/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die Eintragung der Wortmarke 399 53 560 MULTIPET für die Waren der Klassen 11, 18, 19, 20, 21, 28 und 31 Katzentoiletten, Filtriergeräte für Zimmeraquarien; Heizgeräte für Zimmeraquarien; Leuchten für Zimmeraquarien; Leinen, Halsbänder; Sand, insbesondere Vogelsand; Kies, insbesondere für Zimmeraquarien; Hundekörbe, Katzenkörbe, Kissen; Hunde- und Katzenhütten; Transportboxen für Hunde und Katzen; Schränke für Zimmeraquarien; Dekorationsartikel für Zimmeraquarien soweit in Klasse 20 enthalten; Futternäpfe; Tierkämme und Tierbürsten; Vogelkäfige, Kleintierkäfige; Spielzeug für Haustiere; Kratzbäume für Katzen; Tiernahrung, Futtermittel, Kauknochen; Streu für Tiere, insbesondere Katzenstreu und Kleintierstreu; Heu, Stroh; Pflanzen für Zimmeraquarienist Widerspruch eingelegt worden aus der Wortmarke 397 38 425 MULTIFIT eingetragen für die Waren der Klassen 11, 18, 19, 20, 21, 28 und 31:

Katzentoiletten, Filtriergeräte für Zimmeraquarien; Heizgeräte für Zimmeraquarien; Leuchten für Zimmeraquarien; Leinen, Halsbänder; Sand, insbesondere Vogelsand; Kies, insbesondere für Zimmeraquarien; Hundekörbe, Katzenkörbe, Kissen; Hunde- und Katzenhütten; Transportboxen für Hunde und Katzen; Schränke für Zimmeraquarien; Dekorationsartikel für Zimmeraquarien soweit in Klasse 20 enthalten; Futternäpfe; Tierkämme und Tierbürsten; Vogelkäfige, Kleintierkäfige; Spielzeug für Haustiere; Kratzbäume für Katzen; Tiernahrung, Futtermittel, Kauknochen; Streu für Tiere, insbesondere Katzenstreu und Kleintierstreu; Heu, Stroh; Pflanzen für Zimmeraquarien.

Die Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit zwei Beschlüssen, einer davon ergangen im Erinnerungsverfahren, den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, es bestehe keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, weil das angegriffene Zeichen unter Berücksichtigung der Wechselwirkung aller in Betracht kommenden Umstände einen hinreichenden Abstand zu der Widerspruchsmarke einhalte. Auch angesichts der bis zur Identität reichenden Ähnlichkeit der beiderseitig beanspruchten Waren und unter Beachtung des sich daraus ergebenden Erfordernisses eines großen Zeichenabstands werde dieser eingehalten. Trotz der Übereinstimmungen am Wortanfang sei die Buchstabenfolge "fit" am Wortende des älteren Zeichens, die in der angegriffenen Marke keine Entsprechung finde, wegen der Kennzeichnungsschwäche des Bestandteils "MULTI" ausreichend, um die Gefahr von Verwechslungen zwischen den Vergleichsmarken auszuschließen. Das Präfix "MULITI" bedeute in Zusammensetzungen "vielfach, viel" und werde bei verschiedensten Waren und Dienstleistungsgebieten als beschreibende Sachangabe verwendet. Es sei daher nicht damit zu rechnen, dass die beteiligten Verkehrskreise die zweiten Bestandteile nicht beachten würden. In klanglicher Hinsicht weichen die Bestandteile "PET" und "FIT" deutlich voneinander ab, denn der Sprenglaut "P" unterscheide sich deutlich von dem Reibelaut "F". Weiterhin sein der Vokal "i" deutlich heller als der Vokal "e". In begrifflicher Hinsicht sorgten die unterschiedlichen Begriffsinhalte für eine zusätzliche Unterscheidungshilfe. Während der zweite Bestandteil der angegriffenen Marke das englische Wort für "Haustier" sei, habe der zweite Bestandteil der Widerspruchsmarke die Bedeutung von "leistungsfähig, in körperlich guter Verfassung". Es bestehe wegen des unterschiedlichen Schriftbildes keine zur Verwechslung führende schriftbildliche Ähnlichkeit. Wegen der Kennzeichnungsschwäche des Bestanteils "MULTI" sei auch keine mittelbare Verwechslungsgefahr gegeben. Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgesichtspunkten bestehe aber keine Veranlassung.

Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie ist der Auffassung, eine relevante Verwechslungsgefahr könne trotz der Kennzeichnungsschwäche des beiderseitigen Markenbestandteils "MULTI" angesichts der teilweise identischen, teilweise hochähnlichen Waren und der hohen Ähnlichkeit der Marken nicht verneint werden. Der maßgebliche Gesamteindruck beider Marken sei jedenfalls in klanglicher Hinsicht durch die identische Abfolge der ersten fünf von acht Buchstaben und damit durch die Gemeinsamkeiten geprägt. Die geringfügigen Abweichungen am jeweiligen Wortende schafften keinen ausreichenden Abstand zwischen den Marken, zumal auch der Auslaut "T" klangidentisch sei. Der klangliche Unterschied in den Vokalen an den jeweiligen Wortenden trete gegenüber den identischen Wortanfängen völlig in den Hintergrund. Auch die unterschiedlichen Begriffsinhalte der zweiten Markenbestandteile sorgten nicht für eine hinreichende Unterscheidungshilfe, weil in Deutschland weitgehend unbekannt sei, dass das Wort "pet" der englische Begriff für "Haustier" sei. Die Widersprechende beruft sich zudem auf mehrere im Einzelnen benannte Entscheidungen des Deutsche Patent- und Markenamts und des Bundespatentgerichts, nach denen eine abweichende Endung der angegriffenen Marke die Verwechslungsgefahr angesichts des gleichlautenden Beginns der Markenwörter trotz beschreibender Anfangs- oder Endsilben bejaht habe.

Die Widersprechende beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt die Ausführungen der Markenstelle als zutreffend und weist darauf hin, dass der zweite Bestandteil der Widerspruchsmarke "FIT" im deutschen Sprachgebrauch wesentlich geläufiger sei als der Bestandteil "PET", weswegen der relevante Schutzumfang der Widerspruchsmarke auf das Mindestmaß beschränkt sei.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Nach Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung hat die Widersprechende ihren hierauf gerichteten Hilfsantrag zurückgenommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Markenstelle hat die Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken i. S. d. §§ 42, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zutreffend verneint.

Nach den genannten Vorschriften ist eine Marke zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Für die Frage der Verwechslungsgefahr ist von dem allgemeinen kennzeichenrechtlichen Grundsatz einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der zu beurteilenden Marken, der Warennähe und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2007, 235 - Goldhase; GRUR 2006, 859, 861 - Malteserkreuz; jeweils m. w. N.).

Bei Beachtung dieser Grundsätze besteht keine Verwechslungsgefahr. Auch wenn davon auszugehen ist, dass die durch die Vergleichsmarken geschützten Waren teils identisch, teils sogar hochgradig ähnlich sind, kann eine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG wegen der Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarke nicht bejaht werden. Der Schutzumfang der Widerspruchsmarke ist nur gering. Von einem eingeschränkten Schutzbereich ist auszugehen, wenn Marken oder Markenbestandteile an eine beschreibende Angabe angelehnt sind und nur wegen einer (geringfügigen) Veränderung gegenüber der Originalangabe selbst als Marke eingetragen werden konnten (vgl. BGH GRUR 2003, 963, 964 - ANTIVIR/ANTIVIRUS; GRUR 1989, 264, 265 - REYNOLDS R 1/EREINTZ; GRUR 1989, 349, 350 - ROTH-HÄNDLE-KENTUCKY/Cenduggy; GRUR 1999, 238, 240 - Tour de culture). So liegt der Fall auch hier. Das Markenwort "MULTIFIT" bedeutet für den deutschen Verkehr ohne weiteres erkennbar in freier Übersetzung "in vielfältiger Weise fit", was im Hinblick auf die hierfür in Anspruch genommenen Waren einen werbend beschreibenden Charakter im Sinne des Versprechens, bei oder aufgrund der Verwendung der so bezeichneten Waren werde die Fitness der Haustiere, für die die in Anspruch genommenen Waren eingesetzt werden können, positiv beeinflusst und habe gesundheitlich positive Auswirkungen auf die körperliche Verfassung (vgl. HABM, Beschl. v. 4.10.06 - R0640/06-6 - FIT WAY; BPatG, Beschl. v. 2.5.06 - 33 W (pat) 14/04 - fit'n'balance; Beschl. v. 11.6.96 - 24 W (pat) 90/95 - AUTOFIT; jeweils veröff. bei PAVIS-PROMA).

