Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Oktober 2008
Aktenzeichen: 25 W (pat) 19/07
(BPatG: Beschluss v. 14.10.2008, Az.: 25 W (pat) 19/07)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 152
Gründe
I.
Die Bezeichnung MinusLipidist am 17. Oktober 2006 u. a. für die Waren
"pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege, mineralische Nahrungsergänzungsmittel, Nahrungsergänzungsmittel auf der Basis von Aminosäuren, Nahrungsergänzungsmittel auf der Basis von Mineralien, Nahrungsergänzungsmittel auf der Basis von Spurenelementen, Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke, Vitaminpräparate, alle soweit in Klasse 5 enthalten, auch in Form von Brausetabletten; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Eiweißen, Fette, Fettsäuren, unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 29 enthalten; diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Kohlehydraten, Ballaststoffen, unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 30 enthalten"
zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Nach vorheriger Beanstandung wegen absoluter Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 MarkenG ist die Anmeldung mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 05 des Deutschen Patentund Markenamts vom 17. Januar 2007 teilweise, nämlich für die obengenannten Waren, zurückgewiesen worden.
Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung stehe in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren bereits das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.
Zwar entstamme die Wortzusammensetzung nicht der deutschen Sprache, jedoch sei "minus " für " weniger " in die deutsche Sprache eingegangen und auch "Lipid" werde im Inland in seiner Bedeutung "Körperfette" jedenfalls von den Verkehrskreisen, die gesundheitsbewusst lebten, ohne weiteres erfasst. Den Begriff "MinusLipid" werde der Verkehr daher ohne weiteres dahingehend verstehen, dass es sich um solche Waren handele, die der Senkung der Körperfette dienen. Dies könne bei allen zurückgewiesenen Waren der Fall sein. Folglich gebe der Markenbegriff keinen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen, sondern weise in glatt beschreibender Form auf das Anwendungsgebiet der Waren hin, nämlich die Senkung der Körperfette.
Auf eine lexikalische Nachweisbarkeit der Wortzusammensetzung komme es dabei nicht an, da die Wortfolge in ihrer Gesamtheit eine sinnvolle, direkt verständliche Aussage zu den in Frage stehenden Waren treffe. Die Bedeutung im Sinne von "Lipidsenker", einem aus den Medien bekannten und vor allem auch in Gesundheitsratgebern häufig verwendeten Begriff, werde unmittelbar erkannt.
Nachdem somit das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliege, könne dahin gestellt bleiben, ob auch § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG einschlägig sei.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt, den Beschluss der Markenstelle für Klasse 05 des Deutschen Patentund Markenamts vom 17. Januar 2007 aufzuheben.
Es handele sich bei der Marke um eine Kombinationsmarke aus mehreren Begriffen, die in ihrer Zusammenstellung eine schutzbegründende Eigenart besäßen. Zwar deute der Begriff in einer von mehreren Bedeutungsvarianten auf eine Reduzierung von Fetten hin. Umgekehrt könne er aber auch i. S. von "negative Fette" oder als Hinweis auf negative Einflüsse verstanden werden. Somit sei der Begriff mehrdeutig und als solcher schon von einer gewissen Eigenart. Jeder der beiden Begriffe sei zwar für sich nicht markenfähig. Jedoch führe die Kombination der nicht markenfähigen Begriffe zu einer entfremdeten Begrifflichkeit, die als solche eine abstrakte Marke ergebe. Die Verbindung der Begriffe sei kreativ und damit schützenswert. Es entstehe ein übergreifender phantasievoller Gesamteindruck ohne beschreibenden Charakter. Die Kombination sei auch in keiner Weise sprachüblich.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle sowie auf die Schriftsätze des Anmelders und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, weil die angemeldete Bezeichnung für die zurückgewiesenen Waren bereits nicht über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG verfügt.
Die angemeldete Bezeichnung setzt sich auch aufgrund der Binnengroßschreibung ohne weiteres erkennbar aus den Begriffen "minus" und "Lipid" zusammen. Den aus dem Griechischen stammenden Begriff "Lipid" werden in seiner Bedeutung "Fett" (vgl. DUDEN, Das Wörterbuch medizinische Fachausdrücke, 7. Aufl., S. 461; Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Aufl., S. 1113; Roche. Lexikon Medizin, 5. Aufl., 1117) nicht nur Fachverkehrskreise, sondern auch weite Teile des allgemeinen Verkehrs verstehen, da er zwischenzeitlich als Wortbildungselement neben dem gleichbedeutenden Begriff "Lipo" in einer Reihe gebräuchlicher inländischer Wortund Begriffskombinationen wie z. B. dem allgemein bekannten Begriff "Lipidsenker" nachweisbar ist. Bei dem weiteren aus dem Lateinischen stammenden Begriff "Minus" handelt es sich nicht nur um einen im allgemeinen Sprachgebrauch gebräuchlichen Begriff für "weniger" (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, S. 1148), sondern auch um ein im medizinischen bzw. den Gesundheitsbereich betreffenden Fachsprachgebrauch durchaus gebräuchliches Wortbildungselement, welches sich in Begriffen wie "Minussymptomatik" oder "Minusvariante" findet (vgl. DUDEN, Das Wörterbuch medizinischer Fachausdrücke, 7. Aufl., S. 495).
