Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Februar 2006
Aktenzeichen: 19 W (pat) 306/04

(BPatG: Beschluss v. 20.02.2006, Az.: 19 W (pat) 306/04)

Tenor

Das Patent 101 42 878 wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

Patentansprüche 1 bis 7, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Beschreibung und Figur 1 gemäß Patentschrift.

Gründe

I.

Für die am 3. September 2001 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Anmeldung ist die Erteilung des nachgesuchten Patents am 28. August 2003 veröffentlicht worden.

Das Patent betrifft ein Heizelement mit Litzen-Kontakt.

Gegen das Patent hat die A... GmbH in ...B, am 19. November 2003 Einspruch erhoben.

Die Einsprechende stellt den Antrag, das Patent 102 42 878 in vollem Umfang zu widerrufen.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das Patent 101 42 878 mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüchen 1 bis 7, im Übrigen wie Patentschrift beschränkt aufrechtzuerhalten.

Der Patentanspruch 1 lautet:

"Heizelement (1) mit einem flächigen Heizwiderstand (2) und mindestens zwei Kontaktbereichen (4, 4'), welche voneinander beabstandet am Heizwiderstand (2) angeordnet sind, wobei mindestens einer der Kontaktbereiche (4, 4') eine Litze (6, 6') aufweist, welche über eine größere Strecke (8) mit dem Heizwiderstand (2) elektrisch leitfähig in Verbindung steht, dadurch gekennzeichnet, dass die Kontaktbereiche (4, 4') die Gestalt einer schlauchförmigen Tasche aufweisen, dass in diesen Taschen jeweils mindestens eine Litze (6, 6') vorgesehen ist, welche eine Vielzahl von Filament-Drähten aufweist und welche allenfalls schwach verdrillt ist, wobei die Litze (6, 6') zur Verdrillung der Filament-Drähte höchstens zehn Drehungen pro Meter, vorzugsweise höchstens fünf Drehungen pro Meter, vorzugsweise höchstens eine Drehung pro Meter, um ihre Längsachse aufweist, wobei die Tasche durch Umschlagen eines Randes des Heizwiderstandes (2) gebildet ist."

Nach der Streitpatentschrift ist Aufgabe der Erfindung eine elektrische Kontaktierung eines elektrischen Heizelementes mit mechanischer Robustheit, Preisgünstigkeit und/oder gleichmäßigem Stromeintrag in das Heizelement ([0005] der PS).

Die Einsprechende ist der Ansicht, dass schlauchförmige Taschen mit darin liegenden Litzen am rechten Rand des in Figur 1 der DE 41 01 290 A1 dargestellten Heizelements offenbart seien. Im Übrigen sei der Fachmann nicht gehindert, bei diesem Heizelement auch unverdrillte Litzen einzusetzen.

Dem an den erteilten Patentanspruch 1 nun angefügten Verfahrensmerkmal, dass die Tasche durch Umschlagen eines Randes des Heizwiderstandes gebildet sei, komme nur dann ein Sinn zu, wenn dadurch eine neue körperliche Gestaltung gelehrt werde. Dies sei aber gegenüber der vorgenannten Druckschrift nicht der Fall, denn diese lehre eine enge Umschließung der Kontaktleiter, so dass es auch nicht darauf ankomme, ob vorher eine Tasche ausgebildet worden sei. Das Heizelement des Patentanspruchs 1 sei daher nicht patentfähig.

Die Patentinhaberin ist der Auffassung, dem Fachmann sei aus der DE 41 01 290 A1 keine schlauchförmige Tasche aus dem Heizleitermaterial bekannt. Auch eine unverdrillte Litze entnehme der Fachmann dieser Druckschrift nicht, weil er eine solche nicht wie - dargestellt - mäanderförmig verlegen könne.

Mit der anspruchsgemäßen Merkmalskombination könne die unverdrillte Litze in der Tasche für eine gute Kontaktierung plattgedrückt werden, was durch den Stand der Technik nicht nahegelegt sei.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

1. Einspruchsverfahren Die Entscheidungsbefugnis über den unstreitig zulässigen Einspruch liegt gemäß § 147 Abs. 3 PatG bei dem hierfür zuständigen 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts.

Dieser hatte - wie in der Entscheidung 19 w (pat) 701/02 (BPatGE 46, 134 m. w. N.) ausführlich dargelegt ist - aufgrund öffentlicher mündlicher Verhandlung zu entscheiden.

Gegenstand des Verfahrens ist das erteilte Patent.

Der Einspruch konnte nur zu der beantragten Beschränkung des Streitpatents führen. Denn das gewerblich anwendbare Heizelement gemäß dem geltenden Patentanspruch 1 ist durch den Stand der Technik weder vorbekannt noch nahegelegt.

Als Fachmann ist hier ein Diplomingenieur (FH) der Elektrotechnik anzusehen mit Berufserfahrungen in der Entwicklung und Fertigung von Heizelementen, insbesondere für die Automobiltechnik.

