Oberlandesgericht Karlsruhe:
Beschluss vom 10. April 2008
Aktenzeichen: 14 Wx 58/07
(OLG Karlsruhe: Beschluss v. 10.04.2008, Az.: 14 Wx 58/07)
1. Über Einwendungen gegen die Kostenrechnung eines badischen Amtsnotars, die sich auf erst nach dem 31.12.2005 entstandene Beurkundungsgeschäfte nach § 3 Abs. 1 LFGG beziehen, ist im Verfahren nach § 156 KostO - und nicht im Verfahren nach § 14 KostO - zu entscheiden.
2. Der Wert eines Beurkundungsgeschäfts über die schenkweise Übertragung von GmbH-Anteilen entspricht dem nach freiem Ermessen zu schätzenden Wert der übertragenen Anteile.
3. Es ist grundsätzlich nicht ermessensfehlerhaft, bei der Bestimmung des Wertes von GmbH-Anteilen auf die letzte vor dem Beurkundungszeitpunkt erstellte Jahresbilanz abzustellen und dabei die in die Bilanz eingestellten Rückstellungen nicht als Schuldposten vom Vermögen abzuziehen.
4. Das in Art. 10 lit. c der Gesellschaftssteuerrichtlinie normierte Verbot der Erhebung anderer Steuern oder Abgaben gilt nur für solche Beurkundungen, die im Zusammenhang mit Vorgängen stehen, die der Gesellschaftssteuer unterliegen oder ihr unterworfen werden können. Dieses Verständnis entspricht der bisherigen Rechtsprechung des EuGH und steht auch mit dessen neuerer Rechtsprechung (Urteil vom 15.06.2006, C-264/04 - Badischer Winzerkeller; Urteil vom 28.06.2007, C-466/03 - Albert Reiss Beteiligungsgesellschaft m.b.H.) im Einklang.
Tenor
1. Die weitere Beschwerde der Beteiligten Nr. 1 gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Freiburg vom 01.10.2007 - 4 T 33/07 - wird als unbegründet zurückgewiesen.
2. Die Beteiligte Nr. 1 trägt die Kosten der weiteren Beschwerde.
3. Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 6.218,99 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
1. In der Urkunde 1 UR .../2006 hat der Notar beim Notariat L. am 01.12.2006 einen Vertrag beurkundet, mit dem Frau F. H. ihre Beteiligung in Höhe des Nennbetrags von 120.000,00 DM an der P. H. GmbH (Stammkapital: 300.000,00 DM) an Frau T. H. geschenkt und übertragen hat.
2. Am 28.12.2006 erging an die Beteiligte Nr. 1 als Kostenschuldnerin eine Kostenrechnung des Notariats über insgesamt 5.488,19 EUR für die Beurkundung des Schenkungsvertrags. Der Rechnung lag ein Geschäftswert von 1.521.634,00 EUR zugrunde. Die Geschäftswertberechnung entsprach der Wertangabe der Beteiligten Nr. 1, wie sie mit Anwaltschriftsatz vom 22.12.2006 unter Vorlage der entsprechenden Unterlagen (Kaufvertrag vom 16.08.2006 und Bilanz der GmbH zum 31.12.2005) erfolgt war. Die Wertangabe lautete wie folgt:
1. Anlagevermögen und Vorräte660.000,00 EUR 2. Sonstiges Umlaufvermögen a) Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und sonstige Vermögensgegenstände600.565,57 EURb) Kassenbestand, Bankguthaben etc. 2.543.520,17 EURWert der GmbH 3.804.086,00 EUR Hiervon 40 % (Wert des mit Urkunde vom 01.12.2006 übertragenen Unternehmensanteils) 1.521.634,00 EUR
Die mit Schriftsatz ihres Steuerberaters vom 01.09.2007 mit der Begründung, der Wert des übertragenen Anteils von 40 % betrage lediglich 1.075.056,00 EUR, eingelegte Beschwerde der Beteiligten Nr. 1 führte zur Vorlage der Sache an den Präsidenten des Landgerichts Freiburg (§ 156 Abs. 1 S. 2 KostO). Auf Anweisung des Präsidenten des Landgerichts vom 10.04.2007 hat die Kostenbeamtin des Notariats die Kosten der Beurkundung vom 01.12.2006 unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Bezirksrevisors (Stellungnahme vom 21.02.2007) nachberechnet und auf 6.218,99 EUR festgesetzt; dabei hat sie einen Geschäftswert der Beurkundung von 1.738.033,40 EUR zugrundegelegt. Dementsprechend erging am 16.04.2007 an die Kostenschuldnerin eine Kostenrechnung des Notariats über 6.218,99 EUR; unter Berücksichtigung bereits bezahlter 5.488,19 EUR wurde die Kostenschuldnerin zugleich zur Zahlung weiterer 730,80 EUR aufgefordert.
