Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. September 2006
Aktenzeichen: 32 W (pat) 197/04

(BPatG: Beschluss v. 13.09.2006, Az.: 32 W (pat) 197/04)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. März 2004 und vom 30. August 2004 aufgehoben, soweit die Anmeldung für folgende Waren zurückgewiesen worden ist:

"Tee, Teegetränke auch unter Zusatz von Milchprodukten und/oder Aromatisierungsmitteln und/oder Süßungsmitteln; diese Produkte auch in Instandform; Teepräparate für die Herstellung von alkoholfreien Getränken".

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 17. April 2003 für die Waren

"Kaffee, Tee, Kakao, Schokolade; Kaffee-, Tee-, Kakao- und Schokoladengetränke, auch unter Zusatz von Milchprodukten und/oder Aromatisierungsmitteln und/oder Süßungsmitteln; diese Produkte auch in Instandform; Kaffee-, Tee-, Kakao- und Schokoladenpräparate für die Herstellung von alkoholfreien Getränken, alkoholfreie Getränke, auch solche unter Zusatz von Kaffee, Tee, Kakao, Schokolade und/oder Milchprodukten und/oder Fruchtprodukten"

angemeldete Wortmarke CAPU ist von der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts nach vorangegangener Beanstandung mit zwei Beschlüssen vom 29. März 2004 und vom 30. August 2004, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen fehlender Unterscheidungskraft und Bestehen eines Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen worden. Der Ausdruck "CAPU" sei in der Umgangssprache als Abkürzung für "Cappuccino" weit verbreitet. Aus den zahlreichen Internetrecherchen, deren Ergebnisse der Anmelderin mit den Beanstandungsbescheiden und dem im Erinnerungsverfahren ergangenen Beschluss übermittelt worden waren, ergebe sich, dass "CAPU" einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt aufweise und es sich um ein in der deutschen Sprache gebräuchliches Wort handle, das vom Verkehr auch wegen seiner entsprechenden Verwendung in der Werbung stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werde. Außerdem könne das Kurzwort "CAPU" wegen seiner Funktion als Warenangabe nicht zugunsten eines einzelnen Unternehmers monopolisiert werden, sondern müsse auch anderen Wettbewerbern zur freien Verwendung zur Verfügung stehen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Der angemeldeten Marke könne die zur Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Den von der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts übermittelten Internetauszügen sei lediglich zu entnehmen, dass der Begriff "CAPU" vereinzelt von Privatpersonen zur Bezeichnung des Getränks "Cappuccino" benutzt werde. Sie belegten aber nicht eine allgemeine Übung, dass die Bezeichnung "CAPU" als Abkürzung für "Cappuccino" eingesetzt werde. Insbesondere habe die Markenstelle nicht nachgewiesen, dass der Ausdruck "CAPU" in der Werbung oder auf einer der mit der vorliegenden Anmeldung beanspruchten Waren verwendet werde. Außerdem sei das Fehlen eines lexikalischen Nachweises ein Indiz dafür, dass es sich bei der Bezeichnung "CAPU" nicht um eine Abkürzung für das Wort "Cappuccino" handle. Die Bezeichnung "CAPU" sei weder in der deutschen noch in der italienischen Sprache ein gebräuchlicher Ausdruck. Aufgrund dieser Umstände werde der durchschnittliche Verbraucher die Bezeichnung "CAPU" als Phantasiebezeichnung auffassen, dem keine klare Bedeutung zuzuordnen sei. Auch sei der Begriff "CAPU" aufgrund seiner Verwendung in unterschiedlichen Zusammenhängen (Ortsnamen, Nickname von Internetusern) mehrdeutig und interpretationsbedürftig. Die meisten Verwendungen wiesen keinen Bezug zu Kaffee oder Cappuccino auf. Im Übrigen könne die Bezeichnung "CAPU" schon deswegen nicht als Abkürzung für "Cappuccino" angesehen werden, weil "Cappuccino" mit zwei "p", die angemeldete Marke jedoch nur mit einem "p" geschrieben werde. Außerdem komme "CAPU" auch als Abkürzung für eine Reihe anderer Begriffe in Betracht. Selbst wenn der Ausdruck "CAPU" eine Abkürzung für "Cappuccino" wäre, stelle er keine beschreibende Angabe für die mit der vorliegenden Anmeldung beanspruchten Waren dar, da diese keinerlei Bezug zu "Cappuccino" aufwiesen. Im Übrigen habe das Deutsche Patent- und Markenamt bereits eine Reihe von Marken mit einem stärkeren Anklang an das Wort "Cappuccino" für Kaffee oder Kakaogetränke eingetragen.