2. Offenbarung und Lehre des geltenden Patentanspruchs 1 Der geltende Patentanspruch 1 ergibt sich aus dem erteilten Hauptanspruch unter Hinzunahme eines in Spalte 2, Zeilen 4 bis 7 der hier mit den ursprünglichen Unterlagen übereinstimmenden Streitpatentschrift als zur Erfindung gehörend offenbarten Merkmals.

Denn gegenüber der erteilten Fassung ist das Streitpatent nun auf Heizelemente beschränkt, deren schlauchförmige Tasche von einem Randumschlag des Heizwiderstands, d. h. materialeinheitlich mit diesem ausgebildet ist.

Eine weitergehende Beschränkung dahingehend, dass der umgeschlagene Rand - wie in der Patentbeschreibung a. a. O. angegeben ist - ein Längsrand ist, war nicht erforderlich. Denn es ist für den Fachmann offensichtlich, dass es für die elektrische Kontaktierung und den Betrieb eines Heizelements nicht darauf ankommt, den Strom an dessen jeweils längeren Rand zuzuführen.

3. Neuheit Das Heizelement gemäß dem geltenden Patentanspruch 1 ist neu.

Aus der DE 41 01 290 A1 ist ein Heizelement bekanntmit einem flächigen Heizwiderstand 1 (Fig. 1 mit Sp. 4 Z. 10 bis 13) und mindestens zwei Kontaktbereichen (rechter und linker Rand), welche voneinander beabstandet am Heizwiderstand angeordnet sind, wobei mindestens einer der Kontaktbereiche eine Litze 2 aufweist (Fig. 1 und Sp. 4 Z. 15 bis 17 i. V. m. Sp. 3 Z. 32 bis 38), welche über eine größere Strecke (dort die gesamte Länge des Heizwiderstandes 1) mit dem Heizwiderstand in Verbindung steht. - Oberbegriff -

Entgegen der Auffassung der Einsprechenden entnimmt der Fachmann dieser Druckschrift weder einen Kontaktbereich in Gestalt einer schlauchförmigen Tasche, die durch Umschlagen eines Randes des Heizwiderstandes gebildet ist, noch eine darin angeordnete allenfalls schwach verdrillte Litze gemäß den weiteren Anspruchsmerkmalen.

Denn Figur 1 zeigt lediglich den prinzipiellen Aufbau eines Flächenheizelements (Sp. 4 Z. 10) und lässt nur die jeweiligen Kreuzungsstellen erkennen, nicht aber die Ebene, in der Heizleiter bzw. Kontaktleiter liegen. Weggelassen sind in Figur 1 die zur Lagefixierung der Kontaktleiter 2 bzw. Heizleiter 1 erforderlichen und deshalb vom Fachmann mitzulesenden Unterlagen in Gestalt von Trägerbändern 3 (Fig. 2, 4 und 5), Kontaktbändern 5 (Fig. 3 und 6 bis 10) oder Basismaterialien 6 (Fig. 4 und 5). Denn der Fachmann denkt mit Blick auf die Figur 1 nicht daran, ein Heizelement dadurch herzustellen, dass er einzelne lose Drähte aus Heizleitermaterial mit einzelnen losen Kontaktleitern verbindet Dementsprechend liegen bei allen dort gezeigten Ausführungsbeispielen - von denen die Figur 1 nicht zu trennen ist - die Kontaktleiter 2 auf einer tragenden Unterlage, und die Heizleiter 1 werden von oben auf die Kontaktleiter 2 aufgelegt, wie aus den Figuren 2 bis 5 mit dem zugehörigen Text entnehmbar ist.

Wenn nun für das Heizelement gemäß Figur 1 (rechter Rand) angegeben ist, dass die Heizleiter "zunächst über die Kontaktleiter 2 hinausgeführt und dann zurückgebogen sind" (Sp. 4 Z. 18 bis 22), so versteht der Fachmann hierunter ein Auflegen der Heizleiter 1 quer über die auf einer Unterlage gehaltenen Kontaktleiter 2 (vgl. Fig. 4) und ein anschließendes Zurückbiegen derart, dass der zurückgebogene Bereich von oben auf die bereits verlegten Heizleiter 1 zu liegen kommt, und in den Zwischenräumen die darunter liegenden Kontaktleiter 2 berühren kann.

Hierdurch wird aber keine schlauchförmige Tasche gebildet, sondern lediglich eine randseitig gedoppelte Auflage der Heizleiter 1.

Auch die in Spalte 3, Zeilen 9 bis 13 beschriebenen Ausführungsformen haben nicht die Bildung einer derartigen Tasche zur Folge, weil die zusätzlichen Leiter an der Unterseite der Heizleiter vor dem Auflegen der Heizleiter verlegt sein müssen. Die Angabe "oder auch umgekehrt" ergibt keinen Sinn, da vorher bereits sowohl Ober- als auch Unterseite mit zusätzlichen Kontaktleitern versehen sein können.