3. Mit Schriftsatz ihres Steuerberaters vom 08.05.2007 hat die Beteiligte Nr. 1 ihre Beschwerde gegen die Kostenrechnung vom 28.12.2006 wiederholt und gegen die Kostenberechnung vom 16.04.2007 Beschwerde eingelegt. Sie hat geltend gemacht, nach der Bilanz sei der Unternehmenswert lediglich in Höhe des Eigenkapitals von 2.687.640,00 EUR anzusetzen, so daß sich der Wert des übertragenen Anteils von 40 % auf 1.075.056,00 EUR belaufe. Die in der Bilanz eingestellten Rückstellungen - u.a. für Pensionen - seien berücksichtigungsfähig, weil sie ohne weitere Prüfung ausreichend zu beurteilen seien.
Der Bezirksrevisor hat die Auffassung vertreten, die Berücksichtigung von Rückstellungen sei zur Wertermittlung regelmäßig nicht geboten, der gemäß § 30 Abs. 1 KostO nach freiem Ermessen zu bestimmende Wert des Schenkungsvertrags könne vielmehr unter Berücksichtigung des Reinvermögens der Gesellschaft gemäß Bilanz und Ertragsaussichten bestimmt werden. - Weiter hat er die Auffassung vertreten, eine Auswertung der vorgelegten Bilanz ergebe ein Reinvermögen der GmbH in Höhe von 4.345.083,55 EUR; der 40 %ige Geschäftsanteil hieran betrage somit 1.738.033,40 EUR.
4. Mit Beschluss vom 01.10.2007 hat das Landgericht die Beschwerden der Beteiligten Nr. 1 gegen die Kostenrechnungen des Notariats vom 28.12.2006 und vom 16.04.2007 zurückgewiesen. Die weitere Beschwerde hat es mit der Begründung zugelassen, die aufgeworfene Frage habe grundsätzliche Bedeutung (S. 7 des Beschlusses, AS 143). Gegen die Entscheidung hat die Beteiligte Nr. 1 durch Anwaltschriftsatz vom 02.11.2007 (AS 199/201) weitere Beschwerde eingelegt und diese ausschließlich damit begründet, sie verstoße gegen Art. 10 lit. c der EU-Richtlinie 69/335.
II.
Da das Landgericht über die Zulassung der weiteren Beschwerde nach freiem, vom Rechtsbeschwerdegericht nicht überprüfbarem Ermessen zu entscheiden hat, ist der Senat an die hier erfolgte Zulassung unabhängig davon gebunden, ob er ihre Voraussetzungen als gegeben ansieht oder nicht (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl. 2007, Rdn. 37 und 48 zu § 156 KostO m.w.N.). Das deshalb statthafte und auch im übrigen zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Zutreffend hat das Landgericht die Einwendungen der Kostenschuldnerin gegen die Kostenberechnungen des Notariats vom 28.12.2006 und vom 16.04.2007 als gemäß § 156 Abs. 1 KostO zulässige Beschwerden angesehen. Seit der mit Wirkung ab 01.01.2006 erfolgten Neufassung von § 10 bad.-württ. LJKG vom 28.07.2005 ist bei Urkundsgeschäften der hier in Rede stehenden Art (vgl. § 3 Abs. 1 LFGG) der Notar Gläubiger der durch seine Tätigkeit entstehenden Gebührenforderung (§ 10 Abs. 2 S. 1 LJKG). Damit fließen die Gebühren dem Notar zu (§ 143 Abs. 1 KostO), so daß Einwendungen gegen die Kostenberechnung (§ 154 KostO) im Verfahren nach § 156 KostO geltend zu machen sind.