Da der Begriff "CAPU" weder eine Gattungsbezeichnung darstelle noch zur Kennzeichnung von Waren üblicherweise benutzt werde, bestehe auch kein Bedürfnis, die angemeldete Marke für Wettbewerber der Anmelderin freizuhalten.

Die Anmelderin beantragt, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig. Sie ist in der Sache teilweise - hinsichtlich der in der Beschlussformel genannten Waren - begründet, weil einer Eintragung der angemeldeten Marke insoweit keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG entgegenstehen. Bezüglich der übrigen Waren hat die Beschwerde keinen Erfolg.

1. Hinsichtlich der Waren "Kaffee, Kakao, Schokolade; Kaffee-, Kakao- und Schokoladengetränke, auch unter Zusatz von Milchprodukten und/oder Aromatisierungsmitteln und/oder Süßungsmitteln; diese Produkte auch in Instandform; Kaffee-, Kakao- und Schokoladenpräparate für die Herstellung von alkoholfreien Getränken, alkoholfreie Getränke, auch solche unter Zusatz von Kaffee, Tee, Kakao, Schokolade und/oder Milchprodukten und/oder Fruchtprodukten" steht einer Eintragung das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Nach dieser Vorschrift können Marken nicht eingetragen werden, wenn sie ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung u. a. der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren dienen können. Der Begriff "CAPU" stellt in Bezug auf die o. g. Waren - auch in der Schreibweise mit nur einem "p" - eine derartige unmittelbar beschreibende Angabe dar. Die der Anmelderin von der Markenstelle für Klasse 30 übermittelten Internetausdrucke belegen, dass der Begriff "CAPU" zumindest in der Umgangssprache als Kurzwort für "Cappuccino" verwendet wird. In dieser Funktion beschreibt der Ausdruck "CAPU" die Waren "Kaffee, Kaffeegetränke, Kaffeepräparate für die Herstellung von alkoholfreien Getränken und alkoholfreie Getränke, auch solche unter Zusatz von Kaffee, Tee, Kakao, Schokolade und/oder Milchprodukten und/oder Fruchtprodukten" ihrer Art nach, da "Cappuccino" eine bestimmte Zubereitungsart von Kaffee darstellt. In Bezug auf die Waren "Kakao, Schokolade, Kakao- und Schokoladengetränke, Kakao- und Schokoladenpräparate für die Herstellung von alkoholfreien Getränken" ist die Bezeichnung "CAPU" als Bestimmungsangabe oder als Hinweis auf die Geschmacksrichtung zur beschreibenden Verwendung geeignet. Denn Cappuccino wird regelmäßig unter Verwendung bzw. Zusatz von Kakao oder Schokolade hergestellt. Außerdem wird Schokolade mit Cappuccino-Geschmack angeboten. Nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ("dienen können") reicht es aus, dass ein Zeichen zur beschreibenden Verwendung geeignet ist. Die Eignung zur beschreibenden Verwendung ergibt sich im vorliegenden Fall daraus, dass der Verkehr den Begriff "CAPU" - wie die Internetausdrucke belegen - bereits tatsächlich als beschreibende Angabe, nämlich als Bezeichnung für eine bestimmte Kaffeezubereitung, verwendet. Ein darüber hinausgehender lexikalischer Nachweis der beschreibenden Verwendung ist ebenso wenig erforderlich wie der Nachweis, dass eine Bezeichnung in der Werbung für die beanspruchten Produkte bereits eingesetzt wird (Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 199). Die von der Anmelderin genannten weiteren Bedeutungsmöglichkeiten der angemeldeten Bezeichnung vermögen ebenfalls nicht die Schutzfähigkeit zu begründen. Ob eine Bedeutungsvielfalt in dem Sinne vorliegt, dass die Eignung zur unmittelbaren Beschreibung konkreter Merkmale der beanspruchten Waren auszuschließen ist, ist nicht abstraktlexikalisch zu beurteilen, sondern im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren (Ströbele/Hacker a. a. O. § 8 Rdn. 197). Im Zusammenhang mit dem der Anmeldung zugrundeliegenden Warenverzeichnis besteht keine Veranlassung, an Ortsbezeichnungen mit dem Bestandteil "CAPU" oder an Nicknames von Internetusern zu denken. Entsprechendes gilt für das Vorbringen der Anmelderin, dass die Bezeichnung "CAPU" auch als Abkürzung für andere Wörter als "Cappucino" in Betracht komme. Abgesehen davon, dass es nicht nahe liegt, den Städtenamen "Capua", den Kapuzinerorden oder die Kapuze mit "CAPU" abzukürzen, wäre auch insoweit der Zusammenhang mit den beanspruchten Waren zu berücksichtigen. Darüber hinaus fehlt der angemeldeten Bezeichnung auch die erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Unterscheidungskraft in diesem Sinne ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. EuGH GRUR 2003, 514 - Linde, Winward und Rado; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice). Bei Wortmarken ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von fehlender Unterscheidungskraft auszugehen, wenn der Marke ein für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zugeordnet werden kann oder wenn es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr, etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung, stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (st. Rspr.; vgl. BGH a. a. O. - Cityservice).