Zwar liegen auch bei den in Figur 4 und 5 gezeigten Heizelementen die Kontaktleiter in schlauchförmigen Taschen, die sich beim Aufeinanderlegen und Flächenverkleben von Basismaterial 6 und Deckmaterial 7 (Sp. 4 Z. 63 bis Sp. 5 Z. 2) an den Stellen bilden, an denen die Trägerstreifen 3 mit den darüberliegenden Kontaktleitern 2 befinden. Diese Taschen bestehen aber lediglich aus den äußeren isolierenden Schichten 6, 7 und sind nicht vom Heizwiderstand selbst und durch Umschlagen eines Randes gebildet.

Dem Fachmann sind zwar sowohl unverdrillte als auch verdrillte Litzen aus seinem Fachwissen heraus bekannt.

Jedoch denkt er wegen der engen, mäanderförmigen Verlegung der Kontaktleiter 2 (Fig. 1) hinsichtlich der möglichen litzenförmigen Leiter (Sp. 3 Z. 32 bis 38) nur an formstabile, verdrillte Litzen und er entnimmt nach Auffassung des Senats aus der DE 41 01 290 A1 die Verwendung unverdrillter Litzen nicht als gleichwertige Alternative, so dass auch die übrigen Anspruchsmerkmale dort nicht neuheitsschädlich offenbart sind.

Aus den Figuren des japanischen Gebrauchsmusters JP 62-070390 U entnimmt der Fachmann in Verbindung mit den von der Einsprechenden mit Eingabe vom 15. Februar 2006 in Übersetzung vorgelegten Textabschnitten ein Heizelement mit den im Oberbegriff des geltenden Patentanspruchs 1 angegebenen Merkmalen.

Denn wie die aufgefächerten Enden der Stromzufuhrleitungen 3 (Fig. 1 und 3) erkennen lassen, sind diese als Litzen ausgeführt.

Zwar liegen auch dort die Litzen 3 in schlauchförmigen Taschen. Jedoch sind diese Taschen nicht - wie im Patentanspruch 1 angegeben - als Kontaktbereich durch Umschlagen eines Randes des dortigen Heizwiderstandes 6, 7 gebildet; vielmehr entstehen diese Taschen beim Verkleben der Kunstharzfilme 4, 5 an den Stellen, wo die Litzen 3 liegen.

Die von der Einsprechenden genannte weitere Druckschrift wurde in der mündlichen Verhandlung weder vom Senat noch von den Beteiligten aufgegriffen. Sie bringt auch keine neuen Gesichtspunkte, so dass auf sie nicht weiter eingegangen zu werden braucht.

4. Erfinderische Tätigkeit Das Heizelement gemäß dem geltenden Patentanspruch 1 beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit.

Ausgehend von einen Heizelement, wie es in der DE 41 01 290 A1 beschrieben ist, stellt sich dem mit der Weiterentwicklung solcher Heizelemente betrauten Fachmann die Patentaufgabe, eine elektrische Kontaktierung eines elektrischen Heizelementes mit mechanischer Robustheit, Preisgünstigkeit und/oder gleichmäßigem Stromeintrag in das Heizelement anzugeben, in der Praxis von selbst. Denn diese Gesichtspunkte sind regelmäßig bei Entwicklungsarbeiten zu beachten.

Bei der Lösung dieser Aufgabe mag der Fachmann auch zur Verbesserung der Kontaktierung durchaus daran denken, eine allenfalls schwach verdrillte Litze als Kontaktleiter zu verwenden. Denn zumindest wenn die Kontaktleiter auf das Trägerband aufgenäht werden (Sp. 4 Z. 40 bis 41), z. B. in der in Figur 5 gezeigten Zick-Zack-Form, ist auch ein loses Bündel feiner Filamentdrähte fertigungstechnisch problemlos handhabbar; denn dieses könnte als Ober- oder Unterfaden in einem Nähwerkzeug geführt werden.

Jedoch geben weder die DE 41 01 290 A1 und das JP 62-070390 U noch sein Fachwissen dem Fachmann einen Hinweis darauf, die Kontaktbereiche des Heizelements als schlauchförmige Taschen dadurch auszubilden, dass ein Rand des Heizwiderstandes umgeschlagen und in dieser Tasche mindestens eine Litze angeordnet ist, da sie andere Kontaktierungsmaßnahmen vorsehen, von denen der Fachmann keinen Anlass hat, abzugehen.

Zu einer anderen Auffassung gelangte man nur durch rückschauende und damit unzulässige Sichtweise.

Die geltenden Patentansprüche 2 bis 7 stimmen mit den entsprechenden erteilten Unteransprüchen überein und können sich dem Patentanspruch 1 anschließen.






BPatG:
Beschluss v. 20.02.2006
Az: 19 W (pat) 306/04


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