Sowohl Fachverkehrskreise wie auch weite Teile des allgemeinen Verkehrs werden die angemeldete Bezeichnung daher ohne weiteres i. S. von "weniger Fett" verstehen. In Bezug auf die zurückgewiesenen Waren erschöpft sich "MinusLipid" dann aber nur in einem schlagwortartigen Hinweis auf den Bestimmungsbzw. Verwendungszweck der betreffenden Waren, nämlich dass diese dazu bestimmt und geeignet sind, fettreduzierend zu wirken bzw. die entsprechenden Werte zu senken, was auch bei sämtlichen von der teilweisen Zurückweisung der Anmeldung betroffenen Waren ohne weiteres der Fall sein kann.
Die durch sprachlich korrekte Verbindung der Begriffe "minus" und "Lipid" gebildete Wortkombination weist auch keine ungewöhnliche Struktur oder Besonderheiten syntaktischer oder semantischer Art auf, die von einem rein sachbezogenen Aussagegehalt wegführen könnten. Sie trifft vielmehr eine für den Verkehr, der zunehmend daran gewöhnt ist, sachbezogene Informationen und Aussagen durch neue, schlagwortartige und einprägsame Wortkombinationen vermittelt zu bekommen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 8 Rdnr. 89), aus sich heraus verständliche und sofort erfassbare schlagwortartige Sachaussage zu Bestimmungsund Verwendungszweck der beanspruchten Waren, ohne dass durch die Zusammenfügung der Wörter der sachbezogene Charakter der Wortkombination verloren geht. Selbst wenn es sich bei der angemeldeten Bezeichnung um eine Wortneuschöpfung bzw. einen jedenfalls im Inland bisher nicht gebräuchlichen Begriff handeln sollte, besteht für den Verkehr angesichts des im Vordergrund stehenden beschreibenden Sinngehalts der angemeldeten Bezeichnung keine Veranlassung, diese als individualisierenden, betrieblichen Herkunftshinweis für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen zu verstehen. Es handelt sich lediglich um eine Kombination zweier beschreibender Begriffe, deren Eindruck auch in ihrer Gesamtheit nicht von dem abweicht, der durch die bloße Zusammenstellung der Bestandteile entsteht und somit inhaltlich nicht über die Summe dieser Bestandteile hinausgeht. (vgl. dazu EuGH GRUR GRUR 2004, 674 -Postkantoor; GRUR 2004, 680 Tz. 41 -BIOMILD)
Die angemeldete Bezeichnung ist insoweit vergleichbar der entsprechend gebildeten umgangssprachlichen Begriffskombination "Minuskalorien" bzw. "Minus Kalorien", welche schlagwortartig Lebensmittel bezeichnet, die beim Verzehr und bei der Verdauung mehr Kalorien verbrauchen sollen, als sie selber enthalten (vgl. http://www.zeit.de/1999/48/199948.stimmtsminuskal.xml;http://www.ebalance.de/ portal/) und deren Eintragung für Waren der Klasse 29 seitens des Deutschen Patentund Markenamts ausweislich einer DPINFO-Recherche (Marken) wegen fehlender Unterscheidungskraft abgelehnt wurde, da es sich um einen werbeüblichen Hinweis auf kalorienarme Waren handele.
Soweit die Anmelderin weitere Verständnismöglichkeiten der angemeldete Wortkombination i. S. von "negative Fette" bzw. als Hinweis auf "negative Einflüsse für Fette" aufführt, sind diese nach Auffassung des Senats im Hinblick auf die Bedeutung des Begriffs "minus" nicht nahegelegt. Unabhängig davon ist in rechtlicher Hinsicht zudem noch zu beachten, dass nach der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs wie auch des Bundesgerichtshofs von einem die Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Begriff auch dann auszugehen sein kann, wenn das Markenwort verschiedene beschreibende Bedeutungen hat oder nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren oder Dienstleistungen beschreibt (EuGH, GRUR 2004, 146 Tz. 33 -DOUBLEMINT, GRUR 2004, 222 -BIOMILD; BGH, GRUR 2008, 397, 398 Tz. 15 -SPA II), was aber in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren ohne weiteres der Fall ist.
Ein rein sachbezogenes Verständnis wird auch nicht durch die Binnengroßschreibung in Frage gestellt, die eine sehr verbreitete (werbe-)übliche Schreibweise ist. Eine solche Art der grafischen Darstellung besitzt daher keine kennzeichnende Eigenart, sondern dient lediglich der Hervorhebung des Schriftzugs und ist so geläufig, dass sie nichts an einem ausschließlich sachbezogenen Verständnis der ansonsten leicht verständlichen Bezeichnung zu ändern vermag. Die Schutzfähigkeit eines Zeichens kann damit nicht begründet werden (vgl. BGH MarkenR 2003, 388 - AntiVir).
Aufgrund der vorgenannten Feststellungen bestehen auch erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass das angemeldete Zeichen in Bezug auf die hier maßgeblichen beanspruchten Waren und Dienstleistung eine beschreibende Angabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG darstellt, an der die Mitbewerber ein berechtigtes Freihaltungsbedürfnis haben. Einer abschließenden Entscheidung bedarf dies aber im Hinblick darauf, dass das Zeichen bereits keine ursprüngliche Unterscheidungskraft i. S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG aufweist, insoweit nicht.
Die Beschwerde hat daher keinen Erfolg.
Kliems Bayer Merzbach Na
BPatG:
Beschluss v. 14.10.2008
Az: 25 W (pat) 19/07
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