Bei der Bezeichnung "CAPU" steht in Bezug auf die zu versagenden Waren für die angesprochenen breiten inländischen Verkehrskreise ein beschreibender Begriffsinhalt im Vordergrund des Verständnisses. Für diese Waren wird der Verkehr die Bezeichnung "CAPU" dementsprechend als Hinweis auf die Art, die Bestimmung oder die Geschmacksrichtung, nicht aber als Hinweis auf die Herkunft der Waren aus einem ganz bestimmten Unternehmen ansehen.

Durch die von der Markenstelle ermittelten Internetausdrucke ergibt sich eine entsprechende beschreibende Verwendung der angemeldeten Bezeichnung durch Dritte und zwar auch und gerade in der Schreibweise mit einem "p". Diese Belege sprechen gegen die Behauptung der Anmelderin in ihrer Beschwerdebegründung, bei dem Ausdruck "CAPU" handle es sich um eine interpretationsbedürftige Phantasiebezeichnung, der der durchschnittliche Verbraucher keinen klaren Bedeutungsgehalt zuordnen könne.

Aus der Schutzgewährung für andere, nach Ansicht der Anmelderin vergleichbare Marken vermag die Anmelderin keinen Anspruch auf Registrierung abzuleiten. Voreintragungen führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, die über die Eintragung zu befinden haben. Denn die Eintragung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar (vgl. z. B. BPatGE 32,28 - CREATION GROSS; BGH BlPMZ 1998, 248 - Today; EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor, Rdn. 43, 44; GRUR 2004, 428 - Henkel, Rdn. 63).

2. Eine andere Beurteilung ist für die im Tenor genannten Waren angezeigt. Insoweit steht der Eintragung des Begriffs "CAPU" weder das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG noch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Es ist nicht ersichtlich, dass "Cappuccino" im Zusammenhang mit Tee oder bei der Bereitung von Teegetränken Verwendung findet oder als Geschmacksrichtung dient. Anhaltspunkte dafür, dass sich "CAPU" künftig als Produktmerkmalsbezeichnung entwickeln könnte, liegen ebenfalls nicht vor. Insoweit konnte der angefochtene Beschluss der Markenstelle daher keinen Bestand haben.






BPatG:
Beschluss v. 13.09.2006
Az: 32 W (pat) 197/04


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