Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. Januar 2004
Aktenzeichen: 26 W (pat) 120/02
(BPatG: Beschluss v. 07.01.2004, Az.: 26 W (pat) 120/02)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die für die Dienstleistungen
"Immobilienvermittlung; Hoch-, Tief- und Ingenieurbau; Isolierbau; Dienstleistung eines Ingenieurs für Bauwesen; Dienstleistung eines Architekten; Bauberatung"
unter der Nummer 399 56 095 eingetragene Markesiehe Abb. 1 am Endeist Widerspruch erhoben worden aus der Marke 398 66 125
"ARCADIUM - Häuser zum Leben", die für die Dienstleistungen
"Errichten von Wohnzentren, insbesondere für Senioren, und Vermietung von Wohnobjekten in derartigen Wohnzentren; Dienstleistungen eines Alten-, Pflege- und Seniorenheimes; Geschäftsführung und Unternehmensverwaltung, einschließlich Beteiligungsverwaltung, Geschäftsführung und Beratung von Beteiligungsgesellschaften sowie Büroarbeiten für Beteiligungsgesellschaften; betriebswirtschaftliche Beratung und Organisationsplanung bei der Errichtung und dem Betrieb von Wohnzentren, insbesondere von Alten-, Pflege- und Seniorenheimen, Restaurationsbetrieben und Hotels; Immobilienwesen; Grundstücks- und Häuserverwaltung; Errichtung und Einrichtung von Schwimmbädern, von Sport- und Spielhallen, Saunas und sonstigen Einrichtungen für gesundheitliche Behandlungen, Restaurationsbetrieben und Hotels; Beherbergung und Verpflegung von Gästen; ärztliche Versorgung; Gesundheits- und Schönheitspflege; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten"
eingetragen ist.
Die Markenstelle für Klasse 37 hat diesen Widerspruch zurückgewiesen. Trotz teilweiser Ähnlichkeit der Dienstleistungen sei eine klangliche oder schriftbildliche Verwechslungsgefahr zwischen den prägenden Wortbestandteilen "ARCADIUM" und "ARCADE" nicht gegeben. Darüber hinaus wecke das Wort "Arcade" die Assoziation von "Arkaden", also von Bögen auf Pfeilern, wohingegen das Markenwort "ARCADIUM" als reine Phantasiebezeichnung gesehen werde und wie ein lateinisches Wort wirke.
Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Die Marken könnten für identische und hochgradig ähnliche Dienstleistungen eingesetzt werden. Im Hinblick darauf müssten an den von der jüngeren Marke einzuhaltenden Abstand strengste Anforderungen gestellt werden, die diese aber nicht erfülle. Der Gesamteindruck der jüngeren Marke werde geprägt von dem Wort "ARCADE", derjenige der Widerspruchsmarke von dem Wort "ARCADIUM". Diese beiden Wörter seien hochgradig klanglich und schriftbildlich ähnlich. Sie stimmten in der Buchstabenfolge "ARCAD-" überein und unterschieden sich lediglich in ihren Endungen. Diese Unterschiede aber seien bereits quantitativ von nur geringem Gewicht. Durch die klangstarke Vokalfolge "A-A" und den hart gesprochenen Konsonanten "K" (C) erlangten die Wortanfänge ein noch größeres Gewicht. Dies gelte um so mehr, als der Verkehr den Wortanfängen regelmäßig mehr Bedeutung beimesse. Angesichts der mittleren Kennzeichnungskraft des Phantasiewortes "ARCADIUM" reichten die festgestellten Unterschiede nicht aus, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Auch ein möglicher Begriffsgehalt der angegriffenen Marke könne die klangliche und schriftbildliche Verwechslungsgefahr nicht ausschließen. Ein solcher Begriffsgehalt aber sei der angegriffenen Marke nicht ohne weiteres zu entnehmen. Vielmehr führe die Schreibweise mit "c" gerade dazu, daß ein weiterer Denkvorgang erforderlich sei, um zu dem Begriff "Arkade" zu kommen, so daß das Publikum in dem Wort "ARCADE" ebenso wie in "ARCADIUM" ein lateinisches oder Phantasiewort erkenne.
Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den Beschluß aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.
Der Markeninhaber hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Mit der Markenstelle hält der Senat eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG für nicht gegeben.
Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren bzw Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. Ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren bzw Dienstleistungen kann durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR 1998, 922, 923 - Canon; BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND). Im vorliegenden Fall kann eine teilweise Dienstleistungsidentität und im übrigen ein mindestens mittlerer Abstand der Dienstleistungen sowie eine mangels anderer Anhaltspunkte mittlere Kennzeichnungskraft der älteren Marke unterstellt werden. Die Vergleichszeichen unterscheiden sich nämlich in jeder Hinsicht deutlich.
Dabei ist für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr zweier Kennzeichnungen stets von ihrem jeweiligen Gesamteindruck auszugehen (EuGH aaO - Sabèl/Puma; BGH Mitt 2000, 65 - RAUSCH/ELFI RAUCH). Das bedeutet jedoch nicht, daß die Marken stets in ihrer Gesamtheit zu vergleichen sind. Vielmehr kann auch ein Markenbestandteil eine selbständig kollisionsbegründende Bedeutung haben, wenn er den Gesamteindruck der mehrgliedrigen Marke prägt, indem er eine eigenständig kennzeichnende Funktion aufweist (Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 9 Rdnr 175 mwN). Selbst bei einem Gegenüberstellen der die Zeichen prägenden Bestandteile "ARCADE" und "ARCADIUM" besteht jedoch keine Verwechslungsgefahr.
Diese beiden Zeichenwörter unterscheiden sich in ihrer Länge, der Silbenzahl und der Vokal- bzw Konsonantenfolge. Allerdings stimmen die Wortanfänge, nämlich die Buchstabenfolge "ARCAD-" identisch überein. Dennoch reichen die Unterschiede aus. Die beanspruchten Dienstleistungen wenden sich nämlich entweder an Fachkreise oder werden wegen ihrer Hochpreisigkeit und Bedeutung sorgfältig geprüft und ausgewählt. Sie werden jedenfalls nicht flüchtig und soz. im Vorübergehen beansprucht werden. Zudem weist das Wort "ARCADE" einen Begriffsgehalt auf, der den angesprochenen Verkehrskreisen, aber auch allen übrigen Verbrauchern geläufig ist. Dabei steht das Wort "Arcade" - wenn auch mit "c" geschrieben, was wegen der häufigen Verwendung von "c" anstelle von "k" vorliegend ohne Belang ist - nicht nur für einen von Pfeilern oder Säulen getragenen Bogen, sondern auch für eine Einkaufspassage, in der eine Vielzahl von Geschäften untergebracht ist. Dieser Begriffsgehalt trägt zusätzlich zu den vorhandenen Unterschieden zu einer sicheren Unterscheidbarkeit. Diejenigen Verkehrskreise, die zudem in dem Begriff "ARCADIUM" den lateinisierten Hinweis auf das legendäre "Arkadien" erkennen, haben eine weitere Unterscheidungshilfe. Die von der beschwerdeführenden Widersprechenden zitierten Entscheidungen können auf den vorliegenden Fall nicht angewendet werden, da es sich dort um medizinische Bezeichnungen handelt, deren Endungen regelmäßig auch beschreibende Hinweise enthalten (wie z.B. "-ol" als Hinweis auf "oleum"). Damit sind auch keine unmittelbar begrifflichen Verwechslungen zu befürchten.
Anhaltspunkte für eine mittelbare Verwechslungsgefahr sind nicht ersichtlich, da bereits keine Serienzeichenbildung zugunsten der rangälteren Zeicheninhaberin vorgetragen ist. Auch legt die Art der Zeichenbildung die Annahme einer zu Verwechslungen führenden gedanklichen Verbindung nicht nahe.
Besondere Gründe, einer der Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs 1 MarkenG aus Billigkeitsgründen aufzuerlegen, sind nicht gegeben.
Albert Reker Eder Bb Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/D9415.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 07.01.2004
Az: 26 W (pat) 120/02
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