2. Die Entscheidung des Landgerichts ist aus Rechtsgründen (vgl. § 27 Abs. 1 FGG i.V.m. §§ 546, 547 ZPO) nicht zu beanstanden.
a) Im hier zu entscheidenden Fall entspricht der Wert des Beurkundungsgeschäfts dem Wert des schenkweise übertragenen GmbH-Anteils. Dieser war gemäß § 30 Abs. 1 KostO nach freiem Ermessen zu bestimmen (vgl. BayObLGZ 1991, S. 361 ff., 363).
Sein Ermessen hat das Landgericht fehlerfrei dadurch ausgeübt, daß es bei der Bestimmung des Wertes der GmbH-Anteile auf die letzte vor dem Beurkundungszeitpunkt liegende Jahresbilanz abgestellt hat (vgl. Klinger/Tiedtke/Heitzer/Strauß, Streifzug durch die KostO, 6. Aufl. 2005, Rdn. 806). Ebenfalls nicht ermessensfehlerhaft ist, daß es dabei die in die Bilanz eingestellten Rückstellungen nicht als Schuldposten vom Vermögen abgesetzt hat. Dies ergibt sich daraus, daß Rückstellungen insbesondere für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste gebildet werden (vgl. § 249 Abs. 1 S. 1 HGB). Ihre Einstellung auf der Passivseite einer Bilanz bringt die Bereitstellung von Deckungsmitteln für eine lediglich ungewisse Schuld zum Ausdruck; sie besagen aber nicht, ob überhaupt und in welcher Höhe die Schuld besteht. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, bedürfte es zur Feststellung des wahren Wertes der erfolgten Rückstellungen eingehender Ermittlungen betriebswirtschaftlicher Art, die dem Notar und dem Gericht nicht zumutbar sind und von § 30 Abs. 1 KostO, wonach die Wertermittlung nach freiem Ermessen zu erfolgen hat, auch nicht gefordert werden.
b) Mit der weiteren Beschwerde rügt der Kostenschuldner erstmalig und ausschließlich, die Kostenrechnungen des Notariats verstießen gegen europäisches Recht. Dies ist unabhängig davon, welche Bedeutung insoweit der im Gesetz zur Änderung des LJKG und des LFGG vom 28.07.2005 enthaltenen Regelung zur Gläubigerstellung der Notare zukommt, schon deshalb nicht richtig, weil der hier in Rede stehende Vorgang - schenkweise Übertragung eines GmbH-Anteils - nicht von der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17.07.1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital in der Fassung der Richtlinie 85/303/WEG des Rates vom 10.06.1985 (Gesellschaftssteuerrichtlinie; im folgenden auch als Richtlinie oder RL bezeichnet) erfaßt wird und damit insbesondere nicht deren Art. 10 lit. c unterfällt:
aa) Aufgrund der Rechtsprechung des EuGH (Beschluss vom 21.03.2002, C-264/00 - Gründerzentrum - ZIP 2002, S. 663 ff.) sind die Gebühren für die notarielle Beurkundung eines unter die Gesellschaftssteuerrichtlinie fallenden Vorgangs durch einen beamteten Notar im OLG-Bezirk Karlsruhe als Steuer im Sinne der Richtlinie anzusehen. Nach deren Art. 1 können die Mitgliedsstaaten eine als Gesellschaftssteuer bezeichnete harmonisierte Abgabe auf Kapitalzuführungen an Kapitalgesellschaften im Sinne der Richtlinie (Art. 3 Abs. 1 RL) oder ihnen gemäß Art. 3 Abs. 2 RL gleichzusetzende Vereinigungen erheben. In Art. 4 RL sind die Vorgänge, die der Gesellschaftssteuer unterliegen (Abs. 1) oder ihr unterworfen werden können (Abs. 