Danach genügt die Zeichenähnlichkeit jedoch mit Blick auf die Wechselwirkung aller in Betracht kommenden Faktoren nicht zur Bejahung einer Verwechslungsgefahr. Beide Marken weisen maßgebliche Unterschiede auf, die einer Verwechslung mit hinreichender Sicherheit entgegenwirken.

Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)Bild und im Bedeutungs- (Sinn-)gehalt ist von dem das Kennzeichenrecht beherrschenden Grundsatz auszugehen, dass es auf den jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen ankommt (BGH GRUR 2002, 167, 169 - Bit/Bud; GRUR 2003, 712, 714 - Goldbarren; GRUR 2004, 594, 596 - Ferrari-Pferd). Entgegen der Auffassung der Widersprechenden ist insbesondere in klanglicher Hinsicht - auf die übrigen Wahrnehmungsmöglichkeiten stellt auch die Widersprechende nicht ab - eine Verwechslung der Marken nicht zu erwarten.

Zwar gilt der Erfahrungssatz, der Verkehr beachte den Wortanfang regelmäßig stärker. Das gilt hier jedoch schon wegen des beschreibenden Inhalts des Wortanfangs "MULTI" nicht (vgl. BGH GRUR 2004, 783 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX). Welchen Einfluss Silben in der Wortmitte auf den klanglichen Gesamteindruck haben, ist eine Frage des Einzelfalls (BGH GRUR 2001, 1161, 1163 - CompuNet/ComNet) Beide Markenwörter unterscheiden sich hinreichend durch ein unterschiedliches Klangbild, das durch die unterschiedlichen Endungsvokale der Widerspruchsmarke "e" einerseits und den schwachen Endungsvokal "i" der angegriffenen Marke sowie die diese Endsilbe einleitenden Konsonanten "f" einerseits und "p" anderseits bedingt ist. Maßgebliche Bedeutung für die Bestimmung des Gesamteindrucks kommt demnach den Abweichungen in der Zeichenendung zu, die dem Verkehr selbst bei einem unterstellten geringeren Grad von Aufmerksamkeit nicht entgehen können. Danach kommt eine klangliche Verwechslungsgefahr nicht in Betracht. Soweit die Widersprechende mehrere anderweitig entschiedene Fälle des Gerichts für ihre Auffassung angeführt hat, geben diese wegen der jeweils unterschiedlichen Fallgestaltungen in Einzelheiten vorliegend keinen Anlass zu einer für die Widersprechende günstigeren Beurteilung. Eine schriftbildliche oder begriffliche Verwechslungsgefahr kommt ebenfalls nicht in Betracht; die betreffenden Ausführungen der Markenstelle hat die Widersprechende auch nicht ausdrücklich angegriffen.

Zu Recht hat die Markenstelle auch die Gefahr einer mittelbaren Verwechslung der sich gegenüberstehenden Marken verneint. Ihre Ausführungen werden von der Beschwerde auch nicht angegriffen.

III.

Es sind keine Gründe ersichtlich, von dem Grundsatz des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG abzuweichen, nach dem jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt.

Dr. Fuchs-Wissemann Kopacek Prietzel-Funk Bb






BPatG:
Beschluss v. 12.09.2007
Az: 26 W (pat) 240/04


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