2) abschließend aufgeführt. In Art. 10 RL ist bestimmt, daß von Gesellschaften, Personenvereinigungen oder juristischen Personen mit Erwerbszweck - abgesehen von der Gesellschaftssteuer - keine Steuern oder Abgaben erhoben werden auf die in Art. 4 genannten Vorgänge (Art. 10 lit. a), auf die Einlagen, Darlehen oder Leistungen im Rahmen der in Art. 4 genannten Vorgänge (Art. 10 lit. b) sowie auf die der Ausübung einer Tätigkeit vorangehende Eintragung oder einseitige Förmlichkeit, der eine Gesellschaft, Personenvereinigung oder juristische Person mit Erwerbszweck aufgrund ihrer Rechtsform unterworfen werden kann (Art. 10 lit. c). Art. 12 Abs. 1 RL normiert Ausnahmen von diesem Verbot.
bb) Die den beanstandeten Gebührenansätzen zugrundeliegende Beurkundung steht - was die Kostenschuldnerin auch nicht in Abrede stellt - in keinem Zusammenhang mit Vorgängen, die gemäß Art. 4 RL der Gesellschaftssteuer unterliegen oder ihr unterworfen werden können. Damit unterfällt sie auch nicht dem in Art. 10 lit. c RL normierten Verbot der Erhebung anderer Steuern oder Abgaben.
(1) Daß Art. 4 RL in der genannten Vorschrift - anders als in Art. 10 lit. a und b - nicht ausdrücklich in Bezug genommen ist, ändert daran nichts (vgl. auch schon OLG Karlsruhe [11. Senat], NJW-RR 2002, S. 321 ff., 322 f.; OLG Karlsruhe [14. Senat], FGPrax 2003, S. 95 ff., 96; Görk, DNotZ 1999, S. 851 ff., 868; ders., ZIP 2002, S. 667 ff., 668). Dies ergibt sich daraus, daß zum einen Art. 10 in seinen drei Varianten die Erhebbarkeit einer Gesellschaftssteuer voraussetzt (abgesehen von der Gesellschaftssteuer) und zum anderen aus Art. 1 i.V.m. Art. 4 der RL hervorgeht, daß die Abgabe auf Kapitalzuführungen an Kapitalgesellschaften eine 'Gesellschaftssteuer' im Sinne der Richtlinie darstellt, wenn sie auf durch die Richtlinie erfasste Vorgänge erhoben wird (EuGH, Urteil vom 27.10.1998, C-152/97 - Agas - Tz. 19 [WM 1999, S. 343 ff., 345]; Hervorhebung nicht im Original). Demgemäß heißt es bei EuGH, a.a.O., Tz. 21, daß das in Art. 10 lit. c RL normierte Verbot der Erhebung einer Gesellschaftssteuer dadurch gerechtfertigt ist, daß die dort genannten Abgaben zwar nicht auf die Kapitalzuführungen als solche, wohl aber wegen der Formalitäten im Zusammenhang mit der Rechtsform der Gesellschaft, also des Instruments zur Kapitalansammlung erhoben werden, so daß die Beibehaltung dieser Abgabe auch die Erreichung der mit der Richtlinie verfolgten Ziele gefährden würde. Damit im Einklang steht, daß der EuGH (a.a.O., Tz. 27) die dort in Rede stehende italienische Registersteuer deshalb als nicht unter Art. 10 lit. c RL fallend ansieht, weil sie nicht bei der Eintragung einer neuen Aktiengesellschaft, d.h. bei der Erfüllung einer der Ausübung einer Tätigkeit vorausgehenden Formalität gezahlt worden und auch nicht bei der Eintragung einer Kapitalerhöhung erhoben (ist), die Bedingung für die Ausübung und Fortführung einer solchen Tätigkeit ist. An diese - Sinn und Zweck der Richtlinie und dem Regelungszusammenhang entsprechende - Interpretation des Art. 10 lit. c durch den EuGH ist der Senat gebunden.
(2) Mit dem in der bisherigen Rechtsprechung des EuGH zum Ausdruck kommenden Verständnis, wonach das Verbot gemäß Art. 10 lit. c nur für unter Art. 4 RL fallende Vorgänge gilt, stehen in neuerer Zeit ergangene Entscheidungen des EuGH in Einklang.
Mit Urteil vom 15.06.2006, C-264/04 - Badischer Winzerkeller - (NJW 2006, S. 2972 ff.) hat der EuGH entschieden, daß die im Ausgangsverfahren gemäß § 60 KostO erhobene Gebühr für die nach § 82 GBO erfolgte Berichtigung des Grundbuchs grundsätzlich unter das Verbot des Art. 10 lit. c RL falle. Dabei lag dem Ausgangsverfahren - worauf der EuGH in Tz. 23 ausdrücklich abstellt - die Verschmelzung zweier eingetragener Genossenschaften (e.G.) durch Aufnahme zugrunde. Bei der Verschmelzung zweier eingetragener Genossenschaften durch Aufnahme handelt es sich um einen zur Erhöhung des Eigenkapitals der aufnehmenden e.G. führenden und damit unter Art. 4 Abs. 1 lit. c RL fallenden gesellschaftsrechtlichen Vorgang, der zu seiner Wirksamkeit gemäß § 6 UmwG der Beurkundung bedarf; diese stellt damit im Sinne von Art. 10 lit. c RL eine sonstige Formalität dar, der die Gesellschaft (im Sinne von Art. 3 RL) zur Ausübung ihrer Tätigkeit unterworfen ist (eingehend OLG Karlsruhe, FGPrax 2003, S. 95 ff). Die Grundbuchberichtigung stellt den grundbuchmäßigen Vollzug der aus gesellschaftsrechtlichen Gründen beurkundungspflichtigen und damit von Art. 10 lit. c RL erfassten Verschmelzung dar. Sie steht mit dieser somit in einem unlösbaren Zusammenhang und ist als deren Bestandteil anzusehen. Es ist deshalb konsequent, wenn der EuGH die durch die Grundbuchberichtigung ausgelösten Gebühren ebenfalls als dem Verbot des Art. 10 lit. c RL unterworfen ansieht. - Entsprechendes gilt für das von der Kostenschuldnerin in der Begründung ihrer weiteren Beschwerde angesprochene Urteil des EuGH vom 28.06.2007, C-466/03 - Albert Reiss Beteiligungsgesellschaft m.b.H. - (NJW 2007, S. 3051 ff.). Dort ging es um Gebühren, die für die notarielle Beurkundung der Übertragung von Geschäftsanteilen an einer Gesellschaft erhoben wurden, die als Sacheinlage im Rahmen einer Erhöhung des Stammkapitals einer Kapitalgesellschaft erfolgte (vgl. Tz. 54 und 66). Damit handelte es sich gleichfalls um einen Vorgang, der gemäß § 15 Abs. 3 und Abs. 2 GmbHG aufgrund der Rechtsform der Gesellschaft der notariellen Beurkundung bedurfte und damit ebenfalls unter Art. 4 Abs. 1 lit. c RL fiel.
(3) Für die Entscheidung des vorliegenden Falls kann dahingestellt bleiben, welche Bedeutung der sich in Tz. 51 des Urteils vom 28.06.2007 - C-466/03 - findenden, als die Entscheidung nicht tragendes obiter dictum ergangenen Bemerkung beizumessen ist. Dort heißt es - nachdem in Tz. 50 ausgeführt ist, daß auch die Beibehaltung von Steuern und Abgaben, die zwar nicht auf die Kapitalzuführungen als solche, wohl aber wegen der wesentlichen Formalitäten im Zusammenhang mit der Rechtsform der Gesellschaft, also des Instruments zur Kapitalansammlung, erhoben werden, die mit der Richtlinie verfolgten Ziele gefährdet würden (Hervorhebung durch den Senat) - in der deutschen Übersetzung:
Der Gerichtshof hat daraus geschlossen, dass Art. 10 Buchst. c der Richtlinie grundsätzlich weit auszulegen ist, und zwar dahin, daß er nicht nur die formalen, der Ausübung der Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft vorangehenden Verfahren erfasst, sondern auch die Formalitäten, die eine Bedingung für die Ausübung und Fortführung der Tätigkeit einer solchen Gesellschaft darstellen [es folgen Hinweise auf die Urteile Fantask, Solred und Badischer Winzerkeller].
Insbesondere kann offenbleiben, ob damit zum Ausdruck gebracht werden soll, daß unter Formalitäten, die eine Bedingung für die Ausübung und Fortführung der Tätigkeit der Kapitalgesellschaft darstellen, auch dann als unter Art. 10 lit. c RL fallend angesehen werden, wenn sie nicht im Zusammenhang mit einem gemäß Art. 4 RL der Gesellschaftssteuer unterliegenden Vorgang stehen. Der Senat braucht sich an dieser Stelle auch nicht festzulegen, ob dem EuGH in einer solchen Auslegung von Art. 10 lit. c RL würde gefolgt werden können. Die aufgeworfene Frage ist nämlich für die hier zu treffende Entscheidung nicht erheblich, weil es sich bei den in Rede stehenden Beurkundungen der auf die schenkweise Übertragung eines GmbH-Anteils gerichteten Erklärungen - anders als das etwa bei gemäß § 130 AktG zu beurkundenden Beschlüssen, die auf gemäß § 121 Abs. 1 AktG zwingend durchzuführenden Hauptversammlungen gefasst werden, der Fall ist - nicht um Bedingungen für die Ausübung oder Fortführung der Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft handelt. Aus diesem Grund besteht auch keine Verpflichtung zur Vorlage der Sache an den EuGH (Art. 234 EGV).
c) Aus Gründen der Vollständigkeit sei darauf hingewiesen, daß die beanstandeten Gebührenansätze auch nicht gegen nationales Verfassungsrecht verstoßen. Zu den diesbezüglichen Fragen hat sich der Senat bereits mehrfach eingehend geäußert (vgl. OLG Karlsruhe, FGPrax 2003, S. 287 ff.) und dabei insbesondere ausgeführt, daß der Gleichheitssatz dann, wenn höherrangiges Recht nichts anderes vorschreibt, die Anwendung der KostO auch im badischen Rechtsgebiet fordert, ferner, daß die Entscheidung des BVerfG vom 19.03.2003 (BVerfGE 108, S. 1 ff.) in Fällen der hier vorliegenden Art nicht zur Unanwendbarkeit der KostO führt. Auf diese Ausführungen wird Bezug genommen. Es sind keine Gesichtspunkte erkennbar, die dem Senat Anlass geben könnten, von seiner bisherigen Rechtsauffassung abzugehen.
III.
Nach allem hat das Landgericht richtig entschieden, so daß die Rechtsbeschwerde als unbegründet zurückzuweisen war. Eine Verpflichtung zur Anrufung des EuGH (Art. 234 Abs. 3 EGV) bestand nicht, weil - wie ausgeführt - das Erfordernis einer Entscheidung des EuGH angesichts der Eindeutigkeit der Rechtslage und der im Einklang mit Wortlaut und Sinn der Gesellschaftssteuerrichtlinie stehenden Rechtsprechung des EuGH, welcher der Senat folgt, nicht gegeben ist.
Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 156 Abs. 5 i.V.m. § 131 Abs. 1 KostO.
OLG Karlsruhe:
Beschluss v. 10.04.2008
Az: 14 Wx 58/07
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